Vierte Szene

[240] Schalanter und Martin.


SCHALANTER. Seit der Hausmeisterbub in der Kutten steckt, wissen sich die Alten vor Stolz gar nimmer aus! Hast schon recht ghabt, daß d' ihm das gsagt hast vom Studiern und von die Zeugniß.

MARTIN. Aber, Vater, jetzt lassen S' mit Ihnen reden. Aus dem, was S' im Hergehn gsagt habn, bin ich mir nit gscheit wordn. Was is eigentlich mit Ihnern Gschäft?

SCHALANTER. No, nix is's. Aufgebn hab ich's. Seit 'm letzten Zins ist 's Gwölb gsperrt. Erst is mer der Lehrbub von seine Eltern weggholt wordn – die dummen Leut habn gsagt, er lernet bei mir nix. So gut trifft er's gar nirgends mehr! Wer weiß, wo er sich jetzt überarbeiten muß! Na, und dann habn wir den Gselln weggebn.

MARTIN. 'n Johann?

SCHALANTER. Ja, und weil uns keiner mehr hat einstehn wolln, so hat sich die Gschicht von selber aufghört.

MARTIN. Aber warum habn S' denn 'n Johann weggebn, der für alle Arbeit alleinig aufkommen is?

SCHALANTER. Na ja, das hab ich selber allweil gsagt, daß er arbeit wie a Vieh, aber auf einmal – bald danach, wie die Pepi und der Stolzenthaler auseinander waren – fangt er an, gleich um die Hälfte weniger zu arbeiten; no, ich hab da kein Arg ghabt, und von mir aus hätt er's a mit der Hälfte richten können, aber dein Mutter hat mir gleich in derer Sach a Licht aufgsteckt. Der Mensch wär dir in das Madel ganz verschameriert gwesen, und dö hätt a schon angfangt, sentimentalisch z' werdn. D' Mutter hat die Pepi gleich zsammpackt und in eine lustige Gsellschaft bracht, und ich hab 'n Herrn Johann expediert.

MARTIN. So? Und von was lebts denn ös jetzt?

SCHALANTER. Na, weißt, wie der Michel und der Johann amal fort waren, da habn wir auch den Dienstboten weggebn, es sein da a Menge Nester leer gstanden, auf die[240] haben wir Bettgeher aufgnommen, mitunter findt sich doch so a Kleinigkeit zum Drechseln, da stell ich mich halt dazu, und fürs andre muß die Alte sorgn.

MARTIN. Die Mutter? Ja, woher nimmt's denn die?

SCHALANTER. Was weiß ich? 's Madl hat, glaub ich, so ein guten Verdienst.

MARTIN. Was denn für ein?

SCHALANTER. Wie ich hör, in ein Kaffeeschank.

MARTIN. In ein Kaffeeschank? Na, auf dös Madl dürfts euch net viel einbilden, dö macht euch kein Ehr!

SCHALANTER eifrig. Ja, mein lieber Martin, mit den nämlichen Worten hab ich das schon mein Weib gsagt.

MARTIN hat nach rechts gesehen. Sö, Vater, da kommt einer, dem ich net gern begegnen möcht.

SCHALANTER. Der Soldat?

MARTIN. Ja – und allweil mitn Büchel in der Hand, der Fadian! Mein Feldwebel is's, über den ich euch schon oft klagt hab wegen seiner Seckatur beim Exerziern und seine Rapport, dö mir ein Straf um die andere einbracht und mein ganze Konduit verschandelt haben. Gehn wir auf d' Seit, bis er sich wieder verloren hat. Tät mir leid, wenn ich vor dem Kerl die Hand zum Gruß heben müßt.

SCHALANTER. Wird a noch a Zeit kommen, wo er's gegen dich wohlfeiler gibt. Wird schon noch werdn.


Beide sind unterdem hinter das Gebüsch rechts getreten.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 240-241.
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