Sechste Szene

[243] Schalanter und Martin.


SCHALANTER pfiffig. Martin!

MARTIN. Was?

SCHALANTER. Hast aufpaßt?

MARTIN. Na ja.

SCHALANTER. Schau amal so was! Is die Frau von Stolzenthaler gar a ehmalige Flamme vom Herrn Feldwebel, und bei all zwei, scheint mir, gloost's noch a bissel. No, is mir lieb, daß ich das weiß![243]

MARTIN. Dös kann einm doch ganz gleich sein.

SCHALANTER. Dös verstehst du nit, mein Lieber. Da laßt sich a Brandl schürn. Ich bleib jetzt da, bis ich 'n Stolzenthaler zu Gsicht krieg.

MARTIN. Ös werdt's ihm doch nit sagen wollen?

SCHALANTER. Natürlich.

MARTIN. Wegn 'm Feldwebel is mir gwiß net, aber warum soll man gegen die Frau so sein?

SCHALANTER. Ich bitt dich gar schön, sorg dich um dö nit, dö wird sich akrat wie dö anderen Weiber z' helfen wissen! Lügn und – wo dös nimmer hilft – weinen, das trifft s' wohl auch! D' Hauptsach is, daß's für uns a Geld und a Hetz gibt. Der Stolzenthaler laßt gwiß was aus, ob dafür, daß man gredt hat, oder daß man nix weitersagn soll, dös is egal! Den Herrn Feldwebel aber, den lassen wir sitzen und warten, solang uns gfällig is, dann schaun wir uns ihn an, jagn ihm erst durch a paar Wörteln ein heilsamen Schrocken ein, und wenn wir so mitten im gmütlichen Dischkurs drin sein, dann wolln wir a fragn, was er eigentlich gegen dich hat.

MARTIN. Auf dös wär ich selber neugierig.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 243-244.
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