Erste Szene


[101] Dusterer. Grillhofer. Rosl. Durch die Haustüre.


DUSTERER übereifrig, noch unsichtbar, hinter der Szene. So – so – nur a weng ins Freie – und die Stuben derweil lüften – und a bissel Waldrauch einemachen! Stürzt heraus, einen Kopfpolster unterm Arm, den er sogleich in der Laube an einer Banklehne zurechtlegt. Grillhofer, von Rosl geführt, folgt langsam. Nur langsam – geht schon, geht schon – halt dich nur an d' Rosl. – Schau, selb tun dir dann[101] alles meine Kinder. – Na siehst, so sein wir da! – Ja, ja, so ein Schwagern habn, dös is schon die neunte Seligkeit! No, sitz nur nieder!

GRILLHOFER setzt sich. No, niedersetzen – is eh recht!


Rosl richtet den Polster und geht dann ab.


DUSTERER. So! – Und nachhert, daß ich sag, ja, daß ich sag, der Bader meint, wann dich 's Ausgehn gfreun möcht, kunntst es schon wagn!

GRILLHOFER. Der Bader ... der Bader, dös is a Esel, kunnt ebensogut sagn, wann mich 's Tanzen und Springen gfreut, söllt ich mich net abhalten lassen.

DUSTERER. No, no, wer weiß, wann's die Bußhaftigkeit verlanget, wie beispielsmäßig der König David zu Gottes Ehr tanzt hat – brachst es leicht a zwegn. Und wann dir recht war – schaden tat's net, meinet der Bader – na – ja – so kunnt mer morgn schon nach der Kreisstadt fahrn – hm – hm – beispielmäßig, weil d' selber gmeint hast, es möcht dir recht sein – wegn der Ordnung – no – beispielmäßig nur.

GRILLHOFER. Hast du's aber eilig!

DUSTERER. I? Ah na – nöt dran denken – aber weil du selbn schon – beispielmäßig –

GRILLHOFER. Is schon gut.

DUSTERER. No weißt, ich mein halt nur, dö arme Seel da unt könnt's völlig net derpassen und tat ihr schon 's erste Ruckerl wohl, was af unser eindringlich Fürbitten gschahet. Beispielmäßig halt's der Teuxel an oaner langen Ketten, wie a Bub ein Maikäfer an ein Bindfaden; wie mir aber anhebn, muß er s' scho a Bröserl auffilassen, nöt höher leicht wie die Laubn da, aber doch, und wie mir nöt nachlassen, is s' mitm zweiten Schub scho durt aufm Nußbaum und so höher und allerweil höher, und wann du dich dann noch einsetzt mit dein guten Werk und wirfst dein Gut ins Meer, dann reißt die Ketten mitten wurz voneinander, und – heidi! – fliegt dö Seel auffi in Himmel, hast es net gsehn! – holt s' kein Teuxel mehr ein! Hehe – ja – ja –[102]

GRILLHOFER. Hehe – war eh recht.

DUSTERER. Und dein Gwissenswurm, was deßtwegen in deiner Brust war, findt nix mehr z' nagn und z' beißen und verstirbt dir elendig – aber schon elendig – der Sakra! Und allzwei seids derlöst.

GRILLHOFER. War scho recht, war eh recht!

DUSTERER. No, magst dich drauf verlassen – hm, ja! – Blickt angelegentlich gegen den Himmel, spricht aber so wie nebenher fort zu Grillhofer. Glaub mir, wann ich dir was sag: der Wurm fliegt in Himmel, und die Magdalen verstirbt dir elendig ...

GRILLHOFER. Ah na – no 's selb war ja verkehrt!

DUSTERER. Was? – Ah ja – ahan – hon ich's gfahlt gebn?

GRILLHOFER. No, wie! Nach was hast denn ausguckt?

DUSTERER etwas kleinlaut. Ob moring – ob moring wohl a schön Wetter sein möcht, beispielmäßig, daß mir a weng furtfahrn kunnten.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 101-103.
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