Erste Szene


[128] Rosl, dann Wastl.

Wie der Vorhang aufgeht, ist die Bühne leer, durch die Fenster rechts fällt helles Mondlicht in die Stube. Eine Schwarzwälder Uhr schlägt zehn.


ROSL kommt mit einer Öllampe, an der der Schirm herabgelassen ist, von links. So, war lang scho alls fertig zun Niederlegn! Wollt nur, ich wußt 'n Bauern scho in sein Bett. Wo er nur verbleibt? Zehni is's, no rührt sich nix. Es is frei schon zun Fürchten! Stellt die Lampe auf den Tisch. Jesses, in der Kuchel geht oans! Mit erstickter Stimme. Wer ist draußt? Ah, is leicht nur unser Saunigel. Geht näher zur Türe, lauter. Wer is draußt?[128]

WASTL die Türe im Hintergrunde rechts ein wenig öffnend. A gut Gwissen!

ROSL. Ah, der Wastl is's!

WASTL kommt berein. Wohl, Rosl! Aber mit dir is's net richtig, fürchtst dich in der Finstern. Zeigt seine Pfeife. A weng Feuer hon ich mer holn wolln, is aber koan Fünkerl mehr am Herd.

ROSL. Is a schon spat! Wo nur der Bauer verbleibt?

WASTL. Wer weiß, muß er heunt nöt wo anderscht übernachten! Kunnt ja noch gar net da sein! Rechne dir's selber aus, zwischen a drei und vieri is er furt, drei Stund sein hin bis zur Kahlen Lehnten, drei Stund zruck, braucht er sich gar net viel aufzhalten, muß's zehni vorbei werdn!

ROSL. Was er nur dort macht?

WASTL. Wann d' es net besser weißt wie ich, so ersparn mer einand 's Ausfragn.

ROSL. Horch! Es fahrt a Wagn!

WASTL. Richtig, hör 'n a. Aber der kimmt von der andern Seiten, von der Ellersbrunner!

ROSL. Schau, haha, bei dir kimmt hitzt alls von Ellersbrunn.

WASTL. No, ohne Frotzeln, horch doch nur, hitzt poltern s' über dö Brücken, und hitzt fahrn s' beim Kreuzwirt ins Tor und stelln ein.

ROSL. Hast a recht, aber hitzt is der still, und ma hört no oan Wagn, der kimmt von der andern Seiten und immer naheter!

WASTL. Hör 'n schon. – Hitzt wär er ganz nah – no? – Richtig fahrt er in Hof ein. No möcht 's doch wohl der Bauer sein. Schau ich halt nach.


Ab.


ROSL. No, Gott sei Dank, daß er nur da is! Is a Zeit – nach a zehni! Nur a Glück, daß er sein Schofpelz mit hat, geht zwar a wacherlwarmi Luft, aber halt do, im Fahrn![129]


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 128-130.
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