Siebente Szene.

[27] Franz und Großknecht. Vroni im Vordergrunde.


GROSSKNECHT den Davonlaufenden nachrufend. He! Ihr! Hört's? Is der Kreuzweghofbauer schon fort? Hört keins? Die hab'n mit ein' Fexen ihr G'spiel, dös is denen Weibsleuten ihr liebster G'spaß, weil sie sich daneb'n g'scheit vorkämen; gang's nach ihnen, gab's gar nix als lauter Fexen; die s' nit selber schon deppert in d' Welt setzen, die macheten s' gern später dazu und die alt' Weiber unter die Mannsleut' helfen ihnen dabei! Sieht Vroni. Kommt's nur, lieber Herr, da hab'n wir schon d' Richtige, die steht Red'! Kommen vor, so daß Vroni die Mitte und Franz die Brunnenseite gewinnt. Is der Kreuzweghofbauer schon fort?

VRONI trocknet sich mit dem Schürzenzipfel die Augen. Grad muß er fortg'fahren sein.

GROSSKNECHT zu Franz. Da holt's ihn nimmer ein! Zu Vroni. Was is denn dir? Du wischst dir die Aug'n? Und zum Gehn bist auch fix und fertig? – Is's halt doch so kämma, wie ich g'sagt hab'? Hab ich dir's schlecht gemeint?[27]

VRONI. Vergelt dir's Gott, Großknecht, wie ehrlich du's mit mir gemeint hast!

GROSSKNECHT. Gehst halt zur Ahnl nach Ottenschlag, nit?

VRONI. Tu's zwar nit gern, magst dir's denken, aber ich muß wohl, so g'schwind find't ich kein ander' Unterkämma.

GROSSKNECHT. Hast recht! Wird freilich z'erst rechtschaffen keppeln, d' Alte, is aber a brav' Weiberl!

FRANZ im steirischen Lodenrock, Reisetasche um, Stock – hat auf der Brunnenbank Platz genommen. Wenn ich schon nach dem Kreuzweghof gehen soll, habt ihr niemand, der mich führen kann?

GROSSKNECHT zu Vroni. Auf 'n Herweg hab ich den Herrn da g'troffen, er möcht über'n Bergsteig nach 'm Kreuzweghof, der Weg auf der Straßen is ihm zu langweilig! 's geht eh dein Weg auch vorbei, kannst dir ein paar Groschen Wegweislohn verdienen, wann d' ihn führst!

VRONI. Is mir recht, aber ich tu's nicht der Groschen weg'n, sondern um Gotteslohn! Aber a G'sellschafterin werd't 's nit an mir hab'n, mir is heut nit lustig!

FRANZ. Mir auch nicht, liebe Dirn'! Wenn ich trotzig dreinschau', kümmere dich nicht drum! Geben wir uns die Hand drauf, daß wir einander nicht als zuwidere Leute verschrein woll'n, bis wir uns ein andermal und, ich hoff, fröhlicher gesehen haben als heut auf dem Weg nach meines Vaters Gehöft.

VRONI zieht rasch ihre Hand aus der seinen. Deines Vaters G'höft? So wärst du leicht der Student, den s' die Täg' erwart'n? Der Ferner-Franzl?

FRANZ. Ich heiße Ferner!

VRONI. Dann geh nur allein deine Weg'! Ich führ dich nicht! – Dein Vater is mein und meiner Leut' Todfeind, ich leid grad unter dem, was er mir d' letzt' Stund' wieder antan hat! Ich geh kein Schritt mit seim' Sohn!

FRANZ blickt sie überrascht an und steht schnell auf. So sag mir doch, wer du bist.

VRONI wendet sich zum Gehen. Ich hoaß Veronika[28] Burger! Reicht dem Großknecht die Hand zum Abschied.

FRANZ zieht mechanisch wie zum Gruße den Hut und fährt sich mit der Linken in die Haare, vor sich. Die ist's! – Ich hab's gefürchtet. – Mein erster Tritt auf heimatlichen Boden macht die Vergangenheit wieder lebendig!


Verwandlung


Wirtsstube im Wirtshause »Zur Grenze« in Ottenschlag.

Eingang letzte Kulisse links. Hintergrund ein großes, breites Fenster (eigentlich zwei Fenster, durch einen schmalen Pfeiler getrennt); die Fensterflügel offen, Fernsicht auf eine

Alpenlandschaft. Links vom Fenster steht ein Großvaterstuhl, rechts davon ein Tisch; über demselben hängt an der Wand eine Zither. Zwei Tische befinden sich mit der Längsseite an den Wänden rechts und links und ein Kachelofen steht unmittelbar hinter der Türe.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Der Meineidbauer. Stuttgart 1959, S. 27-29.
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