Erste Szene


[22] Anton in Hemdärmeln, sitzt beim Fenster und raucht. Dann Steinklopferhanns.


ANTON indem er etliche lange Züge tut und den Rauch behaglich von sich bläst. Ah, die Morgenpfeif schmeckt da herin doch viel besser als drauß. – Hum – wenn d' Katz[22] außer Haus is, hat die Maus Kirchtag! – No, schimpfen wird s' schon, daß ich ihr d' ganz Stubn verräuchet, dö Sepherl, wann s' hoamkimmt. Aber sollt ich zwegn ihr allweil draußt aufm Bankel vorm Haus rauchen? – Hum – hum – da draußt verlöscht ein eh der Wind 's Schwefelholz und verblast einm 's ganz Feuer, mer kimmt vor lauter Pfeifenrichten nie ins Rauchen!

STEINKLOPFERHANNS steckt den Kopf zur Tür herein. Guten Morgn!

ANTON. Grüß Gott, Steinklopfer!

STEINKLOPFERHANNS. 'n Herd soll ich eng richten!

ANTON. 'n Herd?

STEINKLOPFERHANNS. Freilich, d' Weibsleut wissen, ich bastel gern und ich versteh mich drauf. Drum hat mich a die Deine herbstellt. – Is nit derhoam, d' Bäurin?

ANTON. Na, sie is beichten!

STEINKLOPFERHANNS. Und du hast s' gehn lassen?

ANTON. No, werd ich s' doch nit von der Frummheit abhalten?

STEINKLOPFERHANNS schupft die Achsel. Mir gilt's gleich!

ANTON lacht. Dös denk ich selber!

STEINKLOPFERHANNS. Mir liegt's nit auf!

ANTON. Du redst verwunderig!

STEINKLOPFERHANNS setzt sich ans andere Ende des Tisches, Anton gegenüber. Weißt, ich war gestern noch drüben in Grundldorf. – Die Remasuri wird groß, d' Weibsleut sein dort wie verruckt, und es wird denen sakrisch warm, die 'm Großbauern sein Gschrift unterschriebn haben; sie ließen hitzt wohl gern los, aber der Großbauer hat s' von der andern Seiten bei die Flüg, und so zappeln sie sich hinunter, daß einm orndli leid gschieht um sö! 's ganze Wesen kommt von dortigen Kaplan. Dö Weiber habn's als Buß aufkriegt, daß ihnre Manner dazu rumkriegn, daß jeder sein Nam wieder rausstreicht.

ANTON. Dös is drent![23]

STEINKLOPFERHANNS boshaft. Habts es bald a herenten! – Da in Zwentdorf faßt sich's noch leichter an, weil eng da kein Großbauer halt – der kann ja nit, wie a Grashupfer, hitzten in Grundldorf und nachet – kaum schaut man – gleich wieder da in Zwentdorf sein. Und kriegt nur sein Zeug da a Lückl, so bohrn s' schon mitn Finger nach, daß a Riß draus wird, der von Zwentdorf bis Grundldorf reicht; drum is ja den hiesigen Bäurinnen auf einmal die Reu und die Buß eingschossen, weil gestern noch die Pfarrköchin alls zsammtrommelt hat.

ANTON. Glaubst, wir sein die von Grundldorf? Bei uns Zwentdorfern richten die Weibsleut nix!

STEINKLOPFERHANNS. Ich weiß's, ös seids nit von dem nämlichen Lehm wie dö andern, eng hat der Herrgott aus die Kieseln im Zwentdorfer Mühlbach gmacht. Lachend. O du mein lieber Gelbhofbauer, du kennst dich noch lang nit aus!

ANTON zornig, schlägt mit der Faust in den Tisch. Wann d' mich fexiern willst ...!?

STEINKLOPFERHANNS. Beileib nit ...!

ANTON. Ich kennet mich net aus?! Erhebt sich vom Sitz, dreht dabei dem Fenster den Rücken zu, legt dem Steinklopferhanns die Hand auf die Schulter, überlegen. Mein lieber Monbua, was willst denn du wissen vom Verheiratsein? Die ledig Dirndln, wo dir noch auskönnen, ah, dös is a ander Sach – die sein oft schneidig – aber sei du einmal Mon zu eine und spiel dein Herrn – umn Finger kannst es wickeln!

STEINKLOPFERHANNS. Ja, wie a Leinwandfleckl, wann dich voreh gschnitten hast! Deutet über Antons Schulter nach dem Fenster. Grad kimmt dein Bäurin!

ANTON dreht sich rasch um. Blitz nein! Dö kimmt zeitlich zruck – hätt 's nit so bald derwart! Riecht in die Luft. Der Tabakrauch hat sich noch nöt aus der Stubn verzogen, wie mir scheint.

STEINKLOPFERHANNS gleichfalls riechend, boshaft. Na, es riecht da wie auf einer Wachstubn![24]

ANTON. Beinah! Was tu ich? D' Pfeif leg ich in d' Tischlad – Tut es. – und sag halt, wenn d' Red drauf kam, du hättst oans graucht!

STEINKLOPFERHANNS. Meintswegen! Wie Anton oben, überlegen. Aber Gelbhofbauer, dös gfallt mir nit, daß du zu deinm Herrnspieln wie beim »Mariaschen« ein Zweiten brauchst.

ANTON nach der Türe blickend, als fürchte er, überrascht zu werden. Pah! Zwegm Rauchen, dös is a Dummheit! Aber zwegn der Unterschrift kann mer doch nit nachgebn. Was meinst?

STEINKLOPFERHANNS. Ich? Nix! Ich bin ja keiner von dö Unterschreiber!

ANTON faßt ihn an der Hand. No, ernstlich, Steinklopfer – wann selbst voreilig gwesn wär –, wer a Mon heißen will, kann nit heut so und morgen anders – 's wird nit gehn!

STEINKLOPFERHANNS ernst. Na, 's geht a nit! Legt den Finger an den Mund.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 22-25.
Lizenz:
Kategorien: