Zehnte Scene.


[251] Alwine, hierauf Hermine, Zänker, Rellmann, Rost, Damen und Herren.


ALWINE unter der Thüre links erscheinend, halblaut rufend. Papa – geschwind – Mama ist außer sich man hat ihr zu Gehör geredet sie verlangt Aufklärung – der ganze Schwarm folgt ihr hierher. Sie tritt ein, ängstlich. Hörst du mich nicht? Sie geht nach dem Kabinett. Wo bist du denn?


Ab ins Kabinett.


HERMINE gefolgt von Herren und Damen. Das ist geradezu abscheulich!, bitte, treten Sie nur ohne Zögern ein und meinem Manne unter Augen.


Zugleich.

EIN TEIL DER GESELLSCHAFT. Aber, verehrte Frau Doktor!

DIE ANDERN. Ereifern sich Gnädige nur nicht ohne Grund!


Rasch nacheinander.

ZÄNKER. Teuerste Cousine, es wird ja Arthur nur ein Wort kosten, um – um –

ROST behäbig aussehender Herr, biedermeierisch in die Rede fallend. Vorlaute Mäuler zu stopfen!

RELLMANN. Alles befriedigend zu lösen! Eh –

EINIGE, VORWIEGEND FRAUENSTIMMEN. Ja, wo ist denn der Herr Doktor?

ZÄNKER zu Hermine. Du zitterst. Willst du nicht lieber Platz nehmen? Ich verständige Arthur.

ROST. Meine Herrschaften, nur vor allem die Ruhe bewahrt!

ZÄNKER geht auf das Kabinett zu.[252]

ALWINE tritt aus der Thüre, schließt diese hinter sich und stellt sich entschlossen davor, ihre Wangen sind blaß, ihre Stimme zittert vor unterdrückter Erregung. Die Arme gegen Zänker ausstreckend. Ich bitte – Papa läßt niemand ein – er will mit niemanden sprechen.

HERMINE auf Alwine zugehend. Alwine!

ALWINE faßt sie krampfhaft am Arme und führt sie ganz in den Vordergrund, flüsternd, rasch. O, Mama, fasse dich! Lasse dir vor diesen Leuten da nichts anmerken. – Papa ist fort. – Auf seinem Schreibtisch liegt ein Zettel. – Ein paar kurze, furchtbare Zeilen. Ein Abschied.

HERMINE in das zunächststehende Fauteuil sinkend, die Hände vor das Gesicht schlagend. O, ich Unglückliche!

ALLE durcheinandersprechend, hinzudrängend. Mein Gott! – Gnädige Frau! Was ist denn vorgefallen?

ROST mit Rellmann zur Gruppe tretend. Diese Neugierde! Uebermorgen lesen wir's in allen Blättern. – O, meine gnädige Frau!

ZÄNKER. O Hermine, welch ein Schlag dich auch betroffen haben mag, erlaube mir, dich zu stützen und zu trösten.

ALWINE dazwischenstürzend. Das kommt nur mir zu! Mir allein! – O, meine Mutter! Wirft sich vor ihr auf die Kniee und birgt den Kopf in ihrem Schoße.


Zwischenvorhang fällt rasch.[253]


Verwandlung.


Der Weihnachtsmarkt »Am Hof«. Die Buden und Stände beleuchtet. Der Stand der Frau Xandl rechts und unweit davon die Bude des Thomas Hammer müssen etwas gegen den Vordergrund gerückt sein.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 10, Stuttgart 31898, S. 251-254.
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