Fünfte Scene.


[237] Hermine und Zänker ohne Doktor Hammer.


ZÄNKER. Er ist manchmal sehr übellaunig, dein gestrenger Herr Gemahl.

HERMINE. Das bin ich gewöhnt.

ZÄNKER nahe an sie herantretend. Teure Cousine, wie glücklich wäre ich, wenn es mir gelänge, nur für diese wenigen, kurzen Stunden durch meine aufrichtige Neigung dich seine Unliebenswürdigkeit vergessen zu machen.

HERMINE. Ich hab' dir's schon mehr als einmal gesagt, Theodor, daß ich derlei Reden nicht mag.

ZÄNKER. Ich weiß es, so oft ich dir mein Herz zu Fußen legte, hast du es von dir gestoßen; aber bedenke, nicht unser aller Herzen sind von Marmelstein. Daß das meine aufschreit unter dem Schmerz, den du ihm bereitet, das kannst du ihm doch nicht verwehren.

HERMINE. Ich kann es dir allerdings nicht verwehren, für deine Person so thöricht zu sein, als dir beliebt, aber die meine – ersuche ich dich – aus einem Spiele zu lassen, dessen Voraussetzungen für mich beleidigend sind.

ZÄNKER. Hermine!

HERMINE. Nichts mehr davon!

ZÄNKER. Du befiehlst! Nur eins noch. Ich möchte von dir nicht[238] verkannt sein. Ich hätte mich beschieden, ohne Ziel und ohne Wünsche dir zur Seite zu gehen.

HERMINE. Auch das würde auf die Dauer mich ermüden.

ZÄNKER beiseite. Darauf rechne ich. Sehr laut. Meine anmutreiche Cousine, verzeihe mir für diesmal, verzeihe auch, wenn mir manchmal noch dein Anblick das Geständnis erpreßt, daß ich dich liebe, denn ganz ungesagt werde ich es ja doch nicht lassen können.

HERMINE lächelnd, ihm mit zwei Fingern einen Backenstreich gebend. Du bist ein ganz närrischer und unverbesserlicher Mensch! Seinen Arm nehmend und sich zum Gehen wendend. Aber jetzt komm!

ZÄNKER im Abgehen. Recht so, führe du mich; ich bin ja dein Sklave, dein willenloser Sklave.


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Gesammelte Werke in zehn Bänden. Band 10, Stuttgart 31898, S. 237-239.
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