Vorwort [von Bettina von Arnim]

Zum Erstdruck 1854


Der erste Teil endet mit Annens feurigem Gebet um Antons Leben. Indes der Kampfeslärm sich verzieht, die Reisigen aus den Toren fliehen, die Bürger nachdrängen, Verwundete hineintragen und die Toten in lautloser Nacht verlassen sind, heftet sie, aus besinnungsloser Verzweiflung erwachend, ihre Lippen auf die Todeswunde und schließt sie mit ihrem Gebet, ihrem Gram und ihrem Glauben, sie werde zu Grunde gehen oder Anton mit der Sonne erstehen und sie von der Schuld seines Todes befreien. Keine Ahnung mahnt sie, daß ihr Kind durch Faust der Wiege entrissen, von Graf Konrad in raschem Trabe davon getragen wird. Keine Ahnung sagt ihr, daß Berthold von Geistern seiner Ahnen fortgerissen durch dieselbe Gewalt, die ihn heilte, jetzt ihn entseelt, zwischen Leichensteinen auf des Stammvaters Gruft niedergeworfen hat. Kein Donnerschlag erweckt wieder den sanft Hingesunkenen, dessen Armader die fremden Blutwellen entströmen, während der Mönch, der ihn dahin geleitet hatte, nun vor seinem gehörlosen Ohr von dem schwarzen Gedächtnisstein abliest, wie ein Geschlecht gehe und das andere komme, indes die Erde unbewegt bleibe.

Im Eingang dieses zweiten Teils der Kronenwächter deutet alles darauf, daß hier noch kein befruchtendes Gewölk auf ihn niedergeregnet war, um ihn von dem Staub, der auf Pergamente sich senkt, denen der Tatenlauf von Jahrhunderten vertraut ist, zu befreien. Der Geist, der diesen ersten Teil aufzeichnete, war längst entflohen, ehe er den folgenden mit letzter Hand berührt hatte, daher sein Werk nicht völlig mit den Ereignissen des ersten übereinstimmt, obschon ein harmonischer Einklang gefühlt wird, der den Verehrern dieses schönen, feurigen Buchs um so anregender sein muß, weil er sie auch tiefer in die Werkstätte desselben einführt,[801] der noch einmal aus seinem Dichterhimmel unter die rollenden Donnergewölke unserer Zeiten herableuchtet.

In diesem zweiten Band ist das Kind Oswald noch in der Mutter Obhut und Berthold im Grabgewölbe der Waiblinger Bürgermeister beigesetzt, auch tritt Faust als früher noch nicht dagewesen auf, was alles dennoch nur auf Namenwechsel beruht, welche die Überarbeitung des ersten Bandes herbeigeführt haben mag.[802]

Quelle:
Achim von Arnim: Sämtliche Romane und Erzählungen. Bde. 1–3, Band 1, München 1962–1965, S. 801-803.
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