Neunter Auftritt.

[20] Johann, die Vorigen und hernach die Fränzl.


JOHANN ganz ei fertig. Euer Gnaden!

FRAU VON HABICHT aufgebracht. Wo steckt ihr Flegel? – Warum bereitet ihr nicht zum Frühstücke?

JOHANN. Euer Gnaden, ich konnte bey der verschlossenen Thüre nicht herein.

FRAU VON HABICHT. Ihr Ochs! so klopft man an.

Die Fränzl bringt das Butterbrod.


FRAU VON HABICHT. Habt ihr Trampel den Koffee noch nicht fertig?

FRÄNZL. Euer Gnaden, ich kann ihn den Augenblick bringen.

Volpin steht ganz eingezogen an der Seite. Die Franzel geht hin und her.


FRÄULE zum Volpin. Apropos! Volpin! wir haben gestern Abends auf der Post neue deutsche Lieder bekommen; möchte Volpin nicht so gut seyn, und mir eines accompagniren?

VOLPIN. Euer Gnaden, ich bin aus das Uebung – will probiren. Setzt sich zum Klavier. Mach ich so gut, als ich kann.

FRAU VON HABICHT schmeichelhaft. Liebster Volpin! ich werde am ersten singen.[20]

FRÄULE abseits. Das ist zum Todtschiessen. Verbirgt ihren Zorn.

FRAU VON HABICHT hustet und räuspert sich. Das Lied Nro. II. Geht auf die Seite, ganz leise. Ach daß ich mich diesmal zu einer Marchesin hinauf singen könnte.

Die Fräule hört es, und lacht auf der Seite.

Aria.

Von der Frau von Habicht.


Ganz geheim und in der Still

Wollen wir uns lieben,

So entgeht dem Neid das Ziel,

Uns Zwey zu betrüben.

VOLPIN. Euer Gnaden haben einer englischer Stimme, die mich bis in der Grund des Herzele dringt Leise. und mich sterblich in Euer Gnaden verliebt macht.

FRAU VON HABICHT giebt ihm heimlich ein Geschenke. Volpin accompagnirt unverbeßerlich Leise zu ihm. daß man ihn lieben muß.

FRÄULE. Volpin, itzt ist die Reihe an mir. – Accompagnire er mir die zweyte Strophe des nemlichen Liedes. Abseits, sie räuspert sich. Ach! daß ich diese Stiefsekatur bis zur Verachtung herabfingen könnte.

[21] Aria.

Von der Fräule.


Wissen soll die Freundinn nie,

Wie wir uns verehren;

Denn aus Neide könnte sie

Unser Lieben stöhren.

VOLPIN. Euer Gnaden haben ein unvergleichlicher Stimme Zu ihr ganz leise. ich bin entzückt und verliebt.

FRÄULE giebt ihm heimlich ein Geschenke. Ich danke für das trefliche Accompagnement Ganz leise zu ihm. welches mich ganz in ihn charmirt.

Volpin steht vom Klavier auf, macht gegen Beyde seine Verbeugung.


VOLPIN. Euer Gnaden pardoniren meine Fehler. – Itzt ist Zeit daß ich der Kamin kehre.

FRAU VON HABICHT. Volpin! ich bin entschlossen, ihn zum Sprach und Singmeister zu wählen. – Man sagt: ich spreche die Worte in welschen Arien fehlerhaft aus.

FRÄULE. Den nämlichen Fehler hab ich auch. Folgsam bin ich entschlossen, den Volpin gleichfalls zu meinem Sing- und Sprachmeister zu nehmen.

VOLPIN. Ich mache mir eine Gnade, Euer Gnaden zu bedie en. Nur belieben Sie einer Stunde zu bestimmen, wenn ich kommen soll.

FRAU VON HABICHT. Heute Mittags speise ich aus. Nachdenkend Nachmittage von 4 bis 5 Uhr – Adieu! Geht in ihr Zimmer.[22]

FRÄULE zärtlich. Marchese! ich wähle die Stunde von 5 bis 6. Adieu! Adieu! Geht in ihr Zimmer.

VOLPIN. Bis hieher geht alles so, wie ich wünsche und verlange. Er bereitet sich, den Kamin zu kehren, und steigt den Rauchfang.


Quelle:
Antonio Salieri: Der Rauchfangkehrer. Wien 1781, S. 20-23.
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