Zehnter Auftritt.

[56] Peter, Lisel und die Vorigen.


PETER im hereingehen. Euer Gnaden! die Köchinn von der Frau von Habicht ist hier,

HERR VON WOLF. Laßt sie kommen. Der Bediente geht ab.

Lisel macht verschiedene Verbeugungen bey ihrem Eintritte.

Aria.

Von der Lisel.


Gnädig, gut' und süße Herren!

Ich bin hier nichts zu begehren;


Ingedenke,

Des Geschenke,

Nur zu wagen,

Dank zu sagen;

Ihre Hände zu verehren,

Und dann gleich nach Haus zu kehren.

Lisel will Beyden die Hände küssen, was sie aber nicht zulassen.
[56]

HERR VON WOLF. Jungfer Lisel! sie muß uns er, was verziehen; die Jungfer muß ein wenig hier bleiben.

LISEL. Euer Gnaden pardoniren! Ich heiß nicht Jungfer.

HERR VON BÄR. Wie? ist Sie schon verheurathet?

LISEL. Ich bitte um Verzeihen! ich bin nur eine gerechte und schlechte Dienstmagd.

HERR VON WOLF. Versteht sich, Ledig.

LISEL. Halb und halb! aufzuwarten Euer Gnaden!

HERR VON BÄR. Aber, warum hat Sie heute unser Musik unterbrochen? warum war Sie böse? nicht war? – aus Eifersucht?

LISEL. Davon fällt mir die ganze Woche nichts ein.

HERR VON WOLF. Halb und halb – muß es doch eine Ursache haben?

LISEL. Ja, – eine Ursache – weil ich es so thun mußte.

HERR VON WOLF. Thun mußte? Nimmt den Geldbeutel aus der Tasche, zieht ein Goldstück heraus, und hält es ihr vor. Darf man diese Ursache wissen?

Lisel wird von dem Goldstücke gerührt.


LISEL. Ja – aber – wenn Sie mich bey dem Volpino und meinen Frauen nicht verrathen.

HERR VON WOLF. Ich? – Sie verrathen?[57]

HERR VON BÄR. Jungfer Lisel! ich schwöre, daß ich in meinem Leben keiner Seele etwas davon entdecken werde.

LISEL. Nu! so sey es! weil es mein Volpino mir befohlen hat, es so zu machen.

HERR VON WOLF. Wie? – ihr Volpino?

LISEL. Ja Euer Gnaden, mein Volpino. Wir sind ja zusammen versprochen.

HERR VON WOLF. Hä! itzt versteh ichs, das ist: halb und halb ledig.

HERR VON BÄR. Bravo! das erfreuet mich.

HERR VON WOLF. Ich gratulire von Herzen. – Die Jungfer bekömmt an Ihm einen rechtschaffenen Mann. – Aber was hatte Volpino für Absichten dadurch?

LISEL. Meine beyde Frauen gegen mich eifersüchtig zu machen.

HERR VON BÄR. Wunderlich! da gewinnt er aber nichts.

LISEL. Ja? – Er hat viel damit gewonnen.

HERR VON WOLF. Was dann?

LISEL. Daß ich itzt die geheime Liebesunterhändlerinn zwischen Volpino und meinen Frauen geworden bin.

HERR VON WOLF. Wie? – Versprochen seyn? – und für den eigenen Bräutigam bey andern Frauenzimmern eine Liebesunterhändlerinn abgeben? – das ist wider die Natur; oder ein eheliches Verständniß nach der itzigen Mode.[58]

LISEL. Meine gnädige Herren! das war nothwendig, wenn er Ihnen beyden helfen sollte.

HERR VON BÄR. Wie ist das zugegangen? – erkläre sich die Jungfer besser.

LISEL. Nu! hören Sie! – so bald die gnädige Herren heute Vormittage aus dem Hause waren; lästerten mich beyde Frauen gar erschrecklich; und wollten die wahre Ursache wissen, warum ich den Volpino so ungeschliffen begegnet bin? – da durfte ich mich auf Befehl meines Volpino nicht verantworten: sondern ich mußte mich stellen, als weinte ich aus dem innersten meines Herzen; und das machte ich meisterlich.

HERR VON WOLF. Nicht verantworten?

LISEL. Nein! sondern ich mußte einer Jeden insbesondere in ihrem Zimmer, ein Geheimniß vertrauen, und jeder das Stillschweigen nachdrücklich empfehlen.

HERR VON BÄR. Wie heißt also dieses Geheimniß?

LISEL. Ich mußte sagen, daß ich vom Volpino mit Gelde bestochen worden sey, um eine rasende Nebenbuhlerinn von beyden zu spielen.

HERR VON WOLF. Fragte keine um den Beweggrund des Volpin's?

LISEL. Freylich, – jede wollte ihn wissen.

HERR VON BÄR. Wie lautet dieser?

LISEL. Ich mußte einer jeden insbesondere die Lüge anbinden: daß Volpino dadurch nichts anders gesuchet habe, als aus dem Grade ihrer Eifersucht[59] sicher zu wissen, welche aus Beyden in Ihn am heftigsten verliebt sey.

HERR VON BÄR abseits. Da ist einer von uns beyden betrogen. Zur Lisel. Was sagte die Frau von Habicht hierüber?

LISEL. Sie wurde mir auf der Stelle gut; gab mir einen Kuß; schenkte mir einen Dukaten; und befahl mir, dem Volpino zu sagen, daß Sie mich auf ewig würde in das Zuchthause sperren lassen, wenn ich ihr künftig die mindeste Gelegenheit zu eifern geben würde.

HERR VON BÄR abseits. Bär! du bist weg.

HERR VON WOLF. Und was sagte die Fräule?

LISEL. Sie küssete mich; machte mich zu ihrer Vertrauten, schenkte mir zwey Dukaten und bat mich, den Volpino zu sagen, daß Sie mir mit Gift würde vergeben lassen, wofern ich ihr zur mindesten Eifersucht würde Anlaß gegeben haben.

HERR VON WOLF giebt ihr das Goldstück. Bravo Jungfer Lisel!

HERR VON BÄR. Jungfer Lisel! Sie beruhiget mein Herz!

HERR VON WOLF. Es lebe Volpino!

HERR VON BÄR. Es lebe Volpino!

LISEL. Er lebe!

Gesang in dreyen.


LISEL.

Fordern Sie noch mehr Beweise

Mein und seiner Redlichkeit?[60]

WOLF UND BÄR.

Nein! die That verdient ein Preise

Unserer Erkenntlichkeit.

WOLF.

Tausend g'wichtige Dukaten,

BÄR.

Sind für Sie und ihren Gatten;

WOLF UND BÄR.

Baar gezehlt, und schon bereit.

LISEL.

Tausend g'wichtige Dukaten?

WOLF.

Sind gewählt.

LISEL.

Sind für mich und meinen Gatten?

BÄR.

Schon gezehlt.

LISEL.

Und bereit?

WOLF UND BÄR.

Wenn wir glücklich;[61]

LISEL.

Sicher glücklich!

WOLF, BÄR, LISEL.

Welch' ein Freud!


Quelle:
Antonio Salieri: Der Rauchfangkehrer. Wien 1781, S. 56-62.
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