39. Ueber den Umgang mit Bauern.

[102] Man kann mit den Bauern schon zurecht kommen, wenn man's eben nur versteht ... In Leipheim (ist ein Städtle nicht weit von Ulm) fiel der Jahrmarkt gerade auf den Tag, wo auch Holzmarkt war. Wie nun die Krämer ankamen mit ihren Waaren, und wollten ihre Stände aufrichten, da fanden sie die besten Plätze schon von den Holzwägen besetzt, und die Bauern machten eben keine Miene, daß sie weiter fahren wollten. Da trat ein Krämer unter sie, und sagte in höflicher Weise: Liebe Leute, seid so gut, und macht uns hier Platz. Die Bauern schwiegen und hielten aber still. Drauf ging ein anderer zu ihnen, und schrie: Ihr donnerschlächtigen Kerle! wollt ihr weichen, oder nicht? Die Bauern lachten, sie wichen aber nicht. Zuletzt kam ein dritter, ein stattlicher Mann, aus dem nächsten Wirthshause; der verstand die rechte Weise. Er fragte den nächsten Bauern, wie theuer er seine Fuhre gebe bis vor das Haus? Der sagte ihm den Preis, und sie wurden sogleich eins; und der Mann sagte, er solle nur einstweilen[102] vor das Thor hinaus fahren; er werde gleich nachkommen und ihm den Platz bezeichnen, wo er's abladen solle. Desgleichen handelte er einem zweiten, dritten, und allen übrigen ihre Fuhren ab, und er bestellte sie sämmtlich vor das Thor. Die Bauern dankten, und fuhren mit Freude ab, und sie dachten: die große Bestellung sei gewiß für einen reichen Brauer in dessen Märzenkeller, und es könnte noch ein und das andre Mäßle gutes Bier statt des Trinkgeldes absetzen. – Als nun indessen die Markstände all geordnet und aufgeschlagen waren, kam der Käufer zu dem Bauern, die vor dem Thor seiner harrten, und er sagte: So, liebe Leute! Jetzt könnt ihr gemächlich fortfahren bis nach Höchstädt vor mein Haus. Es ist das dritte, links wenn man zum Thor hinein fährt. Ihr könnt nicht irren. Wenn ich dann Abends nach Hause komm', werd ich euch richtig bezahlen. Die Bauern schimpften; aber sie hielten vor dem Thor, bis andere Käufer kamen, denen sie das Holz nicht so weit führen durften vor das Haus.

Quelle:
Ludwig Aurbacher: Ein Volksbüchlein. Band 1, Leipzig [um 1878/79], S. 102-103.
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