Siebente Szene

[8] Redlich. Therese.


REDLICH. Du hast dich wieder ausgezeichnet, alleweil g'scheit sein wollen – nachher wirst ausg'lacht; ich weiß aber schon, woher dein keckes Betragen gegen mich kommt: seit der superkluge Herr Müller ins Haus schleicht, bist du so schnippisch mit mir. Aber nächstens will ich über ihn kommen, und der zweite Stock soll mir nicht zu hoch sein!

THERESE. Laß du den Herrn Müller zufrieden, er ist ein braver Mann.

REDLICH. O ja, Geld hat er wenigstens genug, um brav zu sein; auch hat er in Österreich hinlänglich Glück gehabt, ehrlich zu denken und Wien dankbar seine zweite Vaterstadt[8] nennen zu können. Doch dazu ist er nicht aufgelegt; als ein armer Teufel kam er hieher; in unserm fetten Land hat er sich aufgeholfen, jetzt, weil er reich ist, schimpft er und sagt uns Grobheiten um unser Geld. Oh, es gibt noch mehr solche Hechten.

THERESE. Hör mich an!

REDLICH. Ich weiß, was du sagen willst. Er will mein Schwiegersohn werden; ich dank für die Ehr – wer kein braver Untertan ist, kann auch kein braver Ehemann werden. Er soll sich eine Braut über der Grenze suchen, hier im Lande wachsen keine Mädeln für ihn.

THERESE. Hast du auf sein Vermögen vergessen?

REDLICH. Hast du auf dein Kind vergessen? Was ist mehr wert? Meine Tochter hat nicht viel, aber sie ist brav; er hat viel, ist aber nichts nutz, das ist ein ungleiches Heiratsgut! Aus der Mariage wird nichts, das kannst du ihm ausrichten. Er geht ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 8-9.
Lizenz:
Kategorien: