Vierte Szene

[21] Hans. Staberl.


HANS. Behüt dich Gott! Parapluiemacher, ich geh jetzt. Mein Herr ist schon fort, und das letzte Glas hab ich getrunken! –

Behüt dich Gott, schau mir nach!

STABERL. Sag Er mir einmal, wie kann Er denn so grobe sein und Du zu mir sagen?

HANS. Wieso? Was ist denn das Übles?

STABERL. Übel ist es stark und sogar gemein. Ich bin kein gemeiner Mensch, nicht seinesgleichen, ich bin, mit Respekt zu melden, ein Parapluie- und Parasolfabrikant und will mir das verbeten haben. Beim Gesundheittrinken war ich aufgebracht, doch ich habe geschwiegen wegen der Gesellschaft.

HANS. Was bild'st du dir denn ein? Ein Tiroler darf zu allen Leuten Du sagen; willst du besser sein? Glaubst du, dein Er, was du zu mir sagst, ist artlicher? Glaubst du, das darf ich leiden?

STABERL. Also Sie – damit Sie's wissen, Sie mögen sein, wer Sie wollen, so leide ich kein Du von Sie!

HANS. Was geschieht mir denn, wenn ich mich nicht daran kehre?

STABERL. Oh, ich werde mir Respekt verschaffen!

HANS geht auf ihn zu. Wie denn?

STABERL zieht sich zurück. Ich werde Sie züchtigen.

HANS. Geh her und laß dich anschaun, du Zahnstocher! Du einen Tiroler züchtigen? Du Parapluie von einem Menschen! Geh und such dir ein Fenster aus, bei welchem du 'nausfliegen willst, der kleine Finger da soll dir den G'fallen tun! Er jagt ihn um den Tisch.[21]

STABERL flüchtet sich und postiert sich hinter einen Stuhl. Das ist ein starkes Stück!

HANS. Ich hab dich noch nie beleidigt, aber du beleidigst die ganze Welt. Ein Kerl, der wie du zudringlich und keck ist, wenn der zu uns nach Tirol kommt, so kriegt er Prügel, daß er nicht gehen kann!

STABERL. O mein lieber Tiroler, was das betrifft, reis ich nicht von Wien nach Klosterneuburg, denn ich habe auch schon hier von anonymen guten Freunden die schönsten Schlag unbekannterweise erhalten und hab sie nicht ersucht. Das weiß der Himmel!

HANS. Also mußt du nicht so hoperdasig sein! Du kennst den Hansel nicht – sein Du wird dich nicht schandten! Ich bin ein ehrlicher Kerl, mit mir darfst du schon Bruderschaft machen; bei mir z'Haus ist's nicht so wie hier, wo man sich duzt ins Gesicht und rückwärts verfolgt – du und du, ein Herz und ein Sinn!

STABERL für sich. Er zieht gute Saiten auf; ja, mir soll er trauen!

HANS. Ich weiß wohl, wo dein Zorn herkommt, ich habe dich vorigen Winter ein paarmal aus meines Herrn Wirtshaus hinaustragen müssen –

STABERL. Wie? Das war Er? Sie? Du?

HANS. Aber du warst selber schuld, denn du hast, wenn du besoffen warst, mit den besten Leuten Handel angefangt.

STABERL. Da schaut's her! Aber was ich vor Stückel von mir hör!

HANS. Drum sei gut und gib mir die Hand. Ich bin nur ein gemeiner Hausknecht, aber ich bin ein rechtschaffener Kerl und bin so viel wert als ein Parapluiemacher! Laß uns gute Freunde sein – in ein paar Tagen besuch ich meine Mutter in Linz, kann ich dir vielleicht was bestellen, so will ich's gern tun.

STABERL. Du bist gar freundlich, weißt was, schick mir ein paar Linzertorten in einem Brief.

HANS. Kommt mir auch nicht drauf an! Also Allianz!

STABERL. B'hüt dich Gott, Tiroler, ei, wenn du artig bist, hab ich dich schon gern! – Er gibt ihm die Hand.

HANS. B'hüt dich auch Gott! Er drückt ihm derb und kräftig die Hand und geht ab.


Quelle:
Das Wiener Volkstheater in seinen schönsten Stücken. Leipzig 1960, S. 21-22.
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