Zweyte Scene.

[51] ROSEL allein. Gott sey Dank, so wäre ich dann auf einmahl eine vornehme Frau; hab lang genug drauf g'wart. Nun schwer ist dieser Stand g'rad nicht, ein gemeines Weib ist viel härter dran. Da will ich mich doch lieber zehn Mahl schminken statt als eine gemeine Schusterinn ein einziges Paar Schuh einfaßen. Da sticht man sich weiter nicht in die Finger! Nein so ists besser. Sie geht zum Spiegel. Schön bin ich, das braucht nichts. Jetzt kommen meine Vorzüg' erst recht an den Tag, und stattlich bin ich wie ein' Markgräfinn. Wenn ich den Arm so rund heb', und den Fuß so ausbieg', so komm' ich mir g'rad wie die Göttinn vor, die in meinem Schlafzimmer auf dem Ofen steht.

Arie.


Jetzt bin ich so schön wie eine Göttinn von Stein,

Kann stolz wie ein' Königinn gehen,

Kann tanzen, kann reiten und singen so fein,

Kann vornehm auf Achtung bestehen.

Mein Stimm' in der Höhe: tralarilala,

Und dann in der Tiefe: dadadidada!

Muß, wer mich nur höret, gefallen,

Ich bin ja die Schönste aus allen![51]

Zwar lustiger war's noch beym Schuster zu Haus,

Viel leichter war's leinerne Leibel,

Ich sah damahls auch g'rad nicht häßlicher aus,

Mein Tücherl, mein Fürtuch und Häubel!

Da sang ich ganz anders: tralarilala,

Ich dudelte lustig: dadidada!

Doch vornehm ist gescheidter, ist größer!

Und reich seyn statt arm, das ist besser!


Quelle:
Bäuerle, Adolf: Doctor Faust's Mantel. Ein Zauberspiel mit Gesang in zwey Acten. Wien 1819, S. 51-52.
Lizenz:
Kategorien: