34. Der wandelnde Geist zu Rauhenek.

[173] In der Nähe der Oestreichischen Stadt Baden liegen die Ruinen der Veste Rauhenek. Ein Geist, dem das Schicksal herum zu wandeln gebot, warum, meldet die Sage nicht, schleicht hier aus und ein und ächzt und klagt ob seiner Erlösung. Diese aber hängt von dem Bäumchen ab, das jetzt nur noch als Staude aus der Mauer des hohen Thurmes emporwächst. Wenn dieses nehmlich zu einem solchen Stamme gediehen ist, daß eine Wiege wird daraus gemacht werden können, so wird ein Kind darin geschaukelt werden, das, als Priester, den Geist erlösen kann.

Täglich schleicht nun der arme Geist um den Thurm herum, schaut hinauf nach dem Bäumchen, ob es auch noch da sei und zittert, wenn ein[173] Sturmwind saus't, der es entwurzeln, oder wenn Blitze die Luft zerschneiden, die es zerschmettern könnten. Denn, verdorrt das Bäumchen, so muß das geplagte Wesen warten, bis wieder ein Bäumchen dort oben aufsprießt und jene Stärke erreicht.


Quelle:
Johann Gustav Büsching: Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812, S. 173-174.
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