107. Hexenbutter.

[95] Zu einer Frau in Kippenheim, welche im Rufe der Hexerei stand, kam eines Tags ein Nachbar, als sie eben Butter stieß. Er bat sie, ihm eine Sille zu leihen, die zu holen sie auch hinausging, nachdem sie ihm empfohlen hatte, das Butterfaß ja ruhig stehen zu lassen. Diese Mahnung bewog ihn gerade, das Faß aufzuheben und genau zu besichtigen, unter welchem er einen rothen Lappen liegen fand. Von demselben schnitt er ein Stück ab und steckte es ein, dann legte er das übrige wieder unter das Faß und ging, als er die Sille erhalten, gleich nach Hause. Dort schüttete er den wenigen Rahm, welchen er vorfand, in sein Butterfaß, legte unter dieses das Stück Lappen und hatte, nach kurzem Stoßen, einen großen, goldgelben Butterklumpen gewonnen. Denselben zeigte er seiner Frau, indem er ihr den ganzen Hergang erzählte; aber sie wollte mit solcher Butter nichts zu schaffen haben und auch nicht leiden, daß ihr Mann sie den nächsten Tag zu Markt bringe. Als sie darüber beim Nachtessen noch stritten, kam ein grüngekleideter Herr in die Stube und fragte den Mann: »Nun guter Freund, wie hat ihm heute das Butterstoßen gefallen?« »Recht gut, ich habe sehr viele und schöne Butter gewonnen,« antwortete der Mann, worauf der Herr, welcher der Teufel war, ein großes Buch hervorzog und sagte: »So unterschreibe er sich jetzt auch hierin mit seinem Blute!« Obgleich durch dies Begehren heftig erschreckt, behielt doch der Mann so viel Fassung, daß er den Bösen auf den andern Abend bestellte, wo er die Sache überlegt haben werde. Nachdem derselbe mit dem[96] Buch fortgegangen war, eilten die Leute zum Pfarrer, erzählten ihm alles und fragten, was sie thun sollten. »Statt eures Namens schreibt die Worte: Jesus von Nazareth, König der Juden, mit eurem Blut ein«, gab der Pfarrer zur Antwort. Am nächsten Abend kam richtig der Teufel, um zu hören, ob der Mann sich unterzeichnen wolle, worauf dieser sich in den Finger schnitt und anfing, die erwähnten Worte mit seinem Blut in das Buch zu schreiben. Kaum hatte er aber deren erstes: Jesus – beendigt, so erhielt er vom Satan einen solchen Schlag, daß er ohnmächtig niederfiel; dann fuhr jener brüllend zum Fenster hinaus und riß dessen ganzen Kreuzstock mit. Das Buch ließ er zurück, und am andern Tag brachte der Mann es dem Pfarrer, der es verbrannte und dadurch die vielen Leute, welche darin eingeschrieben waren, von ihrem Bund mit dem Teufel befreite.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 95-97.
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