487. Der getäuschte Teufel.

[407] Die einzige Tochter eines reichen Hofbauers in Oberösterreich hatte mit einem ihrer Knechte eine Liebschaft. Obgleich fromm und fleißig, war er doch ihrem Vater zu arm, der seiner auf immer los zu werden suchte. Zu dem Ende versprach er ihm seine Tochter, wenn derselbe in der zum Hof gehörenden Mühle nachts einen Wagen Frucht mahlen würde. Diese Mühle war seit lange verödet; denn darin haus'te ein Teufel, welcher jeden,[407] der mahlte, unter das Kammrad warf, daß er zermalmt wurde. Nach einigen Tagen Bedenkzeit erklärte sich der Bursch zu dem Unternehmen bereit, beichtete und kommunizirte und fuhr abends mit dem Wagen Frucht an die Mühle. Sogleich kam der Teufel heraus und begrüßte ihn als willkommnen Gast, stutzte aber, als der Knecht in barschem Ton ihm sagte, er solle die Frucht abladen und aufschütten helfen. Als er die Hülfe geleistet hatte, packte der Bursch ihn von hinten und warf ihn unter das Kammrad mit den Worten: »Da unten bleibe, bis ich dich wieder rufe!« Hierdurch vollends eingeschüchtert, wagte der Teufel sich nicht hervor, bis am Morgen, als alle Frucht gemahlen war, ihm vom Knecht befohlen wurde, beim Aufladen des Mehls behülflich zu sein. Nachdem sie den Wagen beladen hatten, fuhr der Bursch auf den Hof zu seinem Herrn, der über das Geschehene sehr erstaunt war, aber dem Knecht sagte, er könne nur dann sein Tochtermann werden, wenn er ihm auch die große Eiche bringe, welche seit Jahren im wilden Wald liege. Diesen Baum hütete derselbe Teufel, welcher in der Mühle haus'te, und brachte alle, die erstern zu holen kamen, ums Leben. Sich Gott empfehlend, begab der Bursch am andern Tag sich allein und ohne Fuhrwerk zu der Eiche, wo er den Teufel traf und von ihm gefragt wurde, was er da mache. »Ich habe dich ja auch nicht gefragt, was du da machst!« erwiederte der Knecht, worauf der Teufel sagte: »Gelt, du willst die Eiche holen?« »Das wäre mir der Mühe werth, die eine Eiche zu holen« antwortete jener, »thue mir noch zwei andere dazu, dann will ich sie miteinander fortschleifen!« Auf dieses sprach der getäuschte Teufel: »Jetzt sehe ich wohl, daß du stärker bist als ich. Sage deinem Herrn,[408] daß ich die Mühle auf immer verlasse, und sie nun wieder benutzt werden kann.« Nach diesen Worten verschwand er. Voll Freude eilte der Bursch heim und erzählte alles dem Hofbauer, worauf sie mit viel Pferden die Eiche holten und der Knecht seines Herrn Tochter und die Mühle erhielt, in der der Teufel nie wieder sich spüren ließ.

Quelle:
Bernhard Baader: Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden. Band 1, Karlsruhe 1851, S. 407-409.
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