25. Vögel wählen einen König.

[517] Die Vögel wollten mal einen König wählen, und es wurde beschlossen, daß derjenige es sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Da versteckte sich der Zaunkönig unter die Flügel des Reihers, und wie dieser, der noch höher als der Storch geflogen, ermüdet war, da flog der Zaunkönig unter den Flügeln hervor und noch über den Reiher hinaus und rief ›König bün ik! König bün ik.‹ Darüber waren aber die andern Vögel sehr böse und setzten ihm arg zu; der Zaunkönig aber flüchtete sich in ein Mauseloch und aus dem schrie er immer ›König bün ik! König bün ik!‹ Da ärgerten sich die andern Vögel wieder und beschlossen, ihn auszuhungern; die Eule wurde als Wache vor das Loch gesetzt, weil sie so große Augen hatte und bei Nacht wacht. Als es aber Mittag wurde, da schien die Sonne so hell, daß sie die Augen schloß und einschlief. Da entschlüpfte der Zaunkönig in einen nahen Zaun und rief wieder ›König bün ik! König bün ik!‹ Als die andern Vögel das erfuhren, verfolgten sie die Eule, wo sie am Tage sich sehen ließ. Die Eule aber wurde den Mäusen feind, die die bösen Löcher machen.


Mussäus in den Meklenburg. Jahrbüchern 5, 74 ff.; vgl. Schwarz 8.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 517-518.
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