Spleen.

[65] Wann wie ein Deckel sich der Himmel tief gesenkt hat

Auf unsern Geist, den bang die Leere seufzen macht,

Wann er den Horizont umschattet und umschränkt hat

Und schwarzen Tag ergießt, der trüber als die Nacht;


Wann wie ein feucht Verließ das Erdall auf uns lastet,

Darin die Hoffnung gleich geschreckter Fledermaus

Mit angstbeschwingtem Flug längs dunkler Mauer hastet

Und sich den Kopf stößt am Gewölb des dumpfen Baus;


Wann grau der Regenflut Gießfäden niederrinnen

Gleich eines Kerkerraums gewaltger Gitterwand,

Und wann ein stummes Volk von unheilvollen Spinnen

Im Grunde unsres Hirns verruchte Netze spannt,


Dann springen Glocken auf in wütendem Erbeben

Und senden ihr Geheul dem Himmel schrecklich zu,

Wie fremde Geister, die geächtet irrend schweben

Und quälend Klaggetön ausstöhnen ohne Ruh.


Und Leichenzüge, stumm, kein trauernd Grablied singend,

Ziehn langsam durch mein Herz; die Hoffnung siegberaubt,

Flieht weinend, und die Angst, entsetzlich, allbezwingend,

Pflanzt ihre Fahne schwarz auf mein gesenktes Haupt.

Quelle:
Baudelaire, Charles: Blumen des Bösen. Leipzig 1907, S. 65-66.
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Die Blumen des Bösen (Auswahl)
Die Blumen des Bösen
Les Fleurs du Mal /Die Blumen des Bösen: Franz. /Dt
Die Blumen des Bösen: Französisch/Deutsch
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