169. Der Jungfernstuhl und der Mönch auf Helgoland

[134] Da die eilftausend Jungfrauen unter Anführung der heiligen Ursula aus Albion gen Köln zogen, kamen sie auf ihrer Meerfahrt auch nach dem grünen Helgoland und landeten allda, aber die Einwohner verfolgten einige an das Land Gekommene, daß sie nicht wußten, wie sich retten, da eilten sie an den Strand und sprangen auf das Wasser, darin gingen sie nicht unter, sondern es hob sich ein Fels unter ihren Füßen, auf dem sie ruhten, bis ihr Schiff herankam und sie einnahm. Dieser Fels hat davon den Namen Jungfernstuhl erhalten. Um ihn her wurden noch lange Jahre die Fußtapfen der Jungfrauen tief in den Boden eingedrückt ersehen. Aber zur Strafe verwünschten die Jungfrauen alles auf der Insel, außer die Menschen. Da verwandelte sich alles Geräte in Stein. Ein Prediger hat davon lange ein Endchen Wachslicht in Verwahrung behalten, das ganz zu Stein geworden.

Als hernachmals Helgoland dennoch christlich geworden war, hielten seine Bewohner fest am alten Glauben. Da sendete der König einen Mönch, welcher Luthers Lehre angenommen hatte, dorthin, diese Lehre dort zu predigen, aber die Einwohner stürzten ihn von einem Felsen herab in das Meer. Da wuchs ein steinern Gebilde aus der Tiefe, ganz wie ein Mönch gestaltet, und auf der Klippe ging der Geist des Bekehrers um und predigte mit einer Donnerstimme, so lange, bis sich die Leute dennoch zur neuen Lehre bekehrten, dann hatte der Geist Ruhe, aber der steinerne Mönch blieb als ein sonderbares Wahrzeichen stehen.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 134.
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