371. Die Teufelshufeisen

[259] Im Städtchen Belgern zwischen Torgau und dem durch die Schlacht, in welcher Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige zum Gefangenen gemacht wurde, berühmten Mühlberg hat es sich begeben, daß einer Bierschenkin, die zwar sehr gutes Bier hatte, dasselbe aber sehr knapp maß, ein seltsamliches Abenteuer zustieß. Zu Belgern wurde vorzeiten, wird auch vielleicht noch jetzt ein über die Maßen gutes Bier gebraut, und wenn von dem Torgauischen Bier das Sprüchwort ging: Torgauisch Bier ist der Armen Malvasier – dieweil es einen überaus würzhaften Geruch und Geschmack hatte – so galt von dem Belgerschen Bier der lateinische Spruch: Cerevisia Belgrana omnibus est sana, während man dem Wittenberger Bier, Kuckuck genannt, spöttlich nachsagte, daß diesem Vogel unterweilen von den Brauern der Hals allzu lang gedehnt werde. Jene Bierwirtin nun mochte es mit dem Teufel entweder verdorben oder es mit ihm allzu gut gemeint haben, genug, der Teufel ritt sie in einer schönen Nacht vor die Schmiede in Pferdsgestalt, lärmte den Schmied munter und gebot ihm, sein Pferd zu beschlagen. Derselbe ging rasch an seine Arbeit, wie er aber dem Pferde den rechten Vorderfuß hob, raunte ihm die Bierschenkin, welche seine Gevatterin war, zu: Gevattersmann, verfahret doch nicht so eilig! – Der Schmied erschrak zum Tode und antwortete: Jo, Frau Gevattersche! Reitet Euch denn der Teufel? – Freilich wohl! antwortete das Pferd, knapp Maß, knapp Maß! Tu's nimmer, tu's nimmer! – Da konnte der Schmied vor Zittern kein Glied rühren, und ließ die Hufeisen fallen, und lief in die Schmiede, und machte sich darin zu schaffen die längste Zeit und sagte, er könne die Nägel nicht finden – und die Kohlen wollten nicht brennen, und da krähete der Hahn. Hui – waren Reiter und Stute ihm aus den Augen. Am andern Tage lag die Krügerin krank im Bette und blieb lange krank; an ihrem Hause hingen statt des üblichen Bierzeichens vier Hufeisen, und als jemand[259] diese herabtun wollte, verbrannte er sich die Hände daran derb und tüchtig.

Dieselbe Sage wird auch erzählt vom Orte Schwarzenstein bei Rastenburg an der Guber, dort soll der Schmied zwei Hufeisen wirklich aufgenagelt haben, die man dann an den Händen der Bierschenkin fand, mühsam abnahm und in der Kirche aufbewahrte.

Quelle:
Ludwig Bechstein: Deutsches Sagenbuch. Meersburg und Leipzig 1930, S. 259-260.
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