Fünfte Scene

[35] Vorige. Christel, dann Friedel.


CHRISTEL aus dem Hintergrunde. Frau Hammermeisterin, Frau Hammermeisterin!

ELSE dreht sich schnell um. Christel, bist Du's? Grüß Dich Gott, ehrlicher Bursche! Wo ist der Herr?

CHRISTEL. Schönstens bedankt für den Gruß. Der Herr läßt Euch, Macht einen Kratzfuß. mit Verlaub, nehmt's nur nicht übel, der Herr läßt Euch herzlich küssen, und morgen gegen Abend[35] kommt er an mit Sack und Pack. Er ist nur nach Sanct Florian hinüber, um die Schenkung der seligen Tante im Kloster selbst zu übergeben.

ELSE. Mein Rudolph! Endlich, endlich! Ach Christel, ich könnte Dir gleich um den Hals fallen vor Freude.

CHRISTEL. Thut's, Frau Hammermeisterin, thut's, ist mir in den letzten zwanzig Jahren spärlich passirt. Ja hört, Ihr werdet Euch wundern, des Herrn Tante hat tüchtig hinterlassen, da kommt Geld, prächtige Kleider, Silberzeug, Perlen und –

ELSE. Ach, was soll mir das? Aber mein Rudolph kommt, mein lieber, guter Mann! Bleibt er lange in Sanct Florian? Kommt er gewiß morgen?

CHRISTEL. Gewiß, Frau Else! – Denn er rief mir noch nach: Ich werde eilen, denn mein Herz drängt mich zu Weib und Kind.

ELSE. Der theure Mann!

FRIEDEL kommt aus dem Hause. Mutter, das Abendbrod ist fertig, komm herein, mich hungert.

CHRISTEL. Lieb' Friedel, siehst Du mich nicht?

FRIEDEL. Christel! Ei Christel, bist Du da? Springt an ihm hinauf. Nun kommt wohl auch der Vater wieder? Habt Ihr mir ein Pferd und Linzertorte mitgebracht?[36]

CHRISTEL. Ei freilich! Eine mächtig große Torte! Komm nur, ich packe gleich aus. Trägt Friedel hinein.

ELSE nebenherschreitend. Der Junge träumt von nichts als Reiten und Torten. Warte, wenn der Vater kommt, der wird Dich naschen lehren. In's Haus ab.


Es wird ganz finster. – Im Innern des Hauses erscheint Licht hinter den Fenstern, nach einer Pause schlägt die Glocke neun Uhr.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Gesammelte dramatische Werke, Band 9, Leipzig 1863, S. 35-37.
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