Zweite Scene

[4] Vorige. Lisbeth.


LISBETH in demselben Costüm wie Gertrude, nur eine ganz kurze Jacke darüber, die Haube wie Jene. Junge Frau, drall, lebhaft, heiter. Trägt eine Schachtel, worin eine glänzende Brautkrone nach Bauernart. Grüß Gott bei 'nander! Da wär' ich – und mein Schatz! Hält die Schachtel empor.

DORE froh. Jetzt das ist brav, Lisbeth! Schön Dank! Nimmt ihr die Schachtel ab, und setzt sie auf den runden Tisch.

GERTRUDE steht auf. So, Lisbeth! Jetzt sind wir fertig.

LISBETH stolz. Solch' eine Brautkron' wie ich Dir bestellt hab', Dore, hat noch kein Schwarzwälderkind gesehen! Nimmt den Deckel ab. Da, schau nur!

DORE faltet die Hände und betrachtet die Krone mit Ehrfurcht. Herr Jeh! Ist das eine Pracht!

LISBETH vergnügt. Nicht wahr, He? Gottlob! Jetzt fehlt nichts mehr zur Hochzeit! Mein', ich könnt' sie kaum mehr abwarten!

GERTRUDE. Na Lisbeth, Sie thut ja grad' als wenn's Ihre Hochzeit wär'!

LISBETH. Das kann mir Keiner verübeln, daß ich mich freu' die Wirthschaft los zu werden, die ich seit meines Mannes Tode führen muß für den Steffen; den Querkopf bringt nur das Dorle zurecht, und ich bin doch nicht willens ledig zu bleiben.

GERTRUDE lachend. So, so ist's? Die Lisbeth hat auch Heirathsgedanken?

LISBETH. HAB' ich, ja Frau Gertrud! Warum nicht? Bin seit zwei Jahr Wittib – und das ist ein elendig's Ding! – Sobald die Hochzeit vorbei ist, schau' ich mich einmal wieder beim Vetter Bäcker in Zülichau und auf dem Wald um. – Jetzt aber Dorle, mußt mir die Brautkron gleich probiren! Faßt in die Schachtel und nimmt die Krone heraus. Komm her.

DORLE fährt zurück. Nein, Lisbeth – um's Leben nicht! die kommt nicht auf meinen Kopf, ehe sie mir die Rosel nicht aufsetzt.

LISBETH gedehnt, indem sie die Krone in die Schachtel legt. So? – Na – da kannst noch eine Weil warten mit dem Heirathen! – der gefallt's zu gut bei ihrem reichen Herrn Pathen in Paris, die denkt nicht heim! –

DORE sieht sie groß an. Ja, was willst damit sagen?

LISBETH. Kein Mensch in der Gegend glaubt, daß Euer Rosel noch[4] einmal in den Schwarzwald kommt. – Hoff' nicht daß auf die gewartet werden soll! – Jetzt nehm' ich, mit Verlaub, einen kleinen Imbiß, bis der Bruder vom Pferdemarkt kommt, er will mit mir heimfahren. Der wird Dir's Warten schon vertreiben! Paß auf! Ab, wo sie kam.

DORE steht in tiefen Gedanken. Mutter! Könnt' das möglich sein, daß die Schwester nicht käme?

GERTRUDE. Ich weiß nicht – aber ich mein' – sie müßt längst da sein, wenn sie kommen wollt! Nicht weil's die Lisbeth sagt, aber mir ist's schon länger so schwer um's Herz als käm' die Rosel nimmermehr über die Schwell!


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Gesammelte dramatische Werke, Band 10, Leipzig 1863, S. 4-5.
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