Sechste Scene

[29] Johannes Fust aus der Mitte mit Mantel und Baret. Vorige.


KÄTHE auf ihn zu stürzend. Vater, ist's wahr? ich soll den Peter Schöffer zum Mann bekommen?

FUST finster. So denk' ich, ja, das ist mein Wille. Der Junge ist Dir zugethan mit ganzer Seele!

KÄTHE. Vater, ich kann ihn nicht lieben, und zwingt Ihr mich, so muß ich's sagen, ich – ich weiß Euch einen bessern Schwiegersohn –

FUST. Was? – Was ist das?

KÄTHE. Ich liebe den Guttenberg, und soll ich den nicht haben, so will ich keinen –

FUST fährt auf. Den Guttenberg? – Bist Du von Sinnen? – Denkst Du, der ahnenstolze Patrizier nehme des schlichten Bürgers Tochter zur Frau?

KÄTHE. Er stolz! O lieber Gott, bin ich denn nur sehend, und alle Andern blind? – Der demüthige Mann, der schweigend seine mühevolle Bahn geht, der Gott allein die Ehre giebt, und züchtig wie eine Jungfrau des Geistes Strahl verbirgt, der leuchtend aus seinem Auge dringt! Er stolz – und stolz auf seine Ahnen! – Wer sind sie denn? – wer kannte sie? was waren sie der Menschheit? Einst[29] wird man sie kennen, einst wird man fragen, wer war der glückselige Vater, der einen solchen Mann Sohn nannte? Einst, wenn der Name Guttenberg über Land und Meer fliegt, wenn Tausende und Abertausende ihren Wohlthäter preisen, dann wird man erfahren, daß ein Guttenberg sein Ahn gewesen; und wäre er der erste seines Namens, so wird eine Zeit kommen, wo kein Kaiser drob erröthen würde, wäre dieser Guttenberg sein Sohn, denn was er für die Menschheit that, nicht Segenvolleres hat des höchsten Fürsten Scepter je geschaffen!

FUST. Die Dirne ist wahnsinnig! Gott erbarme sich, so hörte ich sie nie! Sie ist herausgeschritten aus dem stillen Kreise, für den ich sie erzogen, sie wäre fähig den eignen Vater zu verderben, gälte es das Glück des heuchlerischen Gleißners, der sie verführte, der das Kind wider den Vater hetzt. –

KÄTHE. Mein Vater, Ihr thut schweres Unrecht an mir und ihm. Noch nie kam ein Wort von Liebe über seine Lippen, noch nie sprach ich es aus, was mir die Angst dieser Stunde erpreßt! Aber dennoch, ich weiß es, er ist mir gut, und wird ein treues Herz, das ihn so ganz versteht, nicht von sich stoßen.

FUST. So gehe denn hin und trage Dich ihm an, und nimmt er Dich, so ziehe mit ihm in's Gefängniß.

KÄTHE starr. In's Gefängniß?!

PETER rasch. Ist Alles schon gethan?

FUST. Gethan und wahrlich schnell genug, und Alles fügt sich meinem Wunsche. Sie saßen eben beisammen, die Herren Räthe, und mein Bruder obenan.

KÄTHE. Vater – was – was habt Ihr gethan?

FUST. Du sollst es wissen, damit Dir die Heirathsgedanken vergehen. Den schlechten Zahler, den Guttenberg, der mich vor wenigen Minuten hier in meinem eignen Hause beschimpft, ich habe ihn eingeklagt, und zahlt er nicht, so mag er im Gefängniß liegen, bis ihm der Hochmuth vergeht![30]

KÄTHE. Ihr habt den Guttenberg eingeklagt, Ihr wollt ihn in's Gefängniß werfen? – O Gott, verzeih mir's, wäre ich doch gestorben, ehe ich dies von meinem Vater erlebt!

FUST. Käthe!

KÄTHE. Droht mir, hebt die geballte Faust noch höher, schlagt mich, tretet mich mit Füßen, tiefer kann ich nicht mehr sinken, schlimmere Schmach nicht mehr erfahren, als Ihr mir eben angethan! – Der Mann, der Euch zu sich erhob, der Euch offen und redlich, wie der Herr einst den Häschern, entgegentrat – den wollt Ihr in's Verderben stürzen, die Früchte seines Fleißes ihm stehlen? – nun denn, wenn's so um Euch steht, so mögt Ihr scheiden von dem einzigen Kinde, das Euch noch übrig blieb! Ihr werdet in der letzten Stunde Eures Lebens vergebens nach der Hand suchen, die Eure trüben Augen schließen soll, denn Ihr habt Eurem armen Kind das Herz gebrochen; es wird sich flüchten mit seinem Grame in eine Welt, wo ein milderer Vater seine Arme öffnet – ach, wäre ich schon dort! Sie eilt weinend ab.

FUST sieht ihr ergrimmt nach. Was ist das? Was ist aus der Dirne geworden? so spricht sie zu dem Vater? Ich will ihr den Kopf zurecht setzen, so wahr ich Herr bin über mein widerspenstiges Kind! Komm Peter, wir haben einen so großen Schritt vorwärts gethan, daß an keine Rückkehr zu denken ist. Schnell zu meinem Bruder, die Sache soll rasch beendet sein. Beide ab.


Verwandlung.

Zimmer in Guttenbergs Hause.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Johannes Guttenberg. Berlin 21840, S. 29-31.
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