Zwölfte Scene

[56] Krabbe. Baron.


BARON trat schon früher während des Lesens ein und hörte aufmerksam zu, vortretend. Sehen Sie, Herr Krabbe, nun hat Ihr Julius doch eine Liebschaft; und mit solch prächtigem Mädchen, die so herzbrechende Briefe schreibt! Nun werden Sie wohl nicht länger anstehen, ihn zu verheirathen?

KRABBE der zornig und beschämt auffuhr. Ih – das ist wahr, sie schreibt sehr schön und beweglich, aber – Plötzlich ganz verdrießlich. wer weiß, ob das Alles wahr ist. So in's Blaue hinein kann man seinen einzigen Sohn nicht verheirathen!

BARON. Das sagte ich Ihnen ja – Sie müssen sich eben auf's Kundschaften legen!

KRABBE entschlossen und patzig. Ja, das will ich, aber nicht für mich! Ich gebe meinen Sohn keiner Portiers-Consine, noch dazu in demselben Hause, wo Ihr Herr Sohn in der Bel- Etage die Cour macht!

BARON auflachend. Was? Diese bis in den Tod getreue Emma Klammer wohnt Friedrichstraße –?

KRABBE unterbricht ihn. Nummer 320! Ja, im nämlichen Hause, wo Ihres Herrn Sohnes Wittwe florirt! Ganz wüthend. Ih, das hätte ich mir ja gleich denken können, der hat ihn wieder dazu verführt – er muß ja Alles thun, was der Herr Baron thut! Na, nu kriegt er sie nicht, nun grade recht nicht! Er rennt ab links hinein.

BARON. Nun grade nicht? Nun erst recht! Reibt sich vergnügt die Hände. Warte, alte Pfeffer-Tüte, mir bist du noch lange nicht zu klug! Nun erst soll dein Julius heirathen, das ist so gewiß, als die Wachslichte, die du mir verkaufst, von Stearin sind! Ab durch die Mitte.


Der Vorhang fällt.
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Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Vatersorgen. Berlin 1849, S. 56-57.
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