Funfzehnte Scene

[76] Vorige. Fritze.


FRITZE aus der Mitte, zurücksprechend. Haben Sie sich man nich so, Fröhlen Klara – ick muß selbst mit dem Herrn Baron sprechen, des hat mich Tante befohlen!

BARON auf ihn zu. Mit mir?

FRITZE. Wenn Sie der Herr Baron Gleisenburg sein, denn wird es wohl richtig sind.

BARON. Der bin ich!

FRITZE. Na, Tante läßt Ihnen sagen –

BARON ungeduldig. Wer ist die Tante?

FRITZE. Na nu – des ist ja die Frau Klammer, von's Parterre – Sie wissen ja!

BARON. Ah so, richtig! Was giebt's?[76]

FRITZE. Ja, des weeß ich nich, was es geben wird – aber Tante sagte, ick sollte es Ihnen ganz in's Geheim stechen, daß da so eben der Herr Julius Krabbe gekommen ist, daß er in eine Droschke allens seine Bagage bei sich hat – und daß er Ihrem Sohn, den Herrn Baron, sagte, es wäre besser, sie gingen gleich durch – und die Alten hätten kein Herz im Leibe und mit die wäre nischt nich zu machen – und morgen früh um sieben Uhr ginge ein Extrazug für die Freischärler, und da hätte er rasch Alles zusammengepackt – und seine Freunde kämen bald, sie abzuholen, und nun müsse der Herr Baron gleich zur Stelle mit! Und der sagte: »Bonk, ick bin dabei!«

KRABBE aufspringend. Was – mein Sohn? Er will abgehen. Ich halte ihn bei den Haaren fest!

FRITZE der früher mit dem Rücken gegen ihn stand, schreit auf. Hurrrjeh! des is der Telegraph von heut Abend! Er läuft ihm nach, faßt ihn mit beiden Händen am Arm und zieht ihn kräftig in den Vorgrund. Na warten Sie 'mal een Bisken, mit Sie hab' ick een Wort zu reden! Er stellt sich patzig mit unterschlagenen Armen vor ihn hin. Sie haben mir betrogen, Sie haben mein Vertrauen schändlich getäuscht, wissen Sie deß? Sie denken woll, mit dem Volke kann man nur so umspringen? da sind Sie sehr schief gewickelt, Liebster, damit ist es alle geworden! Was haben Sie mit meinem Brief angestellt, den Herr Julius nicht gekriegt hat? Die Emma hat geweint, die Tante hat mich drei Backpfeifen gegeben, daß mich des Gesichte noch feuert – dafür will ich Rechenschaft oder Entschädigung, verstehen Sie mir?

BARON hebt den Stock auf und tritt rasch hinter ihn hin. Die Entschädigung sollst Du gleich haben, wenn Du Dich nicht augenblicklich drückst!

FRITZE sieht erschrocken zu dem Stock auf, bückt sich plötzlich sehr höflich, sich mit vielen Kratzfüßen zurückziehend. Bitte recht sehr, ich thu's ohne Entschädigung, Sie wissen ja, mit Güte und für fünf Iroschen ist Allens von mich zu haben[77] – mich schönstens zu empfehlen! Er hat sich indeß bis zur Thür zurückgezogen, öffnet sie, tritt hinaus und schreit dann plötzlich grob. Sie, Musje Telegraph – um 'ne Katzenmusik brauchen Sie sich nicht zu sorgen, det is so ville, als hätten's Sie's schon genossen! Er schlägt die Thür zu.

KRABBE zitternd. Himmlischer Vater! Wenn die jungen Republikaner so aussehen, wie müssen erst die alten schmecken! Ach, Herr Baron, die Katzenmusik!

BARON. Sie sind ein Hans Hasenfuß! Das ist Spaß, aber mit den Jungen wird's ernsthaft! Wir kommen nicht ohne Heirath los. Krabbe, Ihr Julius muß dran, lassen Sie uns sehen, was anzufangen ist! Er will gehen.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Vatersorgen. Berlin 1849, S. 76-78.
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