Das Erst Capitul.

Von eygentlicher Beschreibung oder Definition der Zauberer / Hexen vnd Hexenmeister.

[1] Ein Zauberer / Hex oder Hexenmeister ist / der fürsetzlich vnd wissentlich durch Teuffelische Mittel sich bemühet vnd vnderstehet sein fürnemmen hinauß zutringen / oder zu etwas dadurch zukommen vnd zugelangen.


Dise Beschreibung oder Definition hab ich zu forderst setzen müssen: Dieweil sie nit allein zu dises angefangenen Tractats Verstand hoch notwendig: Sonder auch vmb Anleitung willen / ein rechtes billiches Vrtheil von den Hexen zufellen: Welches biß hieher von allen / so sonst von den Hexen geschriben / ist vnderlassen worden: Vnd ist also diß das Fundament /darauff gegenwertiger Tractat wird gebawet bestehen.

Nun laßt vns von stück zu stück die vorangeschickte Beschreibung erwegen vnn erklären.

Erstlich werden gesetzt dise wort / vorsetzlich vnd wissentlich / auß dieser vrsach / seiteinmal jm also /wie die Keyserliche geschribene Recht setzē / Irrthumm bringt keinen willē nit.119 Also daß der Kranck / so auß gutem trawē ein Teuffelisch Recept brauchet / welchs jhm ein Zauberer oder Hexin / die er für from geschätzt / gegeben / darumb kein Zauberer ist: Dann er hat seiner vnwissenheit gute fug vnd vrsach. Aber diesen bescheid hats nicht / wanns jhm der Zauberer erklärt / oder in seim beiwesen die bösen Geister anruffet / wie es sich dann bißweilen pfleget zu zutragē. Diß hab ich allein zu einem Exempel wöllen anziehen / welches hernaher baß vnn außfůhrlicher an seinem ort soll erleutert werden.

Aber diß muß man nun hie vor allem wissen /welchs die Teuffelische Mittel seien.

Das Wort Diaboli (darauß der Teutschen Teuffel scheint her geflossen sein / wiewol es etliche vom Tieffen fall her ziehen) ist Griechisch / vnn heißt zu Latin Calumniator,120 Lästerer oder Verleummder: Dieweil er der frommen wandel vnd leben / in massen die H. Schrifft121 anzeiget / stäts außspähet / vnn vor Gott fälschlich anträgt.

Die Teuffelische Mittel seind vnnd heissen die vom Teuffel erfundene Aberglauben / Grewel vnd Gottsschändungē /[1] die der Satan seine Diener zu lehren pfleget / dardurch das Menschliche geschlecht in grund verderben zuführē vnd zustürtzen.

Daher haben jhn die Hebreer Satan / das ist / Feind / Hässer / oder Widersächer genant.122 Gleich wie es auch der Königlich Prophet Salomon123 andeit / da er spricht / GOTT hat nach seinem Bild den Menschē geschaffen / daß er vnsterblich sein solte / aber durch des Sathans Neid ist der Todt inn die Welt kommen. Dessen dannauch sonst an vilen enden der Heiligen Schrifft gedacht wird. Darauß er nicht allein schliesset / daß ein Feind Menschliches Geschlechts vorhanden / sondern daß er auch von anfang geschaffen sei / innmassen im Job124 gemeldt wirdt.

Ja nicht allein die Heilige Schrifft / sonder auch allerley geschlecht der Philosophen / die Academici, Peripatetici, Stoici, vnd Araber stimmen hierinn / daß Geister seien / vberein. Also / daß wer es in zweiffel ziehen wolt (gleich wie die Epicurische Atheisten thun) der müßt gantz vngereimt die Principia der Metaphysick verneinen / ja daß ein Gott sei laugnen: Welchs doch vom Aristotele ist bewisen worden /sampt der Bewegung der Himlischen Cörper / die er den Geistern vnd Intelligentijs oder Verständigen kräfften zugibt.125 Dann diß wort Geist / versteht sich beydes von Engeln vnn von Dæmonibus oder Teuffeln. Vnd wiewol Plato, Plutarchus, Porphyrius, Iamblicus, Plotinus haltē / daß es gute vnn böse Dæmonien habe: Jedoch verstehn die Christen126 das wort der Dæmonum stäts für vnsaubere böse Geyster.

Auch die Theologisch Facultet inn der Sorbon zu Pariß hat in jhrer Determination, Anno 1398. den 19 Septembris nach der meinung der alten Lehrer / die fůr Ketzer erkandt / so da halten / daß auch gute Dæmones seien. Gleich wie hingegen die Engelischē Geyster allezeit für gut werden gehalten. Welches dann ein guter notwendiger entscheid vnnd erkantnuß ist / darmit man den jenigē / die vnder vermäntelung der guten Dæmonien, die Teuffel erfordern vnd anruffen / jhre Gottlose entschuldigung abkürtzen vnd benemmen könne.

Vnd belangend den anfang oder vrsprung der bösen Geister / ist er sehr schwer / dauon etwas gewisses zuschreiben: Auch selbst Plato, da er im Timæo daruon redet / spricht also.127 περὶ διὲ τῶν Δαιμόνων εἰπεῖν και γνῶναι τήν γίνέσιν, μεῖζον ἢ καθ᾽ ήμᾶς, πισσέον δὲ τοϊς εἰρηκόσιν ἒμπροθεν, das ist / Es sei weit vber vnsern verstand / viel von den Dæmonien vnnd von jhrem vrsprung sprach zuhalten: vnd deßhalbē soll man bei dem bleiben / was die alten daruon angegeben haben.

Vnd zwar ist die meinung der Alten diß falls der sicherst weg: Dann dieselbigē haben gehalten / daß Gott alle Geister inn der gnaden vnd ohn Sůnd geschaffen habe / aber als etliche vnter jhnen sich wider jhren Schöpffer aufflänen wollen / darüber seien gestürtzt worden. Vnd hierzu ziehen sie an / des Trachen fall / der ein grosse anzal Sternen mit jhm hat herab gezogen: Dardurch inn der Offenbarung Johannis / der öberst oder Fürst aller Dæmonien oder bösen Geister / sambt seinen vnterthanen bedeutet wirdt.128 Welchs die Alten Heyden habē auff die Gigantomachiam oder Himmels bestürmmug d' Riesen gezogen.129

Auch selbst Phericides der Philosophus ist diser meinung / als er dē Trachen Ophionæum nennet / das Haupt der wider spänstigen rebellischē Teuffel / vnn Trismegistus, in Poimandro, vnn Empedocles, welche die Dæmones oder Geister / so von Himmel gefallen Ουρανοπετεῖς, das ist / Himmels gestürtzte nennen.

Sanct Augustin redt gleichsfalls also auch daruon /im 22. Capitel des 8. buchs von der Statt Gottes. Derwegen solche meinung als die ältest vnn ansählichst auch von den Christen wirdt für glabhafft angenommen.

Vnd gleichwol scheints / als ob Gott disen grossen Sathan im anfang der welt geschaffen habe / welchen die H. Schrifft den Behemoth vnnd Leuiathan nennet / als sie setzt / Is prima rerū origine à Deo conditus est, das ist.130 Er ist erstes anfangs aller sachen von Gott geschaffen. Vnd damit man erweiß / daß er nicht inn der Gnaden erschaffen sei / so ziehet man auß dem Jesaiam / da Gott also redet.131 Ich hab den Sathan zu verderben / zuverwůsten vnnd zuverstören geschaffen.[2]

Vnd auß diser vrsach nennt er sich offt Asmodæus, vom wort Schamad welchs verderben vnd stürtzen heisset. Als da Gott zu den Hebreern von der Raach redet / die er an allen erstgebornen Menschen vnnd Vieh im gantzen Reich Egypten zu üben vorhabens. Ich will nicht gestatten / spricht er / daß der Verderber ewer Häuser eingange.

Orpheus nennt gleichsfals auch den grossen Dæmon einen recher. Vnd weil er ein Zaubermeister oder beschwerer gewesen / so singt er jhm zu ehren ein sondern Hymnum oder Loblied.

Sie ziehen auch den Psalmen an / da geschriben steht. Den grossen Leuiathan / welchem du ein gestalt hast geben / von jhm zu triumphiren / etc. Vnnd das jenig / so dort im Andern Buch Mosis gemeldt wirdt. Ich hab dich gemacht O Pharao / damit ich meine Macht an dir erzeige: Welchs sich (vber die Histori dem Buchstaben nach) von dem Sathan verstehet.132 Gleich wie im Propheten Ezechiel angeregt wirdt. Sihe da / mich deinen Feind / O Pharao / Pharao /grosser Leuiathan / du Trach / der mitten vnder deinen Wassern ligst / welcher gesagt hast / Das Wasser ist mein / vnnd ich hab mich gemacht / etc. Ich will dich zur speiß der Vögel des Himmels machen.

Die Außleger seind hierinn eins / das Leuiathan /Pharao vnnd Behemoth / bedeuten disen Feind des Menschlichen Geschlechts / vnnd das Königreich Egypten bedeute das Fleisch vnnd die Begird / vnnd die Wasser / das anlauffen der flüssigen Natur / die nur jmmerdar zum verderben rinnet vnd laufft / welches die eigenschafft des verderbers ist / gantz widersinnisch Gott / dem Schöpffer aller ding.133

Dann zu gleicher weiß / wie ein Schöpffer / Vatter vnnd Erhalter zu der Schöpffung / fortpflantzung vnnd Erhaltung vonnöten ist: Also ist auch der verstörer / zur successiua Corruptione, oder zur aneinandergehengten Zerstörung in diser Elementarischen Welt vonnöten.134

Wie dann auch im dressigsten Capittel der Gleichnussen vnd Sprůchwörter Salomonis gedacht wirdt /daß dem jenigen der seines Vatters spottet / vnd die Lehr seiner Muter verachtet / die Rappen am Bach die Augen außhacken.135 Allda er die Teuffel durch diesen Elementarischen Bach versteht / die gemeinlich in schwartzer gestalt / wie die Rappen erscheinen / vnd das liecht des Verstands / disen so der Natur Gesatz verachten vnd Gottes spotten / außleschen.

Weiter halten die Hebreer darfür der Sathan werd vndergehn: vnnd ziehen den Ezechiel vnnd Jesaiam an / da gesagt wirdt / daß dermalen eins Gott den grossen Leuiathā / die gekrümte grosse Schlange / so inn dem Meer ligt / tödten werd.136 Vnd versteht daselbst durch das Meer / die flůssige vnd Elementarische matery / welche Plato vnd Aristoteles, als sie den vrsprung des bösen ergründen wöllen / fůr den zweck vnnd handhab alles vbels haben erkant vnnd genant: Vnnd welche Salomon in seinen Gleichnussen vnd Parabolen nennt das Weib: Da er sagt / daß keine Boßheit vber eins Weibs Boßheit seie: Vnd bißweilen nennt ers ein Hure / die alle Männer annimmet / als die Matery aller formen / innmassen es der Rabi May / mon außgelegt hat.137

Sie sagen auch / daß die Leut / so sich gantz vnnd gar inn dieser Welt inn Gottes dienst ergeben / werden wie Gottes Engel sein: Erunt, sagt die Heilig Schrifft / sicut Angeli Dei: Vnd daß hingegen die Leut / so Gott verläugnen / vnnd sich inn des Sathans dienst ergeben / werden zu jhren jhnen außständig Peinen vnnd Plagen / auch für Teuffel vnnd Hencker oder Nachrichter der Gerechtigkeit Gottes dienen /vnd letzlich gar zugrund gehen.138 Darzu ziehen sie den Propheten zachariam an / da stehet: Auferam Spiritum immundum de Terra, Ich will den Vnreinen Geist von der Erden hinweg thun.139

Auch weil das Gemerck der Engel vnnd Teuffel /der erwehlten vnd verworffenen diß ist / daß die einen werden das Ewig leben haben / die andern ewiglich sterben werden / nach dem sie die wolverdiente plagen vnnd straffen vmb jhre Boßheit außgestanden haben / auff zeit vnnd tag einem[3] jeden durch den geheimen Raht Gottes bestimmet.

Dieses ist kůrtzlich die meinung etlicher Hebraischer Theologen / darmit auch die Alten Griechen seind eingenommen gewesen. Dann wir sehen / daß Plutarchus140 vnder andern vrsachen / die er fůrwendt / warumb die Oracula oder Warsagungen der Geister hin vnnd wider auffgehört haben (welchs dann Cicero141 schreibt / lengst vor jm geschehē sein) auch sagt / daß das leben der Dæmonien oder Geister sein gewiß bestimpt ziel habe / vnnd als bald dasselb sein endtschchafft erreicht gehabt / auch die Oracula zu jhrem ende geloffen seien. Vnd Porphyrius142 zeucht des Apollinis Oracul oder Weissagung von sich selber / in dise Verß.


οἴ οἴμοι τρίποδες ςναχήσετε, οἴχετ᾽ Απόλλων,

οἴχεται ἐπὶ φλογόεν με βιάζεται οὐρανιον φῶς.


Das ist.


Ach weint / Ach weint jhr Treyfüß mein /

Dann Apollo der ist nun hin /

Er ist dahin / daß macht mich zwingt /

Ein Liecht / welchs auß dem Himmel tringt.


Vnd zwar / ist hierzu wol warzunemmen / daß Eusebius,143 so die Kirchenhistori geschriben / ein sonderlich merckliche Histori hiervon erzehlt / welche zu des Keysers Tiberij zeiten sich soll begeben haben /vnd auch inn dem Plutarcho144 zufinden ist. Daß /als jhren vil die Echinadischen Jusulen vorfuhren /eine stimm im lufft / hörten / ruffend Thamus, Thamus, welches des Schiffmans Namen war: Dem selbigen / als er geantwort / hat jhm die stimm befohlen /wann er an die Insuln Palodes kem / solt er zuwissen thun / daß der grosse Pan gestorben sey. Welches dann also geschahe: Vnd als bald hat sich vber dieser zeitung daselbst herumm ein grosses seufftzen vnd heulen erhebt / doch daß man niemands gesehen.

Aber S. Augustinus, Thomas von Aquin / vnd viel Jüdische vnd Lateinische Theologi haben darfůr gehalten / daß von der vermischung der Geister mit den Weibern (welches sie sagen inn der Heiligen Schrifft im ersten Buch Mosis am 6. Cap. seinen grund haben / vnnd von den Zauberern stäts bekant sein worden) Teuffelische Menschen herkommen / so von den Hebreern Rochoth, das ist / Capita oder Häupter genant werden / vnd darfůr gehalten / daß sie vnder Menschlicher gestalt nit destweniger Teuffel seien.145 Gleich wie auch die Hexen / welche jhre Kinder / so bald sie geboren werden / dem Teuffel beeygenen vnnd versprechen / vnnd inn jhrer Eltern scheutzlichem leben fortfahren / gleichsfalls Teuffelischer Natur sein.146

Dannenher Gott / als dem innsonderheit solch vnmenschlichkeit ein Grewel ist / einen schrechlichen Fluch vber die jenigē hat ergehn lassen / welche jhren Samen vnnd Leibsfrucht dem Moloch auffopfferten: vnd träwet jhnen / daß er sie von dem Land außrotten wölle / gleich wie er den Chananeern gethan: Von welchen der Königlich Prophet Salomon im Buch der Weißheit sagt / daß jhr Samen von Gott verflucht seie.147 Dann sie opfferten dem Teuffel offt jhre Kinder / entweder daß sie dieselbige lebendig verprentē /oder sie metzigten / wie die Hexin Medea gethan / so sich an des Königs Creon, von Corinth Tochter / die jhren Bulen Iason jhr vertrawet hatte / zurechen / derselbigen Kind inn der flucht zustucken zerrisse.148

Wann jhm dann schon also / daß die Geister / von jhrer anfänglichen Genade / darinnen sie erschaffen geweßt / abgefallen / vnd / inmassen wir haltē / vnsterblich seind: Auch daß sie durch dergleichen fortpflantzung / wie die Hebreer fůrgebē / sich vermehret haben: Vnd daß Gott dē Sathan zum verderben vnd verwüsten böß gestaltet vnd gemacht habe / damit die auff einander folgende Generirung zur Verderbung in diser Elementarischen Welt fortan vollzogen werde.149 So muß man doch dahin nicht kommen /daß jhm ein Mensch einbildete / als ob eine Vngerechtigkeit in Gott seie.

Gleich wie der Persier Manes, aller Manicheer vrsächer gethan: Welcher damit er / wie er sagt / die Absurditet oder diß vngereimpt stuck möchte vorhüten / als ob das böse von Gott kem / wann er bekente /daß er den Satan von Natur böß geschaffen hette: noch dargegen zuliesse / daß Gott den Sathan inn vollkommenheit geschaffen hette.150 (Dann als dann / wie er sagt / můßt[4] notwendiglich folgen / daß er nicht sündigen könte / noch in eine böse Natur oder verkehrte art schlagen vnd mißrhaten:) So hat er zwen gleichmächtige Anfäng vnnd Vrsprüng gesetzt: Den einen anfang von gutem / den anderen von bösem. Welches die gröst Ketzerei ist / so je gewesen / vnnd deren auch S. Augustin sich zuletst hat entschlagen /vnn gelehrt / daß das böse allein ein Priuatio oder Entäusserung vnn Abgang des guten seie.151

Welches doch die jenigen nicht vernůgt noch zu friden gestilt / die da halten / daß die Vicia oder Laster /gleich so wol als die Tugenden / Habitudines, oder zu vnd angeartete kräfften sind / da sich eins wie dz ander durch vilfaltige ůbung / Action, Affection vnd Disposition laßt in ein vnvermeidliche art bringen vnd angewenen.

Aber alle die Argument der Manicheer / wann man wol darauff acht gibt / seind mit disem grůndlich zuerlegē / daß nichts in diser Welt seie / daß nit gut sey / gleich wie Dionysius im Buch De Diuinis Nominibus, von den Göttlichen Namen / anzeiget.152 Vnd geschicht nichts / daß nicht entweder für sich selber /oder durch Relation / das ist durch Gegensatz vnd vergleichung gut sey: In massen der Magister der Sententien sehr wol gelehrt hat.153 Gleich wie auch Gott Kräuter geschaffen hat / die einem Gifft / dem anderen Artzney bringen. Ja selbst die Schlangen vnnd Natern / welche die Manicheer fůr des Teuffels geschöpff außgaben / dienen zur bereitung der allerherrlichsten Medicin / vnnd zu heilung der Aussetzigen vnn andern vnheilsamē Kranck heiten.154 Also sagt vnnd halt man auch von den sachē vnn händeln /so wol fůr sich selber böß / aber durch Relation /wann mans gegē andern halt / gut seind. Als der Strauchräuber / so die Reisenden oder wandersleut vmm beraubung jhres gelts vnd guts anfellt vnnd angreiffet / begehet wol ein grewlich stuck / welches Halßsträflich an jhm selber ist / vnd nicht desto weniger vnter des weißt er nicht / daß er villeicht einen Vattermörder darmit vmbgebracht / oder einen / welchen Gott liebet / auß diser Welt Not vnd Jammer erledigt (gleich wie Salomon im Buch der Weißheit darvon redet) vnnd also sich Gott seines dienstes gebrauchet hat be: Vnnd nicht desto minder / daß darbey dem Räuber vmb dieser Missethat willen wirt nachgestellt / wirt gefangen vnd durch das vnverneidenlich Gericht Gottes an seinem leben gestraffet: Vnnd endtlich dardurch gereitzt / Gott seine Ehr zugeben.155

Deßgleichen wiewol König Pharao in Egypten alle Hebraische Knäblin / so bald sie an die Welt kamē /liesse tödten / Jedoch wirt dannoch diß darneben inn Heiliger Geschrifft gemeldt / daß jn Gott verhärtet /vnnd jhm widerstrebend gemacht habe / damit seine Macht / die etlicher massen ins verborgen gelegt worden / durch die gātze Welt offenbar würde.156

Daher sagt der weise König Salo / mon / der Gottloß werd offt erhöhet / vnnd allein zu der Ehr Gottes auff den tag des Gerichts vnnd der Raach geschaffen vnnd ernehret.157 Dann wie es auch inn der Welt zugange / zuletst schickt sichs vnnd geht es doch alles auff die Ehr Gottes auß.

Vnd hierin wirt fürnemlich die Gerechtigkeit vnnd Weißheit des vnbegreifflichen Gottes erkent / der sein lob auch auß den abschewlichsten Menschen kan schöpffen vnd pressen / vnnd der bösen Menschen Grewlichkeit auff seine Ehr verwendē / seine Raach dardurch zuůben.158

Soll man aber darumb böses thun / auff das Gutes hernach komme? Diese frag erregt Sanct Paulus inn der Epistel zu den Römern vber eben dergleichen sachen.159 Aber was gibt er fůr ein Antwort darauff? Er spricht / daß dieses verdammliche Leut seien / die solche reden treiben: Vnd beschleußt folgends dasselbig ort mit einem verwunderlichen Außruffen der vnerforschlichen Weißheit Gottes: sprechend / O welch eine tieffe des Reichthumms / beide der Weißheit vnnd der Erkantnuß Gottes:160 Wie gar vnbegreifflich seind seine Gerichte? Wnnd vnerforschlich seine Wege? Dann wer hat des Herren sinn erkannt? Oder wer ist sein Rhatgeber gewesen / etc.

Es hat nicht sehr vnlängst zu Pariß sich begeben /daß einer vom Adel / durch vnverworffene / jedoch falsche zeugen vberzeugt worden / als hetter einen den er nie[5] gesehen / entleibt: Derselbig / als er augenscheinlich gemerckt / daß auff der Königlichen Kammer vrtheil es nun an dem / daß er dasselbige peinlich außstehn mußte / hat er zuletst auch diese vnthat darzu bekannt / daß er seinem Vatter mit Gifft vergeben habe.161 Der fall ist an jhm selbst voran vielen kundtbar. Jedoch könt ich noch ein vnzahl andere Exempel mehr erzehlen / deren ein jeder sich erinnern könte.

Aber es ist genug fůr dieses mal vbergangen / daß man darumb Gott kein vngerechtigkeit zumessen solle / weil er den Teuffel zum verderber geschaffen / oder geduldet hat / daß die Engel seind gefallen. Eben so wenig / als man an einem stattlichen Gebäw die heimlichen gemach vnd Schwindpfül / oder andere löcher vnd örter / dahin man allerley Vnlust vnd Wust läret /schüttet vnd erhaltet / zustraffen pfleget: Seitenmal ja dieselbige Absönderungen vnnd heimliche ort vnnd gemach auch inn dem allerstattlichsten Pallast sich nöttig erweisen.

Vnd der jenig / so Gott lästert / mit dem / daß er das vbel / so inn der Welt ist / inn jhm vnserm Herren Gott zusuchen vndersteht / wirt viel ein schwerern fluch außstehen / dann Cham / welcher seines Vatters Noe Scham / darauß er kom / men war / vnnd die seine Brüder mit abgewendten Gesicht bedecketen /gantz vnverschamt gespottet hat.162

Demnach erweiß / daß in der Heiligen Schrifft /nach erschaffung diser wunderbaren Welt / inn seiner schöne / grösse vnnd volkommenheit gesagt wirt /Gott hab gesehen / daß alles so er geschaffen / wunderschön vnd gut war.

Dann der gantzen Welt Profey oder heimlich gemach / ist diß klein theil der Elementarischen Welt /da sich alles inn die Element / Fewr / Lufft / Wasser vnd Erd / purgiert / außläret / vnnd außfeget: Welches auch der Academisch Philosophus Proclus kaum dieses Namens werdt geachtet / daß ers ein theil der Welt genennet hette.163 Sondern pflegts einen Appendix, Anhang / Apotelesma, Endung vnnd Ablauff der Welt zunennen. Seiteinmal nichts anderst ist dann ein vnempfindlicher vnnd vnsinnhaffter Puncten / inn betrachtung des Meers vnnd der Erden gegen den Himmeln: Inn massen durch den Geographum Ptolemæum sehr wol bewisen worden.

Vnnd nicht destweniger hats inn disem Schmeißhauß / darinn der gestanck vnd das böse dieser Welt gleichsam ein verschlossen stecket / grosse / herrliche / wunderbare schöne Werck Gottes.

Zu gleicher weiß nun / wie Gott / der von Natur allein gut ist / nicht jrren noch fehlen kan / noch etwas schaffen / daß seiner Natur halb nicht gut wer / also können auch die Teuffel / so sie auß jhrer Natur her böß seind / nichts thun / daß inn jhm selber gut sey: vnnd so sie auß jhrer Natur her nicht böß sind / können sie gutes thun / eben auff die weiß / wie die Engel fehlen / fallen / schaden vnd verletzen mögen.164

Inn betrachtung / weil auch dort im Job steht / daß auch die Sonn vor des Herren Angesicht nicht rein seie / vnnd daß er auch an seinen Engeln vngerechtigkeit gefunden habe.165 Vnd an einem andern ort / da der Engel mit dem Patriarchen Lott redet / spricht er /Wann wir jrren / wirt er vns vnsere vbertrettung /nicht vergeben.

Nun stimmen aber alle die Alten inn folgendem vberein / daß die Engel zum theil verordenet seind zur Bewegung der Himmel / vnnd der Himmelischen Liechter / vnnd zu leitung der Natur.166 Die anderen zur Erhaltung der Königreich / Fürstenthumb vnd Regiment / welche die Philosophi, Psellus vnd Porphyrius, Κοσμάγους, das ist / Weltfůhrer heissen. Etliche zu leitung vnd anführung der Menschen. Etliche daß sie Gott besonder dienen vnnd loben: wiewol sie sonst zwar allesampt zu lob vnd preisung Gottes sich vergleichen.

Belangend dann die bösen Geister / dienen sie zwar auch zur ehren Gottes / als vollstrecker / Nachrichter vnnd Hencker seiner hohen Gerechtigkeit / vnnd thun nicht das geringst ohne gerechte zulassung vnnd stattung Gottes.167 Dann ob wol die bösen Geister nimmer gutes thun / ohn zufälliger weiß per Accidens, daß es vngefährlich wider jre meinung also sich schickt vnnd begibt / da sie zwar sonst ein grössers[6] vbel / so darauß entstehen solt / vorhaben.168 Als wann sie einen Krancken deßhalben / jhne zu jhrem dienst zu reitzen / heilen. Jedoch ist diß gewiß / daß Gott nimmermehr etwas böses würde ergehen lassen /wann es nicht deßhalben geschehe / daß noch ein vil bessers darauß entstünde. Inn massen Sanct Augustin sehr fein daruon geschriben hat / welcher der Beschreibung oder Definition der Geister so inn dem Apuleio, dem Fůrnemsten Hexenmeister seiner zeit /zufinden / gefolget hat / die dann also lautet. Dæmones sunt genere animalia, ingenio rationabilia, animo passiua, corpore aërea, tempore æterna, das ist.169 Die Dæmones oder Geister sein inn gemein darvon zureden / lebhaffte wesen / seind von vernunfft verstendig / im Gemüt leidenhafft / am leib lüfftig /zeit halben ewig. Aber das wort Aeterna / Ewig / versteht sich für Perpetua, oder Diurna, fůr langwärend / gleich wie es auch offt inn der H. Schrifft gebraucht wirt. Seitenmal nichts ewig ist / dann gott allein / das ist so viel gesagt / Welchs keinen anfang hat vnd nimmer keind end gewinnen wirt. Oder wie Jesaias sagt /Der vor allem gemacht war / vnd nach allem sein wirt.

Daß er dann weiter in der Beschreibung setzt / die Dæmones haben lüfftige Leiber / oder Cörper von lufft / das ist der Natur der Geister / welche puræ Intelligentiæ oder verstandskräfften vnd erkantnussen sind / zuwider.170 Auch sagē die Academici nicht /daß die Dæmones oder Geister Puræ Intelligentiæ seien.

Philo der Hebreer / als er diß auß legt / so im vierten Buch Mosis gemeldt wirt / daß der Herr von dem Geist / welcher auff dem Mose gerhuet / auff die zwey vnd sibentzig erkorene Männer gewichen seie /spricht er / daß diß zugangen sey / wie mit eim Liecht. Ich dörfft noch weiter sagen / daß sie auß einer Quinta essentia seien / gleich wie man von dem Himmel redet.171 Damit man die Absurditet oder vngeschicklichkeit von Abgang der Geister verhüte /wan man sagen solt / daß sie Elementarisch seien /oder auß den Elementen bestanden. Welcher der einig Punct ist / darumb Cicero erhalten hat / die Seelen seien nicht Elementisch / oder auß den Elementen her geschaffen.

Apuleius sagt auch inn obgesetzter Beschreibung nicht / ob die Dæmones böß oder gut seien: Wiewol die Alten darfür gehalten / daß es eins theils gute / ein theils böse / vnnd folgendts auch Neutralen / das ist /weder einer noch der andern art gantz theilhafftig sonder mittelmässige habe.

Vnd Psellus vnder den Christlichen / Plotinus vnder den Academischen / Iamblicus vnder den Egyptischen Philosophis, setzen jhrer dreyerley vnderscheid / vnd ordenen in gemein alle die Dæmones in sechs örter: Nemlich inn Himmel / inn die hohe gegene des Luffts / inn die mittele Region oder gegene /inn die Wasser / auff die Erd / vnd vnder die Erd.172

Jedoch wöllen wir der Resolution der Theologen folgen / als nemlich / daß alle Demonien böß seien.173 Auch mag es nicht bei einander bestehen /daß man inn die Intelligibilem oder verständliche Erkantnuß reine Natur / eine Neutralitet oder keinerley Geschlecht setze. Angesehen inn sonderheit / weil die Alten nie keine andere Epitheta oder Zunamen der Geister / dann dise zwen gehabt / nemlich Eudæmon vnd Cacodæmon, das ist Gut Geyst / vnnd Böß Geyst.

Demnach dann nun dieser puncten von Vrsprung /Natur / qualitet vnnd eigenschafft der Teuffel oder Demoniē abgehandelt / leytet vns die obgesetzte Definition oder Beschreibung der Geyster fortan jetz weiter / was nemlich die händel der Teuffel / vnnd die Teuffelische Mittel seien / deren sie sich zu verderben des Menschens gebrauchen. Welcher Punct zugleich auch mit darschiebt vnnd vntergibt / die Gesellung vnnd vereinigung mit den Teuffeln. So laßt vns dasselbig angreiffen / vnnd so viel möglich abhandlen /dieses Inhalts / daß dergleichen vereinigung vnd Gesellschafft der Teuffelergebenen Menschen / mit dem Menschen verfůhrer dem Teuffel / sich eigentlich begeben vnd zutrage.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 1-7.
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