Das V. Capitul.

Von den Natürlichen Mitteln / verborgene oder hinderhaltene Sachen vnd händel zu wissen / vnd zuerfahren.

[35] Naturliche vorwissung / mutmassung oder errahtung ist ein Anticipation od' vor vernemmung vnd vorsehung entweder zukünfftiger oder beschehener vnd vorgangener / oder gegenwertiger vnd gleichwol heimlicher verborgener sachen / durch Erkantnuß vnnd erfahrung zusamen verpflichter / verbundener oder an einander hangender natürlicher vrsachen / wie die von der Weltschöpffung her angesehen vnnd geordenet worden / erkündigt / wargenommen / vermutet /vnnd zu wegen gebracht.374

Dise Beschreibung diser natürlichē Vormutung oder Voranung / haben wir deßhalben hieher gesetzt /darmit ein gewiß vrtheil zufellen / welche Diuination oder im schein der Heiligkeit fürgenommene Mutmassenliche Errahtung zuläßlich / vnn welche vnzuläßlich oder Teuffelisch sey: vnd auff das wir hierinn auß der Ban der droben vorhergelassener Beschreibung der Hexen nit außschreiten.

Nun stimmen alle Philosophi vnnd Theologi hierinn vberein / daß Gott die erste Ewige / vnd die Ewige erste vrsach aller ding sey / vnnd alle ding an jhm hafften vnd hangen.375 Dann ob wol Plato drey Anfäng der Welt gesetzt / Nemlich Gott / die Materi /vnn die Form / Jedoch im Timæo oder im Buch von Natur der Welt / vnd im Theætete, oder im Tractat von der Scientz vnd Wissenheit / vnd in dem siben den Sendbrieff an den König Dionem / setzt er Gott vber alle Vrsachen / vnd ausserhalb der Folg vnd Ordnung der Vrsachen.

Gleicher weiß hat auch Aristoteles demonstriert /das nohtfolglich ein Gott aller ding erste vrsach sein müsse / an welcher darnach alle andere Vrsachen hangen.376

Welches dient zur abweissung der Gottlosen Lehr der Manicheer / welche erhalten wöllen / daß zwen Anfäng vnd Angäng seien / einer gut / der ander böß: Einer ein Schöpffer der Elementarischē Welt / der ander ein Schöpffer der Himmlischen Welt vnd der guten Geister.377

Wiewol der Salaminisch Bischoff Epiphanius schreibt / das der Marcion drey / vnnd Basilides vier Anfäng gesetzt haben: Welches abschewliche vnd verworffene meynungen sind.378

Dann wie Proclus der Academisch Philosophus sagt / Polytheismus est merus Atheismus, das ist /Die Manigfaltigung der Götter ist ein lautere Gottlosigkeit / vnd wer Numerum pluralem oder Infinitum, die vilfaltige oder vnendtliche zahl der Götter setzet /der vnderstehet den waren Gott gar auffzuheben / das ist / Απείρυα τὸν αναιρεί, Multitudo Deum tollit, Wer viel Götter erdicht / der glaubet keinen Gott.379

Aber die Philosophi stimmen mit den Theologen inn dem nicht vberein von ordnung der vrsachen / wie die causæ auff einander folgen.380 Dann die Academischen vnn Peripaterischen Philosophi sagen / das Gott ein wirckende vrsach oder Causa Efficiens sey der ersten Intelligentz oder Erkantnuß / krafft / welche die Hebreer Metatron heissen. Vnd dise geschaffene erste vrsach sey ein vrsach der anderen / vnnd die anderen der dritten / vnd also folglich aller der anderen biß endlich auff die letsten vrsachen hin.[35]

Daher Keyser Julianus der Abtrünnig / weil er des Platonis vnnd seines Lehrweisers Jamblici Irrthumm gefolgt / in dem Buch / welches er wider die Christen geschriben / auch diser meynung ist gewesen381. Vnnd hat darüber die Christen gelästert / weil sie hielten / Gott wer ohn mittel der Anfang vnd der Vrsprung der Sichtbaren vnd vnsichtbaren ding: Welchs doch gantz gemäß der Heiligen Histori geredt vnd geglaubt heißt: Sintemal ja steht. Am anfang schuff Gott Himmel vnnd Erden / vnnd darnach eine jede Creatur: Wie dann daselbst je eins geschöpffs nach dem andern nach der Erschaffung der Engel gedacht wird / auff das man nur keinerley dings Schöpffung den Engelen zugebe.382

Vnd die aller gelehrtesten in den Geheimnussen des Gesatzes / sagen / das die Wort / Gott hat geschaffen Himmel vnd Erden / bedeuten die Materi vnn die Form: Damit man der jenigen meynung abweise / die da halten / Gott hab die Materi oder Schöpff mäßig wesen nit geschaffen / sondern allein die Form oder gestaltung. Dieweil die Matery zuuor vermischt vnd verwirt vorhanden sey gewesen. Welches ein schädlicher Irrthumb ist.

Es ist wol war / das etliche darfür gehalten / gleich wie Origines gethan / Gott hab allezeit durch Succession oder stehte Vnabläßliche fortsetzung vnzahlige Welte geschaffen / vnnd wann es jhm gefallen / dieselbigen widerumb abgeschafft vnnd zu grund gericht: Als nämlich die Elementarisch Welt von siben zu siben Tausendt Jaren: Vnnd die Himmlische Welt von neun vnd viertzig Tausent Jaren: Vnnd hab alsdann alle gute Geister mit vnd inn sich selbst vereinsampt vnd versetzt: vnd die Confuse vermengte Matery on form tausent Jar ruhen / vnd wie einen Acker gleichsam im braach still ligen lassen / vnnd darnach durch sein Macht alle ding zu jhrem ersten stand vnd schönem wesen widerumb ernewert.383

Sie setzen auch die Rhu der Erden inn das sibend Jar / vnnd nach dem neun und viertzigsten das groß Jubileum.384 Vnn diser vrsach halben / sagē sie / sey bei der Erschaffung der Welt keine meldung von Erschaffung der Engel geschehen: anzuzeigē daß sie nach Abgang vnn Zerstörung der vorgangenen Welt /vnsterblich gebliben seien: Welches dann der Printz von Miranda inn seinen Positionen oder Disputierpuncten vber das Cabala für gewiß gehalten vnd außgeben hat.

Hierinn sehet jhr nun / was die Hebraischen Doctores385 in jhrer geheimesten Philosophi von dergleichen vngemeinen hohen Sachen für Meinungen haben / auch was der alt Kirchenlehrer Origines386 mit jhnen gehalten. Welche Opinion vnd meynung / wiewol sie von etlichen Theologen vnd Heiliger Schrifftkündigen weder angenommen noch gerecht mässigt wird / auß vrsach / weil es gleichsam das ansehen hat / als wölle man Gott zu weit vnd tieff in seine vnerforschliche vnd vnbegreifliche geheimnussen einprechen gribelen vnn graben: Jedoch ist sie zu hinnemmung der jenigen Gottlosigkeit dienstlich / welche des Spiridionis vnd anderer Bischoff im Nicenischen Concilio spotteten / vnnd widerstrebend sagten / Es wer ein frembd ding zu hören / das Gott nach so viel hundert tausend järiger zeit / ja nach einer vnendtlichen Ewigkeit / erst seit drey oder vier tausent Jaren her sich soll besunnen haben / vnd zu Rhat worden sein / diese Welt zuschaffen / welche doch bald vndergehn soll.387

Vnd also auff dise weiß het auch des Rabi Eliezers meinung ein ansehen / da er schreibt / Gott hab die Himmel gemacht auß dem Liecht seines kleids / als auß einer materi.388 Welchs des Salomons Red im Buch der Weißheit beinach folget / allda Salomō die vermengte vnn verwirrte materi vor der Schaffung diser Welt vorher setzet: Vnd deßgleichen an dem ort / da er sagt / dz vnter der Sonnē nichts newes seie.389

Auch ob schon vnendliche Welt durch stäte Nachschaffung sein solten / welches doch nit zuuormuten /so muß man doch bekennen / dz die erst materi von Gott geschaffen sey: Welchs man on Gottlosigkeit nit verleugnen kan: Sonst würde die Ewigkeit der Materi darauß folgen / vnn die Causa Efficiens oder würckliche vrsachung / gleich so zeitlich vnnd zeitig als der Effect oder das Werck gemacht werden / vnnd[36] also das machend vnnd das gemäch allerdings gleich sein /auch viel andere vnuermeidliche vngereimte stuck darauß entstehen / die ich an einem andern ort390 hab angerührt: Welches nach des Aristotelis meinung vnmöglich / vnd natůrlich gegen vnd bei einander nit bestehen kan: Seiteinmal er bekent / daß allein ein eintzige Erste vrsach ist / inn massen er dasselb außgeführt hat.

Auch haben es die Hebreer / vnnd die Academischen vnnd Stoicischen Philosophi einmütiglich verworffen: Gleich wie auch Plutarchus391 vnnd Galenus /392 Ja selbst die Epicurer haben solches inn ein gespött gezogen.

Vnd hiemit wöllen wir also hierauff beharren vnd beruhen / daß Gott die Materi auß nichts geschaffen habe: Welches das Wort Bara bedeutet / so schaffen oder Schöpffen heisset. Dann sonst het die Schrifft gesagt Asah, das ist / Machen / facere. Als da gesagt wird: Gott hab den Menschen gemacht auß dem Leymen oder Grundschollen der Erden: Da er dann die materi genommen / die er allbereit schon zubereitet hat. Welchs auch ein anders noch grösser geheimnuß auff sich trägt / als nemlich / daß Gott auß der Seelen den Intellectum vnd verstand oder die Erkantnuß gemacht habe. In massen der zum Christlichen Glauben bekehrt Hochgelehrt Rabin Paulus Riccius / der Israeliter / vnnd des Keysers Maximiliani Physicus / im buch vō der Seelē der Welt / angezeigt hat.393

Auch ist es wol zumercken / daß inn diesen Worten Dixit, & facta sunt, Er sprach / Vnnd es geschach / Er sagts / vnnd es war gemacht / das Wort nicht allein /Sagen vnnd Reden / bedeut / sondern auch auß seiner eigentlichen bedeutnuß / Wöllen / vnd die Hebreer legen es also auß.394 Seinteinmal Gott sein Wort zu dem Geschöpff nicht würde gericht haben / welchs noch nit vorhandē war.395 Aber nach der erstē Schaffung aller ding / hat Gott sein Engel außgetheilet oder außbescheiden / durch welcher mittel er seine Creaturen ernewert vnd vnterhällt.

Vnnd wann man sagt / Gott sei die Wirckende vrsach / oder Causa Efficiens, vnd die Forma oder Gestaltung / vnn darzu dee Materi der Welt / so muß mans nicht verstehen / als sey Gott die form vnnd gestalt des Himmels / oder einiger anderer Creaturen: Sondern daß er der sei / der allen dingen das wesen vnd was sie sein / gibt / vnd das ohne jhn nichts bestehn könnte.396

Wann ich sage Engel / verstehe ich inn gemein allen gewalt vnd alle krafft / die Gott den Geschöpffen gibt: Eben auff die weiß / wie die guten vnd bösen Geister / auch die Menschen / vnd die Wind / vnnd das Fewr in der Schrifft397 Engel heissen.398

Vnd derhalben / wann man die Himmel vnd Himlische Liechter sich bewegen sicht / das geschicht durch dienst der Engel / inn dem Verstand nemlich / wie die Engel eigentlich genommen vnd verstanden werden: In massen alle Theologi vnd Philosophi dessen bekantlich sein. Vnd selbst Aristoteles sagt / daß wann es Fünfftzig Himmel hab / so habs auch so viel Engel / oder Erkantnußkräfften / das ist Intelligentien.399 Nicht darumb daß Gott nicht eigens willens / ohn einige andere Mittel vnn zuthun / alle ding führen vnd regieren könte: Sondern dieweil es seiner Göttlichen Mayestat viel gezimlicher anstendig seiner Creaturen also zu gebrauchen.400

Daher lißt man inn der Heiligen Schrifft / Gott sei oder stehe inn der Versamlung oder gemein der Engel: Auch erscheinen die bösen Geister inn solcher versammlung Gleich wie der Prophet Micheas zu den beiden Königen in Juda vnn Samarien sagt: Vnd auß dem Buch Job erscheint / Daß Gott in versamlūg d' Engel mit dē Sathan rede.401 Welchs alle Hebreer vō dem dienst d' Creaturē / welcher Gott in allen sachen sich gebrauchet / verstehen.402

Wir haben droben gedacht / wie Gott auff kein andere weiß mit dē Menschen rede / dann durch seine Engel. (Außgenommen Mosen vnd Christum) Also thut vnn wircket er auch nichts inn vnnd an wesentlichen Leibhafften dingen / als durch die Himmlischen Cörper: durch Vnfleischliche Cörper die Fleischlichen.403 Vnnd als dann braucht er entweder seinen ordenlichen gewalt vnnd Ordinary macht / oder braucht ohn mittel seines vngewohnlichen gewalts vnd Extraordinary macht.[37]

Wie solches genug zuersehen im Gesicht des Propheten Zacharie vom Guldenen Leuchter mit siben Ampelen (Welches hernach in die Offenbarung Johannis ist versetzt worden) Allda es der Engel selbst an eben demselbigen ort außleget für siben Augen /durch welche Gott sihet / vnnd für Engel / welche Oel von den zweyen Oelbäumlein / so zu der Rechten Gottes stehn / eingiessen. Welches alle Hebraischen Interpretes für die siben Planetē außlegen / inn welche die Göttlich krafft eingegossen ist / dieselbigen inn der gantzen Welt außzutheilen.404

Derwegen ist allzeit erlaubt gewesen / vnnd nochmals zugelassen / die krafft der Himmelischen Liechter zu erforschen: Wo man allein die Natürlichen vrsachen nicht vberschreitet. Vnd hieran ist neben andern auch die Ehr vnnd Herrlichkeit Gottes gelegen /wann man zu Gemüt führet vnd behertziget / wie wunderbare sachen er durch seine geschöpff verrichte / vnd ihne darumb preiset / liebet vnd förchtet.405

Dieser vnärgerlicher meinung seind gewesen die fürneme Lehrer der Kirchen / Iohannes Damascenus vnnd Thomas von Aquin im Buch De Sortibus, vom lossen oder loß werffen / vnnd im buch von den Astronomischen vrtheiler: Vnd gleicher meinung ist auch der alt tieffgegründet Schullehrer Scotus.406

Ist derhalben nichts zuachten / noch vielweniger folg zuthun dem Irrthumb Lactantij Firmiani, welcher sagt / die Astrologi oder Gestirnkündigung / Necromancy / oder Todten beschwerung vnnd Schwartzkünstlerey / deßgleichen die Haruspicina oder Opfferschawung / sampt aller Magy vnd Zauberey / seien von den bösen Geistern erfunden worden: Welches wol von erstgedachten allen war ist / ausserhalb der Astrology vnnd Erkantnuß der Himlischen Wirckungen / die von Gott / dem Schöpffer des Gestirns wirt gegebē.407

Vnnd wiewol der beschreit Theologus Iohānes Calvinus, mit rechtem vorsatz (wie es sich ansehen lasset) als er gesehen / daß Philippus Melanthon die Astrology zu viel inn hoher achtung gehalten / die Gestirnerfahrung / so viel jhm möglich gewesen / hat zuerniderigen vnd zuverkleinern vnderstanden.408 Jedoch hat er Warheit halben nicht fůr vber könt / vnn dannoch die verwunderlichen Wirckungen des Gestirns müssen bekennen: Allein daß er diß / welchs jhm jeder Gottsförchtiger zugibt / daran gehengt / daß Gott ob vnd vber alles sey / vnn dz dem jenigen welcher Gott trawet / nichts zu förchsten stehe. Vnnd diesem stimpt auch Ptolemeus der alt Geographus zu /sprechend / Cœlo sapientem imperare: Das ist:


Ein Weiser Verständiger Man

Dem Himmel auch gebieten kan.


Daher sagt Abraham AbenEsra, ein fůrnemer hoher Astrologus vnter den Juden / die Kinder Israel seien dem Gestirn nicht vnterworffen: auff die / so Gott vertrawen / deutend.409 Aber der so Gott nicht förchtet /spricht Salomon / wirt vnter dem Rad durchgehn. Da es ohn zweiffelig ist / daß er den Himmel / vnnd die Himmlische wirckende kräfften vnd Influentzen durch das Rad versteht.410

Auff gleichmeinende weiß / als Philo der Hocherleucht Hebreer / die Biblische Allegorias od' der heiligen Schrifft gleichnussen vnn Sinnverwendungen außleget / da gemeldt wirt / daß der Engel vor dem Paradeiß mit einem Fewrigen Schwerdt ein Rad mache: Da spricht er / daß es der Fewrig liechtflammend Himmel / mit Himlischen Liechtern vollziert /seie: Durch deren Krafft / Macht / vnd Einfluß Gott der Herr dise Materialische Welt vnterhalte: Welche wetliche Materi einē Viechischen / Gelustsůchtigen vnnd auff Irrdische Wollustbarkeit verbaißten vnd verreitzten Menschen auffhällt vnd hindert / sich zu beschawlicher betrachtung vnn betrachtender beschawlichkeit der Werck vnd Wunderthaten Gottes zuerheben vnn auffzuschwingen.411 Sondern macht /daß solche an jhr beklebende Menschē / in jhrem Leib gleichsam wie inn eim Todtengrab / als ein Blinder Maulwerff verdolbē liegen vnn steckē bleibē.

Von welchen die Heilig Schrifft in den Psalmen redt / sprechend / Sicut Vulnerati dormientes in sepulchris, quorum non es memor amplius, & ipsi de manu tua repulsi sunt.412 Das ist: Sie[38] seind wie die Verwunten / so inn den Gräbern rasten / deren du nicht mehr gedenckst / vnnd die von deiner Hand verstossen sein.413 Welchs ort vilen / so auff die Hebraischen Allegorien oder Verstandwendungen nit acht geben / zuschaffen gemacht.

Aber der Chaldeisch Außleger oder Paraphrastes erklärts vnd gibts also. Sicut occisi gladio dormientes in sepulchris, quorum non recordaberis amplius, & ipsi quidem à facie Diuiuitatis tuæ separati sunt: Das ist: Sie schlaffen ein inn den Gräbern / wie die vom Schwerd erschlagene / welcher du nit mehr eingedenck sein wirst. Dann sie seind vō dem Angesicht deiner Gottheit abgesöndert.

Durch das Schwerd hie / versteht er den Himmel vnnd die Natürliche Influentz der jenigen / so dem gemeinen lauff der Natur vnn dem Viehischen lebē der Thier nachsetzen.414

Daher wirt auch inn Genesi gesagt / Gott hab die Wasser / so unter dem Firmament waren / getheilt oder gesöndert: Welche Wasser die Himlischen Einflüß oder Influentzen / von der Vberhimmelischen Wassern seind. Welches die Engel / oder die Welt der Engel / oder Engelwelt / oder die Erkantnußkräfftig verstandartig welt / oder Mundus Intelligibilis eigentlich ist vnd heißt.415

Wir haben aber noch eine eigentlichere Zeugnuß Gottes vō der macht / die er dem Gestirn zugetheilet vnn verliehē hat / als da er zu Job sagt.416 Kanst du auch die zwitzerende Gluckhenne od' Gläntzige Pleiadas binden / oder jhre Hünlin zusamen bringen? Kanst du auch den vmbschweiff des hellen Sterns des Wagenmās vnn dē Schwantz der grossen Bärin oder Arcturi von dē anderen absönderen?417 Oder magstu den Zeug des Heerwagens zertrennen? Oder kanstu daß Rägenlich Sibengestirn im kopff des Stiers od' die Hyadas herfür lockē? Kanstu dē Morgen vnd Abendstern zu bestimpter zeit vber die Kinder der Erden außführen / daß du sie widerumm zu rechter zeit heim führest?418 Der Herr hat den gantzen Himmel zū gemärck mit Sternē durchzeichnet / daß sie seine grosse macht in diser Elemētarischē Welt andeuten / vnn Abends vnn Morgens jede ordenliche gewisse zeit zuerkennen gebe.

Darnach sagt er weiter in gemein zu Job: Bistu des Himmelslauffs berichtet / od' weist seine Gesatz?419 Bistu der / so dem Himmel seine krafft vnnd Macht vber die Erde gibt / vnd seine Ordenung auffrichtest?

Diß sind ja merckliche Zeugnussen / so die Macht anzeigen / welche Gott den Himlischen Cörpern vber die Elementarisch Welt hat verliehen.

Auch nach der Erschaffung der Himlischen Liechter / spricht Gott / daß sie zeichen vnd Gemärck der zeit / Jar vnnd Tag sein sollen. Welches nicht allein andeutet / daß man die tag darnach zehlen vnnd rechnen soll. Daann auff die weiß / würden vil Million Sternen für nichts nutzen noch dienen: Sondern ist noch etwas weiters krafft hinder diesen worten.

Vnd es bedarff hie nicht der Sorg / daß die vber grosse Macht vnnd krafft der Himlischen Cörper /Gott seine vnter meßliche Macht ringere vnnd schmälere: sondern sie wirt viel mehr dardurch zur vewunderung erhebt vnd groß gemacht.420

Dann so wir Gott loben wan wir die Tugent vnnd krafft nur eins Gesteins / eines Krauts / eins Thiers beschawen vnnd erfahren: Wie viel mehr haben wir dann vrsach Gott zuloben / wann wir die verwunderliche grösse / die Stärcke / die Klarheit / die geschwindigkeit / vnd schreckliche bewegung der Himmelischen Cörper sehen: Derhalben der Psalm ist / als er den Herrn vmb die ding / so hie vnden sind / geprisen / vnnd demnach auch an die krafft vnn Macht des Gestirns kommet / da wirt er vor verwunderūg gleichsam ausser sich verzuckt / vnn rufft


Suspiciens oculis tua celsa palatia cœlos,

Artifices digiti quos peperêre tui,

Lucentemque globum Lunæ, Titaniaque astra,

Quæ doctæ Domini constituêre manus:

Ecquid homo est, dico attonitus, quĕ mĕte reuisas

Sollicita, cuius te meminisse juuet?421


Wann deiner Finger schönes Werck /

Die Himmel anschaw Ich /

Den Mon vnd Stern / vnd daran merck

Sie gehn ordenlich /

So sag ich als dann gleich bey mir

Gleichsam verwunderlich /

Wie hoch ist doch geacht bey dir

Der Mensch so sonderlich?
[39]

Vnd die Warheit zusagen / der Himmel ist ein schönes herrliches Theatrum oder Schawplan der Herrlichkeit / des lobs vnnd Rhums Gottes: vnnd je meher man diser Himmlischen Liechter Wirckung vnnd Kräfft betrachtet vnd erkendt / je mehr wirt man gleichsam verzuckt / vnnd mit Göttlichem Eiffer /Gott zuloben besessen.422

Die aller gröbsten Leut verwundern sich / wann sie sehen / daß das Meer anlaufft vnnd volle Flut gewinnet / wann der Mon voll oder New ist / vnd an andern enden die Flut nider vnnd kürtzer ist: Auch wann einen jeden tag die Flut vmb ein stund sich saumet: Vnd eben inn einer Landschafft / in einem Climate, oder inn einer gleichen Himmelsneigung / inn vngleichen Porten oder Mörhäfen die zeit des Ab vnnd Anfluts vngleich ist.423

Die fischer sehen vnd mercken / daß zu abnemmenden Mon allerhand Schneckenhäußlein / Fischmuscheln vnnd schalen lär seind / Ja allerley / Thier /Kräuter / Pflantzen / Erdgewächs / vnd alle Element /empfinden als dann ein Wunderbare änderūg des Geblüts / der Feuchtigkeit / der Humoren / des Marcks vnd anders.424

Vnd warlich ein Zimmerman würde langsam einen Bauw zum Gebäw inn vollem / sondern viel mehr inn abnemmenden Liechtfällen / sonst were daß Holtz zuverbawen vnnütz: Vnnd zu eben der zeit muß man auch impffen / vnd die Pflantzwurtzelen decken / vnd die kern vnd Hülsenfrücht wannen: Sampt noch viel andern vnzahligen stucken / welche die Alten haben wargenommen / vnd die man bey dem Plinio sehen mag.425

Die Medici seind dessen erkantlich vnnd bekantlich / daß die Critici oder Iudiciarij dies, Das ist / die Decretorische oder Vrtheilfällige Tag inn den Fiebern vnd Kanckheiten alle von dem Mon geregiert werdē: Vnd selbst der Hochberümbtest Artzneylehrer Galenus hat vil Bücher darvon geschriben: Darinnen er vnter anderem einer sache sich verwundert / die man täglich im Horoscopo oder Ascendente vnd Stundensteiger der Krancken sihet vnn erfähret / daß die gegensatzung oder Opposition des Mons vnnd der Sonnen / den Krancken merckliche änderung gebieret: Deßglichen wann der Mon die Opposition des orts erreicht / da die Kranckheit angefangen.426

Man erfährt auch in der Pestilentz / vnd anderen gemeinen Kranckheiten / daß zu jeder Opposition gleichsam inn einem Augenplick eine vnzahl Kranckē plötzliches Tods darauff gehn.427 Aber Galenus vrtheylt nach der Erfahrung / die er auß den Obseruationen oder Abmerckungen der alten gelehrnet gehabt. Dann er auch die Rechtbewegung des Mons nicht gewußt: in massen auß seinen Büchern428 erscheinet.

Aber er würde sich noch mehr wundershalben entsetzt haben / wann er die Wirckungen der anderen Planeten / vnnd jhre Zusamenfugē oder Coniunctiones, auch jhre Anscheinunge oder Aspect vnter sich vnd gegen dē Fixis oder beständigen Sternen verstanden het: Sonderlich was dieselbigen vber die Cörper /vnd vber die gelegenheit vnnd anstellung des Menschens vermögen.

Seitenmal die alten auß viljäriger erfahrung für gewisse Regelen ermerckt haben / daß wann Saturnus vnd Mercurius in einem Brutalischen oder Thierischen zeichen einander entgegen stehen / der jenig /so alsdann geboren wirdt / ein Stammler oder Stumm werde.429 Deßgleichen daß wann der Mon im Auffgang ist / d' Mensch gesund sey: Vnnd zu Finsternuß zeiten / wann ein Kind geboren wird / solches nicht könn das Leben haben.

Kurtz darvon zureden / weil die Araber die krafft vnn wie vil die Himlischen Influentzen vber die Cörper vermöchten / hatten erfahren / darumb wolten sie /daß kein Artzet angenommen würden / er het dann eine Erfahrnuß der Astrology oder des Gestirns: vnd welche solcher beyder stuck kündig waren / die nant man Iathromathematicos auff Griechisch das ist /Beydes inn der Artznei vnnd Gestirnlehrnuß Gelehrte: (Gleich wie man heut auff einen anderen weg inn beyder Medicin / das ist / inn Alter vnd Newer / inn Galenischer vnn Paracelsischer / inn Griechischer vnd Arabischer / inn Medicamentischer vnd Chyrurgischer Artzenei Doctores promouiret:[40]

Vnd daher kompts auch / meins erachtens daß man die Medicos inn Stätten / da sie ehrlich bestallt werden / Bestelte Physicos heisset: als die beides der Physic / vnnd sonderlich auch der Metaphysic / deren die Astronomy nicht das geringst theyl ist / sollen erfahren vnd gelehrt sein.)430

Ja (wie man Sprüchwortsweiß sagt) das Recept kurtz zubegreiffen / man sichts vnnd greiffts / das die Himmlischen Influentzen die Natürlichen Humores vnd Dispositiones, der Cörper arten / führen vnnd regieren.431 Das aber diese Kunst etwas ist verächtlich durchgangen / vnnd ein bösen Namen vnnd Glauben gewonnen / das hat der jenigen vnverstand verursacht / die dem gemeynen Pöffel zu gefallen solche geschmähet oder zu vngeschickt daruon geschriben haben / in massen Philippus Melanthon daruon geurtheilet hat.

Aber diß ist beuorab vnleidlich / das die Astrologi sich in die jhnen nicht zuständige sachen wöllen mengen / jhr vrtheil von den Seelen / von Geistern / von Lastern / von Tugenden / von Würdigkeiten / von Straffen / ja von der Religion auch zufellen / Inn massen jhrer viel gethan / vnd hierinn den falschen Müntzern / oder Alchimisten gefolget / welche wol die fünfft Essentz auß den Kräutern vnd Metallen ziehen /auch Oel / vnnd wunderbare heilsame gebrante Wasser daraußbrennen / pressen vnnd kochen / auch von Tugenden der Metallen vnd jhren änderungen / alterirungen / verformirungen vnnd tranßmutierungen viel schönes reden köndten: Aber wann sie entweder auß fürwitz oder Geitz zu Buben gerhaten wöllen / so kochen sie letstlich auß jhrem Sud vnd Brut / lose nichtige Landbetrügliche falsche Müntzen.432

Also thun auch viel vnzeitige Astrologi / die nach dem sie durch die Horoscopos vnnd Geburtsfigurierung die Natürlichen Humores vnd Dispositiones, die Arten vnnd Anschickung der Leiblichen sachen erklärt / so schreiten sie noch weiter / nemlich zu sachen / die vberal den Leib nicht berhüren / Nemlich zu Heurahten / zu Würdigkeiten / Reysen / Reichthumb vnd andern dergleichen dingen: Darüber das Gestirn weder stärcke / krafft noch Macht hat.433 Vnnd wann sie schon etwas gewalts haben solten / so ist es Gottloßigkeit vnnd vnglauben / solchem nach zuforschen / Ja nicht allein vnglauben / sonder auch die äusserst Narrheit.

Dann so der Gestirnprophet falsch weissaget / daß der Mensch soll verbrennt oder gehenckt werden /wird der Mensch ohn vrsach vnd gelegenheit zuuor ehe er also stirbe / wol tausent Tödt außstehen.434 Ist dann die Vorsagung war / so toppelt sich sein vbel /vnnd hat nimmermehr kein rhu. Wann der vermeint Gestirnweise Weissager einen fälschlich vertröstet / er werd ansehlich vnd Reich werden / so gibt er vrsach damit / das er sein Gut verschwendet / vnnd inn getröstung scheinender Hoffnung ein heilloser müssiggehender Schlingel wird. Ist dann die Vorsagung war /so machet der Auffzug der Hoffnung dem Menschē ein langweiliges verschmachtends leben / wie der Weiß Mann saget.435 Geschicht es dann vnnd bescheint gegenwertig / so ist der lust / so man daran haben solt / allbereit auß vnd verlorē. Wiewol Gott gemeinglich zulaßt / das denen so solchē sachen sorgfeltig nachten vnnd zu viel anhencken / jhr eingebildt groß Glück fehlet / vnnd daß besorgte vbel begegenet.

Noch ist der jenigen Gottlosigkeit / denen auch die Religion zu solchen mißbräuchigen Himmlischen Influentzen herhalten vnnd Abergläubig hat dienen müssen / vnd die Glaubenssachen darnach circkeln vnd gauckeln wöllen / viel minder der entschuldigung fähig: Gleich wie Iulius Maternus Firmicus gethan /der im Buch vom Herrn der Genitur / geschriben hat: Wann einer den Saturnum im Löwen hab / so lebe er lang / vnnd nach seim tödtlichen Abschied von hinnen / ersteige er gewißlich die Himmlische Freud / vnnd fahre also / wie man spricht gleich eins mals auß der Butter Kuchen in die schmaltzig Jarkuchen (Ja jhrer etliche stellen auch dem Ewigen Messia / vnd Schöpffer des Gestirns / so vbernatürlich vom heiligen Geist empfangen vnnd von einer vnversehrten Jungfrawen geboren worden / seine Natiuitet / dz er auß Anleitunge des Gestirns[41] so ein grosser Prophet / wie er sich dann erwisen / hat müssen werden / vnnd alles der gestalt / wie von jhme geschrieben stehet / außstehn vnnd leiden: vnnd Luther hat jhnen notwendiglich auß Gestirnigem zwang ein Ertzketzer werden müssen /dieweil der ein Planet jhm ein Königreich / doch ohn ein Scepter / angedeutet vnd zugewisen habe / etc.436

Ja der Arabisch Astrologus Albumazar schreibt inn den Astrologischen Floribus, das der / so ein Gebett zu Gott thut / wann der Mon mit einem andern Planeten / welchen ich nicht nennen will / vereiniget ist /vnd beide im Haupt des Trachens zusamen treffen /gewißlich dasselb / darumm er bittet / erlange.437

Welch der Paduanisch Ertz Zaubermeister vnnd Medicus / Petrus von Appono, wie er inn seinem Astrolabio plano von sich selbst vnrühmlich rhümet /versuchet vnd Practiciert hat: Damit er nur andere Leut durch sein ärgerlich Exempel inn gleichen vnglauben verleitete.

So doch bei disem Stuck nicht weniger Gottsehr raud als vnverstand sich erzeiget.438 Seit einmal des Trachen Haupt vnd Schwantz nichts anderst seind /dann zwen Puncten einer eingebildten vnterschidung oder imaginierten Intersection / auß zwen eingebildten Circulen anhangig / vnd die weder Sternen noch Planeten haben / vnnd allen Augenblick veränderlich seind.

Wiewol eben dieser Albumazar noch mit viel einem abscheuchlichern stuck inn diesem kommet / da er die Endung oder abgang der Religionen durch die Himmlischen Influentzen hat außgezirckelt / verzilt /verzwickt vnnd verzweckt: Also daß er ärgernuß vngeschewet / schreiben darff / die Christliche Religion werde im 1460. Jar auffhören vnnd zu end lauffen: Vnnd gleichwol ist es heut mehr dann hundert Jar /das die zeit für vber vnnd verschinen ist.439 (Er wölle dann eine Sect vnter den Christen dardurch verstehen / welche er villeicht für die best Religion hat gehalten.)

Inn gleichmässigem fall hat auch Arnoldus Hispanus geweissagt / der Antichrist werd Anno M.CCC.XLV. kommen. (Villeicht hat er dardurch die Antipapas oder Aberbäpst verstanden / welche zur selbigen zeit auffstunden / da auff 70. Jar lang allzeit zwen Päpst waren / zwen Patronen inn eim Schiff /zwen Köpff inn einer Kappen / einer inn Italien zu Rom / der ander inn Franckreich zu Auenion: Daher darnach der brauch kommen das die Romanisten den Bäpsten zwen Schlüssel inn jhr Wappen gemalt haben / wie dem Keysers Adler zwen Köpff.

Vnd der Cardinal von Ales, welcher sein Buch mit dergleichen Lugē durchspickt hat / als er von dem Abnemmen der drey Religionen redt / supponiert / vnd laßt gleichsam für ein waren grund seiner vngereimbten meynung vorher gehn / das siben Tausent / Siben hundert / vnd fünfftzig acht Jar von Erschaffung der Welt sein solten.440 Darinnen er / nach bewärter vnd angenommener Außrechnung der Christen vnd Juden /vmb fünffzehen hundert Jar fehl hat geschossen.

Gleich wie er auch inn dem Horoscopo oder Geburtsstellung der Welt sehr vngeschicklich setzt / die Sonn sey alsdann im Wider gewesen / so sie doch in der Wag war: In massen solchs der klarheiter Text der Bibel441 außweiset. Allda mercklich erscheint / das der erst tag der Welt derselbig gewesen sey / welchen wir den zehenden tag des Sibenden Monats nennen /welches ja das Zeichen der Wag ist.

Noch hat des Churfürsten Pfaltzgraffen Ott Heinrichs Mathematicus / Cyprianus Leouitius zu vnserer lebzeit sich noch weiter hinauß gewaget. Dann er schreibt / das end der Religion vnsers Herren Ihesu Christi vnnd das End der Welt / werd Anno M.D.LXXXIII. sein. Auch bestättigt er dasselb so vermessenlich / daß er sagt: Procul dubiò alterum Aduentum Filij Hominis in sede Maiestatis su ępręnūciat.442 Dz ist on zweiffel verkündtes die Zukunfft des Menschē Sohns inn seiner Maiestat: von wegen der grossen Coniunction inn der Wasserigen Triplicitet / Jesu Christi.

Welchs eine merckliche vngeschicklichkeit[42] inn der Astrology / vnd grosse Gottlosigkeit in Religionssachen ist. Seitenmal nie kein Planet sein eigen jm bestimpt Zeichen / Stand oder Hauß ab grund richtet oder stürtzet vnd vmbkehret: Vnd Jupiter ist inn den Fischen vereiniget / nemlich inn der zusamenfůgung /die er so höchlich förcht: Welches das Zeichen des Jupiters ist / mit dem Saturno / so sein freund ist / verfůgt.

Dieweil er dann so getrost angeregt Vorsagung für gewiß hat gedörfft außgeben / als ob man auch daran nicht zweiffelen solte / so ist es ein grosse thorheit an jhm daß er auff Treissig Jar nach der Welt Vntergang Ephemerides oder Tagzeiten gerechnet / vorgeschriben vnnd gleichsam zum Tagwerck vorgeschnitten hat.443 (Oder man möcht jhm / dem Leouitio also helffen / daß er auff die alte Sag / welche noch vmbgeht / gegangen / da man spricht: Das Jar Achtzig acht / Ist daß Jar welches ich betracht / Geht alsdann die Welt nit vnter / So geschicht doch grosses wunder.)

Auch ist des zu vnserer zeit Ferrberümbten Philosophi vnnd Medici Hieronymi Cardanj vrtheil nit weniger / dann des vorigen Leouitij / ärgerlich vnnd vngeschickt / da er des Herrn Ihesu Christi Geburtstafel außgerechnet gehabt / vnnd um Italien / Teutschland vnnd Franckreich trucken lassen.444 Fůrgebend / das der Saturnus inn dem Neunten Himmelsgehäuß die Verlassung seiner Religion / vnnd des Martis zuthun zu der Luna inn das Sibend Gehäuß / die weiß des Todts angezeigt habe. Welches warlich sehr lächerlich abgeht / demnach doch Mars inn seinem eigenen Zeichen / so fewrig ist / bestunde.

Aber noch viel ein grösse Gottlosigleit ist / die Religion dem Gestirn gentzlich wöllen vnterwerffen /vnnd gleichsam für Dienstbar vntergeben / Gleich wie auch der Aben Esra gethan / so prognosticiert / das ein grosser Hertzog oder Hauptmann / welcher die Juden frey machen / vnnd deßhalben Messias heissen wurde / im Jar M.CCCC.LXIIII. solt geboren werden / daruon man doch auff den heutigen Tag kein Zeitung nicht weiß / (eben so wenig als von des Rabelais seim König Picrochol: er hab dann villeicht Hertzog Karl von Burgund / oder König Karl den achten inn Franckreich gemeint / welche vmb dieselbige zeit mächtig waren.)445

Derhalben solche Gottlose vnd Vngeschickte meynungen vnnd vorsagungen hindan gesetzt / laßt vns nun folgends allein bei den Natürlichen Vorsagungen bleiben / wie dieselbigen auß den Himmlischen Influentzen vber die Cörper / vnd vber die Humores vnnd Complexiones mögen geschöpffet werden.

Wol war ist es / die Geistreichigkeit / Sinnung /Arten vnnd Sitten der Menschen schicken sich gemeynlich nach den Humoribus vnnd Temperaturen: Wie Galenus schreibt im Buch / welchs er daruon geschriben / vnnd es betitult hat / Das die Sitten nach den Humoren oder Natürlicher feuchte sich pflegen anzuschicken. Aber diß folget nicht stäts nohtwendiglich vnd ist keine Necessitet vnn Notzwangnuß / sondern nur eine Inclination vnnd artneigung.

Vnd deßhalben / wann wir inn der heiligen Sprache (mit deren Adam / inn massen in Genesi steht / alle ding nach jrer natürlichen Eigenschafft genant hat) die Namen der Planeten lesen / daß sie den Saturnum Schabthai / dz ist / Ruhig vnn Still nennet / von der Natürlichen Neigung wegen der jenigen / die den Saturnū zum Herren der Geburt vnd des Horoscopi haben / vnd gemeinlich Melancholisch / Nachdenckig Still vnn Contemplatiuisch seind: Deßgleichen / daß sie den Jupiter Zedek, das ist / Gerecht / nennen: dieweil die jenigen / so den Jupiter zum Horoscopischen Geburtshaupt haben / scheinen zur Politischē Gerechtigkeit sehr geneigt sein.446 Item den Martē Madim, welchs Starck bedeut / heissen / von deßwegen / weils diese / so den Martem zum Herren des Horoscopi haben / etlicher massen zu Martialischē / vnnd zur Arbeit erhärteten Leuten neiget vnd machet: Vnd also / wann auch andere Planeten von jhrer Naturneigung genant worden / da soll man es also verstehen / das es keine Nottringlichkeit / sondern allein eine[43] Inclination vnnd etwas Artung auff sich trägt.

Gleiches vrtheile wir auch von den grossen Coniunctionen der Hohen Planeten / inn den vnterschidenen Tripliciteten: Nach welchen / wann es sich begeben / die alte grosse Enderungen inn Stättlichen vnnd Fůrstlichen Regimenten haben wargenommen.447 Vnnd gleichwol hab ich anderstwol erwisen / daß solches auch kein Necessitet mitpringe.

Seit einmal vns doch vnmöglich gewesen / nur allein von drey Tausent Jaren her / allweil wir die Astronomischen Obseruationes oder Beimerckunge habē (Dann die aller ältest reichet von dem Sennacherib / dem König inn Assyrien her) eine solche Erfahrnuß / darauff ein gewiß vrtheil zubawen / zuwegen zubringen.448

Auch sehen wir / daß Ptolemeus vnd Firmicus den Mitnächtigen Völckern die Triplicitet des Fewrs zumessen: Vnd Albumazar im solches dem Orient zuschreibt / vnnd die Triplicitet des Wassers dem Mittag: Welchem Paulus Alexandrinus449 vnnd Henricus von Mecheln haben gefolgt.[450] Vnd nicht des weniger geben viel andere / als Alabice oder Alcabicius Caphar, Abenacra, Messahala, vnd Zael der Israelit / die Triplicitet der Erdē den Mittagigen Völckern zu.

Nun ist aber vnmöglich / ein rechtes vnfählbars vrtheil von zukönfftiger änderung der Regiment zufassen / man sey dann inn diesem Fundament gewiß gegrünt: In massen diß inn den Büchern von der Republica oder vom Politischen Wolstand weitläuffig von mir ist beigebracht: Deßhalben ich es hiemit kürtzer abbreche.

Derwegen soll man sich nicht vngefähr zutragender Vorsagungen / so in der Erfahrung nicht bestendig /gebrauchen / noch etwas darauß schliessen oder determinieren.451 Sondern / was man auch für Experientias / Erkündigung vnd Erfahrungen möchte haben /dieselbigen all der Oberherrschafft vnnd Regierung Gottes jederzeit vntergeben vnnd heimstellen. Angesehen / das er der Allmächtige ist / der des Mons vnnd der Sonnen lauff kan stellen vnnd auffhalten: Gleich wie er auff des Josue Bitt gethan. Deßgleichē die Sonn hindersich gehen machen: gleich wie er gethan /da er dem König Ezechia das leben vmb fünfftzehen Jar erstreckt hat.

Vnnd es ist ohn zweiffel / das der Mensch / so sich auff Gott vertrawend lasset / viel stärcker vnnd mächtiger sey /dann alle Himmlische Influentzen.452 Daher sagt ein Alter Platonischer Philosophus / daß der jenig / so dem lauff der Natur folget / sich der Fatalischen Vorsehung / vnd dem Natürlichen lauff /welcher allen Elementarischen sachen bestimmet vnnd angesetzt ist / vnterwürfflich vnd diensteigen mache. Hingegen daß der / so von einem guten Geist getriben wird / allen Vorbestimmungen vnnd Vorsehungen frey vnverbunden vorgange.

Aber zu gleicher weiß / wie die Erkantnuß der Naturen des Gestirns vnnd der Himmelischen Liechter /Gottes Macht vnnd grösse entdecket vnnd erhebet.453 Also hingegen seind die Arabischen Electiones jhren verkleinerlich / vnd derwegen verdammlich vnnd vnzuläßlich. Vnnd von diesen verstehet sich die Erkantnuß des Concilij zu Toledo im ersten Decret am achten Capitul / vnd des Concilij zu Carthago im 4. am 89. Cap.

Andere Natürliche Diuinationes oder Vorsagungen vnd Vormutungen / ligen etwas klärer am tag / als die da durch zugebung der zeit / für ein Ordenliche Experientz oder Erfahrnuß sich anspinnen vnn auffkommen.454 In massen die gantze Wissenschafft vnnd betrachtung der Metheoren, oder der im lufft entstandener sachen / auß dergleichen Vorwissenden sachen bestehet.

Als da sein die Impressiones des Fewrs inn höchster Religion vnd gegene / oder die Generierung vnnd erzeugung der vnvollkommen Cörper inn der mittelen Gegend des Luffts: Als wann der Mon Rotfärbig sicht / bedeuts Wind / sicht er bleich / bedeuts Regen /sicht er hell vnd klar bedeuts schöne zeit.455

Dann die Rauchige Exhalation oder Außathmung /welche die Wind verursachet /[44] ist gleich wie der Rauch / der die Fewr flam Rot machet: Wie auch die schwartzkol / so sie mit Fewr begriffen wirt / Fewrrot wirt / gleich wie Theophrastus sagt: Auß vrsach / weil die schwärtze vnd klarheit vnter einander vermenget seind: Forter die Feuchte Dämpffe vnd Vapores verursachen den Regen / vnd benemmen dem Mon seinen klaren glantz: Ist aber der Lufft sauber vnn mit Dämpffen nicht vernibelt noch verdunckelt / so sicht man des Mons klarheit ohn alle verhindernuß hell vnd schön.

Aber solche Natürliche Vorsagungen seind darumb nicht vngewiß / weil die Erfahrnussen mit dē Vrsachen zutreffen: Welches dann nicht schwer ist.456 Gleich wie es den anderen Wegschwerer sein muß /wann man die Vrsach will erkündigen / warumb der Regen meher zu einer dann zur anderen zeit entstehe. Als dann wirt ein Astrologus sagen / daß die Alten durch vilfaltige Warnemmung befunden vnn angezeigt / daß wann der Mon mit den Hyaden, mit den Pleiaden (daß ist / dem Stierkopfigen Sibengestirn vnnd der Gluckerin) oder mit des Krepsses Sternen sich einiget / als dann Dampff / vnnd also folglich Regen müssen erregt werden.

Jedoch seind etliche Zeichen gewisser weder die anderen / als nemlich dieses / welches alle Alten erfahren / vnd man vor augen sihet / daß so der Vierte vnnd Sechste Mon klar vnnd hell ist / solches ein gewisse Vordeutung der gantzen Monzeit seie: Es hindere es dann eine merckliche Coniunction oder Zusamenfügung.457 Vnd gleichwol hat man noch nie dessen vrsach können ergrunden: Welches Virgilius wol gemerckt / da er sagt.


Sin ortu in quarto (namque is certißimus author)

Pura non obscuris in Cœlum Cornibus ibit,

Totus & ille dies, & qui nascetur ab illo,

Exactum ad Mensem pluuÿs, Ventisque carebunt.


Das ist:


Dann diß ist allzeit gewiß vnd war /

Wann der Mon mit sein Hörnern klar

Im Vierdten Auffgang hell steigt auff /

So ist derselb gantz Tag darauff

Vnd alle die Tag / so darnach gehn /

Durchn selben Monat hell vnd schön /

Daß kein Regen noch Wind entstehn.


Des Arati Solensis Buch von der Astrothesy oder Gestirnordnung / ist voll solcher sachen: vnnd vnötig hie von ort zu end dieselbigen einzubringen.

Belangend dann der Artzet Natürliche Vorkündigungen oder Prædictiones, laß ich dieselbigen gleichsfalls hie außstehen: Demnach doch ein jeder dieselbigen täglich vor augen vnnd Ohren gehn hat. Auch haben Galenus vnd Hippocrates in allen jhren Bůchern daruon gehandelt / vnn sonderlich im Buch de Arte parua.458 Als da er meldt: Wann einer schwäche vnnd zitteren in den stärcksten Aderen fůhlet / daß man des Zipperleins gewißlich gewärtig sein solle. Vnnd wann die Rot Rur mit Melancholey vnn Schwermůtigkeit anfanget / daß sie gewißlich den Menschen vmb das leben bringe.

Noch ist ferner vorhanden die Phytoscopia: welches eine Vorsagung von verborgenen sachen auß Erdgewächsen Kräuteren vnn pflantzē herfliessend ist: Alls wann man ein Haselgerten inn mitten entzwey spaltet / vnnd dieselbig in den Händen für sich hällt / so biegt sie sich auff die Seiten vnnd das ort /da Metallische Aderen seind.459 Vnd diß bedarff nicht vil Disputierens / es ist vō Bergwerckern genugsam erfahren vnd experimentiert worden: Auch schůttet man deßhalben gern die Ertzgrub Erde oder Metallischen grund zu den Haselstauden / auff daß sie dest schöner vnd höher auffwachsen. Wiewol nun die vrsachen diser Phytoscopischer vnnd auß Erfahrung erkanter Vordeutungen / noch verborgen vnd vnbekandt seind / Jedoch seind sie Naturgemäß. Vnd die Nachforschūg vnnd Erkůndigung derselbigen / offenbart die wunderbare Vnbegreifflichkeit vnd geheimnußreiche grösse vnd Herrlichkeit der Werck Gottes.

Zu gleicher weiß aber / wie die Natůrlichen Mittel /so vns Gott zu erfahrung der heimlichen vnd zukönfftigen sachen geben hat / gut vnnd löblich sind / Also seind auch alle dise Natürliche Mittel rhůmlich die er vns geben vnnd vnterwiesen hat / vns zu vnterhalten /zunehren / zukleiden / bey Gesundtheit / Kräfften /Stärck vnnd Wackerkeit zufristen / vnn die Kranckheiten[45] zuheilen: Jedoch also / daß man die krafft der Nahrung / der Artzneien / vnnd andere heimliche Macht / so inn den Elementen / Kräutern / Gesteinen /Metallen vnn Thieren verborgen ligen / nit anderst erkenn noch auffnem / dann daß sie gäntzlich von Gott herkommen vnd fliessen.460 Als der seine Göttliche Macht vnn benedeiung entzeucht / wann es jhm gefällig / vnnd die krafft des Brots schwächet (wie im Gesatz Gottes gedacht wirt) so offt er einē Hnnger ins Lād schicket.

Auß der vrsach / thut der jenig / so alle Macht vnd krafft der Natürlichen ding in jhnen selbst suchet /vnd jhr krafft der gestalt verstehet vnd auffnimpt / als entstand sie allerdings auß jhnen / Gott groß vnrecht: Seiteinmal jhme allein hierinn preiß / ehr vnd lob gebůret.461

Daher man sich bei dem Galeno / daß als er zu end des zwentzigstē Buchs / welchs er vom brauch der Glieder vnnd theil des Menschlichen Leibs geschriben / die Wunderbare Geheimnussen / so darbey zufindē /offenbart vnd außgelegt hat / so beschließt er die sach also. Es bedunckt mich dannoch / spricht er / daß wir ein schönes herrlich Ehrengesang zu Lob Gottes Rhum vnd preiß hiemit gesungen haben.

Vnd noch vil herrlicher redt der Heid Seneca hiervon / da er die straffet / welche sprachen / Die Natur thut diß / die Naturschafft jens: Tu naturæ Deo Nomen mutas, das ist / Du verwandelst / spricht er /die Natur in Gott / vnnd vermengst der Natur Namen mit Gott: vnn änderst dem Gott der Natur seinen Namen.462 Wie vil besser stünd es / wann du darfür sagtest / Gott thut diß / Gott schafft jens.

In der gantzen H. Schrifft / find man diß wort /Natur / niergends nicht / sondern allzeit steht darfür Gott wirckt vnn that diß / Gott schafft daß es geschah / Gott verschafft jens / daß es ward vollbracht. etc. Die Hebreer brauchen allhie Verba transitiua, Hiphil das lautet bey vns von wort zu wort / Schaffts zuschaffen / Thuts zuthun / dz ist / Schaffts vnn thuts /daß mans thu. Die Griechen vnn Latiner die haben es durch Verba Actiua außgelegt.463

Welcher wörter Mißbrauch vil irrthumb veursacht hat / daß man Göttlicher Maiestat vil vnzimliche sachen hat geschriben. Als da gemeldt wirt: Gott hab die Räder von des Pharaons Wägen geschlagen: Gott hab alles Erstgeborne in Egypten vmbgebracht. Allda es doch gantz gewiß ist / daß Gott nichts als durch seine Engel gethan hab.464 Auß betrachtung / weil er ja seinem Volck befohlen / die Thürpfostē mit dem Blut des geschlachtē Osterlämmleins zuzeichenen: Auff daß / spricht er / so ich das Blut sehe / euch ohn schadē für vbergang / vnn nicht zugebe / daß der Schlagend Engel / oder der Verderber in ewere Häuser eingange.

Diß ist der brauch der H. Schrifft / daß sie Gott die Werck seiner Geschöpff zuleget: dieselbigen seien nun böß oder gut: Als da Jesaias spricht.465 Nullum est malum in Ciuitate, quod non fieri fecerit Dominus Das ist. Es ist kein vbels / vnglůck noch plag inn der Statt / welches der Herr zugeschehen nit geschafft habe. Vnd im Hieremia. Omne malū hoc venire feci super locum istum, Diß vbel vnd Vnglück hab ich alles vber diß Lād geschicket: Wiewol jhme die bösen Geister vnd die Gottlosesten Verruchtestē Buben hie zu gedient hatten.466 In massen im Propheten Malachia gedacht wirt: Ich will den Verschlinder schelten /daß er ewere Frücht nicht verderbe / noch ewere Reben vnfrucht bar mache: Auff daß jhr zu niemands ewere zuflucht nemmet dann zu Gott / vnd niemand förchtet dann Gott /vnnd niemand lob vnd danck darumb saget dann Gott.

Vnd daß die H. Schrifft nimmermehr das Wort /Natur / gebrauch / ist nit darumb geschehen / daß die Hebreer den vnderscheid zwischen dē Wercken Gottes vnn der Natur nicht gewußt hettē. Dann Salomon hat es offt angezeiget / da er inn seinen Sprüchen vnnd Gleichnussen saget: Das Kind ist klug / welches den Gebotten seines Vatters gehorsam ist / vnd daß Gesatz seiner Mutter nicht vergisset.467 Da verstehet er die Gebott Gottes / vnnd das Gesatz der Natur.

Dann alle die abschewlichen Abgötterey / seind niendert anderßwo herkommen / dann daß man Gott verlassen vnd vbergeben / vnd die Ehr / vnnd Gnad der empfangenen[46] Gutthaten / der Sonnen vnnd den Himlischen Liechtern / vnnd folgends den Geistern /ja zu letst wol noch geringeren Geschöpffen zugeben hat.

Gleich wie die Egyptier / welche die Ochssen anbetteten: Auß erwegung / daß der grösten nutzbarkeit eine dem Menschlichen geschlecht von der Ochssen dienst entstůnde. Vnnd die Amorreer im Philisterland betteten die Wider vnn Hämmel an / welche sie Estherot oder Astherot nanten / vnn gleich wol sie darzu ässen.468 Darumb hat sich Cicero gejrt / da er schreibt Nulla gens est tā stupida, quę id, quo vescatur, Deum esse putet, Das ist.469 Es ist kein Volck so doll vnd thöricht / da es diß / welchs es ist / für seinen Gott solte halten.

Hiemit so sey dann gnug dargethan / daß diese Natürlichen Mittel / zu einer sachen zugelangen / zuläßlich vnd von Gott verordnet seyen / da man jhm allein lob vnd Ehr / vnnd nicht den Creaturen gibt vnnd sagt: Es geschehe nun gleich vmb erkündigung zu könfftiger verborgener sachen / oder vmb außrichtung vnnd vollbringung anderer händel. Als daß man durch merckung sonderbarer gewisser Stein / Stauden /Pflantzen vnn Kräuter / die Ertzgruben vnd gute Metallzechen erforschet / vnd anderst Natürlicher weiß erkündiget / darbey man keine Teuffelische Mittel braucht vnn übet.

Aber da kan ich stillschweigend nicht für vber /daß Joannes Picus / Printz von der Miranda / in seinen Magischen Positionen setzt / Die Natürliche Magia seie anderst nichts / dann die Practic der Physic: Welchs ein rechtes Gifftluder ist / darmit der Sathan feine geschickte Ingenia / vnnd manchen guten Geist verreitzet vnnd einnimmet / daß sie meinen /man mög durch krafft Natürlicher sachen / die Geistliche kräfften an vnd zu sich ziehen / vnd bringen / ja gleichsam nötigen vnd tringen.470

Vnd gleichwol will er in der vier vnd zwantzigsten Position behaupten / daß inn der Magy nichts grösser krafft hab / dann die Figuren vnd Characteren. Vnd in der ein vnd zwentzigsten Position lehrt er / die Barbarischen vnn nichts bedeutende Wörter habē mehr krafft / dann die etwas bedeutē.471 Wir habē droben die Eitelkeit / od vil mehr die Gottlosigkeit diser ding dargethan.

Aber noch mehr zuentdecken die Heimlichkeit solches betrugs / welche gemelter Author / oder der jenig / so seinen Namen fürwendet / vnter gedachtē Magischen Positionen / wie einen Angel verstecket / so sehē wir in dem Acht vnn zwantzigsten Gesatzen Puncten vber die Hymnos des Orphei, dise Wort. Frustra Naturā adit, qui Pana non attraxerit: Der besucht vergebenlich die Natur / Der nicht den Pan zeucht an sich zuvor: Oder es deutlicher zugeben. Man brauchet natürliche Sachen vmbsonst / wann man nicht den Pan zum besten hat / das ist / wann man nicht zuvor hat den Sathan angeruffen.

Dann alle Alten haben durch das Wort Pan diß verstanden / was die Hebreer Sathan nennen: Vnd durch die Panischen schrecken / haben sie stäts angedeutet das verfähren vnnd Scheugetůmmel des Teuffels / vnd diß / was die Besessenen erfaren vnnd leiden / wann sie die bösen Geister fliehen / welche sie zuplagen anfallen.472 Vnd Plutarchus im Buch de Oraculorū defectu nennet den Fůrsten der Demonum oder bösen Geister / den grossen Pan / vber dessen Todt / (wie droben gedacht) die andern Geister ein jämerlich geheul vnn seufftzen Tiberij des Keysers zeiten geführt haben.473 Welche Histori auch von dem Eusebio in den Bůchern vō der Euangelischen Vorbereitung bezeugt wird.

Vnd auff gleiche meinung versteht ebengedachtter Printz von Miranda in der Elfften Position / da er von der Leucothea oder Weißgöttin redt / dieselbige von dem Mon oder der Lunam: Welche die Hebreer Lebenah, das ist / Albam, die weisse heissen.474 Vnd in der Neunten Position / da er meldt / daß inn der Magia keine Würckung sine Vesta sei / dast ist ohn immerwesende Eschen / verstehet er dardurch die Fewropffer.

Auch macht er dabei auß der Cabala eine schädliche Magi / die gäntzlich das Fundament des Gesatzes Gottes zerstört vnnd vernichtiget. Welchs ein jeder /der es nur genau besicht / wird mögē erkennen. Dann die Cabala ist nichts anders dann[47] die ware gerechte Außlegung des Gesatzes Gottes / so vnter den Buchstaben verborgen liget / oder der Buchstaben andeutet vnn bescheinet.475 Vnnd nicht desto weniger ist sein vorhaben / Wunderzeichē durch krafft der Buchstaben vnn Charactern zuwürckē.

Dise betriegereien hab ich entdecken wöllen / auff daß die / so den Zaubereimeister Agrippam, vnd die so gleicher meinūg sind / lesen / nicht betrogen werden / vnd vielleicht Stein / Kräuter / vnnd ander Natůrliche sachen zu erlangung vnnd anziehung Göttlicher krafft vnn Influentz gebrauchē.

Daher auch Hippocrates im Buch de Morbo sacro, die Zauberer / so sich zu seiner zeit den Mon an sich zupringen außthaten / hefftig schilt vnnd straffet. Dann sagt er / diß wer eben so viel / als müßten die Götter solchen bescheissenden Kinden als dienstpflichtige jhres mutwillens geleben / vnnd jhnen als Leibeigen dienen: vnnd den Menschen Himmel vnd Erden vnterwerffen: wider die Anfäng vnn Gründ oder alle Principia der Natur: Vnd wider den klaren Text der H. Schrifft im Buch Job / da Gott von Ordnungen vnnd Gesatzen / die er dem Himmel vber die Erden gesetzt vnd gegeben / anregung thut.

Auch erweisen den betrug genugsam die selsamgerenckte Charatzerische Buchstaben / die Teuffelische Figuren / vnd Barbarische Wörter / die bißweilen gar vnverständilich seind / vnnd vberal nichts weder von dē Elementen / noch der Matery / noch den Natürlichen Formen / noch den Natürlichen Qualiteten / einhalten vnnd begreiffen.

Derwegen ist gar nicht auffrichtig gehandelt / daß man vnter Vermäntelung vnd fürwendung der Natur will die Zaubereien / die lose nichtswürdige Eitelkeiten / Abgötterei vnd Heidnische Aberglauben der Götzendiener / der Vnglaubigen vnnd Zauberer hindurch schleiffen vnd nicht inn ansehen bringen.476 Gleich wie Zauberer vor langen zeiten gethan / welche den Leuten einzubilden sich beflissen / als ob die Zaubereien nichts anderst weren / dann ein krafft der Kräuter / der Thier / der Gestein / der Mineralien / der Metall vnn der Himlischen Cörper: Innmassen Exemplich an den Arabern / die den Leuten kurtzumb solches einreden / allein auff diß end hin / daß sie jhre Künstlichkeit vortheten / vnd den Zauberern eine Außflucht schafften. Ja die sach näher zu bestimmen /so seind diser meinung gewesen Auicenna, Algazel, Alpharabius, vnnd zu vnserer zeit der Weitbeschreyt Cornelius Agrippa. Vnnd ist dise meinung nicht so gar Vnachtlich gewesen / sondern lange zeit hievor seinen ansehenlichen Lauff vnd guten glauben gehabt. Inn massen inn dem Plinio erscheinlich / da er schreibet / das Kraut Ethiopis oder Morenkraut trockene die Pfitzen / Weir vnnd Bäch auß / vnnd offene alle beschlossenheit vnd verrigelte vnd versigelte Thürn /Fenster vnnd Läden.477 Deßgleichen das Kraut Achimenis, wann mans inn der Feind Hörläger oder Schlacht werffe / mache es dermassen Zaghafft vnn Abmännisch / daß sie einsmals flüchtigen Fuß fůrnemmen. Item das Kraut Lataca, welchs die Persischen König jhren Gesandten mitgaben / vervrsachet aller dings ein vberfluß. Das ist also zuverstehen /daß die Brieffliche Patenten des Persischen Königs /alle Völcker erschreckt haben.478

Gleichmässiges Vrtheil wöllen wir auch von dem fellen / daß Plinius von der Verbena oder dem Eisenkraut / sonst von Griechen Heylig kraut genant /schreibet / daß die Magi oder Zaubereikünstler außgeben / es heile alle Fieber / vnn allerlei kranckheiten /vnn schaff einem bei menniglich gonst (Vileicht weils Eisenkraut heisset / welchs als steiff vnnd hart wie Eisen machen soll: Oder weil es wie Dioscorides schreibet / die Gäst soll frölich machen / wann das gemach / darinn sie sitzen / damit besprenget.) Aber Plinius vnd alle Medici spotten dessen.479 Weil sie durch lange erfahrung erkündiget / daß diß Kraut solcher krafftstuck nichts vermöge: Gleich so wenig als das Kraut Cynocephalica, oder Hundskopff (von andern Totter od' Flachskraut oder Orant genannt) welches alle andere inn Würckung vbertreffen soll / diß vermag / daß es einen hüpscher machet / oder gut für Zauberey vnnd Gespenst sei / wann mans bey sich trägt. (Wiewol Andreas Mathiolus im Kräuterbuch schreibet / daß er[48] inn eins Herren Schloß ein Kettenhund gesehen / welcher / wann er frembd Leut sahe /stäts pflag zubellen / aber auff ein zeit um acht tagen nicht gebollen habe / vnnd als man vermeint gehabt /den Hund durch vntrewe Leut / welche villeicht im selben schloß etwas args zubegehen im sinn hetten /verzaubert sein / het man den Orant oder das Sterckekraut inn den Hundsstall gelegt / da het der Hund alsbald widerumb angefangen zubellen. Von disem Orant oder Orchant / scheint hab d' Dichter des Amadys seine beste Fabelspickerin die Vrganda erdichtet.) Deßgleichen so wenig / als des Poetē Homeri Wend vnmutisch Nepenthe, oder / wie etliche wöllen /Ochssenzungenkraut / vnnd das Gifftschew Kraut Moly (sonst für Rauten von etlichen angeben) die jhnen zugemessene Wunder wůrcken: Deßhalben Plinius dieses Moly würckung billich spottet. Nicht darumb das nit viel schöne Geheimnuß der Natur /gleichsam wie Schätz hin vnd her verborgen stecken /welche täglich herfür gesuchet werden: fürnemlich durchs Fewr inn der Abstraction der fünfftē Essentz: Sondern das Plinius sich gleichsam selber inn die Zung beisset / vnnd zu verstehen gibt / was man auff seine erst nungedachte wunder halten soll / nemlich für eitele Tandtmährlein / die auß keiner erfahrung beizubringen stehn. Gleichmässiges Vrtheil kan man auch von dem fellen / so Plinius auß Democrito erzehlet /480 das es gewisse Vögel hab / auß welcher Blut / wann man es vermischet ein Trach entstande / vnd wer denselbigē esse / der verstehe alle Vogelgesang /Oder wie er auff sein sprach redt / alle Vögel zungen jhre Colloquia, Tischreden. Reichsabschied vnd sonst burschantisch gespräch. Er hat vergessen auch zusagen von Ochssen vnd Eselssprachen.

Eben dasselb können wir auch sagen / von dem Demant / welcher wider das beschwören soll dienen.481 Deßgleichen von den Roten Corallen / so wider das verzaubern vnnd versegenen sollen helffen / (welcher Wohn daher entstanden / weil die Poeten gedicht / die Corallen seien auß dem abtropffendē Blut von der Medusæ Zauberkopff erstlich entsprungen) Item von dem Jaspis oder Türckis / wider das Nächtlich erschemen der bösen Geister vnnd Teuffelsgeplerr.482 Item von dem Agtstein oder Amber / dem kein Gespenst soll näheren dörffen / (welcher Wohn daher kommen /weil die Poeten fürgaben / die Agtstein oder Glasstein weren die Trähern der Sonnē Töchter / die sie vmb jhren vom Himmel gestürtzten Bruder Phaeton geweint haben / vnd daher der Sonnen sollen geheiliget sein.)483

In gleichem werdt wöllen wir auch das jhenig beruhen lassen / welchs Dioscorides im 15. Cap. des 5. Buchs schreibet / das der Stein Memphitica puluerisiert mit Wein vnnd Wasser getruncken / den Menschen gar stupidum, tölpisch vnnd Närrisch mache.

Wir haben droben angeregt / das die Göttliche Vorsagungen oder Propheceien weder von Natur / noch auß Menschlichem Willen herkommen / sondern durch lautere Einblasung / Eingebung vnd Inspiration oder Eingeystung Gottes ohn mittel / vnd ohn hülff vnnd zuthun der Engel. Auch daß die Natürlichen Vorsagungen sich begebē durch Erkantnuß der Vrsachen / so dem Effect oder der würckung vorgehen.484 Vnd die Natürlichen Mittel / zu etwas zugelangen /schicken sich durch ordentliche weg der Vrsachen zu jhrem Effect.

Die Menschliche Vorsagung aber / wiewol sie etlicher massen an der Natur der Sachen hangen: gleichwol mag man sie Menschlich nennen / darumb / die weil sie nicht stäts so gewiß sein / wie die Natur /noch auch stäts vngewiß / es geschehe nun gleich auß vnwissenheit der Vrsachen / oder auß Schwäche Menschliches Verstands vnd Geystes.485

Vnd solche Menschliche Vorwissenheiten vnd Vorlosungen macht jm ein jeder inn seinem Stand durch Erfahrnuß selber. Als ein Politischer Regimentskůndiger Mann / so er sicht / wie bei eim Regiment oder herschenden stand die Vbelthaten vngestrafft / vnnd die Tugenden vnbelohnet durchgehen / so macht er jhm seine Rechnung darauß / solches vnregiment werde nicht lang bestand haben. Aber dieweil[49] diß nicht an Natürlichen sachen hanget / vnd dise Prediction oder Vorsagung eim solchen Weltläuffigen Menschen nit besonderlich von Gott geoffenbart ist / kan man sie Menschlich nennen / die zuläßlich ist. Jedoch muß man sie nicht fůr gewiß vnn vnzweiffenlich dargeben.486 Dann diß hieß Gott in seinen Rhat eingriff thun: Welcher offt eine Statt vnnd Gemeyn wider allen Menschlichen verstand vnd Gewalt / von wegen etlicher frommer Leut Gebett vnd Vorbitt erhaltet. Wie dann diß auß dem erscheinlich / da Gott dem Abraham zusaget / wann nur zehen Personē sein würden / welche mit der Sodomitischē Schande nicht befleckt seien / so wölle er des Lands schonen vnd es nicht verderben. Aber wann du sichst / das Gott allgemächlich einen Tugendthafften / Auffrechten vnd wolverständigen Mann nach dem andern hinnimmet / so magstu frey künlich sagen / Gewißlich wirt bald ein vngestům Wetter diß Land oder die Statt vberfallen /vnnd jhre Herrschafften endweder vmbkehren oder verkeren.487 (Dann sagt nicht Salomon? Gott schicke in seinem zorn dem Land Narren oder Kinder zu Regenten vnd Vorstehern?)

Wie nun die Politischen jhre Vorsagungen haben /also auch die Schiffleute die jhren / wann sie zukůnfftig änderung des Wetters vorgewissen vnd erschmecken / vnn als rechte Wetterschmecker auß gemeyner vnd gewonlicher Erfahrung von zustehenden Vngewitteen / Winden vnnd Regenzeitung sagen: wiewol sie manchsmal des Himmels lauffs keine erkantnuß haben.488

Gleichsfalls thun auch die Hirten / die sagen offt die Pestilentzisch sucht / oder das Sterben der Schaafe vor / wann sie der Hasen Leber verfaulet sein / mercken.489

Auch wissen die Bauren einem vorzusagen / ob ein fruchtbar jar vor der Thüren sey.490 Wann sie allein die Senffkörner ansehen / oder mercken wie die grosse beerlein vnnd Johansträublein gantz dick getrungen wachssen: Vnnd andere dergleichen zu dem Feldbaw dienende sachen wissen sie mehr / vnnd dasselb allein auß erfahrung / ohn einige Erkantnuß Natürlicher vrsachē / vnn ohn Göttliche Offenbarung.

Vnd zwar solche Vorsagungen sind nicht vnzuläßlich noch vnzimmlich / es were dann / daß sie einer fůr gantz vnfehlbar wolte verkauffen / vnd einen gleichsam darauff versicheren.491 Inn massen wir inn gleichem Fall von der Metoposcopy / oder Stirnbeschawung sagen mögen / wann man allein auß anschawung des Gesichts oder Andlitzes von den jnnerlichen gelegenheiten des Menschens vrtheilet. Vnter welchen gleichwol etliche Vermutungen jhre Natürlichkeit mitbringen.492 Als die plötzliche Röte zeyget Scham an / die plötzlich erpleichung forcht / vnnd was deßgleichen / so sein Natürliche vrsachen hat /mehr ist.

Aber mehrertheils seind darunder / die mehr Menschlich dann Natürlich sind als leuchtende Kautzen augen bedeuten gemeynlich grewlichkeit: Wie solche der Dictator Sylla, vnnd Cato der Censor gehabt. Oder wann die Augen mit Blutstropffen gleichsam gesprenckelt scheinen / zeigen sie gleichsfals ein Blutgirigkeit oder vnbarmhertzige art an. Also sagt man von den Flachnasen oder Flätternasen / daß sie gern zörnen vnd vngedultig seind. Vnnd hingegen seind die hohe Nasen viel klüger vnd gedultiger. (Wiewol ein Sprüchwort bei vns darvon vmbgeht /die hohen Nasen zeigen ein hoch gemüt an / vnnd die eingetruckten Schaafnasen ein Niderträchtigkeit.)

Vnter den zunamen / die jhm Gott selber geben hat / als er mit Mose geredt /493 da nennet er sich vnter den andern Elffen Eigenschafften Aerech appaijm das ist / Hoch Naß: Inn massen solches der Complutensisch Truck auß Hispanien vnd der Antorfisch von Wort zu Wort außgelegt. Auch geschichts an vielen orten der Bibel / da er sich den Gott mit der hohen oder grossen Nasen nennet: Welches alle Hebraischen Außleger für großmütig / gedultig / Patient vnd Langmütig außlegen. Vnnd im Widerspil das kazer appaijm welchs kurtz oder klein Naß heisset / für zornweg / gächzornig / der kurtz im stegreiff reutet / vnn leichtlich den Esel ansticht.

Auß welchem vns vnter andern lehren auch diß bedeutet wird / dz die Natürliche[50] Metoscopische Andlitzmerckung vnnd Physionomeibetrachtung nicht vnzimmlich vnnd verbotten sey: Ja mit der that solches zubewären / so sicht man / das im gantzen Orient / allda dise Kunst nie gar verloschē / die Leut auff solche Visierbeschawung vnn Mutmaßung sehr geübt vnd erfahrn sein: Gleichwol soll man darumb kein vnfählbar Gesatz darauß machen.494 Dann es finden sich so verschlagen Leut / die jhre Arten vnd Weisen so wol verdecken vnnd verhälen können / daß sie jhres plickes vnnd Gesichts der gestalt mächtig sein können / daß auch / demnach viel Leut dardurch betrogen worden / ein Sprüchwort daher entstanden / Fronti nulla fides. Das ist.


Der Stirn ist nicht zutrawen /

Sie betrieget das beschawen.


Daher Alcibiades vber laut lachen müssen / als er gehört / das einer zu dem Zopyro Physiognomo gesagt / Socrates wer ein Buler vnd Hurer / vnnd ein Zornwäger Mensch / das zeige seine Antlitz gestalt an.495 Vnd gleichwol gestund Socrates ein solches: Aber antwort darneben / die Lieb zur Weißheit hab jhn anders geartet.

Auch sehen wir mehrmals / das einer ein Jungfrawen Antlitz / vnnd wie man sprüchwortsweiß sagt /einen Hurenspigel führet / der doch einen rechten Löwenmut hat: daß die Belli auch sind Bellicosi: Die Buler sind auch Balger. Inn massen am Alexandro Magno erscheinlich / (Vnnd am Papst Bonifacio dem Neunten / der so schönes Jungfräwlichen anplicks vnn Visiers gewesen / das er Roseus flos geheissen / vnd gleichwol so Mannliche Krieg geführet / das auch sein Epitaphium auff folgend weiß angefangen.


Flete super Pugilem Claues, Crux, alma Tiara. etc.


Ihr Schlüssel / Kreutz du Heilig Kron

Beweint den Fechter hie zu lon / etc.


Vnd hingegen / trägt mancher / der ein Wildknöbelbärtig Löwengesicht hat dannoch einen Hasen im Busen. (Vnnd wie viel König vnnd Potentaten lesen wir inn jhren Catalogis / die Pulchri, die schönen vnnd hüpschen genandt sind worden. Welche doch des vorgeregten Socratis Philosophische Pulchritudinem, vnnd Tugentschöne nicht geacht haben: So dise doch die rechte schöne heisset / welche kein Kranckheit noch Alter abwischen kan: Die weil sie zu starck inn der Seelen vnnd im Gemůt verhafft bleibt.496 Ja man lißt doch von ebengedachtes Socratis / vnnd seines Lehrjůngers Alcibiadis vngleichen gestalten gar widersinnige vrtheil. Dann man hat gleichsam Sprůchwortweiß von jhnen gesagt: Der eine als Socrates, sey wie ein heßliche wůste Krambůchs / die äusserlich wol vnflätig sey anzusehen /aber wann man sie auffthu / voll guter wolriechender Specerey stecke: Der ander sey wie ein Schön gemalte Apoteckerbůchs / darin nur Spinnwep / Staub vnd Gestanck stecke / vnnd sey ein Sammatkůßlein mit Stro gefüllet.) vnd was hats dem Alexandro Magno geschadt / das er ein krumm Gesicht gehabt hat / nemlich / weil jhm daß ein Aug höher dann das ander gestanden: sein Tugend hats doch zu eim wolstand gemacht: Solt Esau darumb frümmer vnd auffrechter gewesen sein / weil er ein gerader Jäger war / vnnd hingegen sein Bruder Jacob desto dümmer vnd vnfrümmer / weil er gehuncken hat? Nain / da hieß es / je krümmer je frümmer.)497

Derhalben so folget darauß / das die Metoposcopy /vnd die von jhr herrhůrende Vorsagungen / jhrer vngewißheit halben allein Menschlich seien / vnnd heissen. Vngeacht / das man dem Aristotele das Buch von der Physionomy (darunder auch die Metoposcopy begriffe) zuschreibet: darinnen er gleichsam etwas gewisses grunds diser Anplick kunst vor hat zusetzen. Welchs doch mit des Aristotelis stylo vnn art zuschreiben gar nichts gemeins hat. Jedoch wie dem /wann man kein Vertrawen noch Notwendigkeit auff die Physionomy vnnd Metoposcopy setzet / ist jhr Natürlicher brauch nit zutadelen.

Aber da will sichs nicht reimen / daß man die Chiromanty / vnn Chiroscopy oder Händschawung vnter die Phisionomische kunst rechenen wolte.498 Angesehen / weil die Gründ vnd Anfäng jhrer Meister / so daruon geschriben / dermassen einander zuwider seind / wie Fewr vnd Wasser. Vnd das noch mehr ist /so änderen sich mehrtheils[51] die Lineament / strich vnn faltzen in den Händen / vnd seind weder inn der Kindheit / noch bei gestandenem / noch höchstē Alter gleich vnd zusamen trefflich.

Belangend dann die andere gemeine Vorsagungen /so vnter dem Volck vmbgehen / will ich mich mit denselbigen nicht viel bemühen: Inn ansehung / sie nicht so viel wůrdig / daß man sie auff das Papir bringen / vnnd wie man spricht / ein Recept darauß schreiben solle. Als daß es Regen bedeute / wann die Frösch laut schreien / vnd daß Tauchendlein sich im Wasser viel dauchet / vnd die Kränch auß dem Wasser gehn / vnd anders dergleichen vnzahligs / so Menschlich ist / vnd eins theils an Natürlichen vrsachen hanget.

Es sind wol noch andere Menschliche Vorsagungen vorhanden / aber dieselben sind nicht zimmlich noch zuläßlich: Auß vrsach / daß sie Aberglauben vnd forcht vor eitelen nichtigen sachen / vnnd also folglich ein Mißtrawen von Gottes Macht vnnd Güte nach sich ziehen.

Dann diese Regel muß man fůr vnzweiffelig halten / das der jhenig / so Aberglaubigen Vorsagungen glaubet / oder sie schewet vnnd förchtet / der zweiffele allzeit an Gottes Macht: Eben wie vor Jaren der jhenig gethan / so auß seim Hauß gangen / vnd vber die Schwell gestolpert / vnnd gleich ein Vormutung eins vnglücks darauß geschöpfft: Gleich wie man sagt / daß dem Bruto an dem tag begegenet / als er den Julium Cæsarem erstochen.499 (Deßgleichen auch dem Julio Cæsare / da er zu seiner ersten Anlendung inn Affricam / als er auß dem Schiff einsmals springen wöllen / auffs Maul gefallen: Aber es gleichwol jhme selber zu einer tröstlichen Bedeutung ziehen können /dann er inns Graß gebissen / vnd gesagt / Gelt Affrica / nun hab ich dich / nun hab ich dich mit den Zänen: Das heißt einem ins Land fallen / etc. Seinem Kriegsvolck anzudeuten das er das Land ohn zweiffel gewinnen wölle / in welches er so leichtlich auff die Naß gefallen war.)500

Gleichen Aberglaubigen verstand hats auch mit dem / wann einem der Ring entpfallet / den er seiner Vertrawten an finger stecken wöllen. Vnd mit vielen anderen Weiberthädingen / die jhnen forchtsame oder Aberglaubige noch täglich ohn end erdenckē / vnn sich darüber kräncken. Zu gleichem fall hatten auch die Alten eine Conjectur oder Vermutung / die sie nantē Palmirum Augurium, wann ein Glid sprang /hupffet oder zittert: Welchs doch ein Natürliche sach ist / so seine natürliche vrsachen mit sich auff dem Rucken trägt.

Vnd gemeinlich widerfährt auß gerechter Rach Gottes einem das Vnglück / welches er ängstiglich sorgend glaubet / vnd nimmermehr bald einem / der daß Gespött darauß treibet.501 Daher lißt man von Julio Cæsare / das er solcher eitelen Verwänunge vnd Fatzwerck nie nichts geachtet / vnnd alles jm wider der Vordeuteler vnd Warsager warnen vnn schwetzē glücklich sey hinauß gangen: Auch damals / wie kurtz vor er zehlt / da er im außsteigen auffs Auffricanisch Land auß dem Schiff gefallen / vnnd darzu gesagt / En teneo te Affrica. Vngeacht / was seine Beginischen Vögelgucker / Muckenfänger / Taubenkrämer vnd Därmrütler für vnfall darauß hatten abgenommen / so erhielt er doch drey gewaltige Sieg / vnd wurd jnnerhalb wenig tagen hernach aller seiner Feinden mächtig. Hat auch nie nit wöllen erfragē / was die Pharsalisch Schlacht für einen außgang werde gewinnen: Darüber er doch in derselbigen wider den Pompeium / der mit dreymahl mehrer Volcks gefaßt gewesen / vnnd vor der Schlacht aller Warsager vnn Zauberer Rhat gepflegt gehabt / herrlich gesiget.502

Ich hab sehr vieler Potentaten vnnd Kriegsfůrstē wargenommen / welche alle darüber zugrund gangen /wann sie die Warsager vnnd Zeichendeuter zu Rhat gezogen. Ariouistus oder Ehren vest der Teutschē König / als er vier hundert tausent Mann wider die Römer gerüst beisamen het / vnd die Zäuberin vnd Vnholdē vil von der zeit die Schlacht zuliferen rhats fragte / vnd sie jm widerrhatetē / daß er vor dem Newmon solches nit vnterstehn solte: Da erfuhr es Julius Cæsar / wie er von sich selber schreibet: vnd liffert jm / vngeharrt der gemelten zeit / alsbald die Schlacht /vnnd erhielt sie gantz sieghafft.[52]

Aber damit man weit nachzusuchen vnbemüht seie / so haben wir ein Exempel vnserer zeit / da einer den fall der Schlacht vor Pavy / durch mittel eines Zauberers / der jhm des Feinds Läger gewisen / erfahren wöllen / vnnd darůber eine dergleichen vnverständtlich / Antwort / wie die Alten Oracula gewesen / hat empfangen: darauff hernach der leidige Außgang / wie jeder weiß / zu Nachtheil des gantzen Franckreichs ist erfolget.503 Aber wir wöllen nachgehends von disem Puncten besonder handelen.

Wir haben auch ein anders Exempel von dem König auß Schweden / inn massen Brieff außweisen /welche er Anno M.D.LXIII. an die Teutschen Fůrsten geschriben: Welche einhielten / König Erich auß Schweden hab vier Hexin / die sich außtheten / sie wolten des Königs von Dänmarck Sieg alle hinderstellig machen.504 Aber man ergriff eine / die hett nicht so viel macht / den Hencker hinderstellig zumachen / daß er sie nicht lebendig verbrente: vnd der König ist vier Jar hernach von seinen Vterthanen gefangen / entsetzt / vnn ins Gefängnuß / darinn er noch verstrickt liget / eingesetzt worden.

Hiermit so sey diß genug von den Menschlichen Vorsagungen / Nun laßt vns auch von den vngebürlichen Mitteln sprach halten.

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 35-53.
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