Elsa N. zu N.

[321] SVMMARIA.


  • 1. Betröwunge / der Schelm solle jhm eine Kuhe auß dem Stall nemmen.

  • 2. Bei der Argwöhnigkeit auch noch die Endschuldigungen zusehen.

  • 3. Genugsam Gezeugen.

  • 5. Mulier de iure Canonico in causis pœnalibus testis esse non potest: secus, de Iure Ciuili, vt num. 6.

  • 7. Coniectura super art. 67. constit. crimin. & nota num. 8.

  • 9. Male affectus in Ream animus suspectus est.

  • 10. Testis ob fauorem suspectus.

  • 11. Non præsumitur magistratus ad iniuriam, sed ad vindictam aliquid fecisse.

  • 12. Quando magistratus iniuriarum actione teneatur, & Syndicatu.

  • 13. Quæ res in publicam notionem deferri debeant.

  • 14. Vanæ voces populi non sunt audiendæ.


[I.] Das sie gesagt / der Schultheiß hat mir eine Kuhe nemmen lassen / der Schelm solle jme bald eine auß dem [1.] Stall nemmen / wie auch beschehē sein solle / daß jme Schultheissen dieselbige Nacht eine / so 12. Gulden werth gewesen / gestorben. Darůber zwen Gezeugen abgehört worden seind / durch den Schultheissen vnn Gericht Schreiber / ein Mann / vnd Weibs Person / welche solche Tröuwort von jhrn gehört haben sollen. Es setzet die peinliche Gerichtsordnunge im 44. Artic. die wort / so ein indicium zur Tortur machen sollē / »wann jemandt zu bezaubern betröwet / vnnd dem Betröweten dergleichen beschiehet / etc.« Nun lasset es sich dißfalls ansehen / als ob beides cuniunctim erwisen / die Betröwung / vnd darauff folgende Beschädigunge / daß nemlich / sie N. Elsa solche Wort geredt habe / vnnd dann die folgende Nacht dem Schult heissen die Kuh gestorben seie: derowegen gegen / vnd wider sie / inhalt d. art. 44. mit der peinlichen Fragen wol verfahren werden köndte. Aber / so man die Information recht / vnnd wol erwegen will / wie es dann die hohe Notturfft erfordern thut: So ist dieselbige in mehr wege mangelhafftig. Erstliches / weiln in der Information mehr nicht / als dises einige indicium angezogen wird: per ea, quæ tradit art, 25. vers. Erstlich / ob der / in verb, [2.] »Ob dieselbige Person dergleichē Missethat vormahls geübet / vnderstanden habe / oder beziegen worden seie /etc.« & art. 27. & 28. vbi inprimis notandum est, daß allwege zweyerley gar eben wahr genommen werden sollen / erstlichen der erfundenen Argwöhnigkeit /zum zweiten / was die Verdacht Person guter Vermuhtungen / die sie von der Missethat entschuldigē mögen / für sich habe / etc. Repeto huc, que suprà adduximus. Zum zweiten / seind die Vmbstände dermassen nicht außgeführt / daß die Kuhe eben durch Zauberey gestorben sein solte. Zum dritten / ist noch zufragen / ob die angezogene Wort / »wann jemand zu bezaubern betröwet / etc.« [3.] Auch auff das Viehe zu verstehen seien / oder allein auff die Edele Creatur Gottes / den Menschen: Welches falls die Vmbstände tieffer erwogen werden. Zum vierdten / ist sie solcher Sachen halber zuvorn nit berůchtiget / vnd in keinem gemeinem Leumuth: d. artic. 25. & art. 44. [4.] »Zum fünfften / sollen die Vmbstände / Argwohn / vnd Verdacht bewiesen / oder zum allerwenigsten mit zweien guten / tüglichen / vnuerwerfflichen Zeugen: verba sunt artic. 30. & art. 66. art. 67. Genugsam Zeugē[322] seind die / die vnbeleumbt / vnnd sonsten mit keiner rechtmäßigen Vrsachen zu verwerffen seind.« Nun aber sein die Gezeugen weder beeydiget worden / noch auch beide dermassen beschaffen / daß si omni exceptione maiores sein köndten / oder solten / weiln vnder denen ein Weibs Bilde zu befinden /welche de iure Canonico in criminalibus causis nicht Zeugnuß geben mögen / [5.] text. express, in c. forum. vers. fin. de verb. sign. & in c. mulierem. 33. q. 5. vbiglossæ ordinariæ. Idque propter sexus fragilitatem: cùm vereamur, ne ferat varium, mutabile, vel falsum testimonium. Maximè verò, si pœna corporalis imponenda foret: Gomez. Resolut. tom. 3. cap. 12. num. 13. [6.] Ob nun woln inn Weltlichen Rechten die Weibs Bilder zu Gezeugen zugelassen: auch inn der peinlichen Gerichtsordnunge außtrücklichen nicht verbotten werden: So solle es doch dem Richter desto mehr nachdenckens machen / wann nurrendt zwen Gezeugen / vnnd der eine ein Weibs-Person were / die Vmbstände fleißiger / vnn mit allem gebürendem Ernst einzunemmen: ob nemlich solche Gezeugin guten Leumuhts / der Beklagtin nicht feind / oder auffsetzig seie. Item / wie / gegen weme / warumben / vnnd was dieselbige eigentlich geredt habe /vnnd was der Circumstantien mehr seind: quæ omnia discretioni, & iudicis prudentis arbitrio relinquuntur, Beuorab / weiln d. constit. criminal. art. 30. erfordert / »wann zwen Gezeugen seind / das solche /gute / tügliche / vnverwerfliche Gezeugen sein sollē.« Weniger hats zu bedencken / wann der Gezeugen mehr / vnd die Zahl vollkömmlicher / denen die Weibs Personen inn jhrer Außsagen stimmet: wie dann der art. 67. daselbsten von gnugsam Gezeugnuß / auch dreier glaubhaffter Gezeugen meldunge thut / in verbis, [7.] »Zum wenigsten mit zweien / oder dreien glaubhaftigen Gezeugen / etc.« Vbi notes verborum transpositionem: quæ ordine ita poni debebant, zum wenigsten mit dreien / oder auch zweien: Sed hæc præposteratio, procul dubio, in eo sensu accipitur: ac si dixiss et Imp. mit zweien / oder da dieselbige nit aller dings gute / tügliche / vnverwerffliche Gezeugen zu sein vermeynt werden möchten /mit dreien glaubhafften / [8.] id est, testibus fide dignis, & omni exceptione maíoribus: Arg. d. art. 30. vbi disputari posset, vtrum mulier de ipso maleficio, & in causa principali deponens, semiplenam probationem induceret, ad quæstionem sufficientem. Zum sechsten / ist die Information / bona pace dixerim, auch darvmben desto verwerfflicher / weiln der Schultheiß / welchen der Verlust der Kuhe principaliter betroffen / die beide Gezeugen selbst abhören helffen: wegen zweierley Vrsachen / erstlichen / daß der [9.] inquisitor ob malè in Ream affectú animum nicht wenig suspect / vnd des Verlusts halber abgünstig sein mag. Vnnd dann zum zweiten / weiln es den Schultheissen selbst belangt / daß die Gezeugen jhme zu gehör / vnnd gefallen entweders die Vnwarheit auß gesagt / oder aber die Wort verkehrter massen angezogen / vnd gedeutet / noch den gantzen Inhalt deroselben an Tag gebracht / vnnd vielleicht / so viel zu jhrer Defension dienen könte / verschwigen haben werden: quæ omnia diligenter ponderanda sunt.

Dem allem nach bedüncket mich noch zur Zeit etwas zu frůhe sein / die letstere zwey verdächtige Weiber gefänglich anzunemmen / viel weniger Peinlich zu fragen: Ex dictis iam allegatis. Sondern / da sie je schon zu Verhafft gebracht worden weren /möchte gegen denselbigen ein mehrere / vnnd beständigere Inquisition angerichtet werden: vngeacht / der Schultheiß inn seiner Missiuen andeutet / es könte mehr nicht erkůndiget werden / weder allbereit beschehen seie / daß die Zauberinnen solches jhr Teuffelswerck nicht offentlich begehen / sondern / so viel jhnen möglichen / in der Geheim vollbringen / etc. [10.] Dann / meines geringfügigen erachtens / können / vnnd sollen so wol zu Erforschung des grůndtlichen Verdachts / als auch zum Schrecken / vnnd Außrottung dieses grossen Vbels / interrogaroria verfasset /vnd[323] die inn der Information benandte / oder auch andere mehr Gezeugen darüber abgehört werden: wie dieselbige inferius vngefehrlichen / vnd auff Verbesserunge begriffen seind. Solte nun weiter nichts von diesen beiden Weibern zuerfahren sein: Bin ich alsdann der endtlichen meynung / das sie auff die in ermeldter Information verleibte indicia ferrner nit anzugreiffen seien. Sondern der Gefängnuß erledigt werden sollen. Vnnd kan E.G. oder dero Beampten / nicht schädlich sein / ob sie die Weiber gleich schon eine Zeitlang gesessen weren / weiln nicht vermuhtet wird / daß sie solches auß bösem Auffsatz jemand dardurch zu schmähen / oder sonsten zubelästigen gethan haben. [11.] Quia enim non eamente magistratus fecit, vt iniuriam inferret: sed ad vindictam Maiestatis tum diuinæ, tum humanæ respexerit, iniuriarū actione non tenetur, nec syndicatu: per ea, quæ dicit I.C. Paulus in l. quod Reipublicæ. ff. de iniuri. [12.] Aber / da die Obrigkeit ohne genugsamen grunde der Anzeigungen deß Verdachts den angegebenē Vbelthäter mit Peinlicher Fragen vbereylete / vnnd demselbigen darmit vnrecht beschehen were: Ist die Obrigkeit nicht allein zu erstattunge der Vnkosten / sondern auch zu allem Schaden / Schmach / vnnd dem Syndicatui selbs vnderwoffen: art. 20. & art. 61. constitut. criminal. Vnnd wie gefährlichen es seie / inn solchen Zauberey fällen zu eylen / Ist auß dem 52. artic constit. crimin. wol abzunemmen: sumpto argumento à Maiori ad minus. Dann solle man / da jemandt Zauberey bekennet / auch noch besser nach den Vrsachen vnd Vmbständen fragen / vnd dessen mehr / Wamit /wie / vnnd wann die Zauberey beschehen / mit was Worten / oder Wercken / etc. Wieviel mehr behutsamer / vnd sorgfeltiger solle dann die Inquisition angestellet / vnnd die Peinliche Frage nicht præcipitanter vorgenommen werden. Derowegen E.G. der Sachen wol wahr zu nemmen haben: Exemplo laudatissimo DD. Imper. Gratiani, Valentiniani, & Theodosij, qui rescripserunt in l. fin. C. de probat. [13.] Sciant cuncti accusatores, eam se rem deferre in publicam notionem debere, quę munita sit idoneis testibus: vel instructa apertissimis documentis, vel indicijs ad probationem indubitatis, & luce clarioribus expedita. Meminerimus etiam illius dd. Impp. Diocletiani, &. Maximiani, cùm in consistorio dicerent, Decurionum filios non debere bestijs subijci: à populo autem exclamatum esset: iterum dixisse, vanę voces populi non sunt audiendę. [14.] Nec enim vocibus eorum credi oportet, quando aut noxium crimine absolui, aut innocentem condemnari desiderant, in l. decurionum filij. C. de pœn.(.)

Quelle:
Bodin, Jean: DE MAGORUM DAEMONOMANIA. Vom Außgelassnen Wütigen Teuffelsheer Allerhand Zauberern / Hexen vnnd Hexenmeistern / Vnholden / Teuffelsbeschwerern / [...] durch [...] Johann Fischart [...] in Teutsche gebracht [...]. Straßburg 1591, S. 321-324.
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