Die 10. Historie sagt, wie Ulenspiegel ein Hoffjunger ward und ihn sein Junckher leerte, wa er fund das Krut Henep, so solt er darein scheissen. Da scheiß er in Senep und meint, Henep und Senep war ein Ding.

[29] Bald darnach kam Ulenspiegel uff ein Burg zu einem Juncker und gab sich uß für ein Hoffjungen. Also müst er gleich mit seinem Junckern reiten über Feld. Und bei dem Weg stund Hanff, daz heißt man im Land zu Sachsen, da[30] Ulenspiegel her ist, Henep. Und da sprach sein Juncker, als ihm Ulenspiegel die Glen nachfürt: »Siest du daz Krut, daz da stot, daz heißt Henep.« Ulenspiegel sprach: »Ja, daz sihe ich wol.« Da sprach sein Juncker: »Wa du darzu kumpst, so scheiß darin, wan mit dem Krut bint und henckt man an die Rauber und die sich on Herrendienst uß dem Sattel ernären, von dem Bast, daz von dem Krut würt gespunen.« Ulenspiegel sagt: »Ja, daz ist wol ze thun.« Der Hoffmann oder Juncker reit mit Ulenspiegel hin und har in vil Stät und halff rouben, stelen und nemen, als sein Gewonheit waz. Und begab sich eins Tags, daz sie zu Huß waren und lagen stil. Und als es Imbiß wolt werden, so gat Ulenspiegel in die Küchen. Da sprach der Koch zu ihm: »Junger, gang hin in den Keller, da steet ein irden Haffen oder Düppen, da ist Senep (alß uff die sachsische Sprach), den bring mir her.« Ulenspiegel sprach ja und het doch sein Lebtag noch nirgen kein Senep oder Senff gesehen. Und da er in dem Keller den Haffen mit dem Senff fand, da gedacht er in sich selber: »Waz mag der Koch damit thun wollen? Ich mein, er wöl mich damit binden.« Er gedacht auch weiter: »Mein Juncker het mich jo gheissen, wa ich solich Krut find, so sol ich darein scheißen.« Und huket uber den Hoffen und schmeiß ihn vol und rüret daz umb und bracht ihn dem Koch also. Waz gescha? Der Koch gedacht nirgens an und eilens richt in daß Schüsselin den Senff an und schickt zu Tisch. Der Juncker und sein Gäst dunckt in den Senff, da schmeckt er gantz ubel. Der Koch ward beschickt und angesprochen, was er für Senff gemacht hätt. Der Koch schmeckt auch an den Senff und spüw uß unnd sprach: »Der Senff schmeckt gleich als war darin geschissen.« Da ward Ulenspiegel lachen. Da sprach sein Juncker: »Was lachst du[31] so schamperlich. Meinest du, das wir nitt künden schmacken, was das sei? Wilst du es nit glauben, so kum und schmeck hie den Senff auch.« Ulenspiegel sprach: »Ich eniß sein nit. Wissent Ihr nitt, waß Ihr mich geheissen hond in dem Feld uff der Strassen? Wa ich des Gekrütz sähe, so solt ich daruff scheissen, man pflege die Röuber damit zu hencken unnd zu erwürgen. Also da mich der Koch in den Keller nach dem Senep schickte, so hab ich darein gethon nach Euwerm Heissen.« Da sprach der Juncker: »Du feiger Schalck, das sol dein Unglück sein. Das Krut, das ich dir zeugt, das heißt Henep, und das dich der Koch bringen hieß, das heißt Senep oder Senff. Du hast das gethon von grosser Schalckheit!« Und nam ein Knittel und wolt ihn schlagen. Da was Ulenspiegel behend und entlieff ihm von der Burg und kam nit wider.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 29-32.
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