Die 46. Historie saget, wie Ulenspiegel einem Schuhmacher zu Wißmar Treck für Talck verkaufft, der gefroren was.

[133] In einer Zeit thet Ulenspiegel einem Schuhmacher zu Wißmar grossen Schaden mit Zuschneiden und verderbt ihm vil Leders, daz der gut Man gantz trurig ward. Und daz vernam Ulenspiegel und kam wider geen Wißmar und sprach denselben Schuhmacher, dem er den Schaden gethon het, wider an, wie daz ihm ein Last Leder und Schmaltz kumen würd, da solte er ihm grosse Kauff angeben, das er seinen Schaden wider nachkummen solt. Der Schuhmacher sagt:[134] »Ja, das thust du billich, dan du mich damit zu einem armen Man gemachet hast. Wann dir das Gut kumpt, so sag mir das zu.« Daruff schieden sie voneinander. Nun was es in Winterzeiten, daz die Schinder die heimlichen Gemach reinigten. Zu denen kam Ulenspiegel und gelobt ihn bar Gelt, das sie ihm zwölff Dunnen wolten füllen mit Materie, die sie sunst pflegen in das Wasser zu fieren. Die Schinder thetten also und schlugen ihm die Dunnen gantz vol uff fier Finger breit und liessen die ston so lang, bis das sie also hart gefroren waren. Da holet Ulenspiegel die hinweg. Und uff 6 Dunnen begoße er oben das dick mit Talck und schlug sie hart zu, und 6 Dunnen begoß er mit köken Schmaltz und schlug die alle hart zu und ließ die zum Gülden Sternen in sein Herberg füren und schickt dem Schuhmacher Botten. Da er kam, also schlugen sie das Gut oben uff und das gefiel dem Schuhmacher wol. Sie vertrugen sich des Kauffs, das der Schumacher Ulenspiegeln für den Last solt geben 24 Guldin. Daz solt er ihm bar Gelt geben 12 Gulden, das ander in einem Jar. Ulenspiegel nam das Gelt und wandert, dann er forcht das End. Der Schuhmacher entpfieng sein Gut und waz frölich als derginne, der verloren Schadens oder Schulden wider zukumpt. Und bat umb Hilff, das er des andern Tags wolt Leder schmieren. Die Schuhmacherknecht kamen starck, dann sie sich eins guten Kropffs vermessen hetten, und begunden das Werck anzugon und laut ze singen, als dann ihr Weiß ist. Als sie nun die Donnen zu dem Feür brachten und fingen an warm zu werden, da gewunnen sie ihren natürlichen Geschmachck. Sprach je einer zu dem andern: »Ich mein, du habst in die Hossen geschissen.« Der Meister sprach: »Euwer einer hat[135] in ein Treck gedretten, wischen die Schuch, es schmeckt uß der Massen ubel.« Sie suchten al umbhar, aber sie funden nichts und begunden, das Schmaltz in ein Kessel zu thun und schmieren. Je dieffer sie kamen, je das ubeler stanck. Zu dem letsten wurden sie das innen und liessen die Arbeit ston. Der Meister mit den Gesellen lieffen, Ulenspiegeln zu suchen unnd ihn zu beheben umb den Schaden. Aber er was mit dem Gelt hinweg und sol noch widerkumen nach den andern zwölff Guldin. Also must der Schuchmacher sein Dunen mit dem Talch uff die Schelmengrub füren und kam zu zwifaltigem Schaden.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 133-136.
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