Die 77. Historie sagt, wie Ulenspiegel in ein Hauß schiß und bließ den Gstanck durch die Wand in ein Ürtin, die ihn nit leiden mochten.

[220] Hefftig wandert Ulenspiegel und kam gen Nürnberg und waz da 14 Tage. Und in der Herberg, da er in was, da wont ein frum Man, der was reich und gieng gern in die Kirchen unnd vermöcht sich nit wol der Spilleutt. Wa die waren oder kamen, da er was, da gieng er davon. Da hett derselb Mann ein Wonheit, das er des Jares eins sein Nachburen[221] zu Gast het unnd thet ihn den gütlich mit Kost und mit Wein und mit dem besten Getränck. Und in welchem Huß seiner Nachburen, den er zu Gast pflegt zu haben, het er ein frembden Gast, Kouflüt, zwen oder drei, die lud er allzeit mit und waren ihm wilkumen. Da kam die Zeit, das jederman die Gäst wolt haben. Da waz Ulenspiegel in seins Nachburen Hus zu dem nächsten, da er zu Herberg waz. Und diser Man lud seinen Nachburen, als er für ein Gewonheit het, und ihr Gäst, die sie hetten von frumen Leüten. Sunder Ulenspiegel lud er nit, den sahe er für ein Gouckler und Spilman, die pflag er nit zu laden. Da nun dise Nachburen zu disem frömden Man zu Gast in sein Hus giengen, mit den frumen Leüten, die er auch geladen het und in ihren Hüßern zu Hirberg waren, da gieng der Wirt ouch, bei dem Ulenspiegel zu Herberg waz, mit seinen Gästen, die auch da gebetten waren, zu Gast. Und der Wirt sagt zu Ulenspiegel, wie ihn der reich Man für ein Gauckeler ansehe, darumb hät er ihn nit zu Gast geladen. Ulenspiegel waz des zufriden und gedacht: »Bin ich ein Gouckeler, so sol ich ihm Goucklerei beweisen«, und ihn ickelt, daz ihn der Man so verschmähet. Da waz es bald nach Sant-Martins-Tag, da also die Gastung geschahe und daz der Wirt mit seinen Gästen in einem kostlichen Gemach saß, da er ihn daz Mal gab. Und daz Gmach waz hart an der Want, da Ulenspiegel zu Herberg waz. Als sie nun sassen und waren uff das allerbest guter Ding, so kumpt Ulenspiegel und bort ein Loch durch die Wand, die in das Gemach gieng, da die Gäst in sassen, und nimpt einen Blaßbalck und macht da seins Trecks ein grossen Huffen und bließ mit dem Blaßbalck in das Loch, das er gebort het, in das Gemach, und stanck so ubel, daz niemans in dem Gemach bleiben mocht. Je einer sah uff den andern. Der ein meint, der ander schmeckt, der ander meint, der dritt schmeckt also. Und hort nit uff mit dem Blaßbalck, so das[222] die Gäst uff müsten ston und kunten vor dem Gestanck nit länger bleiben. Sie suchten das under den Bäncken, sie kerten da in allen Winckeln, das halff nit. Nieman wüßt, wa das herkam, das sich jederman zu seinem Huß fieget. Da kam Ulenspiegels Wirt ingon, und dem was von dem Gestanck so ubel worden, das er brach alles von ihm, das er im Leib het, und sagt, wie ubel es in dem Gemach von Menschentreck hät gestuncken. Ulenspiegel ward lachen und sagt: »Wolt mich der reich Man nit zu Gast laden und mir günnen seiner Kost? Ich bin ihm doch vil günstiger getrüwer wann er mir, ich gun ihm doch wol meiner Kost. Wär ich da gewesen, so hät es nit so ubel gestuncken!« Und er recht von Stund an mit seinem Wirt und reit hinweg, wan ihm was leid, das es möcht ußkumen. Also merckt der Wirt wol an seinen Worten, das er von dem Gestanck etwaz wüßt, und kund daz doch nit begreiffen, wie er doch das hät zugericht. Das verwundert ihn ser. Als nun Ulenspiegel zu der Stat uß was, da gat der Wirt umbsuchen in dem Huß und find disen Blaßbalck, der gar wol was beschissen, unnd find auch das Loch, daz er in seins Nachbueren Huß durch die Wand gebort het. Von Stund kumpt er daruff unnd holt seinen Nachburen darzu und sagt ihm dise Ding, wie Ulenspiegel diß Ding gethon hät und sein Wort geweßen wären. Der reich Man sprach: »Lieber Nachbuer, der Doren und Spillüt würt niemant gebessert, darumb wil ich deren nit mer in meinem Huß haben. Ist mir nun dise Büberei also geschehen Euwers Huß halben, da kan ich nüt zu, ich sah Euwern Gast an für einen Schalck, das laß ich an das Wortzeichen. So ist noch besser von Euwerm Huß dan von meinem Huß, villeicht hät er mir schädlicher Ding gethon.« Ulenspiegels Wirt sagt: »Lieber Wirt, Ihr haben wol gehört und ist auch also: für ein Schalck sol man zwei Liecht setzen, und das muß ich wol thun, dan ich muß[223] allerlei halten. Einen Schalck muß man halten mit den Besten, so jemant kumpt.« Damit giengen sie voneinander. Ulenspiegel was da gewesen und kam nit wider.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 220-224.
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