Die drit Historie sagt, wie Claus Ulenspiegel von Knetlingen hieweg zoch an die Sal, das Wasser, da sein Muter her war bürtig. Da starb er. Unnd wie sein Sun Dil uff dem Seil lernt gon.

[13] Ulenspiegels Muter wonet in einem Huß, und der Hoff gieng an das Wasser, die Sal genant. Und Ulenspiegel begund uff dem Seil ze gon. Und daz trib er uff der Bünin des Huß, wenn er daz vor der Muter nit möcht zuwegen bringen, dann sie wolt die Thorheit nit von ihm leiden, daz er sich dummelte also uff dem Seil, und treuwet, ihm darum ze schlagen. Und einsmals erwust sie ihn uff dem Seil und[14] nam ein grossen Knüttel und wolt ihn von dem Seil schlahen. Da entran er ihr zu einem Fenster uß und lieff, oben uff das Tach ze sitzen, das sie ihn nit erreichen kunt. Das wärt so iang mit ihm, bis das er ein wenig älter ward. Da fienge er wider an, sich ze dumlen uff dem Seil, und zoch das Seil oben von seiner Muter Hinderhuß über die Sal in ein ander Huß dargegen uber. Also vil junge und alte Lüt, die warde innen des Seils, das Ulenspiegel sich daruff dumlen wolt. Die kamen dar und wolten ihn daruff sehen gon, und sie wunderten sich ser, was er doch für ein seltzam Spil wolt haben oder was wunderlichen Spils er doch treiben wolte. Und als nun Ulenspiegel uff dem Seil saß und sein Dumlen am besten was, wie es sein Muter innen ward und kunt ihm nit vil darumb thun; doch so schleich sie heimlich hinden in das Hauß uff die Bün, da das Seil gebunden was, und schneid das Seil entzwei. Da fiel Ulenspiegel, ihr Sun, in das Wasser mit grossem Spot und badet redlichen in der Sal. Da warden die Bauren gar ser lachen, und die Jungen rafften ihm fast nach: »He, he! Bad nur wol uß! Du hast lang nach dem Bad gerungen.« Das verdroß Ulenspiegel ser und acht des Bades nit, sunder des Spottens und Rüffens von den jungen Buben und gedacht doch, wie er ihn das wider vergelten und sie bezalen wolt. Und also badete er uß, so beste er möchte.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 13-15.
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