Leben und Tod König Richards des Dritten

[392] Noch das grausamste und verhaßteste Stück, man wird es, ob Gott will, auf keiner Bühne spielen und das Ungeheuer Richard vor gutartigen Menschen aufführen. Dank dir, Übersetzer, daß du es nicht in Prosa wie die andern geschrieben, nicht in der mir sonst so lieben, rührenden Schreibart, sonst hätten mich einige Szenen so sehr angegriffen, daß meiner Gesundheit nachteilig gewesen wäre.

Du Bluthund Richard! Kein Wunder, daß sie dich immer Krummbuckel genannt haben. Ich glaube, deine Seele war eben so krumm und bucklicht als dein Körper, wann du nicht schon im Mutterleibe für den Teufel[392] angezeichnet warest; oder zeigst du nicht selbst in allen deinen Reden solche Gesinnungen, die sonst dem Teufel zugeschrieben werden. O du Unglückskind, überall graute dir vor keiner Tat, was du nur mit Manier tun konntest. Aber du mußtest doch noch die für dich viel zu gute Welt scheuchen, ob du schon das mörderische Handwerk von deinem Meister perfekt gelernt. Du konntest mit kaltem Blute deine Brüder, Brüderskinder, Weib, Vettern und deine besten Freunde morden. Und welch ein Meister im Heucheln! Da zwischen zwei Priestern in der Andacht dich vom Volk zum König bitten lassen und so demütig tun, so heilig abbitten, wo du dir den Weg zum Thron schon durch die greulichsten Morde gebahnt. O William, ich glaubte nicht, daß ein Mensch auf Erden sei, der ein solches Ungeheur mit solchen Zügen malen könnte, daß man einen Nero, einen Domitian so reden lassen, solche Gesinnungen selbst an den Tag geben lassen könnte, und doch müssen sie auch so gedacht haben. Richard mag ein treffliches Muster von allen Bösewichtern sein. König Eduard war doch noch zehn Teile mehr Mensch als dieser angebrannte Richard. Welch ein rührender Auftritt, wo da Clarence, Richards Bruder in der Gefangenschaft und sein Bewacher Brackenbury auftreten und Clarence seine schreckenden Träume erzählt, und da die zwei Mörder kommen und so miteinander und mit ihrem Gewissen moralisieren: o anders, treffender konnts nicht sein, dergleichen Kerl müssen so denken. O welchen Herzstoß, den edlen Clarence so vor dem Tode zittern und endlich durchbohren sehn und hernach seine[393] Gemahlin und seine Kinder über seinen Tod sprechen und heulen hören. O da muß das Herz wie Wachs schmelzen, und da gings immer ans Morden. Wie bedauert man den guten Hastings, der dem Teufel Richard erst Erdbeeren aus seinem Garten holen ließ und dafür schnell seinen Kopf hergeben mußte. Ratcliff, Rivers, Gray, Vaughan wurden auch geschlachtet. Buckingham war des Teufels vornehmstes Werkzeug, daß die ser Tyrann König wurde; aber er bekam seinen Lohn gut. Ihm war die Grafschaft Hereford versprochen, aber mußte zuletzt seinen Kopf als Verräter hergeben. Wieder so eine erbärmliche Szene, wo der Mörder Tyrrel die zwei jungen, zarten Prinzen im Tower auf des Königs Befehl ermordet. O man möchte diese Bande von Lotterbuben samt ihrem Haupt auf der Stelle in tausend Stücke zerhauen und das Gehäck wilden Sauen vorwerfen. Genug von diesem eingefleischten Teufel Richard, es brauchte ein Mann, so eine Pestie zu schildern. Noch dies: im Schlachtfeld, des Nachts, erschienen die Geister all der Ermordeten Richard und seiner Gegenpart, dem edlen Richmond, diesem sangen sie Glück und Sieg, jenem Rache, Tod und Untergang: gewiß so natürlich, daß diese Träume nicht ausbleiben konnten. Zuletzt wird man fast böse, daß Richard noch so gut von der Welt kommt. Margaretha und andere Weiber, Anna, Gray u.s.f. kommen auch wieder aufs Theater, fluchen und schmälen nach der meisten Weiber Art.[394]

Quelle:
Leben und Schriften Ulrich Bräkers, des Armen Mannes im Tockenburg. Bd. 1–3, Band 3, Basel 1945, S. 392-395.
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