XX. Von Gespenstern.

[263] Es gibt viel Leut, welche alles, was man nur von Gespenstern schreibt, für Schatten-Werck, Mährlein und falsche Einbildungen halten wollen, und wollen durchaus nichts von solchen halten noch glauben; derohalber vonnöthen, beweißlich darzustellen, daß die Gespenster wahrhafftig offt, entweder dem Gesicht, oder Gehör oder Gefühl nach, sich spühren lassen.1 Wiewohl auch nicht zu widersprechen, daß bey vielen die Einbildungs-Krafft, Furcht, Schröcken und Bestürtzung erwecken kan, indem solche offt vermeinen, sie sehen etwas, da es doch an ihm selbst nichts ist, dannenhero man auch wunderselten vernehmen wird, daß behertzte Leut ein Gespenst gesehen; Ein[263] Trunckener kan leicht durch sein verderbtes Gesicht mit einer irrigen Einbildung betrogen werden: denn der überflüßige Wein und Brandwein kan ihm leicht eine falsche Einbildung machen, als ober da oder dort Gesichter und Gespenster sehe: gleichem Betrug ist auch das Ohr unterworffen, sonderlich bey denen, die Schwachheit am Gehör haben; dann bey veränderlicher Lufft und Wetter krachet offt etwas am Getäffel an der Wand, Banck, oder Tisch, wovon solche Leut ihnen einbilden, sie hätten etwas gehöret. Nichtweniger kan das Gefühl und Geschmack ebenfalls irren und betrogen werden: vielfältigmahl werden auch durch Leichtfertigkeit und Betrug falsche Gespenster angedichtet, welche hernach Anleitung geben, daß viele von den wahrhafften Gespenstern weder etwas wissen noch glauben wollen.

Die Römisch-Catholische halten die Gespenster für Englische, teufflische oder menschliche Geister, welches entweder selige, oder im Feg-Feuer noch begriffene oder verdammte Seelen eines Verstorbenen seyn, die Protestirende oder sogenannte Reformirte werden den Nahmen eines Gespenstes den Heil. Engeln nicht leichtlich zueignen, auch zum Theil wohl gantz und gar allen Erscheinungen, Gespenstern und Polter-Geistern widersprechen wollen: von den West-Indianern[264] werden solche für theils böse, theils gute Götte gehalten.2 Bey den alten Heyden aber werden solche entweder für den guten oder bösen Genium jewedes Menschen oder jeglicher Nation angesehen.

Ob nun wohl von den Gespenstern, derer Natur und Wesen mancherley Meynungen fallen, so dienet doch gleichwohl zur Vergewisserung, daß schier kein Land unter der Sonnen, welches nicht von Gespenstern zu sagen wüste: und falllet gemeiniglich der allgemeine Schluß dahinaus, daß es würckliche Erscheinungen gäbe, ohnangesehen davon nicht einerley Urtheil gefället wird.3 Und haben gar viel alte Heyden viele denckwürdige Sachen davon ihren Schrifften einverleibet; auch viel gelehrte und verständige Christen, Römisch-Catholischer, Evangelischer und Reformirter Religion gar viel Händel, so von Gespenstern verübet, durch ihre Feder abgesasset, welche allhier anzuführen für unnöthig achte: Gesetzt auch, daß solches nicht geschehen wäre, so können doch solche Gespenst-Vernichter und Widersprecher durch die Feder des Heil. Geistes einer unverschämten Eigensinnigkeit überführet werden. Dann dieselbe schreibt mit hellen und klaren Worten: Die Jünger des HErrn hätten gemeinet, daß sie ein Gespenst seyen: ob wohl die Widersprecher vorwenden, diß gelte für keinen Beweiß, weils es sich die[265] Jünger nur so eingebildet; aber welche eine kahle, liederliche und nichtige Ausrede ist doch dieses, wann nur bloß allein bey Matthäo am 14. stünde, die Jünger hätten gesagt: Es ist ein Gespenst; so möchte solch eiteles Fürgeben noch ein wenig gefärbter heraus kommen; aber St. Marcus gibt es also: Sie meyneten / es wäre ein Gespenst und schryen; welche Rede Marci 6. V. 49. unwiedertreiblich zu verstehen gibt, es gebe Gespenster. Der HErr Christus nimmet auch den Jüngern solchen Wahn, als ob sie würcklich anjetzo nicht ihn, sondern einen Geist oder Gespenst erblickten, mit einem solchen Beweiß, der zugleich bestättiget, daß jemahlen Geister, (oder Gespenster) würcklich erschienen, indem er sagt: Ein Geist hat nicht Fleisch und Beine / wie ihr sehet / daß ich habe.

Und wann alle Gespenster eine getichtete falsche Einbildung wären, so müste die Göttliche Wahrheit gar sehr fehlen, indem sie durch den Mund Esaia weissaget: Feld-Geister werden da hüpffen / Es. 13. V. 21. Ein Feld-Teuffel wird dem andern begegnen / der Kobald wird auch daselbst herbergen und seine Ruhe finden / Es. 34. V. 14. Moyses beschuldiget die abtrünnige Israeliten Levit. 17. V. 17. & Deut. 32 V. 17. daß sie[266] den Feld-Teuffeln geopffert haben.4 So auch werden solche Leute, die den Gespenstern widersprechen, zu allen Zeiten widerleget durch die peinliche Bekänntnisse der Hexen: sintemahl dieselbe sämtlich berichten, wie und welchergestalt ihnen der Teuffel erschienen sey.

Daß wahrhafftig Gespenster seyn und geglaubet werden müssen, bestättiget uns die monathliche Unterredung Mens. Julii 1689. in folgendem: Die Erfahrung hat empfunden Martinus Schookius, weyland Professor honorar. zu Franckfurt an der Oder.5 Dieser gelehrte Mann kam einstens auf der Reise zu N. in ein Wirths-Hauß, konte aber, weil dasselbe schon mit Leuten angefüllet war, kein ander Nacht-Quartier bekommen, als in der mittlern Stuben, darin niemand zu übernachten verlangete, weil es, des Wirths eigener Aussage nach, allzu unsicher darinnen war. Schookius, seines Grund-Schatzes eingedenck, nehmlich, daß keine Gespenster zu glauben, befahl dessen ungeachtet, man solte ihm, als der sich nicht fürchtete, nur das Bett allda aufmachen, und legete sich, nach eingenommener Mahlzeit, zur Ruhe; aber um Mitternacht gehet der Lermen an, und kommt jemand zur Stube hinein gepoltert, marchiret fein gerade in die Kammer, nach dem Bett zu, der gute ehrliche Schookius vergaß hierüber aller seiner[267] Hertzhafftigkeit, erschrack recht von Hertzen, und verkroch sich vor Angst, mit allen seinen Principiis, unter die Decke. Das Gespenst aber, welches in einem alten Deutschen Kleide, und in Gestalt eines für diesem erstochenen Soldatens aufzog, wolte ihm seine Dubia recht aus dem Grunde solviren, hob derohalben die Decke auf, nahm Schookium heraus, stieß ihn unter das Bett, und legete sich hinein an seine Stelle; nach einer Stunde aber stund es auf, und trollete sich wieder davon. Indessen befande sich Schookius in tausend Aengsten, und lernete beten. Als aber kein Gespenst sich mehr merckenließ, kroch er hervor, legete seine Kleider an, ging hinunter, und bezahlte den Wirth; dieser, der seine Veränderung wohl merckete, fragete, ob er kein Gespenst gespüret hätte? Er antwortete: Wer weiß, wer mir den Schabernack gethan. Doch ist er nachmahls nicht mehr so verwegen gewesen.

Es stellen sich aber die Gespenster in vielerley Gestalt vor, und regieren gemeiniglich an solchen Orten, da Mord und Todtschlag geschehen, da groß Blutbad vorgegangen, oder etwa Leute sind umgebracht worden. Sie lassen sich nicht allein an einsamen Orten in Wäldern, Feldern, Wassern, sondern auch wohl in GOttes-Häusern spüren: wie sie denn gemeiniglich in der Mitternacht, oder Mittags-Stunden, auch zu heiligen Zeiten, auch in heiligen Zeiten, ihr Gepolter[268] und Spückerey gern treiben, und trachten durch ihre Erscheinung und Gepolter den Menschen zu erschröcken: ja es hat der Satan so vielerley Arten und List, dem Menschen zu schaden, daß solche allhier unmöglich zu beschreiben seyn. Und alles verhängt GOtt, den Frommen zur Bekehrung und Ubung ihres Glaubens und Gebets: auch zu mehrerer Fürchtigkeit in ihrem Wandel; denen Gottlosen aber geschicht es zur Straffe, und sonderlich den Atheisten, entweder zum Nachdencken und Erschröckung, oder zukünfftiger stärckerer Uberweisung ihres ruchlosen Wandels.


Zu mehrerer Bekräfftigung, daß es wahrhafftig Gespenster gibt, sollen dem geneigten Leser noch einige gründliche Historien allhier angeführet werden.6 G.P. Harßdörffer im Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte hist. ult. schreibt, wie ein Gespenst, welches einem Frantzösischen Edelmann, Robert genannt, in Weltschland in der Nacht, als er irre geritten, erschienen, und ihn in ein Wirths-Hauß gewiesen, in welchem der Wirth und Gäste Mördern und Straffen-Räubern gleich gesehen, deßwegen sich Robert zum Feuer gesetzt, seinen Degen in acht genommen, seine Pistol fertig gehalten, und in einem Buch gelesen; zur Mitternacht kommt das Gespenst wieder, und weiset ihm, er solte folgen; welches er auch[269] gethan, und in einen Garten zu einem Brunnen geführet worden, allda das Gespenst verschwunden; er will nicht wieder zurück ins Hauß kehren, sondern erwartet mit grossem Verlangen des Tages, mit welches Morgenrothe er wieder verreiset; und der Obrigkeit des Orts darbey anzeiget, was ihm begegnet: da dann sobald nachgeforschet, und ein Kauffmann, der neulich ermordet, in dem Brunnen gefunden worden: deßwegen etliche von den Thätern ergriffen, und ihre gebührende Straffe anstehen musten. Zwey Tage hernach erscheinet das Gespenst Roberto wiederum, und verspricht ihm, drey Tage vor seinem Tode ihn zu warnen, weil er gethan, was recht gewesen: verschwindet darnach, und laßt ihn in tieffen Gedancken nachsinnen, ob es ein guter oder böser Geist. Nachdem er wieder in Franckreich gekehret, sich verheurathet, und in allem Wohlergehen lebte, kommt das Gespenst wiederum und sagete zu ihm:7 Er solte sein Hauß beschicken, sich zum Tod bereiten, in dreyen Tagen würde er die Welt verlassen müssen. Robert läßt diese Erinnerung nicht ausser Acht, und schickt sich zum letzten Abschied, wiewohl er nach und nach an der Erfolgung zweiffelte, weil die 3. Tage verflossen, und er sich bey guter Gesundheit und aller Sicherheit befande. Als die Nacht der drey bestimmten Tage zu Ende, fängt der Hund, welchen [270] Robert in seiner Kammer schlaffen lassen, er springt aus dem Bett, ergreifft den Degen, eröffnet die Kammer und will das Gesind auffwecken, indem wird er auf der Stiegen durch und durch gestochen, daß ihm der Degen im Leib stecken bleibt, und der Thäter über seinen halb-todten Leichnam davon springet. Wer dieser Meuchel-Mörder gewesen, konte niemand wissen, allein wurde der Degen erkannt, daß er Sarmont, einem seiner besten Freunde, zuständig, der sich damahls in Holland aufgehalten. Robert verzeihet seinem Mörder von Hertzen, und befiehlt, man solte deswegen keine Nachfrage halten; und verstirbt also folgenden Tages sehr Christlich. Sarmont, des Verstorbenen Freund, hatte um Nerinam vor Robert gebuhlet, und war in dem Hause, vor seinem Verreisen nach Niederland, sehr wohl bekannt; dahero nahme Falsa, die Magd im Hause, Ursach auszugeben, Sarmont hatte ihren Herrn, den Robert, umgebracht, und hielte sich heimlich in der Gegend auf, wie der Degen beglaubt, oder hätte ihn verrätherischer Weise ermorden lassen, durch einen andern, Nerinam, die hinterlassene Wittib, zu freyen. Diese Verläumbdung wird hernach offenbar, als Falsa sich hoch schwangers Leibs und in Kinds-Nöthen befand, daß Morin, Sarmonts[271] Diener, welchen er wehrhafft gemachet, und mit seinem Degen beschenckt, nicht allein Vater zu ihrem Kind, sonder auch Roberts Mörder wäre: allermassen auch besagter Morin solche Wahrheit durch seine Flucht bestättiget.

Noch eine Geschicht von einem Geist aus besagtem Autore lib. citat. part. 3. Histor. 77. will allhier anführen:8 Zu Stockholm hat sich ein Metzger in eine schöne Dienst-Magd verliebt, welche aber in seinen sündlichen Willen nicht einwilligen wollen, es sterbe dann sein Weib, und daß er sie eheliche.9 Weil ihm nun die Alte nicht nach seinem Willen sterben wolte, und eben die Pest des Orts grassirt, hat er einen Sarg machen lassen, und des Nachts seinen Weib mit dem Schlacht-Beil ihr Haupt zerspaltet, sie in den Sarg geleget und vorgegeben, sie wäre an der Pest gestorben. Nach diesem hat er sich die Magd trauen lassen, und ist diese Mordthat niemand als ihm, dem Thäter, bewust gewesen. Worauf ein erschrecklich Gespenst im Hauß grosse Unruhe gemachet, daß er genöthiget worden, in ein ander Hauß zu ziehen, und dieses ledig stehen zu lassen. Es begibt sich aber, daß ein Reichs-Tag zu Stockholm ausgeschrieben worden, dahin auch eine adeliche Wittib verreiset, ihre Rechts-Sache daselbst fortzusetzen; als solche aber, wegen grosser Menge des Volcks, keine Herberg[272] finden konte, ist sie, ob man ihr schon die Beschaffenheit des Gespenstes in solchem Hause angedeutet, dannoch in selbigem eingekehret, mit Vorwenden, sie scheuete sich nicht, sondern vertrauete ihrem GOtt. Zu Mitternacht ist das Gespenst mit grossem Gepolter in die Stube kommen, worüber die Wittib sich mit dem Gesicht zur Wand gekehret und zu GOtt gebetet, bis das Gespenst verschwunden, welches sie ein wenig ruckwärts gesehen, und eine Weibs-Gestalt mit zerspaltenem Haupt erblicket. Dieweil ihr nun kein Leyd wiederfahren, ist sie die folgende Nacht, als das Gespenst wieder erschienen, behertzter gewesen, und hat es nach ihrem Gebet also angeredet: Alle gute Geister loben GOtt den HErrn. Worauf das Gespenst in der vorigen Gestalt ihr geantwörtet: Ich bin ein guter Geist, und lobe GOtt den HErrn. Als nun die Adeliche Wittib hierauf gefraget, warum dann dieser Geist sich in diesem wüsten Hause aufhalte? hat, nach Bericht der begangenen Mordthat, der Geist zu verstehen gegeben, der Leib könte nicht ruhen, bis ihr Mann von der Obrigkeit zu verdienter Straff gezogen würde. Sobald der Tag angebrochen, hat die Wittib der Obrigkeit alles angedeutet, welche das Grab eröffnet, und das zerspaltene Haupt in Augenschein genommen, darauf den Morder zur Hafft bringen lassen, welcher nach gestandener[273] That zu gebührender Straff gezogen worden.

Anno 1686. den 8. Junii, wurde aus Basel folgende Begebenheit geschrieben: Als zu itzt-benannter Zeit zwey Edel-Leute in Bünthen, auf dem Wege nach Chur, an einem Busch ein kleines Kind erblickt, welches in Leinen gewickelt dargelegen, habe der eine Edelmann, aus Mitleiden, seinem Diener befohlen abzusteigen, und das Kind aufzuheben, auf daß man es ins nächste Dorff mitnehmen könte.10 Wie nun der Diener abgestiegen, das Kind angefasset und aufheben wollen, hat er es nicht von der Erden erheben können: worüber beyde Edel-Leute sich höchstens verwundern, und dem andern Diener auch befohlen, er solte gleichfalls absitzen, und dem ersten helffen, aber beyde haben mit gesammter Hand nicht so mächtig werden können, nur einmahl von der Stelle zu rucken. Nachdem solche aber lange genug daran gehoben und gezogen, hat das Kind angefangen zu reden, und gesaget, sie solten es nur liegen lassen, dann sie würden es doch nicht von der Erden wegbringen können. Unterdessen wolle es ihnen nur so viel anzeigen, daß es anjetzo ein köstliches und fruchtbares Jahr geben, aber sehr wenig Leute solches erleben würden; und sobald es solche Worte ausgeredet, sey es verschwunden. Worauf beyde von Adel in höchster Bestürtzung fortgerritten, es zu Chur dem Rath angezeiget,[274] und alles nebst ihren Dienern eydlich deponiret; dahero man der Gewißheit solcher Begebniß genugsam versichert ist. Was solches nun für ein Gespenst gewesen, will ich nicht zu entscheiden mich unterstehen.

Im Jahr 1644. am 18. Aug. zog Churfürst / Johann Georg der Erste / die Stadt Chemnitz vorbey; als seine Leut in einem Gehöltze selbiger Gegend ein wildes Weiblein fiengen, so nur einer Ellen lang, sonst aber recht menschlich gestaltet war.11 Ihr Angesicht, Hände und Füsse waren gantz glatt: der übrige Leib aber aller rauch; selbiges Weiblein fieng an zu reden, und sagete: Ich verkündige und bringe den Frieden im Lande. Der Churfürst befahl, man solte sie wieder lauffen lassen; weil vor etwa 25. Jahren auch ein Männlein in gleicher Gestalt gefangen worden, welches den Unfrieden und Krieg verkündiget. Vid. Gottfr. Schultzens Chronik / im 1644. Jahr, worüber auch viel speculirt worden, ob solches ein Teuffels-Gespenst oder guter Engel gewesen.

Wierus lib. 2. cap. 22. de Præstig. schreibt von einem schädlichen und schalckhafften Geist, welcher sich in einem Dorff am Rhein finden lassen:12 Derselbe machete viel falsche Miracul; und den Gaffern mancherley Possen und Spiel und Augen-betrügliche Blendungen vor; daran solche[275] Zuschauer, welche seine List nicht merckesten, ihre Lust un Kurtzweil hatten, und also manche Stunde, die sie hätten GOtt in ihrem Beruff zueigenen sollen, diesem Ertz-Betrüger zuwendeten.13 Hierdurch hat er je länger je grösser Gewält erlanget, den Einwohnern allerley Beschwerung und Unlust zuzufügen, wie dann alle, die sich ob diesem Wunderthäter ergetzten, am Ende mit einem Bubenstück von ihm bezahlt worden: Anfangs ließ sich der Bößwicht von niemnd sehen; warff aber mit der Zeit nach den Leuten mit Steinen, und klopffte an die Thüren. Bald aber hernach verbarg sich dieser höllische Geist unter menschliche Gestalt, und beantwortete die ihm aufgegebene Fragen; entdeckte auch bald diesen, bald jenen Diebstahl, nebst andern Unthaten: beschuldigte aber auch offt manchen Unschuldigen, und warff also viel Leuten eine Klette an, woraus grosser Zwietracht und Feindschafft entstunde: Er fieng gleichfalls nach und nach an, Hütten und Scheuren anzuzünden, und manche gar abzubrennen.

Einen gewissen Mann aber setzte er insonderheit hefftig zu, wo derselbe gieng und stunde, stellete er sich ihm an die Seiten, und brannte ihm sein Hauß ab. Er verhetzte wider ihn die gantze Nachtbarschafft dermassen, daß er seines Lebens nicht sicher genug war; indeme der Ertz-Lügner und Verleumbder ihm auftichtete, um seiner[276] vielen Ubelthaten willen wäre der Ort verflucht und verschreyt. Also muste der arme Mann unter freyem Himmel bleiben; dann er wurde von jederman gescheuet und geneidet, als ein Mensch, an dem lauter Flüche klebeten, und der den bösen Geistern zur Plage übergeben wäre: weßwegen er nirgend eingenommen noch beherberget ward. Wolte nun der Mann seines Lebens in der Nachtbarschafft sicher seyn, so muste er ein glüend Eisen in den Händen tragen; und weil ihn solches nicht verletzte, wurde er endlich ausser Verdacht gelassen. Nichts desto weniger hat ihm dannoch der vermaledeyete Geist auf dem Acker sein Getrayd angezündet; weil dann von Tag zu Tage dieser Verfolgete noch, verhasseter, und für ein allgemeines Scheusal gehalten, brachte man zuletzt die Sache für den Bischoff zu Mayntz; welcher hierauf etliche Priester abfertigte, die das Feld daherum mit Weyh-Wasser und geweyhetem Saltz besprengen solten. Darauf gab der Bößwicht anfänglich nicht viel, sondern warff etliche mit Steinen, daß sie bluteten. Als man aber mit dem Gebet und Beschwerungen angehalten, hat er endlich aufgehöret zu toben, und hat sich weiter nicht mehr hören oder sehen lassen: Es würde aber ungezweiffelt dieser Höllen-Bube keine Macht bekommen haben, so viel Wesens anzurichten, wann sich die fürwitzige Leut nicht mit ihm ins Gespräch[277] eingelassen hätten: denn den verdammten Geist soll man viel zu gering achten, sich mit ihm in ein Gespräch einzulassen.

Fußnoten

1 Gespenster wollen viel nicht glauben.


2 Was einige von Gespenstern halten.


3 Aller Orten weiß man von Gespenstern zu sagen.


4 Gespenster werden erwiesen.


5 Einer / so kein Gespenst glaubt / hat es erfahren.


6 I. Geschicht.

Gespenst weiset einen Irrenden zurecht.


7 Zeiget ihm seine Todes-Stunde an.


8 II. Geschicht.


9 Gespenst zeiget eine Mordthat an.


10 III. Geschicht.

Gespenst läßt sich als ein Kind am Wege finden.


11 IV. Geschicht.

Wild Weiblein gefangen.


12 V. Geschicht.


13 Gespenst stellt lose Händel an.


1

Gespenster wollen viel nicht glauben.

2

Was einige von Gespenstern halten.

3

Aller Orten weiß man von Gespenstern zu sagen.

4

Gespenster werden erwiesen.

5

Einer / so kein Gespenst glaubt / hat es erfahren.

6

I. Geschicht.

Gespenst weiset einen Irrenden zurecht.

7

Zeiget ihm seine Todes-Stunde an.

8

II. Geschicht.

9

Gespenst zeiget eine Mordthat an.

10

III. Geschicht.

Gespenst läßt sich als ein Kind am Wege finden.

11

IV. Geschicht.

Wild Weiblein gefangen.

12

V. Geschicht.

13

Gespenst stellt lose Händel an.

Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 263-278.
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