XLI. Vom Wunder-Geschöpff Gottes im Feuer.

[637] Wer die Beschaffenheit und Eigenschafft des Feuers beobachtet, der wird sich verwundern und auch gestehen müssen, daß es eines von den vornehmsten leblosen Geschöpfen GOttes sey, wiewohl dessen verzehrende Gewalt manchen betrügen solte, zu vermeynen, daß solches ein Leben bey sich habe; dieweil es aber mit seiner leichten Flamme allzeit über sich steiget, so scheinet es mehr himmlisch, als irdisch, zu seyn: weswegen es auch dem allmächtigen GOtt offt gefallen wollen, sein heilig / rein und unsichtbares Wesen durch das Feuer abzubilden / und sich darinnen zu offenbaren / wie wir dessen aus Heil. Schrifft genugsam unterwiesen werden.1 Wie nun die Heyden und derselben Lehr-Meister, der Satan, in vielen Dingen den Göttlichen Wundern nachäffen wollen, und seinem Anhang ein ewiges Feuer zu halten anbefohlen, wie von den Persianern zu lesen, daß sie solchem Göttliche Ehre angethan, und wann sie in Streit gezogen, sich solches vorher tragen lassen. Die Vestalischen Jungfrauen[638] haben auch ein heiliges Feuer verwahret, und niemahl mit Willen erlöschen lassen. Vid. Alex. ab Alexandro in Genialibus Diebus lib. 5. cap. 12. Solch Vestalische Feuer bey den Römern brannte auf keinem Altar oder Feuer-Herd, sonder hing in der Höhe in Vasculis quibusdam sictilibus, wie Valerius Maximus lehret. So hatten auch viel aberglaubige Leute ihr heilig Feuer in ihren Häusern, das war das Ignis Larum familiarum, der Hauß-Götzen / und musten dasselbe in Atrio, oder dem Vor-Hause, die Janitores, oder Thür-Hüter, in Acht nehmen.

Eine sonderliche Begebenheit erzehlt Socrates in seiner Kirchen-Historie / lib. 7. c. 8. da er gedencket, wie die Christliche Religion sich auch in Persien ausgebreitet; denn dazumahl stunden die Persianer mit den Römern in gutem Vernehmen, daß sie offt einander sonderliche Legationes und Gesandtschafften zuschicketen: da trug sichs dann zu, daß einsten Maruthas, der Bischoff in Mesopotanien / als ein Gesandter von dem Römischen Kayser an den König in Persien, den Isdigerdem, abgeschicket wurde, den empfing der König gar freundlich, und weil er sahe, was er für ein andächtiger, gottsfürchtiger und tugendhaffter Mann war, hielt er ihn in grossen Ehren, achtete ihn für einen recht[639] Göttlichen Menschen, und folgete in vielem seinem Einrathen.2 Das verdroß die Persianischen Götzen-Pfaffen und Zauberer, daß sie nicht mehr so viel bey dem König galten, als zuvor, weil sie ihm sein stetes Kopffwehe nicht heilen konten / das doch hingegen Maruthas durch ein andächtig Gebet gethan: derowegen besorgeten sie sich, es möchte der König endlich gar ihren Aberglauben fahren lassen, und die Christliche Religion annehmen, bedachten sich auch auf allerhand List und Betrug, daß sie den König davon abwendig machen möchten: Weil nun die Persianer das Feuer als einen GOtt verehreten, und der König auch auf seinem Schlosse in einem absonderlichen Gemach ein immer-währendes Feuer brennen hatte, das er pflegete anzubeten, erdachten sie endlich diesen heimlichen Betrug: Sie gruben unter der Erden einen Gang bis unter das immer-währende Feuer des Königs, und versteckten dahin einen Menschen, der gleichsam aus dem Feuer, als ob dasselbe reden könte, den König muste anschreyen: Du / König / must aus deinem Reich verstossen werden / darum / weil du den Christen-Priester für einen Göttlichen Mann hältest. Darüber erschrack der König, und beschloß, ob er gleich sonst viel auf den Marutham hielt, ihn doch wieder von sich zu lassen. GOtt der HErr aber offenbahrete[640] dem Marrhutæ in seinem Gebet, wie es mit dieser betrügerischen Stimme zugieng; deßwegen er dem König zuredete, er solte doch nicht glauben, daß das Feuer reden könte, sondern es wäre ein grosser Betrug darhinter: Wann er die Stimme noch einmahl hörete, solte er nur bey dem Feuer in die Erde graben lassen, so würde der Betrug bald offenbar werden. Als nun der König abermahl die Stimme aus dem Feuer hörete, ließ er bedeutetermassen bey dem Feuer eingraben, da wurde der Betrüger hervor gezogen, welcher bekennete, wie ihn die Götzen-Pfaffen dahin versteckt hätten / welches den König dermassen über solche ergrimmete, daß er von allen seinen Pfaffen den zehenden das Haupt abschlagen ließ / verstattete hingegen dem Bischoff, daß er hin- und wieder in seinem Lande Kirchen aufbauen möchte, und die Christliche Religion einführen.

Dieses aber seynd nur solche immerwährende Feuer, die von Menschen zu ihrem Aberglauben erdichtet und unterhalten werden: hingegen aber gibt es auch natürliche immerwährende Feuer, welche durch die Natur und Göttliche Vorsehung unter-irdisch seyn, und auch zuweilen dergestalt ausbrechen, daß die nahe darbey wohnende in gröste Schröcken und Höllen-Angst gerathen müssen, wie[641] uns derer unterschiedene für Augen gestellet werden, als der in Ißland immerbrennende Berg Hecla, welcher zu etlicher Zeit grosse Steine auswirfft, und rings umher das Erdreich mit Asche bestreuet, daß solches nicht mehr gebauet oder genützt werden kan.3 Offtermahl verstopffet sich solche Flamme, daß man nichts als Rauch und Dampff in die Höhe steigen siehet, und also die Flamme keinen freyen Ausgang gewinnen kan. Nichts desto weniger aber brennet dannoch solch Feuer in seinem innern Ofen: wann aber ein starcker unter-irdischer Wind darein bläset, und zu dem innern Brenn-Ofen kommet, so wird das Feuer dermassen genöthiget, sein oben verstopfftes Rauch-Loch mit Gewalt wieder zu öffnen, und aufzubrechen, oder sich sonst einen andern Camin und Ausgang zu suchen, und also mit seiner Asche eine erschröckliche Menge Sand, Schweffel, Bimstein, eisene Klötze, Felsen-Stücker und andere Materien auswirfft. Ein mehres bezeuget davon der merckliche Schaden, so durch den Feuer-speyenden Berg Æthna in Sicilien erfahren worden.

Dieser Berg Æthna lieget auf der Insul Sicilien im Mittel-Meer gegen Italien über auf 37. Grad Nordischer Breite, und 60. welsche oder 15. Teutsche Meilen von der Stadt Messina, oder[642] 10. vel 5. teutsche Meil von der Stadt Catania, die Italiäner nennen ihn nach ihrer Sprache Monte Gibello, und die Frantzosen le mont Gibel: Der Poet Pindarus nennet ihn in seinen Griechischen Hymnis, cœlestem columnam, einen Pfeiler des Himmels.4 Er ist so hoch, daß man ihn in der gantzen Insul Sicilien sehen kan. In seinem Umkreiß begreifft er unten am Fuß 70. welsche Meilen; an der Ost- und Süd-Seite, ist er mit fruchtbaren Wein-Gärten beleget, gegen Westen und Norden aber hat er Weyde vors Vieh, auch Holtz und Wälder, darinnen ein zahmes Vieh und Wildpret zu sehen. Daß dieser Berg. Æthna von allen Seculis her gebrennet habe; bezeugen die allerältesten Historien-Schreiber, denn in allen Chronicken, wie alt sie auch seyn, lieset man, daß er gebrannt habe, Trogus und aus ihm Justinus beschreiben denselben auf folgende Art und Weise: das Erdreich der Insul Sicilien ist sehr leicht und locker, voller Höhlen und Pfeiffen, durch welche die Winde stets blasen: und die schwefflichte und leimigte oder pechete Materie, dessen die Erde allda uberflüssig voll ist, stets anzünden; Und hierdurch werde der Brand dieses Berges verursachet, welches nun so viel Secula hindurch gewähret, und zuweilen durch das härtere Blasen der Winde unter den Flammen grosse Klumpen Erde, Sand-Steine[643] und Asche auswirfft. Der alte Naturkündiger Plinius in der Beschreibung des Eilandes Sicilien / saget also: Hier wird man an dem Berg Æthna, wegen der gewaltigen Flammen, die man des Nachts siehet auswerffen, gewahr das Loch, aus welchem das Feuer empor steiget.5 Hat in seiner Runde wohl 20. Stadien, die glüende Asche laufft zuweilen von ihm herab, bis Tauronium und Catania; sein erschütterendes Krachen kan am Gebürge Marar und Gemellor gehöret werden. Die heutige Scribenten erzehlen vom Berg Æthna dieses nachfolgende: Ob gleich dieser Berg inwendig allzeit brennet, und zu Zeiten helle und auch dunckle Feuer-Flammen auswirfft, so ist er dennoch, ja, wann er auch am hefftigsten brennet, stets mit Schnee bedeckt, auch selbst mitten im Sommer, also daß das Feuer vom schmeltzenden Schnee ausgelöschet werden könte; das Wasser, so von diesem brennenden Berg herab fliesset, ist nichts desto weniger so eiß-kalt, daß man es kaum kälter finden solte; Etliche dieser abgefallenen Wasser sind auch stinckend, und geben ungesunde Dämpffe von sich, dieser brennende Berg hat durch das Auswerffen der Steine, Erde, Asche und den brennenden Schweffel, der als glüende Ströhme von ihm herab fleußt, dem umliegenden Lande, sonderlich der Stadt Catania von vielen Seculis her[644] nach und nach grossen unwiederbringlichen Schaden zugefüget, welches noch an den niedergeworffenen Gebäuen, Mauren und Pforten zu sehen ist. Wann sich nun dieser Brand übermäßig erhebt, so erregen sich auch die Erdbeben. Es geschehen nun diese Feuers-Brünste öffters, sonderlich aber hat erschröcklich gebrannt Ao. 1536. 1566. 1579. Und in diesem Seculo Anno 1669. hat er also angefangen zu brennen, daß er viel feurige Ströhme ausgespyen, so die umher liegende Ländereyen unsäglich verderbet, wie dann davon eine Relation fürhanden, folgendes Inhalts: Dieser Berg hat im Martio seinen gewöhnlichen Brand mit einem erschröcklichen Erdbeben dermassen erhoben, daß er mit seiner abströhmenden Glut alle nahe beygelegene Ländereyen in Eil verwüstet hat, darum alle, die da umher wohneten, mit ihren fertigsten Mobilien fliehen musten.6 Er borste Anfangs bey Mompeliri, warff Rauch und Feuer aus, und theilete sich in zwey Arme, und umringete also den erwehnten Berg, theilete sich unterweges in mehr andere Arme, als derer fünff sich allein gegen Westen erstreckten, und zum ersten verwüsteten sie ein Pacht-Hauß, genannt la Gardia, darauf sie in 2. Ströhmen zusammen fielen, jeder wohl zwo Meilen breit; der andere Arm umringete S. Petro Casale, von wannen die Einwohner entflohen waren: und als er sich gegen Westen zohe,[645] verbrannte er das Land Mompelieri, und trieb auf eine Kirche, worinnen zwey Marmor-Bilder, eines der Marien, das ander eines Engels, waren, sofort noch ein ander Hauß. Und also lieff es mit grossem Schröcken in Mascalucia und S. Gio Galermi, womit der Stadt Catania von der einen und andern Seiten mit einem grausamen Ruin gedrohet wurde. Ein Hauß, genannt li Nicolesi, wurde im Erdbeben übernhauffen geworffen, daß nicht ein Stein überm andern blieb, das meiste Volck aus denen verwüsteten Orten und aus denen, die in Gefahr stunden, hatten sich mit Weib und Kind nach Catania salvirt, und nahmen in dieser Stadt die Geistlichen ihre Zuflucht zu der Devotion. Die Flamme kam dem Lande von Miterbia näher, lieff aber zur Seiten S. Petro wieder ab, wurde auch bey Campo Rotendo gar getödtet. Der Schade an Weingärten und Land-Gütern ist auf 400000. Cronen gerechnet worden. Mehr hatte das Feuer ein Theil von Terra Graina ruinirt, wie auch das gantze Land von S. Gio Galermi. Der gedachte zweyte Feuer-Strohm hatte sich Catania sehr genahet, und war deswegen am 18. Martii in der Stadt eine grosse Furcht. Solcher Brand risse sich so hefftig fort, daß die Asche nicht allein in der Stadt Catania, sondern auch in Messina auf denen Gassen so dick lag, daß man sie kaum paßiren konte, welches sehr grossen[646] Schaden an den Maulbeer-Bäumen that auf welchen die Seide gezeuget wird. In 13. oder 14. Dörffern und ihren Ländereyen, so nun gantz und gar ruinirt, wurden ehemahlen jahrlich wohl 300. Ballen Seyde gewonnen. Letztlich wurde die Stadt Catania von ihren meisten Einwohnern verlassen, weil der Brand bis auf eine halbe Meil an dieselbe kame, und folgends gar bis unter die Stadt-Mauren: von aussen drunge sich das Feuer ein, und warff die Stadt-Mauren nieder, und verderbte eines der fürnehmsten Clöster, genannt S. Nicolao de Arena, wie nun der Brand also in Catanea gekommen, wurde die äusserste Gegen-Wehr gethan, durch Niederreissung 200. Häuser, so, daß der Brand abließ. Er zwang sich aber gleichwohl ein groß stück Weges in die See, und ließ so viel mit sich schleppende Erde niederfliessen, die durchs Wasser gelöschet wurde, und hinab sanck, daß es eine Höhe als eines Havens machete, worüber man in die Stadt und aufs Castell gehen konte: jedoch das Wasser, als ein zu gewaltiger Feind des Feuers jagete dasselbe zurück, so, daß es bey nahe die gantze Stadt Catania umringte, und solche durch Feuer, Dampf und Rauch gleichsam belagerte. Die Einwohner, derer etliche, seit der Brand durch das Abbrechen der Häuser gehemmet, wieder eingezogen, verliessen die Stadt von neuem; mitten im Junio, da der Berg von neuem[647] wieder starck zu brennen anfing, und davon das Castell, worauf der Gubernator mit seinen Soldaten sich aufhielt, sehr beschädigt wurde, waren diese auch gezwungen, ihren Posten zu verlassen. Und diese ist nebst Anno 1702. die letzte Zeitung, so man von dannen gehabt; So daß der Berg damahl wieder gebrannt, der allbereit wohl 100. Meilen Landes ins runde verderbet hat. Allhier siehet man also die Allmacht GOttes und seine wunderbahre Geschöpf mit dem Feuer unter dem Erdboden.

Von diesem brennenden Berge fabulirt ein Sicilianer nach der Legendæ aureæ daß, da man in seinem Vaterland ein grosses Geschrey vernehme, und unter der continuirlichen Feuer-Flamme des Bergs Æthnæ ein erschröcklich Heulen und Weheklagen hörete, er glaubete, es wären Seelen, die an dem Orte ihr Feg-Feuer hätten, und die noch lebende Menschen um Fürbitte anrieffen.7 Derowegen ordnete ein Abt zu Cluniac, daß man in seiner gantzen Inspection nach dem Fest Allerheiligen das Fest aller Verstorbenen halten, und an selbem Meß und Gebeter anstellen solte, für die Ruhe der Seelen / welches hernach in allen Kirchen ist bestättiget worden.

Nicht ist zu zweifflen, daß der verdammte Seelen-Feind / der Teuffel /[648] auch allda sein Spiel treiben werde, wie solches von vielen Historien-Schriebern durch folgende Geschicht bestättiget wird: Im Jahr 1626. am 21. Martii reisete ein Sicilianischer Handelsmann von Caranea nach Messina, bliebe aber über Nacht zu Terminio.8 Folgenden Tages setzete er sich in aller Frühe wieder zu Pferd, und hatte die Stadt noch nicht weit hinter sich geleget, als ihm zehen Männer begegneten, die er für Muarer ansahe, weil sie mit dergleichen Waaren oder Werckzeugen beladen gewesen. Er fragete: Wo hinaus? Sie antworteten: Gen Montgibelo, (oder nach dem Berg Æthna). Nachdem er ein wenig weiter geritten, traff er wieder zehen andere an, und empfing auf gleiche Frage gleiche Antwort, mit diesem Anhange, daß ihr Meister sie ausgeschickt hätte, wegen eines vorhabenden Gebäudes zu Montgibelo. Der Kauffmann fragete: Was für ein Meister? Darauf antwortete ihm einer: Ihr werdet ihn bald sehen. Bald darauf begegnete ihm eben auf derselben Land-Strasse ein Riese mit einem sehr langen und Raben-schwart zen Bart / welcher ihn, ohne einen Gruß und andere Vor-Worte, fragete: Ob er nicht unter Weges seine Werck- oder Arbeits-Leute angetroffen: Er berichtete, daß ihm etliche[649] Maurer begegnet, welche vorgeben, daß sie auf Montgibel gehen solten, um allda etwas aufzubauen, weiß nicht auf wessen Befehl. Wann ihr derselbe seyd / der solch Gebäude vornimmet / so möcht ich wohl gern wissen / wie ihr auf solchen Berge zu bauen vermeynet / der doch immerzu mit Schnee bedeckt lieget / und zwar so tieff / daß der best- und stärckeste Fußgänger / der gefunden werden mag / seine Füsse tapffer brauchen muß / und genug zu thun hat / wann er heraus kommen will. Der schwartze Baumeister antwortete: Er wisse schon Kunst und Mittel genug, nicht allein dieses, sondern noch wohl viel grössere und schwerere Dinge zu vollenziehen, wanns ihn gelüstete, und er selbst, der Kauffmann, ob er gleich auf diese seine Rede nicht viel zu halten schiene, dennoch selbiges gar bald mit seinen eigenen Augen erfahren würde. Nach dieser Rede ist er alsofort in der Lufft verschwunden.

Der Kauffmann, so darüber vor Schröcken über den gantzen Leib erschütterte, und sich kaum auf seinem Pferd erhalten konte, zwange sich wiederum nach der Stadt Torminio zu kehren, allda er glaubwürdigen Leuten erzehlte, was ihm auf der Straß begegnet: Und weil er sich sobald sehr[650] schwach an Kräfften befande, machete er sein Testament, und versorgete seine Seel / gabe auch noch selbigen Abend seinen Geist auf.

Noch ein anderer solch Feuer-speyender Berg befindet sich im Königreich Neapolis, welcher billig die Ober-Stelle, dessen öfftern Feuer-Auswerffens halber, haben solte.9 Solcher hat den Nahmen Vesuvius, lieget ohngefehr sieben Meilen von Neapolis, und wird stets in Feuer und Rauch gesehen, zuweilen mit geringer, zu Zeiten aber mit grösserer Hefftigkeit, die umherliegende Gegend verwüstet, auch die Stadt Neapolis sehr incommodirt. Es waren vor diesem auf selbiger Seiten die schönsten Weinberge des gantzen Königreichs, und ein sehr schönes Dorff, worinnen mehr als 2500. Personen wohneten, aber im Jahr 1631. warff dieses höllische Rauch-Loch / wie es Tertullianus nennet eine so abscheuliche Menge Flammen, mit einem brennenden Schwefel und Stein-Hagel begleitet, heraus, daß diese arme Leute entweder alle miteinander verbrannten, oder ersticketen, ihr Dorff aber unter der Asche begraben wurde, welche noch höher, als 10. Schuch über den Kirch-Thurn weg ginge. Man siehet daselbst noch Steine von erstaunender Grösse, und einen Bach, allwo viele Personen, welche noch am Leben,[651] selbigen Zeit einen feurigen Strom Schwefel, Alaun und Salpeter haben fliessen sehen, welcher von der Höhe dieses Berges herab geronnen. Einige Zeit nach dieser entsetzlichen Verwüstung, so vermehrete sich der Rauch, welcher stets heraus steiget, ungemein, und war mit Flammen und Aschen untermenget, nach selbigem folgete ein abscheuliches Brummen und Krachen, daß man sagete, die Natur wolte untergehen; auf dieses Krachen folgete ein Erdbeben / so das Meer aufblähete, und nachdem der Berg zerborsten, so flogen grosse, gantz glüende Stücken Felsen heraus, und der Schwefel, welcher heraus flosse, liesse sich bey drey gantze Meilen in das Meer hinein in dem Wasser unterscheiden. Man glaubt auch, wann der Wind nicht damahl wäre der Stadt Neapolis so favorabel gewesen, so wäre sie unter die Asche begraben worden, welche aus diesem feurigen Gebürge gestossen wurde. Diese entsetzliche Begebenheit hat man in einen Marmor eingehauen, welchen man auf dem Wege findet, so von der Stadt Neapolis nach dem Berge Vesuvio gehet. Viele curiose Leute sind nach dem grossen Brand durch einen Weg, so man durch die Asche zwey gantzer Meilen bis auf den Berg gemacht, hinauf gestiegen, und hat man oben in dessen Gipfel einen abscheulichen Abgrund angetroffen, welcher in seinem Umkreiß zwo[652] Meilen groß, und auch von dergleichen Tieffe, in welchem wieder ein anderer zu spühren, der nicht so weit, woraus ein sehr dicker Qualm ginge, welcher nach lauter Schwefel roche.

Es hat viele curiose Leute gegeben, welche auch auf die Spitze des Bergs Æthna steigen wollen, sie sind aber entweder im Schnee, oder in der Asche, umkommen.10 Von dem Berg Hecla in Ißland / dessen Anfangs gedacht worden, schreibt Happelius in Relat. Curios. Part. I. p. 254. wie ein Reisender sich die Gefahr, solchen Berg zu besehen, viel geringer eingebildet, als er hernach erfahren. Solcher war mit einigen seiner Reise-Gefährten zu Kirkebar, einer kleinen Stadt in Ißland, unweit Honi, einem anderthalb Meil vom Meer gelegenen Dorff, angekommen, und traff daselbst einen Commissarium mit 7. oder 8. Dähnischen Kauffleuten an, welche über ihre Ankunfft gantz erstaunet wurden, sie jedoch freundlich empfingen, und erzehleten, wie des vorigen Tages die gantze Insul erschüttert wäre, daß sie nicht anders vermeynet hätten, sie würden augenblicklich verschlungen werden. Der Schiff-Patron / der Commissarius und einige andere, bezeugten dem Kirkebarischen Pfleger das Verlangen, so sie hatten, die Particularitäten der Insul zu besehen, welches ihn bewoge Pferde herbey bringen[653] zu lassen; und wie der Autor ein gleiches Verlangen blicken ließ, willigten die andern auch gar gern darein. Ihrer 8. setzten sich zu Pferde und reiseten in Gesellschafft eines Bedienten von dem Commissario zu Kirkebar, und zweyen Ißländern, die ihnen zu Wegweisern dieneten, nebst einem mit Proviant beladenen Pferde, fort. Sie marchirten 2. gantze Tage durch bergichte, rauhe und gegen dem Berge Hecla unwegsame Wege, wo sie, als sie sich demselben bis auf 2. Meil genähert, das Erdreich mit Asche und Bimsteinen gantz bedeckt antraffen, darüber sie bis unten an den Berg fort wanderten. Das Wetter war sehr hell, und weil sie aus dem Berg weder Flamm noch Feuer hervor steigen sahen, entschlossen sie sich hinauf zu steigen: allein ihr Wegweiser, welcher sie davon abhalten wolte, gab ihnen zu verstehen, daß sie grosse Gefahr hätten, in die Feuer-Schlunde zu sincken, sofern sie sich weiter wagen würden. Diese Warnung war auch von solchem Nachdruck, daß sie Anfangs die gantze Compagnie erschröckete, so daß sie sich bereit macheten, wieder zurück zu kehren, bis der Autor zu ihnen sagete: Wann sie ihm versprechen würden, etwas auf ihn zu warten, so wolte er sich allein hinauf wagen, welches sie ihm dann nicht allein gar willig versprachen, sondern auch einer aus der Compagnie sich anerbot,[654] ihm Gesellschafft zu leisten.11 Sie stiegen also von ihren Pferden ab und marchirten in der Asche und Bimstein bis an die halben Beine fort, des Vorsatzes, bis oben hinauf zu steigen, woselbst sie viel Geyer und Raben antraffen, die allda nistelten. Kaum hatten sie eine grosse Ecke zurück geleget, so fühleten sie, daß die lockere Erde unter ihren Füssen sich erschütterte, und vernahmen darbey in den Klüfften des Berges ein gewaltsames Getöse / daß es nicht anders schiene, ob wolte alles einfallen. Sie erblickten auch neben und um sich allerley Spaltungen / woraus blaulechte / stinckende und nach gebranntem Schwefel richende Flammen herfür brachen, welches sie veranlassete, den Weg wieder zurück zu nehmen. Wie sie etwa 30. Schuhe wieder zurück gestiegen, erhub sich über dem Berg eine sehr dicke Wolcke von Asche, daß der Horizont um ihnen davon finster ward, und sie dergestalt bedeckt wurden, daß keiner den andern mehr kennen konte. Was ihnen aber noch mehr Furcht und Schröcken einjagete, war, daß sie alle Augenblick hinter sich jähling-herfürbrechende Feuer-Flammen / Asche und Bimstein aufsteigen sahen / die wie Hagel über sie fielen; Unter sich höreten sie ein abscheuliches Heulen und Krachen /[655] in welche Music sie selber mit einem starcken Lamento einstimmeten, indem sie befürchteten, daß alle unter-irdische Schröck-Gespenster aus dem Berge hervorsteigen, und sie zu Boden stürtzen würden; welche Furcht mit einem andern Schröcken vermehret wurde, weil sie vermeyneten, sie würden elendiglich von dem wanckenden Boden verschluckt werden, daher sie mehr herunter purtzelten, als stiegen.

Die Erstaunung und Vermuthung einer unfehlbar bevorstehenden Gefahr machete ihre Füsse auch so hurtig, daß sie innerhalb einer Viertel-Stunde wieder zu ihrer zurück gelassenen Gesellschafft kamen, in welcher ein jeder zu lächlen begunte, als diese Passagiers mit einem sehr verstellten Angesicht erschienen, und so gar verändert, daß sie sageten: Man müsse sie in Schwärtze getauchet haben. Allein diese Kurtzweil ward ihnen sehr versaltzen, als selbige ihre Gäste für ihren Füssen niederfallen sahen / und weil sie ohne Vernunfft, auch eine Zeit gantz Sprach-loß, lagen, genug zu schaffen hatten, daß sie solche wiederum ermunterten, welches durch das Reiben der Schläfe, Nasen-Löcher und Hände, mit Wein-Eßig geschahe. Als sie sich nun wieder hierauf erhohlet, gab man ihnen eine Schale mit Spanischem Wein zu trincken, wovon sie gestärcket[656] wurden, wieder zu Pferd sassen, und an der einen Seiten des Berges fortreiseten, und zu zween über etliche hundert Schritt davon entlegenen Brunnen zueileten, wovon der eine stets siedend heiß ist, der andere aber eine gantz widrige Eigenschafft hat, so kalt / und von so einer wundersamen Natur, daß er alles, was hinein geworffen wird, gleich in Stein verwandelt, dergleichen Eigenschafft, wiewohl mit etwas veränderten Umständen der sogenannte bey Franckfurt an der Oder liegende Poeten-Brunnen gleichfalls hat.12 Sie traffen einen sehr grossen von dem Feuerspeyenden Rachen des Heclæ aufgeworffenen Bimstein an, und weil derselbe die Grösse eines Scheffels hatte, gabe solches denen Frembden zur Verwunderung Anlaß; sie bekamen aber von ihren Geleits-Männern zur Nachricht, daß der Berg weit grössere ausgespyen, und man wohl dergleichen gefunden, die von zehen Personen nicht beweget werden könten. Die Wegweiser thäten hinzu, daß an statt der Feuer-Flammen bisweilen nichts als Bimsteine heraus geflogen kämen, offtmahls warme Wasser-Sprudel, wiederum zu anderer Zeit nichts als Feuer-Flammen, denn wiederum nichts als Asche, und solche Veränderung machete der wütende Hecla mit seinen feurigen Trauer-Spielen fast allezeit. Drey Stunden waren nunmehr[657] auf ihrer Rück-Reise verflossen, als sie nahe zu den gedachten beyden Brunnen gelangeten, die nicht weiter, als etwa 30. Schritte, voneinander liegen sollten, und wie man die Eigenschafft des einen gantz kalt befunden, so steckte unser Herr Autor eine Spitz-Ruthe hinein, und da er sie nach einer kurtzen Zeit wieder heraus zoge, muste er mit Verwunderung sehen, wie das eine eingetauchte Ende gleichsam eine solche Härte angenommen, daß es fast in Eisen verwandelt zu seyn schiene, und auch schier so schwer war. Nach dieser curiösen Probe verfügeten sie sich zu dem andern Brunnen, bey welchem sie Thiere, an Grösse den Täuchern nicht ungleich, von Farben meistentheils roth, sahen, welche aufsprangen, und weil sie miteinander spieleten, so divertirten sie sich eine Weile darüber; weil die Passagirer aber näher auf sie zueileten, verbargen sie sich und fuhren hinunter in den Brunnen, welcher, der gemeinen Rede nach, über 60. Klaffter tieff seyn soll, kamen aber doch aus dem tiefen Abgrunde wieder hervor, sobald sie keine Aufmercker mehr sahen. Darauf nahmen sie ihren Weg wieder nach dem Meer zu, und höreten etwa eine halbe Meile davon ein jämmerliches Geheul, so ihnen dem Weheklagen eines verlassenen Menschen nicht unähnlich dünckete; und als sie ihre Wegweiser um dessen Ursachen befrageten, bekamen sie zur Antwort: [658] Es wären solches die Klagen der Verdammten / die der Teufel daselbst erbärmlich quälete / indem er sie indem Eise wieder abkühlete / wann er sie in den Flammen des tobenden Heclæ sattsam gebraten hätte.13 Die Curiosität triebe sie an, so an keinem Ort mehr in der Insul, als daselbst, zu finden, es in Augenschein zu nehmen; wie sie nun hinzu kamen, sahen und empfunden sie gantz eigentlich, daß das eingebildete klägliche Geheul der Verdammten von denen aneinander gestossenen Eiß-Schollen herrührete, welche auch hin und wieder an die felsichte Klippen schlugen; von solchen Eiß-Schollen berichtete ihnen ihr Wegweiser daß solche am 15. Septembr. daselbst angetrieben kämen, und bey Ausgang des Junii wieder weggingen. Nach dreyen Tagen kamen sie wieder nach Kirkebar und eileten von da wiederum nach ihren Schiffen, erzehleten ihren zurück gelassenen guten Freunden, worzu sie sich durch ihre Curiosität verleiten lassen, und mit welcher Gefahr sie solche büssen müssen.

Marginalien

1 Feuer ist eines der fürnehmsten leblosen Geschöpfe GOttes.


2 Persianer Pfaffen suchen dero König durch Betrug mit dem Feuer vom Christenthum abzuschröcken.


3 Von natürlichem immerwährenden Feuer.

Hecla, brennender Berg in Island.


4 Æthna, brennender Berg in Sicilien.


5 Grösse des Mundlochs auf dem Berg Æthna.


6 Relation von dem 1669. beschehenen Brand und Erdbeben.


7 Ursprung des Aller-Seelen-Fest-Tages.


8 Der Teuffel reiset mit 21. seiner Gesellen nach dem Berg Aethna.


9 Feuer-speyende Berg Vesuvius in Neapolis.


10 Reisende unternehmen sich die Berge Æthna und Hecla zu ersteigen.


11 Müssen mit grosser Furcht und Schröcken zurück kehren.


12 Widrige Eigenschafft zweyer Brunnen an dem Berge Hecla.


13 Irrige Meynung von eingebildeter Qual armer verdammter Seelen.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 637-659.
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