XLVII. Von [751] D. Faust und seinem Famulo Wagner.

Von D. Faust / welcher die Medicin studirt haben soll, schreibt Johann Georg Neumann in seiner Disputation de Fausto Præstigiatore cap. 3. §. 2. daß die Erzehlung eine Roman Magique, oder eine Historie sey, zu welcher allerhand Umstände ersonnen worden.1 Und wenn man seine Thaten genau betrachtet, so wird man befinden, daß dieselbe von andern übergenommen seyn. Z.E. daß Faustus dem Kayser Maximiliano den Alexandrum M. in solcher Gestalt vorgestellet, wie er von den Historicis gebildet wird, haben andere Johanni Trithemio zugeschrieben. Daß gedachter Kayser durch Faustens Kunst, als er einstens des Morgens vom Schlaff erwachet, sein Gemach voller Blumen, Bäume und Kräuter in Winters-Zeit soll gesehen haben, alle Lustbarkeit erblickt, auch den lieblichen Gesang der Vögel gehöret, ist aus Alberti Magni, welcher eben solches Lasters beschuldiget wird, Historie genommen, als der Anno 1260. dem Kayser Wilhelmo zu Aachen einen Blumen-Gärten im Winter soll vorgestellet, und daher den Nahmen eines[752] Schwartz-Künstlers bekommen haben. Und abermahl, daß Faustus einen schwartzen Hund bey sich gehabt, wird von andern in des Cornelii Agrippæ Leben gebracht.


Es ist von diesem D. Faust ein gantzes Buch von dessen Leben und Thaten Teutsch im Druck heraus gegeben, auch bereits etlich mahl wieder aufgeleget und vermehret, welches Georg Rudolph Wiedemann soll verfertiget haben; wer aber dieser Wiedemann gewesen, ist ungewiß, ausser daß Crusius Annal. Suev. part. 3. p. 369. schreibet: Es habe solcher Wiedemann beym Anfange des 16. Seculi gelebet, und allerhand andre Bücher geschrieben, welche aber im Bauren-Krieg verlohren gangen. Vor einiger Zeit ist dieses Buch durch D. Pfitzern zu Nürnberg von neuem gedruckt, welche Edition dadurch soll beglaubt gemachet werden, weil sie sich auf ein MSt. so in einer alten Bibliothec gefunden wird, gründet. Ingleichem wird auch des Plazii, eines gewissen Theologi, der sonst de Spectris geschrieben, Nahmen diesem Buche vorgesetzet. Ebenermassen hat auch Johannes Manlius von diesem Faust geschrieben, doch gestehet er selbst, daß er seine Schrifft nur aus den Erzehlungen und gelehrter Leute Reden zusammen getragen habe. Ja es ist jetzo die Sage von dem Faust[753] durch die im Land umherfahrende Comœdianten so gemein worden, daß die Kinder davon erzehlen können.2 Obberührter Manlius nun erzehlt von Fausto: Er sey von Kündling, (heut zu Tage heisset es Knüttling) einem Städtgen in Schwaben / gebürtig gewesen, habe zu Cracau studirt, und die Magie daselbst erlernet. v. Collectan. Basil. Edit. 1600. p. 36. hernach sey er hin- und her gereiset, habe allerhand Geheimnisse vorgebracht; Andreas Honddorffius nimmet des Manlii Meynung an, und saget in seinem Promptuario Exemplorum ad II. Præceptum p. 167: Faust habe sich nach Wittenberg begeben; weil aber der Fürst daselbst Befehl ertheilet, ihn gefangen zu setzen, habe er sich aus dem Staub und nach Nürnberg gemachet.3 Wierus meynet: Faust sey sowohl ein Zauberer als Betrüger gewesen. Conrad Gesnerus ziehet in seinem Onomastico Fausten unter die Vaganten, und vergleichet ihn Paracelso und andern Schwartz-Künstlern. Philippus Camerarius in Horis subcisivis Cent. I. p. 314. ist mit Manlio und den andern einerley Meynung, und saget, es wäre fast niemand von den gemeinen Leuten gewesen, der nicht etwas von Fausts Künsten hätte zu erzehlen gewust. Absonderlich meldet er dieses: Als sich einstens Faustus bey etlichen Personen aufgehalten,[754] hätten sie von ihm begehret, er solte doch etwas von seinen Kunststücken sehen lassen; er habe sich aber lang gewegert, endlich, auf inständiges Anhalten der Compagnie, versprochen, dasjenige zu thun, was sie begehren würden.4 Dannenhero sey einmüthig verlanget worden, einen Weinstock voll Trauben auf den Tisch zu stellen. Faust versprach, es solte sich dieses bald sehen lassen, doch solten sie alle gantz stille schweigen, bis er sie Trauben abpflicken hiesse. Es waren alle darzu willig, und Faust verblendete diese trunckene Leute, daß sich so viel Wein-Trauben præsentirten, als Personen zugegen waren; die Gäste waren alle neugierig, nahmen ein jeder sein Messer heraus, und erwarteten, wann sie Faust würde Wein-Trauben abschneiden heissen. Als sie aber derselbe eine Weile mit vergebener Hoffnung abgespeiset hatte, verschwand der Weinstock wieder, und da sahen die curiosen Liebhaber, daß sie sich die Messer an ihre Nasen gesetzt / und sich solche damit würden abschnitten haben / wann sie Faustens Befehl übergangen hätten. Diese Erzehlung hat auch Simon Majolus (oder vielmehr Georgius Draudius, als der Autor dieses andern Tomi, in seinen Diebus canicularibus T. II. Coll. 3. p. 602. ingleichem Drexelius in seiner Aurifodina Part. 2. cap. 8. wiederhohlt.

[755] Gabriel Naudæus hat Anno 1625. einen besondern Tractat geschrieben, und sich darinnen derjenigen angenommen, welche in falschem Verdacht wegen der Zauberey gewesen.5 Unter andern saget er auch, daß die Historie, so in Teutschland von Johann Fausten entstanden, nur eine Roman Magique, oder ein mit allerhand ersonnenen Umständen versehenes Gedicht, weil Faustens Händel von keinem bewährten Historico, sondern nur von Delrio, Wiero und andern Hexen-Schreibern, gemeldet würden, wovon hernach ein mehrers soll gesaget werden.6 Bey so unterschiedenem Bericht nun haben manche Gelehrte nicht gewust, was sie aus Fausten machen sollen. Etliche meynen, Faustus sey nur ein erdichteter Nahme, und einem Zauberer beygeleget worden, der in schweren Dingen einen glücklichen (Faustum) Success gehabt. Andere sagen, es würde dadurch Faustus Socinus verstanden: denn als derselbe den Photinianismum in Pohlen (wo unser Faust soll gelebet haben) ausgebreitet hatte, und von dem tummen Volck wegen seiner Gelehrsamkeit und Künste vor ein Wunderwerck wäre gehalten worden, hätte man ihn gar der Zauberey beschuldiget, den Zunahmen Socinus weggelassen, und Faustus behalten, gleichwie man auch Lutherum nur Martinum, und Melanchthonem Philippum zu nennen pflegen; allein es ist[756] schon lange vor Socino die Rede von Fausto herum gegangen, daß also diese Meynung bald wegfället. Einige geben vor, es würde Johann Faust / sonst Johannes Teutonicus genennet, dadurch verstanden, welcher aber wegen einer sonderlichen Kunst niemahls in Consideration gekommen, und mit Fausten nichts zu thun hat.

Wann man nun Faustens Leben und Thaten genauer betrachten will, so finden sich Anfangs sonderlich 3. Oerter, wo er soll gebohren seyn.7 Manlius und andere geben Rüdlingen in Schwaben für seine Geburts-Stadt an. Wiedemann saget zu Rode, einem Dorff im Weymarischen, und die Historie von Fausten / so ein Manuscript zum Fundament hat, Soldtwedel, ein Städtlein in der alten Marck.

Daß Faust die Academie zu Ingolstadt besuchet habe, (vid. Histor. Fausti Part. 1. cap. 1.) ob gleich solches kein anderer Scribent bekräfftiget, kan man gar wohl passiren lassen, weil gedachte Academie zur selbigen Zeit gar sehr florirt. vid. Erasm. Roterd. lib. II. Epist. 17. p. 121. Edit. Lond. Der Nahme Wittenberg ist ohne Zweiffel mit Würtenberg verwechselt worden. Obschon Manlius, nebst der Historie von Fausten / behaupten wollen, daß sich Faust beständig zu Wittenberg aufgehalten habe: so wird jedoch niemand läugnen, daß er auch Wittenberg besehen,[757] da er zu Nürnberg, Venedig und Leipzig gewesen ist.


Unter den Thaten Johannis Fausti wird auch dieses erzehlt: Als der Kayser Maximilianus auf eine Zeit mit seiner gantzen Hofstatt nach Inspruck kam, in Willens, eine Zeitlang allda zu verharren und frische Lufft zu schöpffen; Weil nun D. Faustus auch dazumahl seiner Kunst wegen bey Hof sich aufhielte, und um ein- und anderer Proben willen bey dem Kayser in besondern Gnaden ware, geschahe es einstens im Sommer, nach S. Jacobi-Tag, da gleich der Kayser des Abends sein Nachtmahl eingenommen und in seinem Zimmer auf und ab spazierte, daß er den Faustum alleine zu sich kommen ließ, hielte ihm vor, wie er aus etlichen Proben erfahren hätte, daß er ein erfahrner Schwartzkünstler wäre, so sey derohalben für dißmahl sein Begehren, er solle ihme, vermittelst seiner Künste, etwas zu Gefallen verrichten, es solle ihm, bey seinen Kayserlichen Worten, nichts Arges deßwegen widerfahren, sondern er wolle es noch mit allen Gnaden erkennen.8 D. Faust kunte und wolte solches dem Kayser nicht abschlagen, und sagete alles dasjenige zu verrichten, und durch seine Kunst zuwege zu bringen, was Sie verlangeten. Der Kayser fing an und sprach: Ich sasse neulicher Zeit in meinen Gedancken, und betrachtete,[758] wie meine Vorfahren an dem Römischen Kayserthum in solch einen hohen Grad der Kayserlichen Dignität bey der Nach-Welt kommen und gelanget, daß ich billig Sorge trage, ob die nachfolgenden Kayser gleicher Ehr und Nach-Ruhms möchten theilhafftig werden; aber, was ist dieses alles gewesen gegen der Hoheit und dem Glück Alexandri Magni, der fast die gantze Welt in so kurtzer Zeit unter sich bracht hat?9 Nun möchte ich hertzlich gern den Geist dieses unüberwindlichen Heldens / wie auch seiner schönen Gemahlin / wie sie in dem Leben gewesen, sehen und kennen. D. Faust antwortete nach einem kleinen Bedacht: Er wolle dieses alles werckstellig machen, sonder einigen Betrug, nur dieses wolte er Ihro Kayserliche Majestät gebeten haben, daß sie ja Zeit währender dieser Vorstellung nichts reden solten, welches auch der Kayser versprach. D. Faust gehet indeß vor das Gemach hinaus, ertheilte seinem Mephistophile Befehl, diese Personen vorstellig zu machen, und gehet wieder hinein. Bald klopffete es an die Thür, da thate sich solche von selbsten auf, und ging hinein der grosse Alexander, wiewohl in kleiner Person, jedoch eines strengen Ansehens, darzu hatte er einen falben und bleichrothen Bart, er trat hinein in einem gantz[759] vollkommenen köstlichen Harnisch / und machete dem Kayser Reverentz / deme denn der Kayser sobald die Hand bieten wolte, und derowegen von seinem Stuhl aufstund, D. Faust aber solches nicht zuliesse. Als nun Alexanders Geist wieder von dannen gegangen, alsobald ging herein der Geist der Königin / seiner Gemahlin. Diese machete ebenfalls vor dem Kayser eine tieffe Reverentz / war angethan mit Himmel-blauem Sammet / über und über mit Orientalischen Perlen besetzt, præsentirte benebens eine über alle massen schöne Person, lustigen Ansehens und holdseliger Geberden, daß sich der Kayser recht über solche Schönheit verwunderte; deme zugleich einfiele, wie er öffters von dieser schönen Königin gelesen, daß sie hinten an dem Nacken eine Wartze solte gehabt haben, stunde demnach auf, dessen die Wahrheit zu erfahren, und ging hin zu ihr, und als er die Wartze gefunden, ist alsobald der Geist hinaus gegangen. Ist also dem Kayser hierin in allem ein völlig Genügen geschehen. Vid. Reuters Reich des Teuffels p. 676. Sudens gelehrten Critic. P. I. pag. 103. Hist. Fausti P. II. cap. 10. Die Erzehlung aber hat auch keinen Grund, indem solches von andern Johann Trithemio zugeschrieben, und überdiß Maximilianus I. von [760] Cuspiniano de Imperat. Rom. pag. 444. wie auch von Jovio Elog. cap. 5. p. 155. vor einen frommen Printzen ausgeben wird. In dem Theuer-Danck und andern Schrifften von Maximiliani I. Thaten wird kein Wort von solcher Fabel gedacht; daß er aber in seiner Jugend sehr vorwitzig gewesen, gestehen fast alle Historici.


Dieses verdienet nicht mehr Glauben, da erzehlet wird: Als gedachter Kayser einstens des Morgens vom Schlaff erwachete, habe er sein Gemach, durch Faustens Kunst, voller Blumen, Baum und Kräuter gesehen, auch den lieblichsten Gesang der Vögel gehöret, und alle ersinnliche Lustbarkeit erblicket.10 Vid. Histor. Fausti. Lib. II. cap. 11. Denn es ist solches aus des Alberti Magni, welcher eben solches Lasters beschuldiget wird, Historie genommen: als der Anno 1260. dem Kayser Wilhelmo zu Achen einen Blumen-Garten im Winter vorgestellet, und daher den Nahmen eines Schwartz-Künstlers bekommen hat.


Endlich wird von Fausten (Histor. P. I. cap. 25.) berichtet, er habe stets einen schwartzen Hund bey sich gehabt, welches der Teuffel gewesen, aber auch dieses gehört zu des Cornelii Agrippæ Leben, v. Paulus Jovius Elog. p. 121. obschon [761] Jovius wegen dieses Berichts viel Anfechtung gehabt.11

Giesbertus Voetius Disp. Select. Tom. 3. p. 448. saget: Faust habe ein öffentlich Bündnis mit dem Teuffel aufgerichtet, eine Obligation deswegen von sich gestellet, und ein gewisses Brandmahl an seinen Leib angenommen.12 Wann dieses wahr ist, so kan man ihn wohl nicht mit Gesnero loc. cit. und Wiero einen blossen Landstreicher nennen; wiewohl auch Wierus selbst Lib. II. de Præstigiis pag. 143. etc. ihn vor einen Zauberer ausgiebet. Conf. Thomasii. Disp. de Vag. Scholast. §. 145.

Auch nennet man diesen Faust insgemein einen Doctor, der solchen Gradum von der Medicinischen Facultät erlanget habe: Allein solches hat Freudius Casual. de Mag. p. 265. billig daher widerleget, daß man einem so verdächtigen Menschen dergleichen Ehren-Titul nimmermehr ertheilen würde: daß man ihn aber einen Doctor genennet, ist wohl daher entstanden, weil das gemeine Volck alle Marckt-Schreyer und Henckers-Buben, die etwa eine Raude-Salbe zu verkauffen haben, ohne Unterscheid Doctor nennet, weswegen sie Faustum auch den Doctor Faust genennet haben.13

Will man nun einiges Urthel von dieser Erzehlung fällen, so kan man mit Herrn [762] Georg Neumannen Prof. Witteb. in seiner Disput. de Fausto Præstigiatore Cap. 3. §. 2. des Naudæi Meinung in Apolog. Cap. 15. pag. 419. gar wohl annehmen, und es ein Romain Magique oder eine Historie, zu welcher allerhand Umstände ersonnen worden, nennen.14 Denn eine blosse Fabel kan man es nicht heissen, weil in gantz Teutschland eine beständige Rede von Fausten gewesen. Manlius saget: Er habe diesen Mann selbst gekennet; Camerarius berichtet, was er gehöret, und Wierus hat es von einem Freunde vernommen, den Faust mit seinen Possen betrogen hätte. Ja die Schwaben gestehen es selbst, und können niemahls Kündlingen nennen, daß sie nicht sogleich an Fausten gedencken solten. Vid. Conradi Dieterici Conc. 16. in Ecclesiast. p. 237. Eine Historie kan Faust Leben auch nicht genennet werden, weil kein bewährter Historicus davon Meldung thut. Bey Sleidano, Thuano, ja auch beym Bodino in Dæmonomania, Scaligero und Cardano de rerum subtilitate und Casparo Peucero de Divinatione wird des Fausts mit keiner Silbe gedacht. Demnach ist wohl ein Faust gewesen, aber nicht mit solchen Umständen, wie insgemein davon geschrieben, und von liederlichen Comœdianten täglich noch darzu gedichtet wird.[763]

Von der Zeit, wann er gelebet, saget Wierus l.c.p. 141. daß es kurtz vor dem 1540. Jahre gewesen, und müsse man hierin dem Delrio l.c. beypflichten, welcher saget, daß Agrippa und Faust zu gleicher Zeit gelebet; nun aber wäre Agrippa An. 1539. und hernach der Welt sonderlich bekannt worden.15 Manlius meynet, er habe dazumahl gelebet, als Kayser Carolus V. den Pabst zur Raison gebracht. Denn er saget Collect. pag. 39. Faust habe sich gerühmt / daß er alle die Siege / welche die Kayserlichen in Italien gehabt / durch seine Kunst zuwege gebracht. Solches aber fället nach Thuani Bericht Lib. I. in das 1527. Jahr, und eben dazumahl regierete auch Johannes / Churfürst in Sachsen / welcher durch ein Edict diesen Landstreicher aus seinen Gräntzen zu jagen befahl. Vid. Hondorff. loc. cit.

Wittenberg aber hat weiter nichts mit Fausten zu thun gehabt, sondern Würtemberg / wie oben gesaget worden.16 Wolte man die gemeine Rede vorschützen, welche nicht allemahl falsch wäre, so ist dieses davon zu wissen: als im 30. jährigen Kriege auch Sachsen voller Soldaten war, fielen diese Kriegs-Männer in ein Dorff an der Elbe, Nahmens Brada, damit nun der Schultz solche Soldaten von seinem[764] Hause abhalten möchte, so beredete er sie: sein Hauß wäre wegen des entsetzlichen Todes Johann Fausts gar unsicher; zeigete ihnen auch die Wand, welche etwan mit Ochsen-Blut bespritzt war, und jagete dadurch den Soldaten eine Furcht ein, daß sie das Hauß verliessen.

Nun wollen wir auch vom Tod dieses Faustens gedencken, Conradus Dietericus in Concion. 16. ad Eccles. p. 237. meldet: Er wäre zu Kündlingen, in seiner Geburts-Stadt, gestorben, da ihm der Halß gebrochen worden / welchem Zeugniß man gar wohl trauen mag, weil Dietericus selbst ein Schwabe gewesen, und also die Sachen, die in seinem Vaterland paßiret, ohne Zweiffel wird verstanden haben; Manlius, gleichfalls ein Schwabe, ist eben dieser Meynung.17


Diesem Fausto wird auch ein Famulus zugesellet, so sich Christoph Wagner genennet haben soll, welcher auch vielerley Händel in der schwartzen Kunst ausgeübet, etliche dessen Stücklein, welche Wolffg. Hildebrand in seiner entdeckten Zauberey angeführet, wollen wir anhero setzen, und in seinem Werth, ob solches Gedicht oder Geschicht sey, paßiren lassen.18 Unter andern beschreibt er eine von einer zu Padua angestellten wunderbahren[765] Gasterey, als folget: Es bat Christoph Wagner einen Herrn zu Gast, welcher ihn des Tages vorher auch tractirt hatte: als nun dieser, nebst andern noch mehr geladenen Gästen erschien, und zu bestimmter Zeit ankamen, sahen sie sich aller Orthen im Hause herum, und funden nirgend weder Feuer noch Rauch noch jemand vom Hauß-Gesinde, denn nur seinen Knecht, welcher Clauß Möller hieß. In kurtzer Zeit waren die Tische gedeckt, und lagen auf den Bäncken umher etliche leere. Vaßlein, und grosse Klötzer, darin stacken Vaß-Hahnen, wie sonst in andern Vässern zu seyn pflegen. Da hatte Wagner auch ein Fenster in dem Saal wie einen Schranck vermachen lassen: denselben that er auf und nahm immer eine Schüssel mit Essen nach der andern heraus, und setzte sie auf den Tisch, ein Theil war kalt, ein Theil noch etwas laulecht-warm: und als er diß aufgetragen hatte, vermeineten sie, es wäre nichts mehr fürhanden. Er aber gieng hin, und brachte abermahl andere Gerichte mit Speisen, da fingen sie sich erstlich an zu verwundern, wo das herrliche Essen herkommen möchte, und wie er so viel in dem Schränckel beherbergen könte. Aber sie schwiegen doch still und hätten auch gern getruncken, frageten, ob man bey dieser Mahlzeit nicht träncke? da schlug Christoph Wagner mit einem Stab an[766] die Wand, alsobald kame ein schöner Jüngling heraus, gantz wie ein Teutscher gekleidet, der hatte zween güldene Becher in seinen Händen, gieng hin zu dem einen leeren Vaß, und zapffete einen guten welschen Wein heraus, setzte solthen auf den Tisch, und ließ ihnen selbigen versuchen, und als sie die Becher beschaueten, funden sie des Türckischen Kaysers Nahmen und Wappen darauf gestochen. Bald schlug Wagner auf die andere Seite der Wand, da kam herfür eine schöne Jungfrau / die hatte einen gantzen Korb voller Kunstreicher güldener und silberner Trinck-Geschirr / darunter vieler Fürsten und Herrn Nahmen und Wappen, sonderlich des Königs in Franckreich, in Spanien, auch anderer fürnehmer Prälaten, daß sie genug daran zu sehen hatten; diese gieng hin zu dem dürren Stock und Klotz, zapffete einen guten köstlichen Malvasier hieraus, und gab ihn den Gästen: oben überm Tische hing ein höltzern Rohr, unter solches hielten die Gäste ihr Geschirr, so lieff Wasser aus demselben, wann ihnen eins beliebte, so lang bis er an das Rohr klopffete, und wuste niemand, wo das Wasser hinein käme, weil solches Rohr oben nur mit einem Zwirns-Faden befestiget war. Uber dieses lagen noch[767] andere Väßlein darbey, aus denen allen Spanische / Ungarische und andere Weine gelassen werden konten, dergleichen vormahl noch nie von ihnen getruncken worden war.

Nach diesem brachte er noch mehr Speisen von raren Geflügel und Fischen / derer in Italien nicht gefunden werden. Und als sie nun frölich waren, kam sein Geist, (Meister Auerhahn) mit einer lustigen Gesellschafft, hatten alle Fiedeln, und schrabten darauf, etliche Bauer-Villamellen, und Grase-Liedlein, bald nahmen sie andere Instrumenten und erzeigeten sich frölich: in Summa, Meister Auerhahn ware so lustig und machete so vielerley Kurtzweil, daß solche nicht all zu erzehlen seyn.

Wie nun das Mahl gehalten war, griff Wagner wieder in seinen Schranck, und brachte allerhand seltzame Früchte herfür, so in Spanien, Franckreich, Niederland, Griechenland, in Arabia und India wachsen, von herrlicher frischer Würtze und andern schönen Gewachsen; darbey waren auch allerhand schöne Blumen, und wohlriechende schöne Kräuter, daß davon nicht nur der Mund an wohlschmeckenden Früchten, sondern Augen und Nase contentirt werden konten.

Da sie nun eine gute Zeit frölich gewesen, fähet einer von ihnen an, und spricht zu[768] Wagnern: Signeur Christophore: Ich bitt freundlich, ihr wollet uns doch auch ein hübsch kurtzweiliges Pößgen sehen lassen. Wagner antwortete: es wäre auf dißmahl genug, er hätte diesesmahl nebst andern Hrn. genug gesehen, welches sie sämtlich bekannten, und sagten, daß der Kurtzweil ein grosser Uberfluß gewesen. Aber dieser hielt weiter an, und wolte nicht nachlassen, sondern bat nur noch um eines zum Schlaf-Trunck, da sprach Wagner: es solte geschehen: Bald darauf in einem Huy bekam derselbe einen Ochsen-Kopff / mit grossen Hörnern / recht wie ein solches Thier: die andern Herrn fiengen an, seiner zu lachen und zu spotten; dieses verdroß ihn, und wolte sich mit Schelten verantworten, fähet also greulich an zu brüllen, und brummen, wie ein rechter natürlicher Ochse, bald wolt er einen Becher ins Maul nehmen und trincken, konte sich aber nicht darzu schicken, denn die Lappen am Maul waren ihm viel zu groß, da brachte Wagners Famulus Wein in einem Vaß, da that er einen guten Suff.19 Also hatten diese Herrn ihre Schalcks-Possen mit dem Ochsen, und gönneten es ihm gantz wohl. Unterdessen kommt das Geschrey für seine Madame, die hat erfahren, daß ihr Mann ein Ochsen-Haupt habe, und gehet geschwind hin und befindet es also; da machete sie[769] sich mit losen Worten an Wagnern, und schalt ihn aufs hefftigste; und ob er ihr wohl gute Wort gab, wolt alles doch nicht helffen, da zauberte ihr Wagner einen schönen Küh-Kopff / mit zierlichen Hörnern / und ward also das Gelächter viel grösser; musten auch also mit ihren Köpffen nach Hause gehen, und sich vielen Schauern auf der Gasse zeigen: des folgenden Tages aber wurden sie derer auf der andern Herrn Vorbitten wieder entlediget.

Dergleichen Possen trieb Wagner zu Toleto, daselbst waren viel gute Gesellen in einer Zunfft beysammen, und wolte jeder seine Kunst sehen lassen. Wagner wolte mit seiner auch nicht der letzte seyn, und nimmet den Johannem de Luna in Gegenwart der andern allen, und enthauptet ihn, daß sie es alle sahen, nimmet den Kopff und thut ihn in ein groß Gefäß, oder Schüssel, gab solchen Clausen / seinem Jungen / er solte ihn zu dem Barbierer tragen, und butzen lassen.20 Der Jung thut es, und läufft geschwind, der Barbier nimmt den Kopf, und butzt ihn aufs beste als er kan. Und sein Weib hatte gleich ein Kalb schlachten lassen, davon der Kopff auch noch warm war, den nimmet er, und eher es sich der Clauß versiehet, so parthiret er den Kalbs-Kopff in die Schussel, und ließ den Clausen also damit hinziehen,[770] welcher es nicht gewahr worden: er der Barbier aber hat es wohl verstanden, daß es eine solche Kurtzweil seyn müsse, denn es waren ihm eher Köpffe zu butzen vorkommen.

Wie nun Clauß seinen Kopff überantwortet, und Wagner siehet, daß es ein Kalbs-Kopff war, vermeynet er nicht anders, es habe es ihm einer zur Schalckheit gethan, er solte ihm den nicht wieder aufsetzen, meynend, es würde sich nicht zusammen reimen, aber er ließ sich nichts anfechten, setzte ihm den auf, und meynete, er würde wohl bald wieder zum Menschen-Kopff werden, der Kopff aber blieb stehen, und fing an zu blöcken wie ein Kalb, und gab der Johann de Luna zu verstehen, daß es sein Kopff nicht wäre; dieses merckte Wagner, und fragete, ob einer diese Schalckheit hätte angerichtet, aber es entschuldigte sich jeder aufs höchste, daß sie daran keine Schuld hätten. Unterdessen kommet des Barbiers Junge und bringet den rechten Kopff getragen; denn er wuste wohl, wann er erkaltet, und auch der Stumpff, so könten sie nicht wieder zusammen gesetzt werden. Da diesen Wagner empfing, wurde er froh, und setzte solchen wieder an gehörigen Ort; wäre aber der Jung damit noch eine halbe Stund aussen blieben, so wäre es mit dem de Luna ausgewesen.[771]

Diesen Schimpff suchete Wagner gegen den Barbier zu rächen, und erkundete sich, wo derselbe etwa einen Patienten zu verbinden habe.21 Da ward ihm angezeiget, daß an diesem Ort ein vornehmer Mann /an einem bösen Schaden bey ihm in der Cur wäre; da wartete Wagner auf, bis er einsmahl dahin gienge, und machete ihn zum Kalb, in der Figur, wie sein Kalb gewesen war. Und da er in des Patienten Hauß kam, ward er von niemand erkannt, und meinet jeder, es wäre ein Kalb; Er aber wuste anders nicht, als wäre er ein Mensch, wie er auch würcklich war. Und gieng zum Patienten, und tappete mit seinen Kälber-Füssen auf dem Schaden herum, daß der Herr ruffet, man solte das Kalb von ihm hinaus schaffen, weil es aber nicht von dem Lager wolte, worauf der Krancke war, ließ er es hinweg peitschen / und mit seinen Hunden hinaus hetzen / welche ihn dergestalt zerbissen, daß er etliche Tage daran zu heilen hatte: welches aber der Barbier wohl merckte, von wem ihm dieser Posse gespielet worden. Besiehe hievon Ulricum Molitorem von Hexen und Unholden, Dialog. 4.

Dieweil wir aber 2. mahl heßlich sowohl Molitori als auch dem Autori Hildebrand durch diese erdichtete Geschicht nachgelogen, so wollen wir zum Beschluß[772] dieses Capitels auch noch eine anfügen, wie es diesem Christoph Wagner mit seinem Wahrsagen ergangen, und darin zeigen, daß der Teuffel auch seine Schüler offtmahl mit Lugen berichte, und zu betrügen pfleget, wie folgendes augenscheinlich darstellet: Als Wagner einsmahls gen Neapolis kommen, und vernommen, wie ein reicher Kauffmann auf dem Meer wäre beraubt worden, und umbracht, und für 1000. fl. Güther wären genommen worden; Dessen Erben aber gern den Grund davon wissen wollen, wer doch der Thäter seyn müsse, boten sie ein schön Stück Geld, wer diese Sache offenbahren würde.22 Dieses bedünckte Wagnern eine Sache vor ihn zu seyn, und gab sich an, wie er in der Wahrsager-Kunst grosse Proben verrichtet. Diese Leute waren nach der Italiäner Art aberglaubisch, wie sie dann zuweilen auch selbst gute Zauberer seyn, und verhiessen Wagnern 200. Thaler, da nahm er ein Crystall, beschwur sie und hielt sie gegen die Sonne, da sahe man ein Bild darin eines reichen Kauffmannes zu Neapolis, welchen die Leut bald erkannten, und sahen, daß er solte diesen Mord begangen haben. Es war aber dieser Kauffmann mit dem andern ausgefahren, kamen aber nicht wieder mit einander nach Hause, weswegen er obrigkeitlich befraget wurde;[773] Dieser gab zur Antwort, er wäre für ihm her geschiffet, wisse aber nicht, ob er wäre versuncken oder vom Wind verschlagen worden: Gleicher Gestalt wurden auch dessen Diener befraget, die eben also bezeugeten. Es wolten aber des andern Verwandte mit dieser Aussage nicht vergnügt seyn. Also wurden der Herr und dessen Diener gefänglich eingezogen, und fingen an einen von dessen Knechten auf die Tortur zu legen, der bekennete, als ihm die Strabata corda angezogen wurde, was nicht geschehen war, und wie sie den Kauffmann ermordet hätten. Darauf zogen sie den Herrn auch ein, der bekannte ebenmäßig, wie sein Knecht gethan hatte; Worauf ein Urtheil gefället wurde, diese Meer-Räuber zum Tod zu bringen; Unterdessen aber ländete der Kauffmann, welchen man für erschlagen gehalten, mit seinem Schiffe auch an, frisch und gesund und ohne allen Schaden, und sagete, wie er vom Wind wäre verschlagen worden, daß er 5. Wochen hätte still liegen müssen. Allda sahen sie, wie sie von dem Wagner waren betrogen worden; begehreten ihr Geld wieder, welches er aber nicht geben wolte, und lieff darvon; aber die Spiri setzten ihm nach und erwischete ihn einer bey dem Arm; ehe aber die andern solchem zu Hülff kommen konten, fuhr Wagner mit dem Schergen in die Lufft, und als[774] er mit selbigem ziemlich hoch in die Höhe war, ließ er ihn fallen, davon er ein Bein zerbrach, worauf den andern der Lusten vergienge, diesem Wagner ferner nachzueilen; Also entkam er diesesmahl, und hätte ihm der Teuffel bald ein böses Spiel angerichtet.23 Wer von diesen drey angeführten Exempeln etwas glauben will, der kan völlig unter die Zahl der Einfältigen und Leichtglaubigen gezehlt werden.

Marginalien

1 Was andere Schwartz-Künstler gethan / wird D. Faust zugeschrieben.


2 Wird von Landfahrern in Comödien fürgestellet.


3 Woher er gebürtig seyn soll.


4 Faust stellet einen Weinstock mit Trauben auf den Tisch.


5 Die gantze Faustische Historie wird für ein Gedicht gehalten.


6 Einige halten davor / daß gar kein Faust in natura gewesen.


7 Zweiffel ob des Fausti Geburts-Stadt.


8 Kayser Maximilianus beruffet Faustum.


9 Begehret den Alexanderum Magnum zu sehen.


10 Der Geschicht von Kayser Maximilian wird widersprochen.


11 Auch des D. Fausti schwartzer Hund.


12 Richtet einen Bund mit dem Teuffel auf.


13 Wird für keinen Doctor gehalten.


14 Was eigentlich von des Fausti Person zu halten sey.


15 Wann derselbe gelebet habe.


16 Wie solches erdichtet / daß ihn der Teuffel zu Brada sol weggeführet haben.


17 Wo und wie D. Fausts Ende gewesen.


18 C. Wagner / D. Fausti Famulus, hält ein Gastmahl zu Padua.


19 Wagner machet einem einen Ochsen-Kopff.


20 Enthauptet einen und setzt ihm einen Kalbs-Kopf auf.


21 Nächet sich an einem Barbierer.


22 Wagner wird in seiner Kunst betrogen.


23 Fähret mit einem Schergen in die Lufft.


Quelle:
Bräuner, Johann Jacob: Physicalisch= und Historisch= Erörterte Curiositaeten. Frankfurth am Mayn 1737, S. 751-775.
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