Zweite Szene.

[86] ATHAMAS ruft noch im Gesträuch. Ino! Ino! –

Unter der Musik.


Auch hier find' ich sie nicht –

Sucht ängstlich.


– Ino! – – Man hintergieng mich – sie ist nicht mehr! Vergebens such ich sie, – vergebens irre ich durch Wald und Klippen! – –

Ino! –

Meine Ino!

Ha, Echo, du bethörest mich! –

Sie ist nicht mehr, meine Ino! –

Auch ihr, meine Söhne! –

Learch! Melizert! Söhne meiner Ino! – Ihr kleinen, schuldlosen Gefährten eurer unglükklichen Mutter, folgtet ihr in diese Wüste, theiltet ihren Kummer, fluchtet mit ihr eurem Vater, dem Treulosen, dem Barbarn,[86] der euch hieher ins Elend verstieß. Auch ihr seid verloren! durch mich! – Durch mich! –

Rastlos umher irrend –

Vom Hunger ausgezehrt –

Von reissenden Thieren verfolgt seh' ich die Armseligen dem Jammer unterliegen; indeß ich im Schooße der Wollust – in den Armen einer Nephele – –

Unter der Musik.


Ha! ich Ungeheuer! – kann ich den Gedanken denken, und ihn überleben? – Euch, Götter, ruf' ich zur Rache! – Straft den Verbrecher! – Rächet Ino! – rächet ihre Söhne! – Dich, Juno, rufe ich zur Rache, dich unversöhnlichste Feindinn des Hauses Kadmus! Ino ward dein Opfer! – Auch Learch, auch Melizert! – Athamas ist noch übrig! Vernichte auch mich!! – –

Es donnert von weiten.
[87]


Quelle:
Johann Friedrich Reichardt: Ino, in: Melodramen, Nr. 4, Pilsen 1791, S. 75–107, S. 86-88.
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