Siebenter Auftritt


[142] Valeria leuchtet der Stube herein, Sarmiento folgt ihr als Automate maskiert; er trägt einen bunten Mantel, chinesischen Spitzhut, einen Trichter in der Maske, setzt sich.


VALERIA beleuchtet ihn. Eine Maske, Vater, ihre Stimme erschreckte mich beinah; seht, mit einem Trichter – ein Wahrsager.

VALERIO. Setzt Euch, laßt Euch nieder, schöne Maske, – was steht Euch zu Diensten?

SARMIENTO. Du – denn du stehst und ich sitze.

VALERIO. Ha! Ihr seid witzig; soll ich Euch etwas in den Trichter gießen?

SARMIENTO. Wie du mir eintrichterst, werde ich dir austrichtern.

VALERIO. Hörst du, Mädchen? Der lustige Patron!

VALERIA. Ja, er antwortet recht schnell, macht es auch so; sagt, darf ich nach dem Ball?

VALERIO. Schon gut, lasse uns erst hier unsre Maskerade genießen. Lustiger, gewandter Mann mit dem umgewandten Trichter, nun – ja – was wollt ich denn gleich sagen?[142]

SARMIENTO. Was du nicht wußtest, ehrlicher, lustiger Valerio de Campaceo.

VALERIA. Vater, vergeßt mich nicht.

VALERIO. Gleich, ich will ihm nur erst eine Frage setzen, die er mir schuldig bleiben soll. So sagt mir denn, was ich vergessen habe; seht, hier über das Kamin möchte ich gerne eine Sentenz schreiben; nun hatte ich zwar sonst eine, jetzt aber habe ich sie vergessen.

SARMIENTO. Bene bibere et laetari.

VALERIO verwundert. Bene bibere et laetari – recht – recht, Ihr seid ein Hexenmeister; sagt, woher wißt Ihr das? Ihr müßt ein alter Bekannter sein – es sind doch nun achtzehn Jahre her, daß ich es vergaß.

SARMIENTO. Armer Valerio! seit achtzehn Jahren nicht gut getrunken und nicht gefreut?

VALERIA. Lieber Vater, nun habt Ihr Euren Spruch, daß Ihr zufrieden seid; gebt mir den meinen auch so – soll ich gehn?

VALERIO. Gehe, Kind, hole deinen Spruch, wo ich den meinen holte.

VALERIA. Mein lieber Freund, heute ist ein Ball, auf welchem ein Mann ist, den ich liebe, und ich möchte ihn gern tanzen sehn – darf ich hingehn? –

SARMIENTO. Dein Vater und ich gehen auch mit.

VALERIA. Habt Ihr gehört, Vater? – Wie das Orakel klug spricht!

VALERIO. Was dir so recht gelegen kömmt, nennst du klug – was willst du denn vorstellen? –

VALERIA. Seht, ich habe wohl gewußt, daß Ihr mirs noch zugeben würdet, und habe mir schon eine Maske als Kolombine zurecht gemacht. Ich werde Euch gefallen. Ab.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 142-143.
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