Zehnter Auftritt


[175] Vorige ohne Valeria.


VALERIO der ihr freundlich zusah. Ja, singe nur, Sirenchen! Wenn das Wesen singt, ist alle meine Autorität hin, ganz wie die Mutter – das weiß sie nun. Aber es ist doch Jammer und Schade, Ritter, um das Kind. Wenn so ein armer Teufel einen Engel besitzt, hat er gleich die ganze Hölle auf dem Halse. Die neue Zucht ist Unzucht.

SARMIENTO. Wenigstens Ungezogen, und das liegt an uns. Aber wir wollen anfangen – Ponce soll weg.

VALERIO. Habt Ihr aus Flandern ein Mittel mitgebracht, Tintenflecke wegzubringen?

SARMIENTO scherzend. Ja, denn du sollst auch weg.[175]

VALERIO. Mit Euch und meinem Kinde, zu jeder Stunde.

SARMIENTO. Ich habe einen Plan gemacht, Valerien und Ponce und Porporino zu helfen, und Aquilar zu strafen, und meine Töchter auf die Probe zu stellen; alles zugleich, wenn du hilfst, und dann noch Hochzeiten.

VALERIO. Gerne – sprecht, das wäre auf einen Zug ein reicher Fang.

SARMIENTO. Sieh, Ponce gefällt mir, wenn eine herrschende Königin in sein anarchisches Gemüt käme, könnte er viel werden. Er ist der beste von allen; er ist doch melancholisch.

VALERIO. Ja, er fühlt sich noch selbst. Wer soll aber Herrscher in ihm werden, und wie werden wir die arme Valeria, die emigrierte Prätendentin, trösten?

SARMIENTO. Sie haftet mehr an ihrer Liebe als an Ponce, und siehet sie ihn ernstlich lieben, so wird sie mit Porporino glücklich sein; denn wenn Ponce ernstlich liebt, so wird er ein anderer. – Mein Plan nun ist der: Ponce liebt meine Tochter Isidora, die er nur durch Felix kennt, und Felix sagte mir, auch Isidora sei ihm geneigt. – Wie wäre es, wenn du und Porporino ihn und Aquilar auf meinem Gute empfinget und sie beide ein bißchen quältet.

VALERIO. Das wäre ganz gut; aber wo soll Valeria bleiben? Auch ist Eure Schwester Juanna alt und streng, und wird die Ritter nicht einlassen, und die Ritter werden mich und Porporino kennen.

SARMIENTO. Dafür ist gesorgt. Ich habe meiner Schwester Juanna einen Brief aus Flandern datiert geschickt, der sie nach Valladolid ruft, die Erbschaft meines verstorbenen Vetters zu betreiben; meine andere Schwester, die von allem unterrichtet ist, wird gleich die Aufsicht bei den Mädchen übernehmen; Porporino, als Arzt verkleidet, wird sie hinbringen und dich, den ich von nun an auf ewig zu meinem Hausmeister auf dem Gute ernenne, werden sie gar nicht zu sehen bekommen, du mußt ihnen aus dem Wege gehen.

VALERIO. Das liegt mir schon von selbst in der Natur; aber Valeria, wo soll sie bleiben?

SARMIENTO. Dein Mädchen wird zwei Tage allein sein, dann kann sie Porporino holen; aber du mußt heute noch hin.[176]

VALERIO. Heute noch?

SARMIENTO. Je früher, je schneller ist es vorüber; packe das Nötigste zusammen.

VALERIO. Da müßte ich Valerien einpacken; doch auf Euer Wort, verstehe ich die Sache zwar nicht ganz, glaube ich blind.

SARMIENTO. Sage es Valerien, und rüste dich.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 175-177.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Ponce de Leon
Ponce de Leon
Valeria: Oder Vaterlist, Ein Lustspiel in Fünf Aufzügen (Die Bühnenbearbeitung Des