Zehnter Auftritt


[200] Garten, links eine Statue des Apollo auf einem viereckigen Piedestal, um welches ringsum Bänke angebracht sind. Porporino und Valerio treten ein.


PORPORINO. Nun, wie geht es dem Hausmeister?

VALERIO. Nicht besser als dem Leibarzte. Ich habe kein Haus als meines in Sevilla, und an dieses denke ich den ganzen Tag.

PORPORINO. Und ich habe keinen Leib als den meinen, an den denke ich den ganzen Tag. Besonders seit dem Jahre, daß die Perücken aufkamen, die kosten mir viel Studium.

VALERIO. Tue sie ab, armer Schelm, bis jemand kömmt.

PORPORINO. Ich möchte, der Herr Apoll trüge sie statt meiner! Er nimmt sie ab und legt sie auf das Piedestal. So, nun kann ich trocken hinter den Ohren werden – ich opfre sie ihnen einstweilen auf.[200]

VALERIO. Es ist ordentlich recht melancholisch hier im Garten, so recht still; nicht wahr, Porporino?

PORPORINO. Ja, es scheint eine gute, stille Haushaltung, alles an seiner Stelle, im Hause pfeifen die Hausmäuse, und hier die Feldmäuse.

VALERIO. Du kannst deine Perücke in acht nehmen, daß dir die lieben Hausmäuse kein Mäusehaus daraus machen. Was das Gras so hoch stellt! – Der vorige Hausmeister war ein Esel.

PORPORINO. Vermutlich ein verwöhnter, der kein Gras mehr fraß. – Ich wollte nur, Aquilar und Ponce kämen, uns die Zeit zu vertreiben; wahrlich, ich werde nicht eher Hausarzt gewesen sein, bis ich die Mäuse mit dem Gift, das die beiden haben werden, vertrieben habe. Es wird alles freundlich aussehen, wenn sie einen Tag hier sind, wir wollen ihnen einen Esel bohren, der schon in das Gras beißen wird.

VALERIO. Die Leute sind freundlich und gut, aber auch die Mäuse sind sehr human. Ich konnte die vorige Nacht gar nicht schlafen, ich mußte mit dem tölpelhaften Perez in einem Bette schlafen. So sehr er auch mit Wein zugedeckt war, zog er mir doch immer die Decke weg; da dachte ich dann recht herzlich nach Hause. Was mich so recht daran erinnerte, war eine von den vielen lieben Mäusen; die pfiff ordentlich wie die in meiner Kammer zu Sevilla. Du weißt, sie war schon zu meiner selgen Frau Zeit da, es war, als wäre sie mitgezogen.

PORPORINO. Ja, ich kenne sie wohl, sie wird jetzt recht allein sein.

VALERIO. Valeria hört sie nun, dachte ich immer.

PORPORINO. Die hört jetzt eine andere Gattung – die hört Kirchenmäuse, die singen gar auferbaulich. – Habe ich es Euch nicht gesagt? daß sie das Haus verschlossen und zu Eurer Base ins weiße Nonnenkloster ist.

VALERIO. Ist sie? Brav – nu sieh, was das Kind auf Ehre hält.

PORPORINO. Ach, ich wollte, sie wäre hier, sie wäre mein, ich bin des Scherzes so müde!

VALERIO. Es wäre schön, es wird auch werden. Hier bei den lieben Fräulein wird sie erst recht artig werden.[201]

PORPORINO. Artiger? Sie kann nicht. Ich muß ohnedies schon viel artiger werden, um sie einzuholen.

VALERIO. Ei, laß das; behalte deine Fröhlichkeit. Sieh, da kommen die lieben Leute. Porporino setzt die Perücke auf.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 200-202.
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