Zwölfter Auftritt


[260] Valeria, Lucilla, Valerio; geharnischt, alle mit langen Hellebarten und geschloßnem Visier, letzterer sehr abenteuerlich. Valerio und Lucilla schlagen mit den Spießen zwischen die beiden, Aquilar entfällt die Pfeife, Valeria reißt Ponce zurück.


VALERIO. Wollt ihr Ruhe haben! – Schöner Trost, wenn die Besatzung uneins wird!

LUCILLA. Wendet euren Mut gegen die Feinde an.

AQUILAR. Alle gute Geister loben Gott den Herrn! O weh, Rittergespenster – sie handeln mit alt Eisen!

PONCE. Was soll die Maskerade?

VALERIO. Besser das alte Eisen als das kalte.

AQUILAR. Da waren wir eben dran.[260]

VALERIA. Wir sind Freunde; kommt herauf, das Schliß zu verteidigen!

PONCE. Gegen wen?

AQUILAR. Sie wollen uns als Ratzengift gebrauchen; du weißt, es sind viele Mäuse hier im Schlosse!

VALERIO. Spottet nicht – Ihr wißt, Don Felix, Euer Freund, hat seine entführte Braut hier und ist weggeritten, einen Prediger zu holen; nun aber ist ein Überfall von dem andern Bräutigam und der Familie zu erwarten, und wir verteidigen das Schloß.

AQUILAR. Ihr seid wohl die Nachtwächter aus der Gegend?

VALERIO. Nein, unsres Herrn Don Felix treue Diener! Nachtwächter sind keine hier im Schlosse, sonst würden gewisse Unordnungen nicht begangen worden sein; doch wir fordern euch auf, eures Freundes Sache zu verteidigen!

AQUILAR. Er stichelt auf uns.

DIENER außer Atem gelaufen. Ich sehe Staub, und Leute zu Pferde!

VALERIO. Hast du die Zugbrücken gleich herabgelassen?

DIENER. Ach! ich hätte es ja gern getan, wenn nur welche da wären; die Tore habe ich aber zugemacht.

VALERIO. Nun stelle dich ans Hintertürchen, und fragt einer unsrer Freunde nach mir, so rufe mich.

DIENER. Verzeiht, wer seid Ihr denn?

VALERIO. Ich stelle den geharnischten Hausmeister vor. Diener ab.

PONCE nimmt seinen Degen. Bringt mich vor die Türe Lucillens!

LUCILLA UND VALERIA. Wir sind ihre Diener, wir werden mit Euch hingehen.

AQUILAR. Ich werde vor das Tor gehen und ihnen wie ein mörderischer Sphinx, der diese Burg bewacht, halsbrechende Rätsel aufzubeißen geben.

VALERIO. Es kam auch gar zu schnell – ich muß geschwinde die Hülfstruppen zusammenblasen – Nimmt ein Kuhhorn. Geht nur, geht – nehmt die Pfeifen mit – Bläst wie ein Kuhhirt.

AQUILAR. Ihr wollt doch nicht erst jetzt die Herden eintreiben lassen?

VALERIA. Fort, fort! Alle ab mit den Instrumenten bis auf Valerio.[261]


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 260-262.
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