Sechster Auftritt.

[40] Pedrillo. Hernach Belmonte. Konstanze. Blonde.


PEDRILLO machts Osmin nach. Gute Nacht – Brüderchen – gute Nacht! Hahahaha, alter Eisenfresser! erwischt man dich so? Gift und Dolch! – Du hast deine Ladung! Nur fürcht' ich, ists noch zu zeitig am Tage; bis Mitternacht sind noch drey Stunden, und da könnt er leicht wieder ausgeschlafen haben. – – Ach! kommen Sie, kommen Sie, liebster Herr! Unser Argus ist blind; ich hab ihn tüchtig zugedeckt.

BELMONTE. O daß wir glücklich wären! – Aber sag: ist Konstanze noch nicht hier?

PEDRILLO. Eben kommt sie da den Gang herauf. Reden Sie alles mit ihr ab. aber fassen Sie sich kurz; denn der Verrärher schläft nicht immer.

Währender Unterredung des Belmonde mit Konstanzen, unterhält sich Pedrillo mit Blonden, der er durch Pantomime den ganzen Auftritt mit dem Osmin vormacht, und jenen nachahmt; zuletzt unterrichtet er sie ebenfalls, daß er um Mitter[40] nacht mit einer Leiter unter ihr Fenster kommen wolle, um sie zu entführen.

Einander im Arm.


KONSTANZE. O mein Belmonte!

BELMONTE. O Konstanze!

KONSTANZE. Ists möglich? – Nach so viel Tagen der Angst, nach so viel ausgestandenen Leiden, dich wieder in meinen Armen –

BELMONTE. O dieser Augenblick versüßt allen Kummer, macht mich all meinen Schmerz vergessen –

KONSTANZE. Hier will ich an deinem Busen liegen und weinen! – Ach, jetzt fühl ichs: die Freude hat auch ihre Thränen!

BELMONTE. Laß mich sie hinweg küssen diese Thränen; o daß es die letzten wären! – Aber, Konstanze, ists wahr? Du bist die Geliebte des Bassa? –

KONSTANZE. Wie, Belmonte? Konntest du glauben, daß deine Konstanze jemals untreu werden könnte? Traust du einem Mädchen nicht mehr Treue und Standhaftigkeit zu? – Wie viel Nächte hab' ich schlaflos auf meinem Lager durchwacht, wie viel Seufzer für dich zum Himmel geschickt – Ha! rief ich aus: Gütiger Himmel! erhalte nur meinen[41] Belmonte; und ich will gern alles erdulden, ihm dieß Herz so treu wieder zu bringen, als es bey unserer Trennung war.

BELMONTE. O verzeih, Konstanze, verzeih dem mißtranischen Liebhaber. Du weißt ja: Unglück macht mißtrauisch. Mit diesem Kuß empfange meine Gelübde aufs Neue, ewig, ewig der Deinige zu seyn! – – Und nun zu unserm Vorhaben: Ich hab hier ein Schiff in Bereitschaft; um Mitternacht, wenn alles schläft, komm ich an dein Fenster; und dann sey die Liebe unser Schutzengel!

KONSTANZE. Mit tausend Freuden! Was wollt ich nicht mit dir wagen? Ich erwarte dich –

PEDRILLO. Also, liebes Blondchen, paß ja hübsch auf, hörst du's?

BLONDE. Sorge für mich nicht. Das wär das erste Abentheuer, das ein Mädchen verschlafen hätte.

PEDRILLO. Du wirst's schon merken, wenn du so was Gesungenes hörst, wie's so meine Art des Abends immer ist; dann paß auf, und dann mit einem Sprung ins Schiff! – Nur hübsch Muth gefaßt, und nicht verzagt: Wer alles zu verlieren hat, muß alles wagen!
[42]

Mit Pauken und Trompeten,

Und Tapferkeit und Stärke

Gehn Helden rasch zu Werke,

Und tragen Sieg davon.

BLONDE.

Auch schwacher Mädchen Herzen

Kann Heldenmuth beleben;

Trotz Zagen, Angst und Beben,

Ist endlich Sieg ihr Lohn.

BELMONTE.

Für dich, mein theures Leben,

Sollt' ich nicht alles wagen?

Selbst Fesseln für dich tragen,

Wär' schon ein süßer Lohn.

KONSTANZE.

Was acht ich die Gefahren!

In dir nur find' ich Freuden.

Den Tod für dich zu leiden,

Wär' für mich süßer Lohn.

ALLE ZUGLEICH.

Wie bebt das Herz vor Freuden!

Ha! mit der Liebe Flügeln

Eil ich durch Meer und Fluthen,

Geliebte, (Geliebter) schon davon.[43]

Quelle:
Johann André: Belmont und Constanze, oder: Die Entführung aus dem Serail. Leipzig 1781, S. 40-44.
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