Achtes und Leztes Buch.

[709] Zu Prage auff dem Schloßwahle machten die Polter Geister diese erste Nacht des Beylagers ein solches Unwesen / daß die ausgestelleten Schildwachten darauff nicht bleiben kunten / wie ungerne sie auch wichen; dann etliche / die hart Widerstand leisteten /wurden gar hinunter in den Graben gestürzet / daß sie sich durch schwimmen erretten musten; die anderen wurden mit Gewehr und Waffen abgetrieben / und sahen doch keine Hand / die solche führete. Dieses Gespenste-werk hielt über eine Stunde an / und kunte keiner von allen anwesenden Kriegsknechten einigen Laut von sich geben. Kaum hatte sich dieser Aufflauff gestillet / als Neda / dem die Ober Wachtmeisterschafft anbefohlen wahr / seinen Umgang hielt / und diese ganze Seite des Wahls von allen Kriegsleuten entblösset fand / worüber er sich eiferte / und schon harter Dräuworte sich vernehmen ließ / sahe aber eine Schildwache ganz pfützenaß den Wahl wieder herauff klimmen / und fragete mit Troz / welcher Henker ihm dahinunter geführet hätte; Die entwichene / welche sich in das Wachthauß begeben hatten / höreten seine Stimme / und gingen wieder zu ihm hin / andeutend /was sich kurz vergangen zugetragen; so rieffen etliche jenseit des Graben gegen den Wahl / man möchte ihnen das Tohr öffnen / weil sie mit grosser Gefahr hinüber geschwummen währen / und ihr Leben gerettet hätten. Neda verwunderte sich dessen nicht ein geringes / stellete sich doch gegen die Knechte / als gläubete ers nit / besetzete die Wachten auffs neue /und befahl ihnen / alsbald anzeige zutuhn / da sich dessen mehr zutragen würde; hätte es auch den Königen gerne angedeutet / aber er durffte sie nit so früh aus dem Schlaffe wecken; doch so bald der helle Tag sich sehen ließ / ging er hin zu seinem Könige auff das Schlaffgemach / und als er denselben wachend vernam / sagete er: Gnädigster König; wann ich nit ausgelachet würde / müste Ihrer Hocheit ich eine nächtliche Begebniß anmelden. Ist es lachens wert /antwortete er / so sagets nur her. Die bösen Teuffel /sagte Neda / haben diese Nacht ihr Polterwerk auff dem Osten-wahle getrieben / und alle daselbst sich befindende Kriegsknechte / teils in den Graben hinunter geworffen / teils zum Wahl Tohr hinab gejaget /daß bey meinem Umgange ich denselben ganz ledig gefunden. Der König gab zur Antwort: Ich halte / daß die Knechte der gestrigen Hochzeit mit genossen /und mehr gesoffen / als ihre Gänse Köpffe vertragen können / daher sie selbst zu Polter Geistern worden sind. Nein / gnädigster König / sagte er; ich habe scharffe Nachfrage gehalten / und befinde / daß deren keiner im geringsten nicht ist bezechet gewesen. Als es hernach der Königlichen Geselschafft angemeldet ward / urteilete Herkules daher / es würde dieses Beylager dem Teufel zuwider seyn / weil viel gutes / zu ausbreitung des Christlichen Glaubens daraus entstehen könte; Nach gehaltener Unterredung aber bahten sie Gott / er wolte dem Teufel steuren / und seine schädliche Wirkungen von ihnẽ allen in Gnadẽ abwenden. Sie hatten sich kaum zur Mahlzeit nidergesezt / und begunten die jungen Eheleute umzutreiben /ob die Braut ihre Unter- und Oberkleider auch vor dißmahl verlauffen hätte / wie jensmahl auff dem Häu; da das fromme Christliche Fräulein ihre Antwort[710] zugeben schon fertig wahr; aber Leches verhinderte sie daran / welcher vor den Tisch trat / und untertähnigst umb Verzeihung baht / daß er nicht unterlassen dürffte / ihren Hocheiten und Durchll. anzumelden /was gestalt eine fliegende Zeitung durch die Stad erschollen währe / die wenig gutes nach sich führete. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagete: Was vor Unglük sträuet uns dann nun der leidige Teufel zwischen unsere Christliche Fröligkeit? Ich gedachte wol / er würde uns dieselbe nicht lange ungestöret lassen; ists aber ein schlimmeres / als welches er hinte auff dem Wahle gestifftet hat? Solches mag wol ein Zeichen eines viel schädlichern gewesen seyn / antwortete er; massen über die 20 Menschen in grosser Angst zum Osten Tohre herein gelauffen sind / mit vermelden / es seyn die Pannonier mit unsäglicher Macht ins Land gefallen / und verwüsten alles vor sich her als eine überschwemmende Sündfluht / so daß sie weder Menschen noch Vieh / weder Städte noch Dörffer /weder Acker noch der fruchtbahren Bäume schonen. Ist dem also / sagte Herkules / so befürchte ich ein grosses Blutbad / und schwere Landesverwüstung; dann es wird König Mnata seinen Bato / Pines / und was er sonst finden kan / zurächen suchen. Doch dem Allerhöchsten sey herzlich Dank gesaget / daß er unser Wiederkunfft von dem Wendischen Kriege erwartet hat / dann sonst würde er alles übern hauffen geworffen haben. Das Fürstliche Frauenzimmer entsetzete sich darüber / daß ihnen alle Lust zur Speise verging / und weil das Geschrey sich in wenig Stunden hefftig vermehrete / muste Neda mit etlichẽ Teutschen / Ekharden folgen / umb / so viel Reuter und Fußvolk / als in der Eile möglich seyn würde / herüber zuschaffen / und sie reicher Beute zuvertrösten. Diese jageten eilend fort / und erreicheten jenen mit seiner Geselschafft an den Grenzen / gaben ihm den Königlichen Befehl / und kehreten wieder umb nach Prag / da sie 9000 Teutsche Reuter mit sich nahmen /auch von darab biß an Prag alle wehrhaffte junge Manschafft mit ihren Waffen auffbohten. Umb Prage her geschahe desgleichen / von Leches / Prinsla / Neklam und anderen. Herkules freuete sich seiner Teutschen / Friesen und Wenden / 34000 stark / zu welchen sich 14000 Böhmen tahten / und unter Baldrich und Siegward noch desselben Tages fortgingen /denen ernstlich eingebunden ward / nichts hauptsachliches wider den Feind vorzunehmen / noch durch ihre bekante List sich in Gefahr locken zulassen. Ich wundere mich dieses überfals nicht / sagete Herkules /sondern vielmehr / daß er sich nicht zeitiger gereget hat / weil mir stets vorgestanden / daß der Kampff wider Pines vor Padua angefangen / sich in Böhmen wũrde endigen mũssen; woran er dann gar nicht irrete; Dann weil König Mnata und seine Stände nicht allein jensmahls von den zurük kommenden Dienern vernommen hatten / was gestalt der Teutsche Großfürst Herkules nebest König Ladisla und andere mehr wider ihre Gesantẽ vor Padua gestrittẽ / uñ sie erlegt hättẽ / sondern auch wusten / dz ihre streiffende Schaaren zu unterschiedlichẽ mahlẽ von den unsern zurük geschlagen waren / wolten die Pannonier solchen Schimpff und Schaden nicht länger auf sich ersitzen noch ungerochen lassen; damit aber alles mit Raht und vorsichtigkeit angefangen würde / stellete ihr König eine Reichsversamlung an / und solches auff unablässiges getrieb seines Stathalters Dropion /des verwägenen Pines und Bato dritten Bruders / welcher ein ũberaus Mañfester und hochmühtiger Mensch wahr / und nicht geringere Gewalt im Königreiche als Mnata selbst hatte. So bald die gesamten Landstände beyeinander[711] wahren / trat derselbe auff / und hielt diese Rede: Ich weiß nicht / unüberwindlichster König / und ihr tapferen hochweisen Landstände dieses unvergleichlichen Pannonischen Reichs; ich weiß nicht / ob mirs anstehen wil / unsere jetzige Reichsnotturft vorzutragen; oder da mirs anstehen wird / ob ich in meinem vorbringen nicht etwa vor einen solchen angesehen werden möchte / welcher mehr umb sein eigenes anliegen als umb des Reichs beste redet. Zwar in meinem Gewissen bin ich versichert / daß ich nichts als gemeine Wolfahrt suche /welches einem jeden Biderman oblieget; ob ich aber auch von eurer Königl. Hocheit / und der anwesenden hochtapferen Versamlung davor gehalten werde / wird ihre allergnädigste und freundliche Erklärung entdecken. Wie hoch dieses unser Reich vor allen anderen zu schätzen sey / werden uns die Römer selbst Zeugnis geben / als denen wir die einige hinderung sind /daß ihr Reichsstab sich nicht über ganz Europa ausstrecken kan; sie sind bißher wieder uns zu felde gelegen / so lange ich ein Mann gewesen bin / aber unsers Bluts nichts umbsonst gekostet / und unserer Macht nicht grössern abbruch getahn / als wir ihnen. Wie lange wollen wir dann des tolkühnen Teutschen Jünglings / der sich Herkules nennen lässet / und seines verwägenen Gesellen des After Königes in Böhmen Hochmuht / beschimpf- und spottung dulden / und ihren Geifer / den sie uns ins Gesichte geworffen / unabgewischet lassen. Ich klage nicht eigentlich hierũber / was meinem Bruder / dem redlichen Bato /einem Königlichen Gesanten schon vor vier Jahren begegnet ist. Ich betraure eben meinen andern Bruder nicht / den ritterlichen und umb diese Kron hochverdienten Pines / daß er vor einen leibeigenen Ruderknecht sich auff der Römer Schiffen neben seinen tapferen Gesellen gebrauchen lassen muß; dann dieses /möchte jemand gedenken / währe mein eigenes Haußunglük / welches mit den Reichshändeln nicht müsse vermenget werden; wiewol ein jeder weiß / daß sie nicht als meine Brüder in ihren eigenen oder meinen verrichtungen; sondern in des ganzen Landes Geschäften als Königliche Reichs-gesanten beleidiget und geschändet sind. Meiner drey ausgerusteten Kriegs Schiffe habe ich auch schon vergessen / welche der Böhme auff dem Adriatischen Meer schändlich überfallen / uñ alle ehrliche Mannschaft / hoch und niedrig / durcheinander her / an ihre eigene Masten aufgeknüpfet hat. Nur gehet mir zu herzen / und peiniget alle meine Geister / daß der Pannonische Nahme / davor ehmahs Käyser und Könige erzittert /Länder und Völker erbebet / von den leichten Böhmen und nacketen Teutschen als ein Spot mus gehalten werden. Es ängstet mir mein Blut / daß ein Teutscher Jüngling uns ein zehnjähriges Joch an den Hals geworffen / damit uns die Römer unter ihrer Zinß-schuld halten / welches wol kein Mensch gehoffet hätte / solte auch wol unmöglich blieben seyn / wann nicht der Teutsche Zäuberer Herkules / welcher / beständiger aussage nach / einen Teufel in Pferdesgestalt reiten sol / und ihm allemahl den Sieg erhält /uns diesen Spot bereitet hätte. Was rahtet ihr nun / O ihr Väter des Vaterlandes? was rahtet ihr unserm gegenwärtigen Könige / in dieser hochwichtigen Sache? sol es ungerochen bleiben? sollen wirs noch weiter in uns fressen / wie bißher geschehen ist? so haben wir erstes tages die Bömischen Gesanten vor dem Schloßtohr / die werden uns gebotsweise ansagẽ / daß wir den Reichsschoß nach Prage einliefern sollen /welchen sie vor diesem hieher mit ehrerbietigkeit gebracht haben; und weil sie wissen / daß unsere Rentkammer rechtschaffen bespicket ist / und die Untertahnen von[712] grossen Geldmitteln sind / so werden sie nach unser Haabseligkeit zuschnappen nicht auffhören / biß sie alles hinweg haben. O der Schande! ein Königlein / ein junger Ohn-bart mus uns beschimpfen / und der Römische Käyser hat uns nichts angewinnen können. Wolte Gott / ich währe ein Weib / so wolte ich mich in einen Winkel verkriechen / und daselbst des Vaterlandes Unglük beweinen; aber mir als einem Ritter und Kriegsmanne wollen die Trähnen weder anstehen noch fliessen. Währen wir die alten Pannonier / müsten die Ohmächtigen Böhmen schon alle mit ihrem Könige unter der Peitsche / und der Pannonier Leibeigene seyn; aber nun geben wir mit stilleschweigen an den Tag / daß wir uns fürchten / und noch wol dem Himmel darzu danken / daß wir zwischen unsern vier Pfälen wohnen können / und in unserm Lande unangefochten bleiben. Wachet auff meine Brũder / wachet auff / was schlaffen wir? ein vierwöchiger Zug / sehet eine kurze Zeit / eine geringe Mühe / sol Böhmen zu grunde richten / des wil ich euch meine Güter / meine Ehr und mein Leben zu pfande setzen. Fürchtet ihr euch aber vor dem Bömischen Schwerte / und wollet ihnen lieber zusehen /wie sie euer spotten / als den Spott abwenden und rächen; wolan / so wil ich meinen allergnädigsten König und die löblichen gesamten Landstände untertähnigst und freundlich ersuchet haben / sie gönnen mir auff meine Kosten / Völker / inner- oder ausserhalb des Reichs zu werben / und daß mir frey stehe /mein håußliches Unglük / an meinen löblichẽ Brüdern erlitten / als ein redlicher Mañ zu rächen / weil mirs könte verdacht bringen / wañ ich des Reichs Anspruch auff meine selbst gewachsene Hörner nehmen /und verfechten wolte. Und wann ich auch dieses nicht erlangen kan / so mus entweder mein König mich hinrichten lassen / oder ich wil mein eigen Schwert wie der mich selbst gebrauchen / weil mir unmöglich ist /solche Schande noch långer zuverschmerzen. Diese lezten Worte endigte er mit solchem rafichten Eifer /daß ihm das Blut aus Maul und Nase sprützete. Der König kennete den Sinn dieses verwägenen Menschen / sahe auch / daß er aus dem grimmigsten Eifer geredet hatte / wolte aber seinen Willen noch nicht anzeigen / sondern begehrete / daß die Stände zuvor sich über diese beyde Fragen beständig heraus lassen solte; Ob man den von dem König in Böhmen und GroßFũrsten in Teutschland eingenommenen Schimpf solte verschmerzen / oder rächen; und wann er müste gerochen seyn / auff was Weise und Wege man alsdann die Rache solte vornehmen. Bey der ersten Frage wahren sie ũberal einig; man müste Pannonische Ehre und ansehen keines weges von so geringen Feinden schwächen lassen / sondern die Rache ernstlich vornehmen / und es dahin spielen / daß ihrem Könige und dem ganzen Reiche satsamer Abtrag / beydes von den Böhmen und Teutschen geschähe. Die andere Frage aber ward auf dreyerley Weise beantwortet. Mastyes des Königes Unter Stathalter / ein verständiger ReichserfahrnerMann sehr hohes Adels / welcher stets zum Friede geneiget wahr / seinem Könige geträu / und dem Vaterlande ergeben / muste auff Befehl / und der Ordnung nach / seine Meinung zu erst sagẽ /welcher dann diese Stimme gab: Nach dem unser allergnädigster König und die gesamten Reichs-Hof-und Kammer-Rähte dessen allerdinge einig sind / daß von unsern Beleidigern / anfangs den Böhmen und nachgehends den Teutschen / wir des angelegten mannichfaltigen Schimpfs wollen ergetzet seyn / wird darauff reiflich müssen erwogen uñ überleget werden /wie und auff was Weise man einen solchen tapferen und billichen Vorsaz[713] wolle ins Werk richten / so daß unser gutes Recht in den Schranken der Billig- und Gerechtigkeit erhalten werde / wie ich mir dann andere Gedanken zumachen / nicht Ursach habe / als daß wir alle und jede dahin sti en werden / wir wollen nichts vornehmen / als was recht / löblich / und vor der ganzen erbahren Welt verantwortlich sey / so daß man allenthalben an uns rühmen möge / wir haben unsere Macht nicht mißbrauchet / sondern vernünftig und erbar gehandelt. Nun bringet aber aller verständigen und der Gerechtigkeit ergebenen VölkerRecht es mit sich / dz der Beleidigte allemahl zu erst dem Beleidiger sein Verbrechẽ vorhalte / uñ vor angefügten Schimpf und Schaden gebührlichen Abtrag uñ Gutmachung fodern lasse / so daß / wann jener sich zur Billigkeit erbeut man den Zwiespalt und die Fehde durch friedliebende verständige Mäñer ohn Streit uñ Blutvergiessen hinzulegẽ sich bemũhet / wil aber die Güte nicht haften / dann so kündiget man ihm den Krieg billig an / und suchet durchs Schwert / was durch das Recht nicht zuerhalten ist. Und also halte ich vor billich und best / daß in dieser wichtigen Sache man den gelindesten Weg auch vor die Hand nehme / damit hernähst / wann derselbe nicht zureichen wil / man die umliegende freien Königreiche und Herschafften / von solcher Ungerechtigkeit uñ erlittenen Gewalttaht Bericht tuhn / und ihren Beistand / da man dessen benöhtiget währe / suchen uñ erlangen könne / welche in einer so gerechten Sache ihre Hülffe dem Pannonischen Reiche nit versagen werdẽ. Endlich setzete er hinzu / man hätte wol zubedenken / daß Böhmen und Teutschland in enger Verbündniß sehr mächtig währen / denen nunmehr Frießland und Wendland zu Gehorsam stünde / auch Schweden und Dänenmark ja wol das Römische Reich selbst sie nit hülf-loß lassen dürften / um welches sie neulicher Zeit sich wol verdienet gemacht / und ihnẽ zu Dienste / der Pannonier Feindschaft über sich gezogen hätten; welches alles / wañ ers bey sich erwöge / nichts anders mit sich brächte / als daß dieser Krieg ein grosses nach sich zöhe; zu geschweigen daß man von unter schiedlichen Wunder begebnissen sagen wolte / welche ihre geistlichen mehrenteils vor sehr unglüklich und dem ganzen Reich dräuend / auslegetẽ; Ist demnach meine unvorgreifliche Meinung / wiederholete er / daß man vor erst den gelindesten Weg gehe / und Abtrag in der Gũte fodere; wie wol ich bereit bin /einem heilsameren und vorträglichern Rahte gerne zuweichen / insonderheit dem Königlichen Schlusse ohn einiges Wiedersprechen mich zu unterwerffen. Als dieser geendiget hatte / wahr die Ordnung an Agiß /dem Reichs- und Hof-Marschalk / welcher ein auffrichtiger frommer Mann wahr / und ihm seines Königes Heil und gemeines LandesWolfahrt mehr als kein ander ließ angelegen seyn; aber Dropion wahr ihm überaus gehässig / trachtete ihm auch nach Ehr und Leben / weil in unterschiedlichen Sachen er sich dessen Boßheit zu des Königes Nutzen entgegen gesetzet hatte. Er wahr schon zimliches alters von 63 Jahren /uñ hatte sich beyde durch Krieges- und FriedesHändel um dz Vaterland wol verdienet gemacht. Dieser hatte sich schon in etwas erkundet / mit was Vorsaz Dropion umging / aber er durfte sichs gegen niemand merken lassen / weil dieser Wüterich durch seinen grossen Anhang viel zumächtig wahr; ging demnach auch vor dißmahl und bey dieser Sache gar behuhtsam / und stimmete bey der ersten Frage nicht allein ganz nach Dropions Willen / sondern rühmete auch dessen Heldenmuht / daß er ihm mit solchem Eyfer seines Königes und des Vaterlandes Ehre liesse angelegen seyn. Bey der anderen Frage aber fiel er dem Unter-Stathalter[714] Mastyes allerdinge zu / und zwar unter diesem Scheine / als hielte er vor gewiß /dieser würde es mit jenem schon also überleget und abgeredet haben; nur daß er hinzu setzete / das Gerücht erhöbe den jungen nunmehr schon gekröneten Teutschen König Herkules und den Böhmischen Ladisla sehr hoch / ob hätten sie so trefliche Helden-Tahten in Persen verrichtet / daß man sie daselbst vor die allertreflichsten / klügesten / er fahrnesten uñ glüklichsten Helden schätzete / und man davor hielte /es müste der Himmel den Sieg dahin lenken / wo diese Beistand leisteten; wie man sich dañ billich darüber verwunderte / daß sie den tapferen Wendischen Fürsten Krito / und sein wolgeübetes Heer mit so gar geringem Verlust nidergelegt und sich Frieß- und Wendlandes ohn Schwertschlag / und so zureden / im Augenblik bemächtiget; überdas noch den algemeinen Aufstand der Teutschen Untertahnen / ehe man sichs versehen mögen / beygelegt und auffgehoben hätten; wie solches dem Könige schon vor etlichen Tagen durch vertrauliche sichere Hand zukommen währe. Hiemit endigte er seine Rede / und untergab sich des Königes schließlichem Macht Spruche. Dem Dropion wahr dieser beider Stimme überaus zuwieder hätte auch gerne dazwischen geredet / wann er ihm nit dadurch ungleichen Verdacht zugezogen hätte / schwieg aber um so viel lieber / weil die Ordnung zuredẽ an Pyrechmes den Unter Marschalk wahr / der ihm als sein Geschöpf und Befoderter schlechter Dinge anhing / auch von ihm schon unterrichtet wahr / wie ers am liebsten sehen möchte; daher dann dieser / ohndas ein frecher ruchloser Mensch / allen Wiz zusammen suchete / wie er dieser beiden Vortrag hintertreiben könte / uñ fing also an: Großmächtigster unüberwindlichster König und ihr tapffere und geträue Väter unsers Vaterlandes; wann meine Pflicht und Schuldigkeit ich betrachte / weiß ich schon wol / daß in dieser höchstwichtigen Reichs Beredung ich mein Gutdünken aufrichtig und unverhohlen werde sagen müssen /welches doch den Verständigern weichen / und meinem aller gnädigsten Könige unterworffen seyn sol. So bin ichs nun mit dem Herrn Stathalter Mastyes /und dem Reichs- und HofMarschalk Herr Agiß / bey der ersten Frage allerdinge eins / als welche kein Biederman anders beantworten wird. Daß man aber des eingenommenen Schimpfes Abtrag noch lange in der güte fodern / und gleichsam vor der Tühr bekteln /auch den Krieg mit sonderlichem Prunk ansagen wolte / halte ich vor unnöhtig / vor schimpflich und vor schädlich. Vor unnöhtig halte ich die Friedenshandlung; dann wie wolten uns dieselben in Ruhe und Friede leben lassen / welche ohn ursach und ohn vorhergangene Beleidigung / die Königlichen und Reichs-Gesanten / in Warheit die treflichsten Säulen dieses Reichs / feindlich anfallen bestreiten und niderhauen / bloß nur / unser ganzes Reich zuschänden und in Ungemach zusetzen. Werden wir mit solchen verwägenen Ansprengern Friede zuhandeln suchen da wir beleidiget sind / und niemand beleidiget haben; ich meyne / sie werden drüber rühmen und pralen. Die Pannonier fürchten sich eines ernstlichen Angriffs werden sie sagen / drumb kommen sie ungefodert und bieten uns die Schmukhand / damit sie vor unserm Schwerke mögen sicher seyn; ey wie ein seines Näsichen werden wir als dann bekommen und unsern Könige heim bringen; Zihet hin / werden sie sagen / und seyd fein from / so sollet ihr keine Stäupe haben. Und das würde auch / muß ich bekennen / die rechte Antwort seyn. Aber gesezt / sie nehmen unsern Friedens-Vertrag etwas ehrerbietiger an; haben sie dann zu dem Ende uns in Spot und Schadẽ[715] gesezt / daß sie es wieder gut machen wollen? Haben sie uns die zehnjährige Schatzung / welche wir den Römern geben müssen / zu dem ende abgedrungen / daß an unser stat sie dieselben erlegen wollen? Ich weiß schon die glimpflichste Antwort / welche sie uns geben können: Ihr Pannonier müsset in eurem Unglük zufrieden und geduldig seyn; das Glük hats also über euch verhänget; Wir haben unsern Leib an den euren gewaget / und durch einen redlichen Kampff den Sieg erhalten; währe das Messer an unser Seite unmahl gefallẽ / hätten wir ja müssen damit zufrieden seyn. Sehet ihr meine Herren / das wird ihre höflichste Antwort uns zum Trost geben; Können wir nun damit zufrieden seyn / je was wollen wir dann noch Kosten auff die Gesandschafft wenden? Wil uns aber diese ihre Erklärung nicht behagen / warumb wollen wir sie dann mit unser Beschimpffung anhören? Unser Schwert und Feur muß der Gesante seyn / welcher unsere Sache werben kan /dann eben diesen haben sie an uns geschicket. Oder sind wir schlimmer als die kahlen Böhmen und nackete Teutschen? Lasset uns keine Friedens Gedanken tichten / da sie nicht hafften köñen / sondern solches unnütze Spiel unsern Kinderchen anbefehlen. Der Krieg / der muhtige uñ vorsichtige Krieg muß den Schimpff abwischen / und den Schaden mit grossen Zinsen wieder einbringen. Auff was weise aber ist dieser von uns an die Hand zunehmen? Sollen wir einem offenbahren muhtwilligen Feinde denselben noch eine zeitlang vorher ansagen / welcher ohn alle Absagung die unsern ũberfallen und nidergeschlagen hat? Was währe das anders / als solchen ungerechten Feind warnen / er solte sich rũsten / er solte sich nach Hülffe umtuhn / er solte Italien / Schweden / Dännemark / Frieß- und Wendland / und alle die sie wissen / wider uns auffwiegeln / und uns als eine Fluht von allenthalben herüberschwemmen weil er vor sich selbst zu schwach ist / uns Widerstand zuleisten. Ein schöner Vortel an unser Seite / da wir unser eigen Unglük erbetteln sollen. Aber wir müssen ihnen gleichwol vorher absagen / möchte jemand einwenden /damit wir unser Sachen Gerechtigkeit andern Königreichen darlegen. Ey es bedarffs nicht ihr meine Herren / es bedarfs nicht. Wir haben uns umb fremde Hülffe gegen diesen Feind nicht zubewerben / die wir viel einem mächtigern vor uns selbst gnug gewachsen sind. So würdẽ auch unsere Nachbarn ohn zweifel es uns zum Unverstande auslegen / dz wir einem Beleidiger durch Warnung den Harnisch selbst anzihen wolten. Am besten wird es seyn / daß wir ihre getahne Absagung gnug seyn lassen; dann wir wollen den Feind nicht ausfodern und angreiffen / sondern der uns durch die weltkündige Beleidigung ausgefodert /und schon angegriffen hat / entgegen treten / und seinen Frevel von uns abtreiben. Diesem nach müssen wir die auffgebohtenen Völker in aller Eile zusammen fũhren (dann der Krieg ist schon in unser vorigen Versamlung beschlossen worden) und uns unter einander äidlich verbinden / daß keiner lautkündig mache /worauff unsere Kriegsrüstung angesehen sey. Ja es müssen die Grenzen nach Böhmen zu / wol besetzet werden / nebest genaufleissiger Auffsicht / daß niemand von uns dahin reise / welcher ihnen einige Zeitung unsers Vorhabens bringen könne. Schliesse hiemit / und wiederhohle mein anfängliches erbieten. Mastyes und Agiß höreten eigentlich / daß dieser nicht allein die Sti e / sondern auch die Worte aus Dropions Maul genommen hatte / daher merketen sie / daß dieser Frevel unter so scheinbahren Ursachen durchdringen würde / weil ihnen die Freyheit benommen wahr / solche heillose Gründe[716] durch wichtige Ursachen anzugreiffen und umzustossen. So ließ über das der König schon spüren / daß ihm dieses Vorbringen nicht übel gefiele / als er den tapferen Hyppasus /seinen lieben und geträuen Raht und Feld Obersten Wachtmeister mit diesen Worten anredete: Lasset euch nun auch vernehmen / mein redlicher Hyppasus /was ihr wider unsere frevelmühtige Feinde stimmen wollet. Wir reiten schon in zween Hauffen / allergnädigster König / antwortete er / und dürffte ein redlicher Diener fast bedenken tragen / sich weiter heraus zulassen / weil er nohtwendig der einen Meinung beyfallen / und die andere verlassen muß / da er dann dessen seine Ursachen anzuzeigen / und die mißfällige zuwiderlegen gezwungen wird; dessen ich mich aber nicht zubefürchten habe / weil eine zeitlang danider zu Bette gelegen / und von den uns angefũgeten schweren Beleidigungen / darüber der Marschalk Herr Pyrechmes klaget / wenig Wissenschafft habe; nur daß vor etlichen Jahren ich verstanden / daß Herr Bato von dem jungen Fürsten Herkules nidergehauen sey / jedoch vor freyer Faust / und da der Sieger mit schweren Scheltworten ausgefodert ist; So weiß ich auch / daß unterschiedliche Pannonische Schaaren von den Teutschen und Böhmen etwas Abbruch gelitten haben / aber da sie jene angesprenget / und zu ihrem selbst eigenen Schutze sie genöhtiget / welches auch in der lezten zimlich harten Niderlage also ergangen. Der ritterliche Pines ist von Herkules überwunden und zum Leibeigenen gemacht / aber er ist ja Ausfoderer gewesen / und meldet nit allein das Käyserliche Schreiben / sondern auch der zurük geschicketen Diener Zeugniß einhellig / daß Herkules von Herr Pines fast zum Kampff genöhtiget sey / mit der Bedräuung / da er ihm zu Padua nicht fuß halten würde / wolte er ihn so lange verfolgen / biß er wol solte stehen. Von anderen Beleidigungen weiß ich nicht zusagen; trage demnach billich bedenken / mich weiter heraus zu lassen / wiewol ich nicht zweifele /man werde Ursachen gnug haben / ob sie mir gleich verborgen sind; und bitte untertähnigst / Ihre Königl. Hocheit wolle aus beyden schon vorgetragenen Meinungen die behäglichste allergnädigst erwählẽ / dem wir zweifels ohn ingesamt Beyfal geben werden. Der König besan sich auff dieses Vorbringen / und Dropion währe schier vor Eifer geborsten / mässigte sich doch über vermögen / und kunte sich nicht inne halten / den König also anzureden: Großmächtigster König; demnach der Feld Obrist-Wachtmeister sich mit seiner Unwissenheit entschuldiget / wie er dañ wegẽ Leibes schwachheit bey unser vorigen Versamlung nicht erschienen ist / halte ich davor / er könne mit weiterer Stimmung wol verschonet werden. Nicht also / antwortete Mnata; sondern gleich wie ihr alle mit einander eure endliche Meinung sagen müsset / und zum teil schon gesaget habet / also muß Hyppasus auch tuhn; jedoch also / daß / wie unserm lieben geträuen Pyrechmes es kein Mensch verübeln sol / daß er wider die beyden vorhergegangenen Sti en seine Gedanken ausgedrücket hat / also sol einem jeden in dieser Reichsversamlung nicht allein frey stehen / sein Gutdünken offenherzig anzusagen / sondern auch dessen Ursachen einzuführen. Der Stathalter Herr Dropion hat recht geurteilet / antwortete Hyppasus / daß wegen meiner Unwissenheit ich mit weiterer Stimmung könte verschonet werden; weil aber Euer Königl. Hocheit gnädigster Wille mir Befehls gnug seyn muß / und ich über das noch das ernstliche Gebot vor mir habe / wil ich ausser Zweifel setzen / daß wir nicht vielfältig solten beleidiget seyn / und stimme darauff mit dem Stathalter Herr Mastyes;[717] daß ein jedes Königreich / krafft durchgehender Gerechtigkeit / ũber das gemeine Recht aller Völker steiff zuhalten schuldig sey / ob gleich die unbedachtsamen Feinde solches nicht in obacht nehmen wolten. Zwar wir sind beleidiget / wie ich nicht zweifeln wil; aber sollen wir aus diesem Grunde nicht mit Vorbehalt unser Ehren und Ansehens versuchen / ob der Feind auff ergangene großmühtige Erinnerung in sich gehen / der Billigkeit stat geben / und den groben Fehler verbessern wolle? Ja sollen wir aus eben demselben Grunde ihm auff den fal der Wegerung nicht den Krieg ankũndigen / sondern ihn ungewarnet anfallen / so würde daraus folgen / daß nur der erste Beleidiger solche beyderley vornehmen und der Beleidigte sich deren enthalten müste / welche Meynung ohn zweifel viel Widersprachs bey den Kriegs- und Rechtsverständigen finden wũrde; Und kan uns von vernünfftigen redlichen Leuten (der unwissenden muß man nicht achten) nicht vor einen Unglimpff ausgeleget werden / daß wir dem frevelhafften Beleidiger friedlichen Abtrag anfodern / nebest dem ansdrüklichen Bedinge / daß im widrigen falle uns nicht unbewust sey / wie wir des empfangenen Schimpfes und Schadens halben Erstattung zusuchẽ wol befuget sind / und das Herz haben /uns mit dem Schwerte dessen beydes zuentschütten. Wird dañ der Feind auch solches in dẽ Wind schlagen / und sich zur Gegenwehr rüsten / so stehet uns ja besser / dz wir fechten als rauben / dz wir unser Recht gebührlich suchẽ / als diebischer weise stehlẽ; es währe dann / dz wir uns vor unsern gewaffnetẽ Feinden furchteten / uñ dieselben lieber ermordẽ als bestreiten woltẽ. Jedoch dürfen wir nit gedenkẽ / der Feind werde auf unsern unabgesagten Anfal alsbald verlohrẽ geben / das Land verlauffen / und der gegenwehr vergessen. Sie kommen erst aus dem Kriege /sind des fechtens wol gewohnet / und wegen des neuen erst erhaltenen Sieges sind sie muhtig; ja wer weiß ob sie ihr tapferes Heer nicht mehrenteils noch beyeinander haben / und nichts mehr wünschen / als daß wir durch unrechtmässiges vornehmen unsere Sache verdächtig und ihre scheinbar machen / welches ihre Völker zur herzhaftigkeit anspornen wird? Ich kan mir durchaus nicht einbilden / daß ihnen unsere starke Kriegsverfassung allerdinge solte unbewust und verborgen seyn. Diesem allen nach ist mein gutachten / man handele nach Herrn Mastyes vorschlage / wo sonst nicht des Königes Machtschluß ein anders gebeut / auf welchen fall ich meine meinung billich zu endern habe. Die Anwesende / so viel ihrer des Königes und des Vaterlandes beste sucheten / kahmen zu weit anderen Gedanken / als sie mit sich in die Versamlung gebracht hatten / und wurden sehr wankelmühtig / ob man auch in warheit von dem Teutschen und Bömischen Könige beleidiget währe; dann daß dieser seine unwissenheit vorwendete / geschahe bloß darumb / daß er Dropions ungunst und Zorn nicht wolte durch die runde wiedersprechung auff sich laden. Doch sahen die in zweifel gerahtene / das solches in obacht und beredung zu nehmen (ob man beleidiget währe oder nicht) nunmehr zu späte seyn würde. Der König selbst saß als währe er nicht bey sich selber / währe auch durch die eingeführetẽ Häuptgründe schier auff andere Meinung gebracht /wann nicht der dumkühne Pelegon / Dropions ergebener / ein Feldhäuptman über ein fliegendes Heer / mit seiner ungestümigkeit dem Fasse gar den Bodem ausgestossen hätte / in dem auff Königlichẽ Befehl er also anfing: Solte ich ein hocherhabener Pannonischer König seyn / und meinen mutwilligen Beleidiger mit sanften friedfertigen Worten ersuchen / daß er den angelegten[718] Schimpff gutmachen / und den Schaden erstatten möchte? davor wolte ich den Stand eines tapferen schlechten Ritters oder Fechters wählen / als welcher die Freiheit hat / auff denselben zuzustossen und zu hauen / der ihn angreiffet; ja ein Baur würde mehr Recht haben als unser König / weil er seinem Pfluggesellen eine Ohrfeige wieder beut / wañ er zuvor eine empfangen hat. Haben wir noch nicht Schimpfs gnug erlitten / da man sich genöhtiget hat zu unsern Gesanten / wie dieselben durch schelmische Zaubergriffe angetastet / beschimpfet und nidergelegt würden; und wir wollen den Frieden noch darzu betteln? dafern dieser Raht gelten solte / werde ich mir ein ander Land suchen müssen / in welchem ich ohn der Teutschen und Böhmen beschimpfung leben könne / dann ich sehe schon zuvor / wie statlich uns diese nichtwerte Landläuffer trillen werden / zweifele auch nicht / mañicher redlicher Mann werde mit mir eines vorhabens seyn. Ich möchte aber gerne wissen /was vor eine Erstattung wir durch Friedeshandelung von diesen unsern abgesagten Feinden begehren wollen. Sollen sie den Schimpff und Schaden mit Gelde büssen? dessen haben wir / dem Glük sey dank /schon überflüssig; oder sollen sie die Beleidiger zur Straffe heraus geben? Ey ihre Herscher sind es ja selber / die werden sich dem Büttelsschwerte nit unterwerffen / so lange sie sich wehren können. Auch müsten wir solche Handelung nicht mit ihnen / sondern mit ihren Untertahnen anstellen / welches ja nicht geschehen kan / und ist in aller Welt wol unerhöret /daß man einen Beleidiger durch friedliche Handlung zur Lebensstraffe fodert / wie ich dann aus meines gnädigsten Königes Munde bald anfangs gehöret habe / daß der angelegte Schimpf (von dem Schaden wil ich nicht reden) durch keine andere gnugtuhung /als durch der frevelmühtigen Blut bey seiner Hocheit könne ausgesöhnet werden; welchen recht Königlichen Schluß / woran Pannonischen vorzuges Ehr und Ansehen hanget / ihre Hocheit nimmermehr wiederruffen wird / und mus aus diesem unwiedertreiblichen grunde alle gütliche Handelung verstieben und von sich selbst verschwinden. Aber unser König sol durch der Völker Recht gehalten seyn / diesen ehrenschändigen Beleidigern den Krieg anzukũndigen. Ey warumb? ich habe mich in den Rechtshändeln nicht hoch verstiegen; aber dieses Völker Recht / ja dieses eingepflantzete Recht weiß ich wol / daß ich mich unabgesaget wehren sol / wann ich angefallen bin / oder ich dürfte mir des Feindes Schwert selber in das Eingeweide rennen. Auff auff meine Herren / Freunde und Brüder / auff auff / und lasset uns der ganzen erbaren Welt zeigen / daß Pannonische Tapferkeit annoch in voller blüte stehe / und die Erndte nahe sey /da sie ihre herliche Frucht einsamlen müssen; alsdann wil ich mein Häupt nicht sanfte legen / der Zäuberer Herkules und sein Schmeichler Ladisla müssen dann zuvor gebendiget / und unsere Götter durch ihr Blut versöhnet seyn. Man sahe es dem Könige an / daß ihm dieser Vortrag wol gefiel / insonderheit / als acht Rähte und Obersten nacheinander dieser Stimme beypflichteten; und ob zwar Amythaon und seines Bruders Sohn Deon den gelindern Weg als den erbarern ihnen gefallen liessen / welche beyde ihrem Könige sehr geträulich dieneten / so ging doch aller ũbrigen Stimme dahin / wie es Pyrechmes und Pelegon getrieben hatten / weil sie wusten / daß ihrem Befoderer Dropion es also gefiel / und zugleich merketen / dz der König auch nicht dawieder wahr. Hier muste nun der Oberstathalter Dropion seine meinung sagen /welcher vor erst wiederhohlete / was vor unleidlichen Schimpf das Pannonische[719] Reich von dem Böhmen und Teutschen eingenommen / welches doch alles verkehret angezogen / und unsern beyden Helden angetichtet ward / als hätten sie sich nur die Pannonier zubeschimpffen in den Streit mit Pines gemischet / wie desgleichen auch Bato ohn alle gegebene Ursach von Herkules währe beleidiget / und meuchlischer weise erlegt worden / alles dem Pannonischen Reiche zu troz; hätte überdas von vertraueter Hand / dz sie von dem Römischen Käyser grosse Gelder empfangen /Pannonien zubestreiten / solches Land mit ihm zu teilen / und alle Inwohner entweder zu tödten / oder in wüste Länder / solche zu bauen / zuversetzen; welches sie untereinander mit ihrem Blute solten verschrieben haben; ob dann nicht ein kindisches Vornehmen seyn würde / wann man mit ihnen gũtliche Handlung wolte pflegen / welche nicht allein dahinaus schlagen würde / daß man Spot zu lohn bekähme /sondern man hätte sich zuversichern / daß der Böhme ein gutes Stũk des Pannonischen Reichs / zur erweiterung seiner Herschaft fodern würde / welches anzuhören ganz unleidlich währe. Hielte demnach unnöhtig und allerdinge ũberflüssig / daß man einem Landkündigen Freveler / welcher die begangene beleidigung weder leugnen könte / noch zubereuen willens währe /dẽ Krieg lange vorher solte ankündigẽ; dañ hiedurch würde man den Feinden anlaß geben / ihre Grenzen aufs stärkeste zubesetzen welche ohndas zimlich verwahret währen / und dürfte man auff diese weise gnug zu tuhn bekommen / ehe man sich der Grenz-Festun gen würde bemächtigen können / wo nicht wol gar die Feinde den Krieg auf dem Pannonischen Bodem zu führen sich bemühen dürften. Doch stellete ers endlich ihrer Königlichen Hocheit alles anheim / ob man den Frieden erbetteln / oder durch tapfere Faust Böhmen erstreiten solte / da er dann dessen Machtspruche sich willigst hiemit wolte unterworffen haben. Woldann in Glückes Nahmen / sagte der König; so sey hiemit der Krieg wieder unser abgesagte Feinde die Böhmen und Teutschen beschlossen / also und dergestalt / daß wir keines weiteren absagens nöhtig haben / vielweniger eine gütliche Handlung vornehmen wollen / die uns nichts als Schimpf und verachtung bey den Feinden zuzihen würde. Sollen demnach die Völker in möglichster Stille / und inwendig drey Wochen beyeinander seyn / auffdas unsere unbefugete Beleidiger schleunig und mit schmerzen empfinden mögen /was es vor nutzen bringe / wann man die unũberwindliche Pannonische Macht zu Zorn und Eifer reitzet. Euch aber Herr Stathalter Dropion / sol hiemit und Kraft dieses das höchste algemeine Feldmarschalks Amt auffgetragen und anbefohlen seyn / unser lieber geträuer Agiß aber euch / als der näheste nach euch /zugegeben werden / mit welchem ihr alles bereden /und in Raht stellen sollet; wird euch beyden also volko ene Gewalt Kraft dieses / erteilet / diesen Krieg anzufangen / zu führen / und zu endigen / wie euch und den hohen Kriegshäuptern solches am vorträgligsten dünken wird; jedoch daß / wann der Feind Handelung und Abtrag anbieten würde / uns solches zugeschrieben / und unser Befehl darüber eingehohlet werde. Hierauff verpflichtete sich Dropion / den Bömischen König lebendig oder Tod zu liefern / wann sein gnädigster König ihn zur belohnung mit dem Bömischen Reiche belehnen wolte; welcher unverschämten Anfoderung nicht allein der König und seine Geträuen / sondern der gröste teil seines eigenen anhanges erschraken / daß wenig fehlete / der König hätte ihn deswegen scharf angegriffen / doch mässigte er sich / und gab ihm zur Antwort; er solte alle gebührliche Träue und möglichen Fleiß anwenden /[720] auch hinwiederumb aller Königlichen Gnade von ihm gewärtig seyn. Dropion hatte ihm die Hofnung gemacht /nicht allein die ungemässene Macht und Freiheit über das ganze Heer vor sich allein zuerhalten / sondern auch dieses seines anmuhtens gewehret zu seyn; als er aber in beyden fehlete / verdroß ihn solches nicht wenig / setzete doch das lezte aus / und bemühete sich den Agiß von seiner Seite zu schaffen / als welchen nunmehr das Alter anfinge zuberücken / und oft gute heilsame Anschläge zerflössen / wann die Häupter noch erst lange darüber zweieten. Aber der König /welcher von seinen gefährlichẽ Anschlägen schon etwas nachricht hatte / gab zur Antwort; er hätte nicht weniger seinen Raht und Marschalk Agiß / als ihn Dropion darzu erwählet / daß sie gesamter Hand an seine stat alles richten uñ fortsetzen solten / wie solches dem Pannonischen Reich am vorträglichsten und heilsamsten währe / dessen auffnahme durch diesen Krieg gesuchet würde. Zwar Agiß stund auff / und baht inständig / Königliche Hocheit möchte allergnädigst ihre Meinung endern / und ihn dieser Last entheben; aber er blieb beständig auff seinem vortrage / nur daß er endlich einwilligte / es möchten Mastyes und er das Loß drumb werffen / wer unter solchem Amte mitgehen / oder im Reiche als Stathalter verbleiben solte. Welches Dropion vernehmend / darzwischen redete / es hätte die Meinung nicht / als ob er Herrn Agiß unlieber als einen andern neben sich dulden könte / sondern weil dem Könige gefiele / ihm ein Neben Häupt zuzuordnen / währe er mit dem Marschalk wol zu frieden / uñ hoffete in guter einigkeit mit demselben zu leben / und des Vaterlandes beste zu schaffen. Dieses aber brachte er aus ertichtetem Gemüht vor / dann er wahr Agiß von herzen feind /aber weil er vor Mastyes sich noch am meisten fürchtete / wolte er aus zweien vermeineten Ubeln das geringste wählen. Nach dem diese Versamlung von einander gelassen wahr / gingen Mastyes / Agiß / Hyppasus und Amythaon in geheim zu dem Könige / und stelleten ihm vor zubetrachten / mit was hohen Ge danken Dropion umginge / und nicht hätte verbergen können / dz er bloß zu seinem besten diesen Krieg triebe / damit er eine Krone anff sein Häupt bekähme / welches ausser zweifel nirgend anders hin gespielet währe / als daß er der Pannonischen auch bald teilhaftig werden möchte; währe demnach sehr nöhtig / daß man ihm nach äusserster Mögligkeit die Karte versteckete / also und dergestalt / daß ihm etliche des Königes Geträue zu hohen KriegsRähten und Befehlichshabern zugegeben wũrden / und hinwiederumb /Verdacht zumeiden / dem Agiß etliche verdächtige; also würde allenthalben vielem Unheil vorgebauet werden können. Dieses ward angenommen / und musten Hyppasus und Amythaon dem Dropion zutreten; bey Agiß aber / welcher sonst lauter Geträue umb sich hatte / Pyrechmes und Pelegon verbleiben / welches abermahl Dropion sehr zuwider wahr / und sich dessen doch nicht durffte merken lassen / nahm ihm auch vor / im Anfange behuhtsam zugehen / und mit der Zeit allen Verdacht abzulehnen. Er wahr sehr geschäfftig / das Heer in aller stille zusamlen / welches mitten im Reich geschahe / da 180000 wolgeübete und bewehrete Pannonier zusammen gebracht wurden / als 93000 zu Pferde / und 87000 zu fusse / und in bestimmeter Zeit zum Auffbruch fertig lagen. Dropion bekam 55000 zu Pferde / und 50000 zu Fusse; Agiß 38000 Reuter / und 37000 Fußknechte; welche aber umb besserer Einigkeit willen offt durcheinander versetzet / sich lagern und fortzihen musten. Agiß taht dem Dropion als dem Ober Häupt grosse Ehre an /und willigte in alle seine Vorschläge /[721] weil sie von diesem listigen anfangs also angelegt wurden / daß man sie dem Vaterlande vor ersprießlich halten muste; So wahren auch Hyppasus und Amythaon gnugsam unterrichtet / wessen sie sich / Verdacht abzulehnen / bezeigen solten / und nur darauff fleissig merken / was vor welche dem Dropion vor andern anhingen / und nicht unterlassen / die gemeinen Knechte und Unter-Befehlichshaber in des Königs Gewogenheit zuerhalten. Dieses grosses Heer / da es noch eine halbe kleine Tagereise von den Böhmischen Grenzen war / ward in sechs Reũterhauffen und so viel Fuß Heere verteilet / und einem jeden Befehl gegeben / an was Ort und Enden sie einfallen solten / welches auff eine gewisse Stunde des folgenden Tages geschehẽ muste; wie sie auch als eine stränge Fluht / ehemans inne ward / loß brachen / und die GrenzFestungen zuüberrumpeln meyneten / welches ihnen doch mißriet /dann Ladisla hatte sie aus Vorsorge bald bey seiner ersten Wiederkunfft mit starker Besatzung versehen /uñ gute Befehlichshaber hinein gelegt; / doch musten sie endlich gewonnen geben / dann der Feind stürmete Tag und Nacht unauffhörlich / biß er sie erhielt / und alles / so wol Inwohner als Besatzung nidermatzete /wiewol er über 20000 Mann davor sitzen ließ / welche zwar alsbald wieder ergänzet wurden / muhtmasseten aber daher / daß ihres Bluts in diesem Kriege viel drauff gehen würde. Eines taht ihnen grossen Schadẽ / daß sie nicht alsbald fortzogen / sondern nach eroberten Festungen den Völkern dreytägige Ruhe gaben / alles zuverschwenden / was in diesen Städten gefunden ward; dañ hiedurch gewunnen die unsern Lufft / daß sie sich gefasset machen kunten.

Baldrich und Siegward / wie zuvor gemeldet / gingen ihnen mit 48000 wolgewapneten Reutern entgegen / da ihnen eine ungläubliche menge der Inwohner mit ihren Weibern und Kindern aufsties / dann sie lieffen alle davon / und liessen Vieh / Korn und alles im Stiche / nur daß sie ihre Baarschafften und das Leben retten möchten / wie wol etliche ihrer Pferde /Ochsen / uñ Kühe nicht vergassen / auf welchen ihrer viel noch die besten Sachen fortschleppeten. Baldrich ließ alle erwachsene Mannesbilder anhalten / und sendete deren in zween Tagen 15000 nach Prag / daß sie mit Gewehr und Waffen solten versehen werden. Ladisla hatte zu diesen noch 16000 / von denen allen wurdẽ die helfte beritten gemacht; und unter Leches nach Baldrichs Heer fort geschicket. Der Feind drang schleunig zum Lande hinein / und die unsern gingen ihnen nicht langsamer entgegen / da sie des Elendes zeitig gewahr wurden / weil sie des Nachtes von ferne viel Dörffer und Flecken sahen in hellem Feur stehen /und daher zu rahte wurden / ihnen in guter Behutsamkeit zu nähern / damit solchem Land-Verderben gesteuret würde. Siegward ging mit 6000 wolberittenen voraus ümb zu vernehmen / ob man dem Feinde nicht einen einfall thun / und ihn etwas stutzen machen könte / traf viel flüchtige Bauren an / und erfuhr von ihnen / es lägen drey Meile von hinnen in einem grossen Dorffe 9000 Reuter / frässen / söffen / und trieben mit den geraubeten Weibern allen schändlichen Muhtwillen. Er befahl sich Gott / nam etliche Wegweiser zu sich / und kam zwo Stunde vor Abends daselbst an / besetzete das Dorff auswendig mit 1000 Mann / und fiel mit der übrigen ganzen Macht zu Fusse hinein / funden den mehren Teil schlaffen / die übrigen sauffen und schwärmen / und hielten ein solches Gemätsche unter ihnẽ / daß ganze Bächlein Blut aus den Häusern flossen / weil sie in einem oft 400 antraffen. Alles was Feind wahr / ward ohn Unterscheid nidergemacht / ohn 50[722] Häupt- und Unter Häuptleute wurden gefangen / und etwa 14 gemeine Knechte verstecketen sich im Stroh / und erretteten ihr Leben. Alle Pferde bekahmen sie / welche mit statlicher Beute beladen wahren / erlöseten auch 6000 gefangene starke Männer / welche nach Pannonien in Dienstbarkeit solten geführet worden seyn. Es wahr eine grosse Freude unter ihnen / daß sie keinen einzigen Mann eingebüsset / und etwa 30 Verwundete unter sich hattẽ / bewehreten die Erlöseten mit der Feinde Rüstung / nahmen das übrige Gewehr mit sich / legeten selbst Feur in das Korn und Stroh dessen eine grosse Menge verhanden wahr / damit es dem Feinde nicht zu Teil würde / und zogen frölich davon / da sie mit einem Freuden-Geschrey empfangen wurden / dann es wahr heller Mondenschein / daß sie die ganze Nacht reiten kunten. Die Gefangene wurden scharf befraget / und mit der Folter gezwakt / weil sie anfangs gar wiederwärtiger Aussage sich vernehmen liessen / biß sie endlich einhellig anzeigeten / wie stark sie an Manschaft / auch wie sie gesoñen währen / nit zuruhen / biß ganz Böhmen würde eingeäschert und verwüstet / oder doch unter des Pannonischen Königes völligem Gehorsam seyn; welches Baldrich so hoch empfand / daß er sie alle 50 als kundbahre Mordbrenner an Bäume aufhenken ließ. So bald die wenige überbliebene diese leidige Zeitung ihrer Niderlage überbrachten / wolte das Heer / welches sich nunmehr zusammen geschlagen hatte / des Tages kaum erwarten / brachen im Gri e auf / und wolten dieses Häuflein mit Gewalt tod haben; wie dañ Baldrich ihm gar zeitig diese Rechnung machete / bewehrete noch 6000 der flüchtigen Einwohner / und ging mit der ganzen Macht 60000 stark ihnen entgegen /da er einen sehr vortelhaften engen Durchzug zuerhalten / und daselbst festen Fuß zusetzen treflich eilete /welches ihm glückete / und alsbald ein raumes Lager abstechen / umgraben und aufwerffen ließ. Leches kam um Mitternacht mit 16000 Reutern zu ihm / und brachte Zeitung das Prinsla mit 20000 Fußknechten nicht weit währe / welche auch (weil sie auff Bauren Pferden schnelle fortjageten) gegen den Morgen sich einstelleten / und alle miteinander diesen Tag das Lager dergestalt verschanzeten / daß sie nicht zweifelten / etliche hundert tausend Feinde darinnen wol auffzuhalten. Herkules stund in steter Furcht / seines Bruders gewöhnliche Hitze zu fechten möchte dem ganzen Wesen schådlich seyn / wolte daher auff die ankommende Teutschen Völker nicht warten / sondern ging mit 400 Reutern schnelle nach dem Lager /und fand alles in gutem Wolstande / wie ers wünschete / nur daß er die Graben / von forne nach dem Feind zu / etwas breiter und tiefer machen ließ / daß der auffgeworffene Wahl an diesem Ort wie ein zimlicher hoher und geher Berg anzusehen wahr. Dropion bekam dessen bald Zeitung / daß die unsern auf dieser enge Stand gefasset hätten / uñ willens währen seiner alda zuwarten / hielt eilig Kriegs-Raht / und befand /daß Hyppasus Meinung der Warheit ähnlich wahr /die unsern würden hieselbst suchen / sich aufzuhalten / und zugleich ihrem weiteren Einbruch zusteuren /biß sie mit gnugsahmer Manschaft aus Teutschland sich würden versehen haben / eine Feld-Schlacht zuwagen / wie wol er solches in den Wind schlug / nebest hohen Flüchen / wann sie gleich drey Mann gegen einen herzufũhren würdẽ / wolte er sie doch mit seiner wolgeübetẽ Mannschafft niderschlagen; macheten endlich den Schluß / die auffgeworffene Schanze zu stürmen / und hiedurch den Weg überal zu öffnen; zu welchem Ende sie 18000 Reuter zum Vortrabe ausschicketen / alle mögliche Kundschafft einzuziehen / und alles was ihnen[723] von Menschen auffstossen würde / ohn Barmhertzigkeit niderzumachen; würde sich aber ein bewaffneter Hauffe sehen lassen / solten sie ihn anfangs sicher machen / und durch einen Hinterhalt berücken. Herkules hielt gleicher massen vor dienlich / daß etliche tausend Reuter außgeschicket würden / umb zuerforschen ob der Feind herzunahete; welche zuführen Baldrich so heftig anhielt / daß mans ihm nicht versagen kunte / daher gab ihm sein Bruder 2000 Teutschen / 1000 Wenden / 1000 Friesen / und 2000 Böhmen / alle wolversuchte Leute / mit geträuer Vermahnung / aufs behuhtsamste zugehen / und ohn Vortel den Streit nicht zuwagen; und weil Siegward ihn nicht verlassen wolte / ritten sie miteinander / da Olaf Freyheit baht / in Geselschaft mit zugehen. Nach ihrem Abzuge sagte Herkules zu Fabius; ich fürchte sehr / mein Bruder werde eine Schlappe hohlen / wo die Feinde ihn antreffen / baht ihn demnach / nebest Leches mit 8000 Mann zu seinem Entsatze fort zueilen / und ihrem Huefschlage zufolgen; wodurch auch aller dreyen Fürsten Leben gerettet ward. Dann Baldrich wahr etwa drittehalb Meile fortgangen / da erblickete er ohngefehr 5000 Reuter von Feindes Volk / die sich / wie sie die unsern sahen / enge zusammen zogen / aufdaß sie desto kühner zum Anfal gemacht würden; welcher Anschlag ihnen vorerst geriet; massen der ohndas zuschlagen begierige junge König die seinen geschwinde ordente / mit der Helfte auf den Feind loßging / und die andere Helfte Siegwarden und Olaf zum Entsatze ließ. Der Feind wolte ihm anfangs nicht Fuß halten / zog sich immer zurük / und lockete ihn nach sich / woraus Siegward den Betrug merkete /und durch einen Reuter ihm sagen lies / er möchte sich nicht zu weit vertuhn / des Feindes weichen / so ohn Noht geschähe / kähme ihm viel zuverdächtig vor. Er aber lies sich nichts anfechten / meinete es müste gewaget seyn / und boht den Feinden das Häupt mit starken Spornstreichen gerade zu / welche dagegen nur bemühet wahren / ihm an die Seite zukommen; welches er doch zuhindern wol gelehret wahr / greif auch freudig an / und erlegete in kurzer frist 5 Ritter mit seiner Faust. Die Pannonier wähneten vor erst / es wũrden nicht sonderliche Obristen bey diesem Vortrabe seyn / daher sie des Anfalls nicht groß achteten / aber da sie der Streiche empfunden /gingen sie gezwungen zurük / welches sie ohn das vorsetzlich zutuhn willens wahren. Baldrich hieb ihm frisch nach / würde auch diesen Hauffen bald auff die Flucht getrieben haben / wann der versteckete feindliche Entsaz 13000 stark nicht gewesen währe / welche die ihren zwar Noht leiden sahen / und doch nicht loßbrechen wolten / weil Baldrich ihnen noch nicht nahe gnug wahr / daß sie ihn hätten ümringen können; gleichwol liessen sie 3000 geruhete auf ihn ansetzen / welche ihn auch stutzen macheten / daß er von den vorigen ablassen / und gegen diese sich kehren muste / wodurch er einen gedoppelten Feind bekam. Siegward sahe solches / und sagete zu Olaf; dieses Aufzuges bin ich mir schon anfangs vermuhten gewesen; nam 800 Reuter zu sich / befahl dem Dänen die übrigen / und dz er nicht ehe / biß es hohe Noht seyn würde / damit loßgehen möchte. Er kam zu rechter Zeit an / und entsetzete Baldrichen / weil die Feinde ihn sonst hätten umringen dürffen / ermahnete ihn auch / hinter sich zuweichen / aufdaß / wann mehr Feinde verhanden währen / sie nit ins Gedränge getrieben würden; welches er auch / so viel möglich in acht nam / insonderheit / weil er sahe / daß der Feind noch i erhin sich zurük zohe / ungeachtet er an Manschaft weit überlegen wahr. Durch sein weichen nun gerieten die Pannonier auf den Wahn / ihr Anschlag wũrde entdecket seyn / deßwegen sie den añoch verstecketen zu entbohten / sie möchten[724] nur loßbrechen /weil der Feind nit weiter anbeissen wolte; doch verweilete sich ihr Anzug zimlich lange / daß die unsern sich gar biß auf Olaf gezogen hatten / welcher den Nachfolgern der gestalt auf den Hauben saß / daß die unser seits Verwundete Zeit hatten / sich verbinden zulassen / und die Ermüdeten sich in etwas erhohlen kunten. Es gebrauchete sich aber dieser Held dermassen / daß Baldrich zu Siegwarden sagete; er hätte solche Tapferkeit und vernünftige Stärke nimmermehr hinter ihm gesuchet / massen er mit 2000 Mañ sich gegen 5000 (dann 3000 wahren schon von den Feinden erleget) dergestalt verhielt / dz es die Feinde selbst wunder nam. Er wahr nicht lange an einem Orte / sondern da er die seinen frisch angeführet hatte /machte er sich unvermerkt loß / und fiel an einem andern Orte mit etlichen an / da sichs der Feind am wenigsten vermuhten wahr / daß in kurzer Zeit er 2000 von den Feinden erschlug / und die übrigen nicht mehr begehreten anzubeissen / als welche meyneten /er solte ihrem ausweichen immer nachsetzen; welcher Hoffnung auch die übrigen wahren / und deswegen ihren Auffbruch noch in etwas verweileten; nachdem er aber dessen nicht willens wahr / ließ der Pannonische Entsaz 10000 stark sich mit fliegendẽ ReuterFähnlein sehen; da Siegward zu Baldrich sagete: Schaue Bruder / wie würdest du dich und uns gestürzet haben / wann du meiner Erinnerung nicht gefolget währest; nun rahte bald; gehen wir durch / oder halten wir Stand? Olaf zog sich geschwinde mit ihnen zusammen / und sagete: Ihr Brüder / hier wil gefochten oder gestorben seyn; ich meines teils befinde mich Gott Lob also / daß ich ein Stündichen mit machen /und ein halb Dutzet auff die Spitze nehmen wil; solte mich aber Feindes Schwert nidermachen / so bezeuge ich hiemit / daß ich als ein gläubiger Christ zusterben bereit bin / ob ich gleich biß daher diese meine Bekehrung vor jederman heimlich gehalten habe. Der allmächtige Gott wird unser Schuz seyn / antwortete Baldrich / welchen wir mit unsern Seuffzern mitten im Gefecht darumb ersuchen wollen; ermahnete hierauff die Reuter / sie solten bedenken / was vor einẽ Feind sie vor sich hätten / der keines Menschen / auch des Kindes in der Wiegen nicht schonete / daher sie keine Gnade oder Lebensfristung hoffen dürfften / wann sie lebendig sich fahen liessen; Er neben seinen Gesellen wolten bey ihnen fuß halten; und verflucht sey / rief er überlaut / der sich den Feinden lebendig ergiebt. Sie hatten überal etwa 300 Mann eingebüsset / und 360 wahren verwundet / daß der Gesunden Anzahl sich auff 5340 Mann erstreckete / da hingegen der Feinde noch 12000 gesunde waren / welche mit grossem Geschrey und starken Spornstreichen auff sie angingen. Die unsern fasseten eine kurze Erklärung / setzeten sich gar breit / daß sie nicht leicht kunten umgeben werden / weil es im offenen Felde wahr; da Baldrich zur Rechten / Siegward in der Mitte / und Olaf zur Linken die Völker führeten / auch so unverzagt an den Feind ansetzeten / daß sie der Kühnheit sich nit gnug verwundern kunten. Die Pannonier bissen anfangs weidlich ins Graß / dann sie verliessen sich nicht allein auff ihre Menge / sondern meineten auch /die unsern würden sich im ersten Treffen schon abgemattet haben; weil sie aber der treflichen Gegenwehr empfunden / gingẽ sie behuhtsamer / und fielen die unsern Schaarsweise an / unter der Bemühung / daß ein jeder / wann er angegriffen ward / seinen Feind mit in den Tod zunehmen suchete / welches unsere Fũrsten merkend / eine gevierde Schlachtordnung in zimlicher Ausbreitung schlossen / und dadurch diesen Vorsaz des Feindes brachen. Baldrich ging hieselbst am heftigsten /[725] daher fast die Helffte des feindlichen Heers sich gegen ihn richtete / dem aber Lufft zu machen / Siegward allen Fleiß ankehrete. Olaff meynete den Feind mehr mit List als kraft zubegegnen / auff daß er sich in die Harre sparen könte; aber sie liessen ihm keine Ruhe / daß er wider seinen Willen alle Kräffte anwenden muste. Die drey Helden wurden durch ihr Gefechte den Feinden in kurzer Zeit bekant /und vereinigten sich drey Schaaren / jede von 400 Mann / sie zuüberfallen und hinzurichten / unter der Hoffnung / es würden alsdann die übrigen bald zutrennen seyn. Sie hingegen versahen sich auch mit einem Schutze / und wolten sich von ihren Völkern nicht abreissen lassen / welches dann ein greuliches Blutstürzen verursachete; aber endlich ward Baldrich / da er kaum 150 Mann bey sich hatte / von 400 umgeben; durch welche er sich fũnff mahl hindurch schlug / daß Freund uñ Feind ihn rühmen musten; aber seine Manschafft ging mehrenteils drauff / daß er sich ohn zweifel hätte niedermachen lassen / oder ergeben müssen wann nicht Olaff seiner Gefahr währe inne worden / welcher dem Dänen Harald an seinem Orte die Auffsicht befahl / und mit 200 Mann ihm zu hülffe ging / es auch so weit brachte / daß er sich mit ihm vereinigte / und diesen Streit auffs neue fortsetzete / da die Feinde ihre Schaar immerzu stärketen. Siegward hatte inzwischen an allen Seiten zutuhn /missete sie beyde / und machte 500 Reuter aus / die sich durchschlagen / und wo sie auch seyn würden /ihnen hülfliche Hand bieten solten; aber es wahr ihnen unmöglich durchzubrechen / daher sie beyde einen überaus hefftigen Stand zuhalten gezwungen wurden / weil sie 250 Mann stark / sich gegen 1600 wehren musten / und an unterschiedlichen Orten ihres Leibes zimliche tieffe Wunden empfingen. Ihre damahlige Rettung wahr / daß die Feinde anfingen sich gegen Siegward schläffrig zubezeigen / und er daher Lufft bekam / mit 600 Köpffen sich loßzumachen; ging hin / wo er wuste / daß seine liebe Gesellen Noht litten; und wie hefftig eine andere Schaar von 800 Reutern sich ihm gleich wiedersetzete / brach er doch endlich durch / und befand / daß sie fast alles Beystandes beraubet wahren; rief ihnen doch freudig zu /und sagte: Haltet euch frisch / ihr Brüder / wir müssen vor unserm Ende ihrer noch mehr ohn Köpffe tanzen machen. Sein Anfal wahr hieselbst so hefftig /daß ihm niemand wiederstehen kunte; vernam aber mit Betrübniß / daß Baldrichs Gegenwehr wegen der empfangenen Wunden zimlich schlecht wahr / deßwegen er ihn mit 150 Mann aus dem Gedränge führen ließ. Der Feinde Heerführer / ein starker ansehnlicher Ritter / nam sein mit 300 Pferden wahr / und umgab ihn von neuen / geriet endlich an ihn selbst / und hielten ein absonderliches Gefechte mit einander / da Baldrich wegen seiner Wunden ohnzweifel hätte müssen den kürzern zihen wann nicht Olaff mit 100 Reutern zum andern mal ihn entsetzet hätte / der sich an den Pannonischen Feld Herrn machete / und nach wenig Streichen ihm den rechten Schenkel sehr hart verwundete / daß er vor Schmerzen vom Pferde stürzete / und in dem Getümmel vollend zutreten ward; hatte doch zuvor Baldrichen eine harte Wunde in die Schulder beygebracht / daß er sein Schwert nicht mehr gebrauchen kunte. Es ging das Spiel über und über / dann Freund und Feind hatten sich durcheinander vermischet / wiewol Olaf den steiffesten Stand halten muste / weil er Baldrichen beschirmete. Siegward befand sich auch zwar im Gedränge / aber er brach durch / zog 600 Mann an sich / und ging Olaff zu Hülffe. Es wahren kaum noch 2500 unbeschädigte von den unsern / da hingen der Feind[726] noch mit 8000 stritte / und den Sieg schon auszuschreyen anfing /weil die unsern nur immer hinter sich wichen / und wann sie den Feind ohn Ordnung merketen / einen Anfal wageten / damit sie nicht gar auf die Flucht getrieben würdẽ. Aber Siegward ward des Staubes hinter sich gewahr / und sprach den seinen ein Herzein; Sie solten gar ein wenig nur noch stehen / er hätte den gewũnscheten Entsaz schon gespüret; welcher auch nicht lange verweilete; dann Fabius hatte des Treffens von ferne wahr genommen / ging mit 3000 voran /und ließ Leches mit den übrigen nach der rechten Seite zugehen. Die Feinde sahen seine geringe Manschafft / vor welcher sie sich zwar entsetzeten / aber doch nicht weichen woltẽ / wiewol er durch seine Ankunfft ein solches Loch machete / daß Baldrich und Olaff / die wegen Mattigkeit und Verwundung fast keinen Schwertschlag tuhn kunten / Luft bekahmen /sich aus dem Gedränge zubegeben / und Baldrich seine Wunden im freien Felde verbinden ließ / auch Olaff / sich zuerhohlen / den Helm absetzen muste. Fabius fochte wie ein grimmiger Löue / und als er Siegwarden verwundet antraff / sagte er zu ihm: Bruder nim nur Ruhe / und laß dich verbinden / du wirst gar bald ein köstlich spiel sehen; welchen Trost er annam / hin zu Baldrich rante / und ihm anzeigete /daß Fabius diesen Einsaz führete / und ein grösser Hauffe bald zugegen seyn würde; sahen auch in dem Leches mit den seinen von der seite hersprengen / der sich in zwo Schaaren teilete; die eine muste immer forthauen / dz sie dem Feinde den Rükweg abschnitten; die andere welche er selbst führete / stürmete auff den Feind grimmig ein daher in kurzer Zeit die Pannonier auff die Weichseite gebracht wurdẽ / dz sie endlich zur gemeinen Flucht sich schicketen / da sie den hintersten in die Hände fielen / und ohn Gegenwehr wie das Vieh abgeschlachtet wurden / so daß auch nicht ein einziger entran / und nur 300 gefangen wurden / welche Nachricht gaben / ihr Hauptheer läge kaum zwo Meilen von hinnen / und würde vor Abends noch alhier anlangen; daher die unsern geschwinde Beute macheten / insonderheit Pferde und Gewehr (welches ihnen am nöhtigsten wahr) zu sich nahmen / ihre Todten auff Pferde luden / und als völlige Uberwinder frölich zurük gingen / wiewol sie 4700 Mann verlohren hatten und von Baldrichs erstem Heer nicht ein einziger ohn Wunden wahr; dagegen hatte Fabius kaum 50 eingebüsset / und 200 beschädigte unter seinem Entsaz / wunderte sich auch nicht wenig / daß diese drey Fũrsten mit so wenig Völkern den Feind nicht allein auffgehalten / sondern fast überwunden hatten / dann was die Pannonier vor Kriegsleute wahren / wahr ihm nicht unbewust. Noch fürchtete Baldrich sich nicht wenig vor seinem Bruder Herkules / und sagte: Wie werde ichs gegen ihn verantworten / daß ich seiner Warnung nicht gefolget bin / und mich so unvorsichtig ins Spiel gewaget? Sie wurden mit ihrer grossen Beute wol empfangen / wiewol Herkules seinem Bruder etwas scharff zuredete; Er selte hinfort nicht den Eifer über die Vernunfft herschen lassen / weil solches die gefährlichste Bahn zum Tode währe. Er erkennete sein Verbrechen willig / und daß er seine Wunden wol verdienet hätte / die er mit Geduld ertragen wolte / nur währe ihm leid / daß Siegward und Olaff (dem er die Ehre des Sieges / und Erhaltung seines Lebens öffentlich zulegete) darüber in Schaden gerahten / und seine Tohrheit mit büssen mũsten. Sie musten alle drey wider ihren Willen sich in Sänfften nach Prag tragen lassen / woselbst Neda bey ihrer Ankunfft mit 40000 anlangete / die nur wenig Stunden ruheten / und mit Ladisla / König Henrich[727] und Arbianes fortgingen / da die junge Fürstin Fr. Klara ihren Schaz sehr ungerne von sich ließ /er ihr auch fast äidlich angeloben muste / daß er sich in keine unnöhtige Gefahr wagen wolte. Die Römische Herren blieben zu Prag bey dem Frauenzimmer /woselbst Königin Valiska dẽ Oberplaz bey der Besatzung versahe / uñ fleissige Anordnung machete / dz das Lager mit Speise und Futter gebührlich versehẽ würde / ließ auch Ekharten zum andern mahl ohn der ihrigen wissen nach Teutschland gehẽ / in ihrem Namẽ 30000 Reuter zuwerben / uñ jedem 25 Kronẽ auf die Hand zugeben / welcher behuef sie ihm 8 Toñen Goldes zustellete. Das Pannonische Häuptheer hatte mit ihrem vortrabe verlassen / daß sie alle Stunden einen Reuter zu rũk solten gehen / und alle begebenheit zeitig gnug andeuten lassen; wie sie auch / so bald Baldrich den ersten Angriff taht / hinüber entbohten / sie hättẽ ohngefehr 6000 wolbewapnete Reuter in der Falle / deren keiner zurük gehen / noch den ihren die Zeitung ihres Unfals bringen solte; dessen Feldmarschalk Dropion froh ward / dann er hatte einen hohen äid geleistet / nicht zu ruhen / biß er den Tod der im Dorffe erschlagenen etlicher massen gerochen hätte. Nun harrete er eine / zwo drey Stunden auff weitern bescheid / und als keiner mehr folgete /sagte er: Dieses gehet nimmermehr recht zu; vielleicht haben die unsern ein Nez gestellet / und sich selbst darinnen verstricket; brach mit der ganzen Menge Reuter / die annoch in 66000 Köpfen bestund /schleunig auff / nachdem er zuvor einen vornehmen Obristen zurük in Pannonien gesand hatte / bey dem Könige zu suchen / daß er noch 120000 Reuter aufs geschwindeste samlen / und zum Entsaz nachschicken / oder selbst führen möchte / weil der Feind ihrer ankunft zu zeitig inne worden / und eine grosse Mañschaft aus Teutschland (welches er doch nur muhtmassete) zusa en geführet hätte / woraus er schliessen müste / daß der heimliche Reichsschluß von seinen mißgünstigen / ihn in Schande zu bringen / den Feinden verrahten währe. Weil er auch der Reuterey am meisten trauete / ließ er von seinen Fußvölkern 20000 beritten machen / wozu sie geraubete Pferde gnug hatten. Als er gegen den Abend auff der Wahlstat ankam / und den erbärmlichen Zustand sahe / daß alle seine Völker nidergehauen / und kein einiger Todter von den Feinden zu findẽ wahr / wuste er nicht / was er gedenken solte; seine Leute ritten die Erschlagenen durch und durch / die alle nacket ausgezogen wahren / und traffen nur einen einzigen an / der sich ein wenig wieder entworffen hatte / und den ganzen Verlauff erzählete / daß anfangs nur 6000 sich mit ihrem ganzen Heer zwo Stunden geschlagen / und keinen Fuß gewichen / weil ihre drey Führer wie Löuen angefallen / biß ihnen anfangs etwa 3000 zulezt schier gedoppelt so viel zu hülffe kommen / und ohn alle Gnade alles niedergehauen / Plunderung gehalten / die Pferde zusammen getrieben / und ihre erschlagene / etwa 4000 Mann mit sich fortgeschleppet hätten. Die hochmuhtigen Pannonier gedachten des Schimpfs und Schadens zu bersten / verschwuren sich untereinander / es ungerochen nicht zu lassen / und liessen sich hieselbst nieder / damit sie mit den hinterbliebenen morgens früh fortgehen könten / begruben die Erschlagenen / und durften ihnen noch wolfluchen / daß sie von so wenigen Feinden sich hätten lassen niderhauen. Agiß sahe wol was vor eine menge Pannonisches Bluts diese Fehde fressen wũrde / und gab den Raht / man möchte ein wenig gemach tuhn / und mehrer hülffe aus ihrem Reich erwarten / welche einen andern Weg einzufallen müsten ausgeschikt werden / damit der Feinde Macht getrennet würde /die vermuhtlich einen festen Stand etwa[728] an einer vortelhaften Enge würden gefasset haben. Aber Dropion wolte davon durchaus nicht hören / einwendend / man müste sich ja ins Blut und Herzschämen / wann man das vergossene Blut ungerochen liesse; daß demnach der Aufbruch sehr früh vorgenommen ward. Herkules gedachte wol / daß sie nicht lange ausse bleiben wũrdẽ / ließ die ganze Nacht das Lager von hintenzu und an beyden seiten noch fester verschanzen / übergab Fabius das Fußvolk / welches er auff 40000 Mann ergänzete / und wahr Gallus dabey Statverweser neben den Dänen Humbold. Die Reuterey bestund in gleicher Menge / welche Herkules und Leches teileten / und ob zwar noch 10000 Reuter übrig wahren /so hatte doch Herkules dieselben auff die dreissig kleine Schaaren verteilet / daß sie hin und wieder reiten mustẽ / umb nachzuforschen / ob die Feinde auch etwa an andern Orten mehr einbrechen würden. Die verlohrne Schildwache brachte gar zeitig ein / des Feindes Vortrab ohngefehr 8000 stark liesse sich eine halbe Meile von hinnen sehen / denen Leches mit gleicher Anzahl entgegen ging / mit dem ausdrüklichen Verboht / sich in kein Häuptwerk einzulassen /sondern nur etlichen Gefangenen nachzutrachten / und von ihnen nöhtige Kundschaft einzuzihen; welches er aufs fleissigste verrichtete; dañ so bald die Feinde ihn erblicketẽ / welche einen gleichmässigen Befehl hatten / zohen sie sich zurük / ob sie Leches locken / und etliche seines Volks erhaschen könten / weil sie durchaus keine gewißheit hatten / wie schwach oder stark / oder an was Ort die unsern sich / offen oder beschanzt / geleget hätten. Hingegen erteilete Leches den seinen / welche lauter Böhmen wahren / ernstlichen Befehl / dafern sich einer lebendig würde greiffen lassen / solte er vor unredlich ausgeruffen / und seine Güter preiß gemacht werden; lobete sonst vor jedwedern Feindes Gefangenen 50 Kronen aus / und ließ 100 wolberittene vorangehen / einen behutsamen Anfal zu wagen / wo ihnẽ sonst keine stärkere Schaar begegnen würde. Der Feind sendete ihnen 200 entgegen / daher Leches die seinen auch verstärkete. Nun trieben sich diese Häuflein rechtschaffen im Felde umb / aber keiner wolte sich bloß geben / oder ernstlich angreiffen / welches Leches ersehend / selbsechse auff den Führer anfiel / ihn vom Pferde warff / und gefangen hinweg schleppen ließ. Seine Leute wageten es ihm nach / und ob ihrer gleich 30 das Leben drüber einbüsseten / erschlugen sie doch dagegen 50 Mañ und bekahmen 16 Gefangene / da hingegen keiner von den unsern dem Feinde zu teile ward / ohn ein einziger Verwundeter / dem das Pferd im umbkehren nidergehauen ward / gleich da sie den Abzug nahmen /und er also sich muste mit fortschleppen lassen / hätte sich auch gerne selbst entleibet / wann er seiner nur währe mächtig gewesen. Leches ging mit den seinen nachdem Lager / weil er nach erhaltenem Vorsatze nicht weiter fechten wolte; so durftẽ ihm die Feinde auch nicht kühnlich nachsetzen / welche doch als überwinder den Plaz einnahmen / und den unsern schimpflich nachrieffen / ob sie blanke Schwerter nicht könten schimmern sehen / daß sie als verzagete Hasen davon strichen; ward ihnen aber geantwortet; ja sie sähen dieselben noch wol / aber ihre gestrige Gesellen könten sie nicht sehen / währen auch zu faul / auffzustehen / und davonzulauffen; welcher Spot ihnen durch Leib und Leben drang / daß sie hinter ihnen aufs neue angingen / und Leches sich gezwungen schwänken muste; aber der Streit wahr bald auff gehoben; dann die unsern gingen behutsam / und zogen sich unter dem Gefechte immer zurük / daß wenig Blut vergossen / und kein Gefangener mehr erhaschet ward / weil der Feind nit kühnlich nachsetzen durfte. Der Gefangene Böhme /[729] nahmens Grozemißla / wahr ein überaus verschmizter Schalk / und nahm ihm gänzlich vor / seinem Könige und Vaterlande mit seinen Lügen zu dienen / weil er mit der Faust nicht kunte / deswegen / da er vor die Obersten des Heers gestellet wahr / nam er sich zugleich eines frölichen herzens und sehr schwachen Leibes an / und auff ihre grimmige Befragung antwortete er also: O ihr grossen Götter / die ihr euch des ädlen Volks der Pannonier billich annehmet; vor erst sage ich euch dank / daß ihr dannoch endlich die Gemühter dieser meiner angebohrnen Landsleute erwecket / den grossen und erschreklichen Ubermuht der Böhmen und Teutschen niderzulegen / und den Schimpf an den ihrigen verübet / zu rächen. Ihr werdet schon aus meiner Sprache vernehmen (dann er redete gut und fertig Pannonisch) daß ich kein gebohrner Böhme bin / ob ich gleich vom achten Jahr meines alters her / in diesem verfluchten Lande leben mũssen / da mein lieber Vater /nunmehr vor 16 Jahren (habe ich sonst recht behalten) mit mir zugleich von etlichen Bömischen Räubern gefangen / und zum Leibeigenen gemacht ward / welchen Schimpf / weil ihn sein ädles Pannonisches Herz nit erdulden kunte / er mit einem willigen Tode abwendete / da er drey Jahrlang das Elend gebauet / und mich nach mögligkeit fleissig erzogen hatte. Meine Dienstbarkeit nach seinem Tode / wahr so gar herbe nicht / weil ich bey meines Herrn Frauẽ in guten Gnaden lebete / auch ihm selbst vor vier Jahren das Leben rettete / wovor er mich mit der Freyheit begabet hat /daß ich gar an seine stat Reuterdienste leisten mus /habe auch auff seinen Befehl mich mit seines verstorbenen Bruders Tochter verheyrahtet / welches allein (mus bekennen) mich von der Flucht abgehalten hat /weil ich sie durchaus nicht bewägen köñen / mit mir fortzugehen / sonsten wũrde ich mich vorlängst schon in meinem Vaterlande wieder angefunden haben. Dann wie viel gutes mir gleich in Böhmen geschihet /so stinket mir doch ihr Hochmuht zu / massen mein Pannonisches Blut gerne oben schwimmen wolte /welches / den Göttern sey dank / schier geschehen wird / da ich leben sol; und wie mat ich gleich bin /haben doch die ädlen Pannonier mir recht getahn /daß sie meine Adern mit ihrem Schwerte gelüftet /aufdas / wañ etwas Bömisches sich dahinein gesetzet hätte / es auff ihrem Grund und Bodem vergossen werden / und daselbst bleiben möchte. O ihr unvergleichlichen Helden / sparet euch nicht länger / den empfangenen Schimpf zu rächen; lasset dorthin zur seiten nur etliche Reuter gehen / da werden sie 50 ädle Pannonische Helden / welche im bewusten Dorffe sind gefangen worden / an Bäumen auffgeknüpfet finden. O was vor Spot uñ Hohn musten sie erleiden /ehe und bevor ihnen diese Gnade des Strickes angeleget ward. Die Hundebuben traten sie mit Fũssen /striechen ihnen allerhand abscheuhlichen Unflat ins Maul / prügelten und striechen sie mit Ruhten / als kleine Knaben / umb die Lenden / und rieffen ihnen zu (welches doch alles errichtet wahr) ob sie es mehr tuhn wolten / und dem Bömischen Könige noch weiter unabgesaget ins Land fallen. Mein Herz wil mir im Leibe zerspringen / wañ ich daran gedenke / was vor schändung wieder das hochädle Volk die Pañonier / ausgestossen ward; da die jeztgedachten Kriegshelden solten gehenket werden / und sich überaus tapfer und unverzaget zum Tode finden liessen / ihren Henkern zugleich verweißlich vorhaltend / daß sie wieder Kriegsbrauch mit ihnen handelten / welches hart und schwer würde gerochen werden / da dräuete man ihnen / die Zunge auszuschneiden / und muste der erste so gehenket ward / Mnata / der ander / Dropion / der dritte[730] Mastyes / der vierde Agiß / der fünfte Pyrechmes heissen / und so fort an / wie viel ihnen der hohen Pañonischen Häupter bekant wahren. Aber auff euer begehretes / ihr grossen Helden / zukommen / so haben die verlauffene Bauren hin und wieder ein grosses Geschrey gemacht / als ob euer Heer wol 100000 Mann stark währe / welches man ihnen doch nicht gläuben kan / und ich / dem Himmel sey dank / ein übriges befinde. Der junge Bömische König / und etliche seiner Anverwanden sind nicht von schlechter Verwägenheit / aber den Krieg dieser Landesart verstehen sie nicht; so hat eure Weltkündige grosse Macht ihnen solche Furcht und Schrecken eingejaget /daß sie sich ihres Lebens erwogen / massen sie wol sehen / wie es ihnen endlich ergehen werde; jedoch umb einen Versuch zutuhn haben sie bey die 50000 Bauren zusammen geraffet / wobey sich etwa vier oder fünff und zwanzig tausend Teutsche / Friesische / und Wendische zimlich geübete Kriegsleute befinden; der vorgedachten aber kaum der fũnffte Teil auff Kriegerisch bewehret ist / und der zehnde mit Waffen nicht umzugehen weiß / weil alle Trill- und übunge viel Jahr lang stille gelegẽ sind: Wollen nun meine Herren eine Anzahl Affter Reuter sehen / wie dieselben mit Mistgabeln / Schweine Spiessen / Häuvorken und dergleichen musterischem Baurgerähtlein auffgezogen kommen / ob wolten sie auf die Wolffes Jagt reiten (dann an Pferden mangelts ihnen nicht / wiewol die meisten ungesattelt sind) mögen sie etwa eine gute Meile förder zihẽ. Das gestrige Glük hat sie etwas muhtig gemacht / aber ihre drey Führer (kan nicht eigentlich erfahren / ob ihr König / wie ich gänzlich davor halte / mit darunter gewesen sey) sind gleich wol dergestalt geputzet / daß sie des Bettes wol eine geraume Zeit werden hüten müssen. Die Völker liegen in ihrem Lager ganz sicher; dann sie haben so viel Erde umb sich hergeworffen / daß sie meinen /wer zu ihnen kommen wolle / müsse zuvor Flügel erborgen. Meine Schwacheit lässet mich nicht mehr reden; lieber erbarmet euch eures unglüklichen geträuen Landsmannes / gebet ihm Pflaster auff seine Wunden / und erwartet hernach / wz vor Dienste er euch zuleisten kündig sey. Hierauf ließer etliche Trähnen fallen / und sagete: O mein allerliebstes und einiges Söhnlein / hätte ich dich nur bey mir / deine Mutter /die Böhmische Sau / möchte daheime immerhin grunzen; aber bleibestu mir / O mein allerliebster Mnata (diesen meines angebohrnen Königes Nahmen habe ich ihm aus sonderlicher Anmuhtigkeit gegeben) bleibestu mir zurük / so wil und begehre ich nicht eine Stunde zuleben. Schwieg hiemit stille / und stellete sich gnug ohmächtig an. Die Pannonier höreten ihm dergestalt ins Maul / als währe er ihnen von Gott als ein Engel vom Himmel zugeschicket / liessen ihn fleissig verbinden / und zeigeten Dropion alles an /welcher mit Pyrechmes selbst zu ihm ging / und zu ihm sagete: Guter Geselle / wie gehets in eurem Lager zu? Dieser gab zur Antwort: Großmächtiger und Unüberwindlicher Herr Ober Stathalter; als es pfleget zugehen / da Bauren und Adelleute eine Geselschafft machen; und kan wol bezeugen / daß der hohe und teure Nahme / Dropion / von ihrer vielen als ein Donner angehöret wird. Dieser ließ ihm solche hohe Ehren-benennung sehr wol gefallen / und sagte: Du hast deinem Glük wol zudanken / daß du auff solche weise gerettet bist; gab ihm etliche hundert Kronen /und stellete ihm frey / wieder nach Böhmen zureiten /sein Söhnlein abzuhohlen / und inzwischen der Böhmen Macht und Anschläge sich zuerkunden / insonderheit / ob sie auch nach Teutschland umb Hülffe geschicket hätten. Allergnädigster[731] Herr / antwortete er /ich wil willig sterben / oder das jezt empfangene Geschenk dergestalt ersetzen / daß durch ganz Pannonien ich dessen hoffe Ehr und Ruhm zuerlangen; dann Eure Hocheit versichere ich / daß ehe dann vier Tage zum Ende lauffen / das feindliche Lager in vollen Flammen stehen sol. Sonsten hoffen sie auff neue Teutsche Hülffe / aber sie fürchten selbst / daß sie zuspät ankommen dürffte / und weiß ich wol so viel /daß des Landes Inwohner ein schlechtes Vertrauen zu ihrem alten und jungen Könige tragen / weil sie die alten Land Götter verleugnet / und einen fremden Gott sollen angenommen haben. Ich wil aber / wo es euch sonsten also gefället / mich / als währe ich entflohen /bey ihnen wieder einstellen / und wie ihr michs heissen werdet / ihnen Bericht geben; dann ich weiß / daß sie mir mehr / als allen euren Leuten / welche sie gefangen hinweg geführet / trauen werden; heut aber über zween Tage so erwartet meiner / alsdañ wil ich euch ein unfehlbares Zeichẽ meiner Träue / so ich meinem Könige und dem lieben Vaterlande schuldig bin / sehen lassen; und werdet ihr Helden inzwischen nicht unterlassen / die Feinde in ihrem vergrabenen Lager zubegrüssen. Dieses erbieten gefiel den Häuptleuten so wol / daß sie zusammen schossen / und ihm einen mit Golde beladenen Maul Esel schenketen /davor er Mordbrenner zubestellen / und dz Lager anzünden zulassen / sich äidlich verband; nahm damit Abscheid / und kam vier Stunden nach Leches in ihrem Lager an. Als seine Mitgesellen ihn von ferne mit einem wolgeputzeten Pferde und beladenen Maul Esel sahen daher stechen / sagte einer zu dem andern; Sehet da komt der abgefeimte Schalk her / gilt wo er sich nicht mit seiner Pannonischen Sprache frey loßgelogen hat; lieffen ihm bey 10 und 20 entgegen / und wolten wissen / wie es ihm bey den Feinden ergangen währe. Ihr Narren / sagte er / kuntet ihr euch nicht zugleich mit mir lassen gefangen nehmen? man wolte euch ja nichts zuleide tuhn / sondern Gnaden-Gelder austeilen; und weil ich allein ausgehalten / ihr aber alle mit einander ausgerissen seyd / haben sie mir es allein gegeben / dz ich also nicht schuldig bin / euch das geringste mitzuteilen / als was mein guter Wille ist / worüber ihr die Rappuse halten sollet; warf etliche Hände vol Goldes unter sie / und ritte nach dem Lager zu / da er sich bey Leches meldete / und seine Taht erzählete. Derselbe führete ihn alsbald hin zu Herkules / dem er alle seine gehaltene Reden von Wort zu Wort wiederhohlen muste / und er nicht allein des Possens sich wol zulachete / sondern ihn auch öffentlich rühmete / und ihm von seinem Könige den Adelstand und ein Ritter-Gut verhieß / ungeachtet er nur seines Handwerks ein Seiler-Geselle wahr; vermahnete alle anwesende / von diesem geträuen Untertähnen ein Beyspiel zunehmen / und auff alle mögliche weise dem Vaterlande zudienen; ließ auch endlich auff sein stränges anhalten geschehen / daß er seine mitgebrachten Gelder ausboht / da einer und an der Lust hätte / sich freiwillig zuwagen / und zuversuchen / ob sie des Feindes Lager anzünden könten / solte ein jeder 200 Kronen davor von ihm zuheben haben. Worauf sich neun der Pannonischen Sprache erfahrne Wagehälse / alle Handwerks Gesellen angabẽ / solches ins Werk zurichten / und er selbst den zehnden Mann zugeben willens wahr; welches ihm Herkules doch nicht zulassen wolte / einwendend / man kennete sein Gesicht / und dürffte er den ganzen Handel verderben. Leches muste anordnen / daß die ausgeschickete Schildwachten sich mit Lumpen behängen / und alte rostige Knebelspiesse zu Pferde führẽ musten. Das Hauptlager ward mit dem Fußvolke auffs beste besetzet / unter welchen eine[732] gute Anzahl wolgeübete Teutsche wahren / aber die Reuterey stellete er auswendig zu beyden Seiten hinter die Hügel und das Gehölze / daß sie von den Feinden nicht kunten gesehen werden / und nam ihm gänzlich vor / in dreyen Tagen nicht zuschlagen / weil die Gefangene einhellig bekenneten / daß in ihrem ganzen Heer kein undũchtiger oder ungeübeter Mann währe / und ihnen schon begunte an Speise abzugehen / wozu dieses kam / daß er Ladisla mit mehren Völkern vermuhten wahr. Das Pannonische Heer / da sie die erhenketẽ Häuptleute antraffen / wolten an ihres Gefangenen Aussage und Träue weiter nicht zweifeln / und weil die angeknüpffete alle hohes Adels wahren / und der vornehmsten Obristen nahe Anverwanten / liessen sie sich verlauten / sie wolten den Böhmischen König mit seinem ganzen Adel gleich also erhöhen. Mit diesem Troz gingen sie fort / nicht als zur Schlacht / sondern / ob solten sie gebundene arme Sünder / wie die ScharffRichter / ohn Gegenwehr niderhauen. Weil es aber zu späte wahr / einen Sturm oder Schlacht zuwagen / lagerten sie sich eine halbe Meile von den unsern ins offene Feld zwischen ihre Wagenburg / und liessen ihr gerichtetes Lager hinter sich mit 6000 Mann besetzet. Herkules bekam Zeitung von ihrer nahen Anwesenheit / wolte sich aber nicht an ihnen reiben /dann seine Ausspeher befunden / daß sie sehr gute Wache hielten. Obgedachte neun Handwerks Gesellen hatten sich in drey gleiche Geselschafften getheilet /und wolte eine von der andern nichts wissen / lieffen auff unterschiedlichen Wegen nach des Feindes hinterstem Lager / und gaben sich nach einander an / sie währen Pannonische Handwerkspursche / hätten teils in Böhmen / teils in Teutsch- und Wendland gearbeitet / und nicht ohn grosse Gefahr ihr Leben gerettet /weil man sie wegen ihrer Landsleute ermorden wollen; begehreten Dienste / und liessen sich von dem Obristen der Besatzung einschreiben / wiewol alle mit falschẽ Nahmen; welcher ihnen Gewehr austeilen ließ / und ihnen frey stellete / ob sie lieber vor oder nach Mitternacht wachen wolten. Diese ihrem Anschlage nach / teileten sich durch alle Nacht-Stunden / damit es ihnen ja nicht fehlen solte; Ein jeder hatte sein Feurzeug und Zunder bey sich / und wahren bereit /entweder ihrem Versprechen nachzukommen / oder vor das Vaterland zusterben; doch gingen sie behutsam / legeten sich hinter etliche Strohhütten / als wolten sie ruhen / und stecketen den Zunder behende hinein / daß niemand des gewahr ward / dann die Hütten wahren mehrenteils ledig / insonderheit mitten im Lager / da sie das Feur eingeleget hatten / daß in kurzer Zeit eine grosse Brunst auffging / ehe ein Mensch herzu lauffen und das Feur löschen kunte; Und als die Flammen hin und wieder das Stroh erreicheten / stund das Lager in vollem Feur / ehe man sichs versahe /daß die Kriegsleute mit samt dem Troß hinaus zulauffen gezwungen wurden / uñ die Uhrheber unvermerket und in guter Sicherheit davon strichen. Beyde Kriegsheere kunten den Brand eigenlich sehen / und freueten sich die unsern des glüklichen Fortganges nit wenig /die Feinde aber gerieten in grosse Furcht / meineten anfangs / es würden die Böhmen das ledige Lager angefallen und gestũrmet haben / daher sie sich in Ordnung stelleten / ob sie etwa würden angegriffen werden / wie dann Leches gerne eine Schanze gewaget hätte / aber wegen hartes verbohts sich nicht regen durfte. Der Feind ward des Unfalles sehr bestürtzet /dañ alle ihre Zelten / die sie mit sich geführet / samt aller Speise und anderem Voraht wahren samt den mehrenteil Wagen aufgebrennet / daß nichts mehr zufressen vor das Heer übrig[733] wahr; freueten sich aber noch / daß das Volk auf zween Tage Brod hatte zu sich nehmen müssen / und hoffeten des folgenden Tages von den unsern schon zu bekommen / was ihnen nunmehr mangelte. Von 50000 geraubeten- und Wagen-Pferden verdurben 10000 im Feur / die übrigen nebest 9000 stük Rind Vieh lieffen zum Lande hinein / und wurden von den Einwohnern aufgefangen. Als die Morgenröhte anbrach / funden sich die neun Neugeworbene nicht / und meinete man anfangs / sie würden im Schlaffe vom Feur ergriffen / und verbrennet seyn / aber weil kein einziger davon erschiene / muhtmasseten sie / eben diese müsten diese Taht begangen haben / wodurch sie immer heftiger zum Zorn bewäget wurdẽ / daß sie einmühtig aufbrachen / und gerade zu auf der unsern Lager zogen. Unsere ausgesetzete Schildwachten wurden ihrer zeitig iñen / flohen davon / und liessen die Lumpen samt dem bäurischen Gewehr / als aus Furcht / dahinten / welches die Feinde mit grossem Gelächter besahen / uñ sich wolrechtschaffen darüber zukitzelten / gerieten auch hiedurch in solche Sicherheit / dz sie sageten; es müste der Pañonische Adel sich billich eines solchen elenden Feindes schähmen / welcher ohn Zweifel / wann er ihre Rüstung nur sehen solte / alsbald davon lauffen würde / und aus diesem eingebildeten Wahn den Schluß macheten / straks Angesichts das Lager anzugreiffen / und mit stürmender Hand hinweg zunehmen; jedoch stelleten sie ihre Feldschlacht gar ansehnlich / die unsern destomehr dadurch zuschrecken. Herkules hielt auf einem Hügel / betrachtete des Feindes Macht gar eigen / und sahe wol / daß bey öffentlicher Feldschlacht es an beiden Seiten viel Blut kosten würde / und seine Völker ihnen wegen Unerfahrenheit und geringer Anzahl nicht gewachsen währen; ließ auch Fabius andeuten / er möchte sich gefasset halten / und die besten Völker vorne anstellen / den ersten Anlauff abzuschlagen. Seine Reuter aber ließ er zwischen den Bäumen und hinter den Hügeln stille halten / daß der Feind ihrer nicht gewahr würde / sendete auch keinen einzigen Reuter dem Feinde entgegen /welches sie ihm zur sonderlichen Furcht außlegeten /und einen Abgesanten biß aus Lager reiten liessen /welcher ihnẽ dieses in Böhmischer Sprache vortragen muste: Es erinnerte sich der Großmächtigste König in Pannonien / Herr Mnata / und sein unvergleichlicher Adel / was gestalt vor etlichen Jahren ihrer ansehnlichẽ Gesanten einer / Herr Bato der Großtähtige /einen unablöschlichen Schimpf zu Prag einnehmen müssen / welchen zurächen man zwar bald anfangs vorgenommen / aber weil ihr König durch der Götter Rache umkommen / und sein Sohn sich in Winkeln verstecket / hätte der Pannonische König sich an einer Elenden / vielleicht unschuldigen Wittiben nik rächen / sondern biß zu gelegener Zeit versparen wollen; inzwischen hätte man in gläubwirdige Erfahrung bracht / daß der junge Böhmische König mit unter den Kämpfern zu Padua gewesen / die ihre Gesanten schelmischer Weise und durch Zauberkünste erleget /welches ungestraffet nicht bleiben müste; worzu noch dieses kähme / daß man ihre Völker bey dem Abzuge von Padua feindlich angefallen / und unabgesaget bestritten. Währe demnach gegenwärtiges unüberwindliches Krieges-Heer des Großmächtigsten Pannonischen Königes zugegen / die Volstreckung der gebührlichen Rache vor die Hand zunehmen / und zugleich mit abzulegen / was ihre unbillicher weise erhenkete von ihnen foderten; jedoch trüge der Pannonische Feldherr Mitleiden mit den unschuldigen Untertahnen; wolte demnach vernehmen / ob dieselben ihr bestes erkennen / Lebens-Gnade annehmen / und ihren König[734] samt allen seinen Anverwanten und gesamten Adel zur wolverdieneten Straffe heraus geben wolten / als dann solte das Königreich mit gänzlicher Verwüstung verschonet / und ihnen ein solcher tapferer König vorgestellet werden / der sich ihrer besser als der jetzige eine zeitlang verlauffene annehmen würde. Im wiedrigen solte keine lebendige Seele im ganzen Königreiche übergelassen werden / wornach sie sich zuachten / und ihre Meinung schleunig anzudeuten hätten. So bald Herkules des Heerholds Ankunft vernam / machte er sich von hinten zu in das Lager / und nach gemachter Anordnung / ließ er ein Geschrey anrichten / als ob einige Meuterey darinnenunter dem Volke währe / da etliche schreyen musten / es währe besser / wenige gestorben / als das ganze Land verdorben; endlich traten etliche auf die Brustwehr und zeigeten dem Pannonier demühtig an / ihr König uñ dessen näheste Anverwanten währen nicht zugegen / sondern wegen ihrer empfangenen grossen Wunden nach der Häupt Stad gezogen / sich heilen zulassen; der Adel währe auch in geringer Anzahl bey ihnen / daher des grossen Pannonischen Königes begehren nicht könte volstrecket werden / ob sie gleich gerne wolten. Damit zog dieser wol gemuht ab / hinterbrachte Dropion die Antwort / und empfing aufs neue dieses zuwerben: Ob ihr König und dessen Angehörigen nicht zugegen währen / könte nicht schaden / man würde sie zu Prag schon finden und in den Tohren aufhenken; sie aber solten alsbald das Gewehr niderlegen / den Anwesenden Adel herausgeben / dem Pannonischen Könige Träue und Gehorsam schwören / und dessen milde Gnade gewärtig seyn; bekam aber zur Antwort; sie könten des Schlusses nicht so bald einig werden / würde auch biß morgen früh / zwo Stunden nach der Sonnen Aufgang wol anstand haben köñen / alsdañ wolten sie sich gebührlich zuerklärẽ wissen. Womit dañ die Pañonier vordismahl zufrieden wahrẽ / der gänzlichen Hofnung / es solte alles nach ihrem Wunsch ergehen. Nur Amythaon trat auf /und zeigete an er hielte der Böhmẽ Antwort sehr verdächtig / möchten wol diese Nacht eines starken Entsatzes vertröstet seyn / wie man nit sagen könte / dann im Kriege gingen die Sachen wunderlich; hielte demnach vor rahtsam / daß man die berittenste Reuter zurük gehen / uñ bestellen liesse / daß ihnen Brod und andere Nohtwendigkeiten auß Pannonien zugeführet würden; dann im falle es mit des Lagers Ubergabe triegen solte / müste das Heer sich teilen / Speise zu suchen / oder des Hungers verschmachten. Der hochmuhtige Dropion lachete ihn aus / aber die andern hohe Kriegs Beamten / hielten diesen Vorschlag vor das sicherste / deswegen ers auch endlich geschehen ließ / aber zu dem ersten Rahtgeber sagete; wolan Herr Amythaon / wir wollen euch zugefallen unserm Lande diese Beschwerung anmuhten / aber wann wir andere morgen in Feindes Lager speisen / sollet ihr am untersten Tische allein sitzen. Nun hatten sie vor der Auffoderung des Lagers nach der rechten Seiten 5000 / und nach der linken 3000 Reuter ins Land geschicket / Speise von den nähesten Dörffern einzuhohlen / und alles Vieh heran zutreiben. Aber Herkules schickete der erstgemeldeten Schaar 4000 Teutschen uñ 7000 Böhmen nach / welche sie mit Verlust 400 Mann / alle niderschlugen / daß kein einziger entran. An seinem Orte machete Leches es nicht anders /und büssete nur 100 Reuter ein; wie wol ohn gefehr 20 ledige Pferde mit Blute sehr besprenget und teils verwundet / zurük lieffen / daher obgedachter Amythaon nichts gutes muhtmassete / und den Vorschlag taht / daß etliche Pannonier / der Böhmischen Sprache kündig / in Bauren Kleider ausgeschikt[735] würden /etwas bericht einzuziehen; welcher Anschlag ihnen wol zu nütze kam; dañ einer von diesen begab sich bey Mondenschein in das Gehölze / und als er eine grosse Menge Reuter von ferne vernam / kroch er auff allen vierẽ unter den Püschen hinan / da er ihr Gespräch hörete / was gestalt die beide feindliche Schaaren biß auff den lezten Mann nider gehauen / und alle ihre Pferde samt den aufgebundenen Wetschern gebeutet währen; welches die Pannonischen Obristen nicht allein bestürtzet / sondern ihnẽ auch die Gedanken machte / es müsten mehr Völker / als die im Lager / verhanden / und ein gefährlicher Anschlag über sie gemacht seyn / daß sie ihre Wache fleissig versahen / und doch wegen Furcht des künftigen Brodmangels den gewissen Schluß macheten / das Lager in Güte oder mit Sturm zugewiñen. Des morgens zur bestimten Zeit liessen sie ihren gestrigen Gesanten wieder hinreiten und die Erklärung einhohlen /welche diese wahr; es hätte der unbesonnene langsame Pöfel sich noch nit allerdinge darüber vergleichen können; etliche wolten auff / und etliche nieder /wie es dann bey so gestalten Sachen pflegete zugehen; bähten demnach / die Herrẽ Pannonier möchten sich noch diesen einzigen Tag gedulden / alsdann solte ihnen unfehlbare Antwort gegeben werden. So bald dieser hinweg wahr / kam König Ladisla und König Henrich in Begleitung 2000 Reuter auf schnellen Läuffern an / dann sie trugen verlangen zuwissen /wie es mit dem Heer ginge / hatten Nacht und Tag geritten / und liessen Arbianes mit dem Heer folgen. Herkules wahr ihrer Ankunft herzlich froh / uñ ließ sie mit ihren Völkern ins Lager zihen / da dann der Abscheid wahr / es solte die Reuterey keinen Entsaz vornehmen / biß sie die rohte Blutfahne würden an einer hohen Stange außgestecket sehen. Der Pannonische Feld Herr wahr mit der gegebenen Antwort nicht vergnüget / und ließ nochmahls andeuten / sie solten stũndlich abzihen / oder deß Sturms gewärtig seyn /da dañ alles ohn erbarmen solte nider gemacht werden. Ladisla selbst gab ihm unerkant zur Antwort / es währen ja 24 Stunden eine kurze Zeit / die noch wol abzuwarten stünde; sie vor ihr Häupt dürften sich nit weiter in Handlung einlassen / weil sie von ihrem Könige (der nit so gar hart verwundet währe) Zeitung hätten / dz er um Mitternacht würde bey ihnẽ seyn; hätte derselbe nun Lust / sich henkẽ zulassen / möchte er selber von sich sagen / der gegenwärtige Adel könte sich dessen so leicht nicht bereden lassen / dz sie ihre Hälse dem Strange widmeten. Aus welchen lezten Worten dann der Heerhold den Auffzug unschwehr verstund / und sich heftiger Dräuworte vernehmen ließ / wie sein Pferd in ihrem Blute biß an die Knie waden solte. Welches Ladisla beantwortete: Der Herr Gesanter möchte doch nicht zu unwillig werden / sondern den armen Böhmen mit einem guten Worte zu hülffe kommen; in Menschen-Blute zu reiten stünde abscheuhlich / und währe ihm besser / daß er sich davor im Spanischen Weine badete; welches Spottes dieser fast bersten wolte / auch mit solchem Eifer die Antwort hinterbrachte / daß er noch eins so viel hinzu log / auffdas man ja den Sturm / welcher leicht durchdringen wũrde / länger nicht auffschieben möchte. Es taht ihnen allen die Beschimpfung sehr weh / und macheten alsbald Ordnung / daß zu fusse 67000 stürmen / uñ zu beyden seiten die ganze Reuterey (welche von dem Fußvolke gestärket wahr) halten solte / wann etwa ausser dem Lager sich etwas regen /oder den Sturm zuverhindern sich unternehmen wolte. Die Völker hatten diesen Morgen ihre lezten Speisen verzehret / und wahr nichts übrig / als etwa Pferdefleisch rohe und ungesalzen zu fressen / welches die[736] Obersten ihnen vorhielten / und sie zur tapferkeit anmahneten; setzeten die Völker in sieben hauffen / daß sie zugleich und auff einmahl den Sturm antreten /und nicht auffhören solten / biß das Lager erstritten währe. Die vördersten Glieder trugen Holz / Steine /Erde / und was sie finden mochten / die Graben auszufüllen / welches gar schleunig geschahe / und traten sie bald darauff mit einem unmenschlichen Geschrey den Sturm an / in welchem Eifer sie gar bald oben auff die Brustwehr kahmen / aber dergestalt mit Steinen / pfeilen / und langen Spiessen zurük geprallet wurden / daß sie wie die Mücken hinunter fielen /wiewol immerzu andere nach ihnen hinauff klimmeten / und so inständig anhielten / daß sie die unsern schon mit den Schwertern erreichen kunten; welches ihnen gleichwol sehr herbe besalzen ward; dann Ladisla /Henrich und Fabius liessen sehen / wie feind sie denen wahren / die ihnẽ den Galgenstrik hatten ankũndigen lassen. Noch durften die draussen schon gewonnen ruffen / weil sie etliche ihrer Fähnlein sahen auff dem Wahle stecken / und doch die Pfeiffe bald einzogen / da sie so gute Schuch vor ihre Füsse antraffen / daß sie den Wahl Tod oder verwundet hinunter purzeln musten / welchen sie frisch und frech hinauf gestiegen wahren. An einem Orte hielten sich die Pannonier wol / da sie schon 3000 stark auff dem Wahl in zimlicher Ordnung hielten / und wie wũtige tolle Hunde anfielen / biß obgedachte drey Helden sich gegen sie kehreten / und biß auff 800 alle auffgerieben / diese aber zum Wahl hinunter tummelten /und von ihren eigenen Völkern nidergemacht wurden / da die unsern nur 500 misseten / und 1200 beschädigte hatten; der Feinde aber 7000 Tod / und 6000 hartverwundet wurden. Nach des Strums endigung muste ein Böhme auff die Brustwehr steigen / und hinüber schreihen; was man ihnen doch zu leide getahn hätte / daß sie des lebens müde und überdrüssig währen; sie möchten sich eines andern bedenken / und gut Wildwerk essen / wann sie kein Brod hätten; welches dann gnug wahr / die ohndas verbitterten Gemühter hitzig zu machen / daß sie den Sturm zum andernmahl anlieffen / und musten die Häuptleute vor ihren Knechten hertreten / welches im ersten Sturm nicht geschehen wahr. Diese wolten nun ihr Leben teur gnug verkäuffen / und fochten sehr tapfer / in meinung / vor dißmahl die Oberhand zubehalten; worüber anderthalb Stunden unnachlässig gestürmet ward / in welcher zeit der Feind fünffmahl abwiche /und so oft immer frischer wieder ansetzete. Die Häuptleute wahren mehrenteils Tod oder verwundet /der Wahl und die Graben lagen vol todte Leichnam /und wahr ein so erbärmliches Geheule der sterbenden / daß der umbliegende Wald davon erschallete / dann sie liessen in diesem andern Sturme 12000 sitzen /und 18000 wahren hart verwundet / weil sie es so eiferig trieben / daß sie 40 Fähnlein auff die Brustwehr brachten / und auffstecketen / welche sie mit Spot und Schaden hinterlassen musten; wiewol an unser Seite es auch nicht leer abging / sondern 4000 erschlagen /und 8000 verwundet wurden / so dz auch König Henrich am Schenkel verletzet ward. Als die Feinde sahen / daß alles vergeblich wahr / zogen sie ab / vol Grim und Eifer; dann keiner hatte vor drey Stunden die Gedanken gehabt / daß es mißlingen solte. Die unsern rieffen ihnen spötlich nach; wann sie Brod betteln wolten / müsten sie nicht trotzen / sondern gute Worte geben; ob dann ihre ausgeschikte Kuhdiebe vielleicht mit einer gestohlenen Heerde wiederkähmen / möchten sie Geld vor Salz bringen; jedoch zuvor den dritten Saz auch versuchen / nach dem Sprichworte / daß aller guten Dinge drey währen; und als sie[737] keine Antwort bekahmen / rieffen sie ihnen endlich zu / sie möchten doch ihre Todten mit sich schleppen / und sie nicht wie das Vieh unbegraben liegen lassen. Diesen Spot solten sie billich verstanden haben / aber ihr auffgeblasenes Herz gab ihnen ein / daß sie abermahl einen Obersten mit zehn Rittern vor das Lager schicketen / mit dieser Bedräuung / daß da sie innerhalb 16 Stunden sich nicht ergeben / und alle ädle und Fũrstliche Häupter liefern würden / solte des Kindes in Mutterleibe nicht verschonet werden; der heutige Sturm währe nur Kinderspiel gewesen / Morgen würde die recht geübete Mannschaft 120000 stark anfallen / und alles in grund niederreissen. König Ladisla wolte diesen Troz länger nicht dulden / ritte mit 50 Teutschen zu ihnen hinaus / ließ sie alle greiffen / schlug den Helm auff / und redete sie also an: Je welcher Teuffel hat euch dumkühnen Hunden die Sicherheit gegeben /ohn vor erbehtenen Urlaub an mein eures Todfeindes Lager zu reiten / und meine Völker mir abzuspenstigen / ja mich gar zum Stricke heraus zu fodern? wisset ihr schäbichten Hunde nicht / wie ihr mich / einen rechtmässigen König dieses Reichs gebührlicher weise ausfodern sollet? oder gedenket ihr etwa /König Ladisla werde euer unverschämtes bellen groß achten? währe euer König / der schändliche Mordbrenner selbst bey dem Volke / müste er mir mit eigenem Schwerte rechenschaft ablegen / da er sonst nicht wolte vor einen verzagten Mörder und Räuber ausgeruffen seyn; aber unter euch anderen achte ich keinen der wirdigkeit / mich mit ihm absonderlich einzulassen; dañ ihr seid alle miteinander Schelme und Mörder / die mir mein Reich unabgesaget ũberfallen und gutenteils verwüstet haben / deswegen ich den übrigen allen / so bald ich ihrer mächtig werde / eben denselben Lohn ausfolgen lassen wil / welchen ihr anjezt durch euren Frevel / und daß ihr mich nicht gewirdiget / umb sicher geleit anzusuchen / verdienet habet und einnehmen sollet. Hierauf ließ er einen Galgen auff die Brustwehr setzen / und den Obersten samt neun Rittern daran knũpfen / daß die Feinde sie fein kunten bammeln sehen / dem zehnden aber wurden Ohren uñ Nase abgeschnitten / auch an beyden Händen die ersten Glieder der Finger abgehauen / und sagte hernach Ladisla zu ihm; reite du nun hin / und zeige den Mordbrennern an / ich wolle von Mnata dem Pannonier wegen des unredlichen Räuberisch-und Mordbrennerischen überfalles abtrag haben / vor eins; hernach sollen sich die Mordbrenner klein und groß / innerhalb 16 Stunden aus meinem Reiche fortpacken / und mir den boshaften Schelm ihren Feldherrn / samt allen Obristen zu Geissel geben / daß sie mir allen zugefügten Schaden ersetzen wollen; im wiedrigen wil ich nach erhaltenem Siege / an welchem ich mit GOtt nicht zweifele / sie als Mordbrenner und Räuber abstraffen / und das Pannonische Reich einer Wũsteney gleich machen / worzu ich schon mittel in Händen habe. Obgedachter Seiler geselle Grozemisla trat in seiner neuen Rittersgestalt auch herzu / uñ sagete: Mein Herr / vermeldet eurem Feldherrn und allenhohen Kriegsbeamten / welche mir das Geld /Mordbrenner zubestellen / verehret / meine Dienste /und daß ich aufs fleissigste alles verrichtet / aber doch übel mißrahten sey / gestaltsam meine Bedienete es unrecht verstanden / und da sie das Bömische Lager anzünden solten / sie irre gangen / und dem Pannonischen ihren Zunder beygebracht haben; ob ich auch zwar selbst mit meinem ungebohrnen Söhnlein mich gerne einstellen wolte / könne von meinem allergnädigsten Könige ich doch kein Urlaub erhalten / sondern daß ich wieder Bömisch Blut setzen möge / hat seine Königl. Hocheit aus mir[738] armen Seilergesellen einen ädelman und Ritter gemacht; hiemit guten Tag /mein Herr. Der geschändete Ritter kennete ihn alsbald / durfte kein Wort dawieder reden / welches ihm auch die abgeschnitte Nase gnug verboht / ritte mit einem vor dreien Tagen gefangenen und an beyden Armen gelähmeten hin / und brachte die Zeitung / wie der Bömische König selbst im Lager währe / alle seine Gefärten henken lassen / und diese Antwort gegeben; worüber sie alle sehr bestürzt wurden / und in die Gedankẽ gerieten / es müste schon ein grosser Entsaz verhanden / oder doch nicht weit zurücke seyn; verzweifelten demnach an eroberung des Lagers / und furchten sich vor einem nächtlichen Uberfal / höreten auch schon die Völker / so diesen Tag sider heut früh nicht gessen hatten / offentlich murren / warumb man sie in solcher unvorsichtigen Sicherheit so weit ins Land geführet / und hintersich alles verderbet hätte /daß sie entweder den Feinden in die Schwerter und Spiesse lauffen / oder / welches noch unertäglicher /durch Hunger und Durst ihr Leben enden müsten. Die hohen Obristen speieten sich selbst an / daß von einem schli en Seilerknechte sie sich dergestalt hatten berücken lassen / bekenneten / er hätte ihnen mehr Schaden / als das Böhmische Heer getahn / und schmerzete sie überaus / daß er sie noch darzu von neuen auffzihen durffte. Die Erhenkung der zehne /und Zerstümmelung des eilfften ging ihnen sehr zu Herzen / aber Agiß kunte nicht umhin / Dropion es zuverweisen / daß er nicht hätte wollen nach seinem Raht bescheidener handeln / weil man ja mit einem Könige zuschaften hätte / darzu in seinẽ Lande; welches aber der Freveler mit Troz beantwortete / und daß er in kurzen diesen After König mit allen seinen Anverwanten auff gleiche weise wolte lassen auffknüpffen. Der KriegsRaht ward gehalten / und wolte keiner die erste Stimme geben / biß Pyrechmes anfing: Ihr Herren / mich deucht schier / es werde uns der eilfärtige Auffbruch das allerbeste Mittel seyn zu unser aller Rettung; was stehen wir dann alhier als träumete uns? Ich muß nunmehr bekennen / daß wir in unserm unabgesagten Einfal entweder zu unbesonnen oder zu schläfferig gangen sind / und daher sehr wenig Ehr und Ruhm mit uns nach Hause bringen werden / welche wir uns sehr groß eingebildet hatten; doch möchten wir erst wieder auff Pannonischem Grund und Bodem seyn / könte dieses erste versehen wieder eingebracht werden / in welches der bübische Seiler-macher / die Götter schänden ihn / uns gestürzet hat. Hyppasus antwortete ihm / er hätte gar recht geurteilet; es währe aber nicht raht / von dem ergangenen viel Worte zumachen / weil es unwiederbringlich /nur hielte er davor / der schleunige und stokstille Abzug müste ergriffen und fortgesetzet werden. Pelegon wahr bemũhet / seinen Befoderer Dropion zuentschuldigen / uñ alles dem neidischen Glük zuzulegen; Aber Agiß gab zur Antwort: Es währe solches ein überflüssiges / massen ja kein Mensch / seines wissens / über ihren Feld Herrn klagete. Derselbe aber wahr so dutzig / daß er fast kein Wort reden kunte /fing endlich hierauff an: Ja noch zur Zeit höre ich keinen / der mich verleumde / aber in künftig werden sich deren ohn zweifel wol mehr als zu viel angeben /doch weil ich mich meiner Redligkeit und wolgemeineten Vorsatzes tröste / wil ich herzhafft erwarten /was folgen wird. Amythaon sagte zu ihm: Er vor sein Häupt würde nicht unterlassen / ihm dessen Zeugniß zugeben / daß alles redlich und wolgemeinet gewesen währe; das Glük und dessen Fälle hätte kein Mensch zuverantworten / und würde man Anordnung zum stündlichen Auffbruch machen müssen. Also sagete man durch das ganze[739] Lager an / daß die Verwundeten / welche das schnelle reiten nicht erdulden könten /alsbald voraus gehen solten; welches noch bey guter Tageszeit geschahe / so daß die unsern dessen nicht eins inne wurden. Der algemeine Auffbruch ward mit dem dunkeln Abend vorgenommen / da gleichwol 6000 von den zubest berittenen zurük bleiben / und viel Feur anlegẽ musten / und solches innerhalb der zum teil hinterlassenen Wagenburg; wodurch dann die unsern verleitet wurden / daß vor des Tages Anbruch sie nicht das allergeringste davon erfuhren / da die grosse stille es verriet / weil man so gar keine ausgestellete Schildwachten vernam. Etliche von den unsern wolten sich eines Auffsatzes besorgen / aber Herkules ließ 500 Reuter nach des Feindes Lager gehen /und versicherte inzwischen die andern / daß der Hunger sie frühzeitig gnug würde hinweg getrieben haben; welches die ausgeschicketen gar bald einbrachten / weil sie von 400 tödlich verwundeten hinterbliebenen Pannoniern (welche weder das reiten noch fahren ertragen kunten) allen Bericht eingezogen hatten. Zwar man setzete ihnen eiferig gnug nach /aber vergebens / weil jene gar zu grossen Vorsprung genommen hatten / deswegen kehreten sie wieder umb / und danketen Gott herzlich / vor diesen verliehenen Sieg. Des folgenden Tages / da Arbianes mit dem wolgerüsteten Teutschen Entsatze kam / hielten sie Kriegsraht / und schlossen in der Kürze / den Feinden zu folgen / ob man den Krieg in Pannonien spielen /oder auffs wenigste des erlittenen Land- und Brandschadens sich am ersten Anfal erholen könte / weil nicht zuzweifeln währe / die schändlichẽRäuber würden sich durch diesen Unfal nit lassen abschreckẽ /sondern in grösser Anzahl wieder ko en als vorhin. Es gingen die Pañonier nach ihrẽ Grenzen zu / in solcher Eile / als ihre Pferde es ertragen kunten / deren ihnẽ doch ũber die 16000 niderfielen / und 12000 verwundete Kriegs Leute mit drauff gingen; dann es mag nie keine Feldflucht eiferiger fortgesetzet seyn /als dieser unrühmlicher Abzug / doch überschritten sie die Grenzen nicht / aus Furcht / die Böhmen möchten in ihrem Lande eine gleichmässige Verwüstung anrichten / daher sie sich an einen solchen Ort lagerten / woselbst ihnen durchaus nicht bey zukommen wahr; dann ob sie zwar auf dem Rükwege grossen Hunger erlitten / Wurzeln und PferdeFleisch fressen / und allerhand Ungemach außstehen müssen /funden sie doch auf den Grenzen die begehrete Zufuhre häuffig / und ergetzeten sich nach allem Willen /setzeten sich auch muhtig / dem Feinde zuwiederstehen / weil ihr Heer sich annoch auf 100000 wolbewehreter Mann ersteckete. Die unsern / deren Völker sich immerzu verstärketen / gingen ihnen mit 140000 Mann eiferig nach / und beklageten die erschreckliche Landes Verwüstung sehr / da Ladisla den Tähtern schwere Straffe dräuete / kunten aber von den Feinden keine Gewißheit einzihen / biß der Vortrab endlich ihres Lagers gewahr ward / und solches den unsern zuwissen machete. Herkules wolte den Krieg nicht gerne in die Harre spielen / weil er sich dem Feinde gnug gewachsen sahe / sendete einen Trommelschläger an ihr Lager / und ließ ihnẽ die Schlacht anbieten; aber sie gaben zur Antwort; man hätte dem Böhmischen Könige vordißmahl die Ehre getahn / und auf seinen Befehl das Land biß an die Grenze geräumet /auch die übrigen Anfoderungen an den Pannonischen König gelangen lassen / welcher sich in kurzem würde zu erklären wissen; deßwegen solte er sich trollẽ / und seinem Könige anzeigen / daß er sich in etwas geduldete / oder da er so viel herzens hätte /sich an ihrem Lager auch versuchete / ob es so gute Beschützer als das Böhmische hätte.[740] Auf Rükbringung dieses zweifelte niemand / es würde der Feind eine neue Macht an sich zihen / dem man nach Mögligkeit vorbauen müste / und sahe doch niemand / wie es am füglichsten anzugreiffen währe. Leches und Klodius hielten jeder umb 8000 Reuter bey König Ladisla an / damit sie zur Rechten und Linken in Feindes Land gehen / und Beute einzuhohlen den Anfang machen wolten / welches ihnẽ beyderseits zugelassen ward / jedoch mit gesetzeter Masse / wie weit sie sich vertuhn solten. Neda und Prinsla bekahmen gleichmässige Erläubniß / jeder mit 9000 Mann sein Heil zuversuchen / und gingen eilig fort / in Hoffnung was gutes zuschaffen. Dropion hatte sich zwar an einen festen Ort nidergeschlagen / daß er eine freye Seite hatte / weil daselbst lauter Morast wahr; aber dagegen halte er sich selbst eingesperret / da die unsern ihn mit 18000 Mann in sechs unterschiedlichen Schanzen dergestalt einhielten / daß ihm unmöglich wahr / auszufallen / oder einen einzigen Bohten auszuschicken /und wahren diese Schanzen mit tieffen Graben der gestalt an einander gehänget / daß die Feinde / wie gescheid sie wahren / bekeñen musten / deßgleichen vortelhafte Einsperrung Zeit ihres Lebens nicht gesehen zuhaben. Unsern vier außgegangenen fliegenden Heeren glückete es nach allem Wunsch / weil die Inwohner von der unsern Ankunft gar keine Zeitung hatten / und sowol Bauren als Bürger in aller Sicherheit das ihre bey sich selbst verwahreten. Weil dann das Land dieses Orts treflich bewohnet / und vol Frũchte und Vieh wahr / funden sie allen Uberfluß / massen sie 120 Dörffer / 30 Flecken und 14 Städchen außplünderten / und alles Korn und Speisen auff Wagen und LastVieh ludẽ / in solcher Menge / daß ihr ganzes Heer die folgende Zeit des Krieges davon überflüssig zu leben hatte; und ob sie zwar der Gebäu mit Feur verschonetẽ / verbranten sie doch alle Früchte / welche sie nit mit fortnehmen kunten. Ihres Viehes wahr fast keine Zahl; Leches brachte 8000 feiste Ochsen /12000 Melke Kühe / 16000 Schaffe / 4000 Pferde /ohn was vor dẽ Wagen gespannet wahr / deren Anzahl sich auff 3000 erstreckete / mit 6000 Pferden und 16000 Ochsen bespañet. Klodius hatte so reiche örter nit angetroffen / jedoch 5000 Ochsen 3000 Pferde 8000 Schaffe und 1000 mit Früchten und Wein wolbeladene Wagen erbeutet. Neda brachte auß etlichen Städten 1800 Fuder Wein / und 5000 Melke Kühe /samt 3000 jungen Rindern / 600 Fuder Korn uñ 6000 Schaffen. Prinsla hatte viel Tuch / gegerbet Leder /und Kleider geraubet / so viel 300 Wagen fortschleppen kunten / und weil er etwas tieffer ins Land gangen wahr / hatte er eine Heerde Ochsen und Kühe 14000 stark / 15000 Schaffe / und 3500 ledige Pferde angetroffen / welche sich auff die Flucht hatten geschicket. Als die Feinde eine solche ũberaus grosse Beute /nicht gar weit von ihrem Lager nacheinander daher treiben sahen / wusten sie nicht was sie vor Eifer tuhn oder reden wolten / und verfluchten die Inwohner /daß sie so langsam zur Gegenwehr wahren / durften uñ kunten doch keinen Außfal wagen / weil die unsern ihnen zufleissig aufwarteten. Es wurdẽ alle erbeutete Sachen in Eile fortgeschickt / und durch das Land verteilet / welches die zum Kriege undüchtigsten / 3000 stark fortbringen musten / denen 8000 erlösete Böhmische Leibeigene zugegeben wurden / und 6000 mit Waffen versehen und zum Heer getahn. Die unsern wolten es hie bey nicht lassen gut seyn / weil sie Zeitung hatten / daß in der abgelegenen Weite die Völker zusammen getrieben wurden / muste demnach Leches alsbald wieder fort mit 10000 auß geruheten / dem Herkules und Arbianes mit 12000 auf eine halbe Meile[741] immerzu nachfolgeten; wie im gleichen Neda und Prinsla mit 12000 nach einem andern Orte / von denen Ladisla und Markus mit 10000 nicht weit blieben. Nun wahr das Geschrey an dieser Seite schon durch das Land erschollen / daß die Böhmen den Einfal getahn hatten / daher der König etliche hundert Befehlichshaber von seinem neuen Heer /welches noch nicht gar bey einander wahr / nach diesen Grenzen schickete / mit Befehl / alle erwachsene Manschaft zusamlen und bewehret zumachen. Diese wurden Leches seiner Ankunft gewahr / zogen ihm 14000 stark entgegen / und schicketen herum / daß sich mehr zu ihnen schlagen solten. Leches empfing sie mit unverzagtem Herzen / welche anfangs als verzweifelte Leute fochten / und die unsern beide Hände vol zutuhn bekamen / biß ihre Ordnung getrennet ward / und nachgehends / weil sie sich nicht wieder setzen kunten / wie das Vieh abgeschlachtet wurden. Ehe sichs aber Leches versahe / ward er von der Linken her von einem neuen Feinde 15000 stark angegriffen / gegen welche er sich kehrete so best er kunte / da inzwischen die ersten sich samleten / voller Hoffnung / sich rechtschaffen zurächen. Aber Herkules kam zu rechter Zeit / gab Arbianes 7000 gegen die ersten zuführen; er aber ging mit 5000 Leches zu Hülffe / welcher dieses unvermuhtlichen Entsatzes sich erfreuend / den Feind gerade von fornen zu angriff / da Herkules zur Seite einfiel. Arbianes empfand schwachen Wiederstand von den schon Abgematteten /daher er zu erst fertig ward / daß von diesem ganzen Hauffen nicht mehr als 4000 lebendig blieben / deren 3600 gefangen wurden / die übrigen sich durch die Flucht errettetẽ. Der andere Feindes-Hauffen hielt sich biß dahin noch wol / weil viel handfeste Leute unter ihnen wahren / aber so bald sie Arbianes auch herzu dringen sahen / entfiel ihnen aller Muht / daß sie ihr Gewehr von sich worffen / und um Gnade rieffẽ / welche ihnen auch gegeben ward / wurden also hieselbst 8000 gefangen genommen / und erretteten sich kaum 50 durch die Flucht. Dieser herliche Sieg ward in anderthalb Stunden völlig erhalten / welcher den unsern nur 1800 Mann kostete / wiewol ihrer 2600 beschädiget wahren. Sie hielten in aller Eile Plünderung / funden bey den Lebendigen und Todten sehr viel Baarschafft / welches alles den Kriegsleuten frey gegeben ward; und also hielten sie es auch bey dem ersten Einfall / daß die Völker alle Baarschafft vor sich raubeten / und überaus viel Gold zusammen schleppeten. Unter den Gefangenen wahren 130 Ober Befehlichshaber / wurden aber den gemeinen Knechten gleich gerechnet / und alle vor Leibeigene nach Böhmen fortgeschicket. Herkules ging noch zwo Meile weiter zum Lande hinein / traf eine zimliche Stad an wiewol nicht sonderlich feste / und weil sie an Manschafft sehr entblösset wahr / bemächtigete er sich derselben ohn Blutvergiessen; sie wahr aber vol hinein geflehetes Guts / von Vieh / Korn und allerhand Waaren / so daß die Gassen und Höfe an vielen Orten mit den Wagen angefüllet wahren. Herkules ließ ausruffen /daß alle Leibeigene sich zur süssen Freiheit einstellen solten / worauff in kurzer Zeit sich 4000 / mehrenteils Böhmen anfunden / welche viel dankens machen wolten; aber sie musten helffen die Wagen und das LastVieh mit allerhand Raub beladen / da dann 3000 volgepackete Wagen / 6000 MaulEsel und Esel /8000 Pferde / und 7000 Ochsen mit voller Ladung fortgetrieben wurden. Als Herkules mit solcher grossen Menge gefangenen / gesattelter Pferde / und Beute nahe bey des Feindes Lager herzohe / und das Heer ihn mit grossem jauchzen empfing / meynete Dropion vor Herzensangst zusticken / fluchete und schalt so wol auff[742] seinen König selbst / als auff dessen Leute / daß sie mit dem Entsatze so schläfferig umgingen. Neda geriet an seinem Ort an ein sehr grosses Dorff / in welchem sich an die 16000 Pannonier gesamlet hatten / das Gewehr daselbst zuempfangen /denen er zuentboht / ob sie sich ergeben / oder mit samt dem Dorffe im Feur auffgehen wolten. Anfangs wegerten sie sich in etwas / aber als Ladisla mit seinen Völkern darzu kam / bahten sie umb Gnade und Lebensfristung. Man wolte so viel Leibeigene nicht mit sich schleppen / vielweniger sie lauffen lassen /daß sie auffs neue sich hätten mit Waffen versehen /und weil gleichwol Ladisla keinen gefallen an Vergiessung so viel Menschen Blutes hatte / musten sie alle miteinander ihnen den Daumen an der rechten Hand / oder zween Finger lähmen lassen / damit sie zum Gefechte undüchtig würden / welches sie / umb den Hals zu retten gerne angingen. In dem Dorffe traffen sie fast ja so viel hinein geflehete Güter an / als Herkules an seinem Orte / wie auch 3600 Bömische Leibeigene / welche frey gegeben / und mit Waffen versehen wurden. Diese kahmen zwo Stunden nach Herkules an / uñ erwecketen bey den ihren eine neue Freude / bey den Feinden aber fast eine rasichte Verzweifelung. Gleich diese Stunde fingen die unsern fünff lauffende Bohten auff / welche von dem Könige an Dropion abgeschicket wahren / ihm mündlich anzudeuten / daß nach verlauff zween Tagen derselbe mit einem wolgerũsteten Heer 150000 stark bey ihm seyn / und dem Feinde den verwägenen Einfal besalzen wolte; welches die unsern durch erschrekliche Peinigung aus ihnen brachten; hielten darüber Kriegsraht / und fundens am dienstlichsten seyn / daß sie wieder hinter sich nach ihrem alten Lager gingen. Es ward aber von einem befreieten Leibeigenen / der Geburt ein Italiäner / den unsern kund getahn / daß vier Meile von dem Lager ein verhauener Wald währe / welcher inwendig einen grossen und fruchtbahren Raum fast einer Meile im umbkreiß hätte / dahin währe ein grosser Vorraht allerhand Früchte / Speisen / Waaren / und Viehs gebracht / zweifelte nicht / man konte alle Beute leicht erhalten / wann eine zimliche Macht dahin ginge / weil sich mehrenteils Weiber /und nicht über 8000 Männer dabey fũnden. Ladisla bekam Lust / diesen Rit zu tuhn / nam 30000 frische Reuter zu sich / gingen die ganze Nacht fort / und gelangeten eine Stunde vor der Sonnen Aufgang daselbst an / funden den zimlich breiten Eingang mit bewehreter Mañschaft besetzet / und erwarteten des Tages zum Angriff / da inzwischen die unsern bemühet wahren / noch fünff örter zu öffnen / und durch dieselben hinein zu dringen. Die Feinde wurden der unsern zeitig gnug wahr / hatten sich mit Geschoß etwas / mit Schwertern uñ Spiessen aber wol versehen / und schossen anfangs verwägen gnug in die unsern /denen aber die Schilde wol zu statten kahmen / welche sie auff diesen fal mit sich genommen hatten /wiewol von unsern Leuten in die 300 erschossen / und 700 verwundet wurden; es half ihnen aber zurschleunigen überwindung / daß durch die fünff geöfneten Löcher in die 2500 Mann in kurzer frist hindurch drungen / und inwendig des Platzes ein grosses Blutvergiessen anfingen / daher ein sehr jämmerliches Geschrey von den Weibern und Kindern gehöret ward /daß allen ihren Mäñern der Muht entfiel / uñ die im grossen Eingange gedachten / es würden der unsern vielmehr durch gebrochen seyn / wie gleichwol ihre Anzahl sich immerzu mehrete. Ladisla ließ diese nochmahls zur ũbergabe anmahnen / welches sie auch annahmen / nachdem ihrer ingesamt 3200 erschlagen wahren. Sie funden einen ũberaus grossen Vorraht daselbst; 16000 ledige[743] Pferde / 40000 Rindvieh / 20000 malter Frũchte auff Wagen geladen; 300 Wagen mit allerhand Waaren zu Kleidungen; 1200 fuder Wein /19 Tonnen Goldes an Baarschaft / 70000 Schaffe /und sehr viel geschlachtetes und eingesalzen Fleischwerk. Bey dem Vieh und Wagen wahren über 8000 Leibeigene / mehrenteils Böhmen / welches alles nach möglicher Eile fortgebracht ward / so daß nach verlauff 23 Stunden sie im Lager ankahmen / und ein durchgehendes Freudengeschrey erwecketen. Die vornehmsten Häupter von dem Feinde / sahen auff ihrem erhöheten Wahle mit grosser bestürzung zu / und erzeigete sich Dropion nicht anders als ein Wahnwitziger / daß ihm alle mögligkeit auszufallen gänzlich abgestricket wahr / er auch kaum noch auff einen einzigen Tag Lebensmittel an Speise und Trank in seinem Lager hatte / daß wann der König seine ankunft noch vier Tage weiter hinaus gesetzet / hätten sie aus Noht sich alle ergeben mũssen / daher ein über aus grosses Leid unter ihnen entstund / weil von des Königes anzuge sie ganz keine nachricht hatten / und weil die unsern noch so ungescheuhet zum Lande hinein gingen / den Raub zu hohlen / sie in der Furcht stecketen / es würde keine anstalt gemacht / solches zu hindern. Die unsern sahen daß es zeit seyn würde auffzubrechen / liessen alle Beute samt den Gefangenen alsbald forttreiben / und lagerten sich gegen den Feind / nicht anders / als ob sie daselbst ein Lager befestigen wolten; aber so bald die Dunkelheit einbrach / zogen sie in aller stille fort / ritten die ganze Nacht /und bekahmen eine Enge hinter sich / daß sie vor überfal gesichert wahren. Dropion hätte sich dessen nimmermehr versehen / ließ zwar aus seinem Lager etliche kleine Reuterschaaren gehen / weil er alle Schanzen ledig sahe / und gleichwol trauete er nicht /weil er sich einer Hinterlist befürchtete / nochmehr aber / daß seine Knechte wegen mangels gar davon lauffen möchten / wann sie das weite Feld offen hätten; aber als etliche Bauren / insonderheit fünff Abtrünnige von den Gefangenen (welchen die Dunkelheit davon half) ihm die gewisse Zeitung brachtẽ / der Feind ginge in aller eile hinter sich / ward er dessen zum teil froh / wiewol er nicht aufhörete auff seinen König und dessen Gewaltige (deren etliche dañ / welches er wuste / ihm diesen eingelegeten Schimpf wol gönneten) zu schmähen; aber ein geträuer des Königes / redete ihm ein / er möchte alles nach belieben reden / und nur Königl. Hocheit schonen / als welche hieselbst keines weges zubeschuldigen währe / sondern vielmehr wir selbst / sagete er / in dem wir diesen Fehler begangen / und uns so gar auff die Grenze gelegt / da kein mittel gewesen ist / einigen Bohten abzufertigen / oder zubekommen; welches versehen doch unser König uns nicht auffrücken wird / weil kein Mensch einer solchen Schlauheit zu dem Feinde sich hätte versehen können. Dropion stellete sich äusserlich / als wann er durch solche Vermahnung völlig zu frieden gestellet währe / aber des folgenden morgens fand man diesen redlichen Mann auff seinem Lager Tod / da ihm das Häupt an der rechten seite eingeschlagen und die Kehle abgestochen wahr. Kurz nach dem Dropion des Feindes Abzug erfahren hatte /kam ein Königlicher Bohte zu ihm / anmeldend / es nähme den König / und alle seine Leute höchlich wunder / daß ihm in etlichen Tagen so gar keine Botschaft aus dem Lager zukommen währe / hätte darüber geeilet / mit der Reuterey voran zu gehen / mit welcher er gegen Abend bey ihm seyn / und den Feind ernstlich angreiffen wolte. Dropion schickete ihm 2000 Reuter / unter der Anfũhrung seiner ergebenen entgegen / welche ihm alles nach seinem Willen vortragen und den Fehler beschönen solten. Wir haben[744] aber hieselbst zuvernehmen / mit was Gemüht und Willen Dropions erste Botschafft (da er von dem Könige ein neues Heer / noch ehe er der unsern Lager gestürmet hatte / begehrete) auffgenommen sey. In Pannonien wahr dazumahl überal grosse Freude / weil man alle Tage / ja fast alle Stundẽ eine Anzahl Vieh nach der andern aus Böhmen brachte / und umb ein liederliches Geld verkauffte / wobey stets zur neuen Zeitung ausgeruffen ward: das ganze Land stünde mit ihrem Könige in solchem Schrecken / daß dieser davon zuzihen / jenes sich an König Mnata zuergeben willens währe / dann die beste Manschafft hätte sich in den eingenommenen Grenz Festungen auffgehalten / nach deren Hinrichtung den übrigen das Herz entfallen währe. Mnata wahr etwas leichtgläubig / und trauete seinem ungeträuen Dropion zu viel / daher er sich gegen die seinen öffentlich vernehmen ließ: Er hielte Böhmen so gut als überwunden / und solte ihm Teutschland hernach vor den Schimpff auch schon gerecht seyn. Dieses wusten Dropions Zugetahne ihm dergestalt einzubilden / daß er ganz sicher ward / und des verständigen Mastyes Reden verachtete / welcher stets auff die guten Zeitungen antwortete: Er fürchtete / man würde mit den Böhmen mehr zu tuhn bekommen / als Vieh rauben und Dörffer brennen; das Land währe reich an Manschafft; Teutschland stünde ihnen bey / als ginge sie es selbst an / und däuchte ihn unmöglich / daß ein so tapfferer König in Geselschafft eines noch tapfferern geträuen Freundes nicht eine Schanze wagen solte / ein Königreich zubehalten /welches ihm angeerbet währe; riet demnach man solte sich gefasset machen / damit man zeit der Noht bereit währe; dessen aber der König lachete / und sich vernehmen ließ / er währe nicht willens / sein ausgeschiktes Heer mit einem Manne zuverstärken / so gewiß währe er des Sieges; mit welcher Erklärung seine Geträuen vor dißmahl mustẽ friedlich seyn. Als aber die Zeitung erscholle / daß die 9000 im Dorffe von geringer Manschafft nidergehauen währen / welches Dropions Anhang gerne vertuschen wolte / begunte Mnata zumerken / daß die Böhmen noch nicht gemeinet währen / das Land zuverlauffen / insonderheit / als Mastyes und Deon / die auff alles gute Kundschafft legeten / ihm zu wissen tahten / sie hätten von guter Hand Zeitung / daß Teutschland und Böhmen ihr äusserstes wider Pannonien zuwagen entschlossen währen / und dero behuef sich gewaltig rüsteten. Weil dann Dropions begehren wegen Auffrichtung eines neuen Heers darzu kam / wobey doch der Niderlage ihres Vortrabes keine Meldung geschahe /merkete Mastyes / daß ein Schade müste eingenommen seyn / welches zuerforschen / er seinen geträuen Diener / der mit Dropions seines Abgefertigten Diener sehr vertraulich wahr / an denselben mit fleissiger Nachfrage setzen ließ / welcher / ob ihm gleich ernstlich von seinem Herrn verbohten wahr / dessen nichts zugedenken / so offenbahrete er doch diesem auff versprochene Verschwiegenheit alles / wie es ergangen währe. Mastyes hielt vor nöhtig / daß dem Könige es vertrauet würde / wiewohl ohn des Anbringers Meldung; Worauff dann Mnata den Abgeschickten mit ernstlichen Worten zu Rede stellete / warumb er so verrähterisch mit ihm umginge / und ihm die Warheit vertuschete / welche ihm von unterschiedlichen andern / so dem Heer beywohneten / mit allen Umständen schon zugeschrieben währe. Dieser verstummete anfangs / und als er des Königes Zorn merkete / bekennete er rund aus / daß ihm / solches zumelden /von dem Feld-Herrn ausdrüklich verbohten währe. Hieraus nahmen Mastyes und Deon gelegenheit /[745] ihren König absonderlich mit Trähnen zuwarnen / er möchte sich doch vorsehen / und bedenken / was es auff sich hätte / daß nicht allein Dropion ihm den wahren Verlauff hinterhalten dũrffte / sondern auch solche Leute umb sich hätte / welche ihm geträuer währen / als dem Könige selbst. Aber es wolte diese Vermahnung noch nicht bey ihm wirken / insonderheit / weil der Abgeschikte / nachdem er sich bedacht hatte / den Feld Herrn zuentschuldigen wuste / daß derselbe seinen König mit so ungenehmer Zeitung nicht betrüben wollen / sondern sich hoch verheissen /sein Schart zuvor redlich auszuwetzen / ehe man in Pannonien davon etwas erführe. Der König hielt darauff Raht mit den Gewaltigen / was man auff Dropions begehren vorzunehmen hätte / und weil dieser noch gar einen grossen Anhang bey dem Könige hinterlassen / wusten dieselben alles nach dessen Willen zufidern. Mastyes wahr sehr sorgfältig / hatte mit Deon und etlichen wenig andern schon überleget /was des Königes und seines Reichs beste seyn würde / und trieb fleissig / daß ein Heer von 150000 Reutern möchte gesamlet werden / mit welchem der König selbst zu Felde ginge; welches zusammen zutreiben äusserster Fleiß angewendet ward / dann die Teutsche Hülffe / deren Dropion selbst gedachte / hielt sie nicht in geringer Furcht / daß die verständigsten es schon unter sich beklageten / daß man den Krieg so liederlich angefangen / und nicht zuvor gütliche Handlung versucht hätte. So bald aber Dropions und aller KriegsObersten anderes Ansuchen wegen eiligster übersendung der Speise Wagen / dem Könige vorgetragen ward / und daß ihr Lager mit allem Vorraht durch blossen Unfall (wie sie sageten) im Feur auffgangen währe / befahreten sich Mastyes und Deon viel eines ärgern / erfuhren auch durch heimliche Geschenke von einem mit übergekommenen Diener / daß alles durch Feindes List und Verrähterey zugangen währe. Jedoch / weil auch dieser beständigst darauff verblieb daß des Feindes Lager in wenig Stunden sich ergebẽ würde / war die Furcht bey ihnen nicht so groß / wiewol Mastyes gnug zuverstehen gab / daß er solcher guten Zeitung wenig trauete / und Dropion mit guten listigen Worten gespeiset würde / wunderte sich auch nicht wenig / daß er von Agis oder Hyppasus /genommener Abrede nach / gar kein geheimtes Schreiben bekam; aber diesen ward viel zu fleissig auff die Hand gesehen / daß ihnen solches zuleisten unmöglich wahr. Es musten alsbald 1200 Wagen auffbrechen und mit allerhand Speisen nach Böhmen zugehen / welche den flüchtigen / wie schon gemeldet / wol zu gute kahmen. Weil dann Dropions abermahlige Gesandschafft (welche er gleich seiner Ankunst auff die Pannonischen Grenzen abgehen ließ) sich angab / nebest Vermeldung / daß man wegen Mangel des nöhtigen Unterhalts / des Feindes Bodem hätte verlassen / und sich zurũk zihen mũssen; entstund daher ein grosses Schrecken / und gedachten Mastyes und Deon nicht anders / als währe das ganze Heer geschlagen; welches eigentlich zuerfahren / sie dem Könige rieten / er solte sich seiner Königlichen Gewalt gebrauchen / und die 8 Abgeschikte absonderlich mit Ernst vermahnen / daß sie ihm den ganzẽn Verlauff umständlich anzeigeten; wodurch diese auch geschrecket / einhellig berichteten / daß sie über 70000 Mann in zweyen Stürmen und kleinen absonderlichen Schlachten eingebüsset / und doch dagegen dem Feinde sehr geringen Schaden getahn hätten; insonderheit zeigete ihrer einer dem Stathalter Mastyes vertraulich an / wie hoch König Ladisla und seine Verwanten von Dropion beschimpffet / und zum Galgen gefodert währen / wodurch[746] derselbe zum Eifer gereitzet / seiner Abgesandten zehne henken / und dem eilften Ohrẽ /Nase und Finger abschneiden lassen; welches dieser mit entsetzen und grossem Herzensprast anhörete /und nebest seinen Vertraueten beklagete / Dropions verwägener Frevel und unverschämter Ehrgeiz nach der Böhmischen Kron / würde ganz Pannonien ins Verderben stürzen. Bald hernach brach die Zeitung aus / die Teutschen und Böhmen hätten Dropions Heer mit überaus grosser Macht ganz umlagert; und als alle Stunden eingebracht ward / was gestalt alles Vieh geraubet / alle Früchte hinweg geführet / und was man nicht fortbringen könte / verbrennet würde /sahen sie die Früchte des unnöhtigen Krieges vor Augen / wolten gleichwol das Herz nicht gar fallen lassen / sondern reizeten den König / daß er eilen /und durch seine Gegenwart den Völkern einen Muht /und den Feinden Schrecken machen solte. Also brach Mnata endlich auff mit 150000 wolbewehretẽ Völkern / über welche er seinen geträuen Hyppasus zum Unter Feldherrn zusetzen willens wahr. Als Dropions 2000 Reuter auff den König stiessen / wusten deren Führer nicht gnug aufzuschneiden / wie viel Feinde sie erschlagen / und wie grosse Verwüstung sie in Böhmen angerichtet; aber der König wolte solchen eiteln Ruhm nicht unbeantwortet lassen / und fragete; wo dann die Siegszeichen / der Feinde Fähnlein und Gewehr währen / und was sie bewogen hätte / als flüchtige davon zulauffen; es währe unerhöret / daß ein so starkes Kriegs Heer ohn gewagete Feldschlacht das Hasen Panier aufgeworffen hätte; Und weil auff diesem Zuge von den Untertahnen nichts überal als klagen und weinen / wegen des überaus grossen Verlustes ihrer Güter gehöret ward / da sie zugleich sich vernehmen liessen / es währe der Feld Herr Dropion mit einer so grossen Macht in seinem Lager ganz stille dabey gewesen / daß sichs ansehen lassen / als hätte er mit den Feinden einen heimlichen Verstand gehabt / ja als ob er ihnen einen Frey Brief / nach gefallen zurauben / zuplündern und zuwürgen erteilet hätte / erzürnete sich der König nicht ein geringes darũber / so daß er willens wahr / das KriegsRecht über die hohen Häupter ergehen zulassen. Als er im Lager ankam / gingen Agis / Hyppasus und Amythaon in trauriger Gestalt zu ihm hin / und klageten sich selbst an / wie sie durch unterschiedliche Unvorsichtigkeit und Versäumniß dasselbe nicht geleistet hätten / was ihnen gebühret / wobey sie gleichwol unangezeiget nicht liessen / daß allemahl die gröste Schuld bey ihnen nicht gewest währe / und daß den listigen und glüklichen Anschlägen des Feindes sie sich nicht bestand befünden / welche allenthalbẽ durchgedrungen / und eine grosse Anzahl ihrer Völker gefressen /da hingegen wol kaum eine Hand vol der feindlichen Völker drauff gangen währen. Jedoch hoffeten sie /bey des Königes Gegenwart es wieder einzubringen wann sie des ergangenen gnädige Verzeihung erlangen könten. Mnata verstund aus ihren Reden wol /was sie gerne klagen woltẽ / und doch nicht durfften /beklagete die erlittene Niderlage / und zeigete an /daß ihnen freilich wolte gebühret haben / sich besser in Feindes Lande und Gegenwart vorzusehen; weil aber es an ihrer Auffrichtigkeit und Träue nicht ermangelt hätte / und man das geschehene nit endern könte / solte ihnen ihr versehen hiemit zugedecket und vergeben seyn / welches sie hernähst würden wissen einzubringen; ernennete auch darauff Hyppasus zu seinem Feldmarschalk über die mitgebrachten Völker / und foderte Dropion vor sich / welcher zu ihm tretend fragen durffte / warumb der König selbst mit überkommen währe. Derselbe aber anzeigete /[747] es währe billich über seine schleunige Zurükkunfft sich mehr zuverwundern / und dz er sich hieselbst von den Feinden hätte einschliessen lassen / als daß er kähme /ihn loßzureissen. Der verwägene Dropion wahr ihm solcher verweißlichen Rede nicht vermuhten / uñ fragete / warumb der König sich seiner überkunfft verwunderte; ob dergleichen Glüksfälle nicht wol ehe vorgangen währen. Mnata kunte länger nicht schweigen / und sagete: Was Glüks fälle? heisset man dasselbe auch Glückesfälle / was man liederlich verübet /und durch Verachtung des Feindes oder andere dergleichen Verwarlosungen ihm selbst zurichtet? heisset man das Glüksfälle / wann man des Landes Plünderung mit leiblichen Augen anschauet / ja den Feind ungehindert abzihen lässet / welcher fünff mahl mehr Beute wieder gehohlet / als man ihm abgenommen hat? Dieser Unhold sahe seinen König mit grimmigen Augen an / und weil er seine Gewalt fest gelegt hatte /daß er bey den meisten KriegsBeamten / ja auch Reichs Bedieneten mehr als der König selber galt /fing er an dergestalt zuschnarchen / und seine dem Reich geleistete Dienste zuerheben / auch schon zu dräuen / daß er seine Hand abzihen wolte / daß der König gnug zuschaffen hatte / ihn wieder zubegütigen / dann ausser Agiß / Hyppasus und Amythaon / hingen ihm alle Feld Herren und vornehme Obersten an /weil sie durch seine Befoderung gestiegen wahren / so gar / daß welche der König gesezt hatte / fast nichts golten / wiewol dieselben durch des Königes Gegenwart nunmehr anfingen / das Häupt auffzurichten /weil sie bey dem neuen Heer eine grosse Anzahl ihres gleichen funden. Agiß und Pyrechmes schlugen sich zwischen die Uneinigkeit des Königes und seines Feld Herrn / da dann die Furcht einer Auffruhr an seiten Mnata / und das böse Gewissen bey Dropion die Vegleichung leicht befoderte / und ward bald darauff algemeine Kriegsbesichtigung gehalten / da sie ihre zusammen gestossene Macht also beschaffen befunden / daß sie sich getraueten ein kurzes Spiel zumachen / brachẽ des dritten Tages nach der unsern Abzuge auff / und führeten 90000 Fußknechte in der Mitte / und an beyden Seiten die Reuter / jeden Flügel 80000 stark / alle miteinander auserlesene Kriegsleute; hatten auch ihre Rũstwagen bey sich / welche auff 6 Wochen Speise gnug nachführeten. Siegward und Olaf waren völlig wieder genesen / und kamen zween Tage nach der Unsern Wiederkunft mit 10000 gesamletẽ Böhmischen Reutern an / dz ihr ganzes Heer in 160000 Mañ bestund / unter denen aber der vierde Teil zum Kriege nit abgerichtet war. Sie verscharretẽ bey ihrer Ankunfft die erschlagenen Pañonier in die Erde / umfassetẽ ihr Lager etwz weiter / uñ befestigten es dergestalt / dz es fast unüberwindlich war. Fleisch / Butter / Brod / Mehl / Salz uñ Wein hatten sie überflüssig von der mitgebrachten Beute / richtetẽ auch eine grosse menge Baköfen uñ gemeine Küchen zu / dz die Völker / hoch und nidrig wol verpfleget /uñ im Gewehr ohn unterlaß geübet wurden / weil sie nit zweifeltẽ sie würden den Feind bald wieder unter dem Wahle haben / wiewol ihre Leute sehr muhtig wahren und ihre Ankunft wünscheten / damit der Krieg bald zum Ende gebracht würde. Neda und Prinsla musten mit 6000 Reutern gegen Feindes Land zureiten / und 200 Mañ je vier und vier eine Meileweges lang vor sich hergehen lassen / mit dem Befehl / daß so bald die ersten etwas gewisses vernehmen würden solten sie ein Zeichen geben / und so fortan / daß die hintersten es schleunig an sie bringen könten. Am sechsten Tage nach der unsern Wiederkunft meldeten diese an / dz der Feind mit einer schier ungläublichen Macht[748] und Menge ihrer Ritterschaft im Anzuge währe / und mit solcher Grausamkeit fort gingen / daß sie keines fruchtbahren Baumes verschonetẽ / auch die Steine auf den guten Acker mit Hauffen außstreueten /ihn zuverderben. Die unsern hielten hierauff Kriegsraht / und teileten ihre Völker solcher gestalt /daß König Henrich / Ladisla / Leches / Prinsla und Gallus das Lager mit 9000 Fußknechten bewahren /die Reuter Flügel aber an beiden Seiten verborgen (wie vormahls) halten solten / jeder 50000 Köpffe /da Herkules / Arbianes / Klodius und Neda den Rechten; Siegward / Olaf / Markus / und Herr Bertram /ein Frey-Herr von der Weser den Linken zubefehlen hatten. Der Feind schlug sein Häuptlager eine gute Meile von den unsern / uñ erkundigte sich fleissig /wessen man sich an dieser Seite verhielte / erfuhren auch daß das Lager mit gnugsamer Manschaft besetzet / und beide Reuter-Flügel in Ansehung des vortelhaften Ortes zur Gegenwehr düchtig und stark genug währe / so daß man sie weder einschliessen noch hintergehen könte; währe also kein besser Mittel / als daß man den Feind zur Schlacht außfoderte. Diesem ward alsbald des ersten Tages nach ihrer Ankunft folge geleistet; aber die unsern gaben zur Antwort; hätten sie auff ihrem Grund und Bodem sich gewegert zu schlagen / solte ihnen ein solches noch zur Zeit ebener gestalt versaget seyn; doch gefiele ihnen wol /daß sie nunmehr beginneten Kriegsart vorzunehmen /und die unredlichen Mordbrenner und Räuber Stükchen angäben / deren sie doch wol auff dem jetzigen Zuge wieder auffs neue gnug möchten betrieben haben / wie wol man ihnen darzu keine Ursach gegeben / noch in ihrem Lande einen einzigen Baum / geschweige ein Haus oder Dorff durchs Feur beschädiget hätte. Agiß hatte dem Könige es zuvorgesaget /daß sie abschlägige Antwort bekommen würdẽ / und der Feind ausser Zweifel den Krieg etwas in die Harre zuspielen gesonnen währe. Ward darauff von ihnen aufs neue umgefraget was vor ein Mittel zum schleunigen Siege vorzunehmen seyn würde. Dropion stimmete abermahl auf eine gewaltsame Bestürmung des feindlichen Lagers / Agiß hielt vor rahtsamst / daß man etwas wieder zurük wiche / und hernach an einem añoch unverderbeten Ort zum Lande nach der HäuptStad zu / hinein ginge / da ihnen der Feind folgen / oder ohn ein befestigtes Lager ihnen entgegen zihen müste. Welche Meinung ihm der König nicht übel gefallen ließ / würde auch wol mit der unsern grossem Schaden ins Werk gerichtet seyn / wañ nicht Dropions ergebene ihn überstimmet hättẽ / daß auch Hyppasus einwenden nicht geachtet ward / in dem er mit guten Gründen ihnen vorstellete / daß solcher Sturm viel Volk fressen / und die Erstreitung des überaus festen Lagers dannoch sehr mißlich seyn würde. Dann Dropion brachte dagegen vor / es mangelte ihnen an gutẽ Wegweisern / uñ würde man auf den engen Durchzügen auffgehalten werdẽ / welche dem Feinde alle miteinander kündig; hingegen / wañ das Lager erobert währe / würde damit die Schlacht zugleich erhalten / der Feind zustreuet / und das ganze Land auff einmahl unter den Gehorsam gebracht; dem der König Beifal gab / insonderheit als sich Dropion mit hohen Schwüren verfluchete / er wolte den empfangenen Schimpf und Schaden rächen / oder darüber zu Grunde gehen / auch durchaus weder Gnade erzeigen noch begehren; welches sehen zulassen er durch stränges anhalten den König darzu bewägete / daß er alles wiedrigẽ rahtens / so von etlichen geschahe / ungeachtet einwilligte / daß ein hoher neuer Galgen vor unser Helden Augen auffgerichtet ward / und man zugleich einen Trometer an das Lager[749] schickete / welcher ohn gesuchten freien Abzug ihnẽ ankündigte /dafern sie sich nit stündlich ergeben / das Gewehr niederlegen / und umb Gnade wegen des geschehenen Verbrechens anhalten würden / solte im ganzen Königreich Böhmen keine lebendige Seele bleiben auch des Kindes in Mutter Leibe nicht verschonet werden; das ganze Land müste zur Wüsteney gedeyen / und König Ladisla nebest allen seinen Anverwanten den jezt auffgerichteten Galgen bekleiden Ladisla hörete dieses mit dem aller bewäglichstẽ Eifer an / ließ ihn hinein führẽ / und fragete ihn mit grimmigen Angesicht / wer ihn so verwägen gemacht hätte / daß er einem Könige in seinem Reiche den Galgen andräuen dürffte; befahl schleunigst einen Galgen oben auff der Brustwehr zu richten / und den frechen Buben daran zuhängen; aber durch König Heinrichs Vorbitte schenckete er jhm das Leben / weil er vorgab / er wolte endlich gerne am Galgen sterben / und es vor eine Gnade rechnen / massen / wann er sich im geringsten gewegert hätte diese Werbung abzulegen /würde ihm der schmerzhafteste Tod auff Dropions Befehl angetahn worden seyn. Doch ließ ihn Ladisla Mutternacket außzihen / mit Koht beschmieren / die Hände auff den Rücken / und einen schäbichten Hund auff die Schulder binden / hernach rũklings ihn auff ein reudiges Pferd setzen / und einen gefangenen Pannonier / nach zustümmelten Fingern / Nase / und Ohren / zugeben / der ihn unter solchen Schmerzen bey dem Zügel hinleiten muste / gab ihm auch diese Antwort / seinem Könige zubringen: Redliche Teutschen und Böhmen währen bißher nicht gewohnet /sich auff Gnade und Ungnade zuergeben / noch ehe sie angegriffen würden / viel weniger dem Diebs-Henker den Hals zum Stricke darzubieten; währe Mnata ein redlicher König / würde er deßgleichen Beschimpffung keinem König- oder Fürstlichem Blute anmuhten; er vor sein Häupt achtete seiner Dräuungen gar nicht / durch welche er sich nicht als ein König /sondern als ein schändlicher Wüterich erzeigete / dem er aber sein Schwert entgegen setzen / und ihn versichern wolte / dafern die Galgen Bedräuung nit in 24 Stundenfrist widerruffẽ würde / wolte er eben denselben daran henken lassen / der ihn auffzurichten befohlen hätte. Hiebey gab er ihm einen offenen Außfoderungs-Brief an Mnata / welcher also lautete:

Mnata / währestu ein redlicher König / würdestu Königl. Hocheit nimmermehr biß an den Diebes-Galgen beschimpffen / insonderheit / weil man dir nicht / als Kriegsrecht / und zwar anff gelinde Weise hat wiederfahren lassen. Weil dann dieser Schimpff gar zu schändlich /und der Anstiffter dessen nicht wert ist / daß er eines Königes Nahmen tragen sol / hastu dich solcher Benennung selbst beraubet / die ich dir sonst nicht würde gewegert haben. Damit du aber sehest / wie gering ich deinen Troz halte und schätze / habe ich dir deinen Bohten in solcher gestalt wieder geschikt / wie du es verdienet hast; Und dafern noch eine Ader eines redlichen Königes und Ritters an dir ist / so stelle dich mit rittermässigem Gewehr ein zwischen meinem und deinem Lager / woselbst ich deiner warten / und von dir nicht scheiden wil / es sey dann / daß du oder ich durch das Straff-Schwert abgeschlachtet werde. Wegerstu dich dessen / so schrecket dich deines Gewissens Brandmahl / und machest dich selbst zu einem solchen / der keines redlichen Königes Schwerts wirdig sey.


Ladisla dein geschworner Feind.


Der elende Trometer brachte seinem Könige diese Antwort nebest dem Absagsbrieffe; welcher nebest seinem Dropion und den andern Obersten / sich nicht anderst geberdete / als wolten sie unsinnig werden. Das Ausfoderungs-Schreiben ward gelesen / und umbgefraget / was zu tuhn währe; da Dropion zwar den Kampf nicht rahten durfte / und ihn doch herzlich gerne gesehen hätte / währe ihm auch lieber gewesen /daß sein König / als Ladisla[750] den kürzern gezogen hätte. Aber Agiß erwies durch hochwichtige Ursachen / daß solchen Kampf sein Heer keines weges zulassen könte noch solte; wobey es auch sein verbleiben hatte. Doch erkläreten sie sich einhellig / den Schimpf noch vor der Soñen Untergang grausamlich zu rächen / daß keinem hinfort gelüsten solte / dem Pannonischen Könige und seinem unũberwindlichen Kriegsheer einen schäbichten Hund zuzuschicken. Es musten 10000 Reuter absitzen / und zu dem Fußvolke treten / daß ihre Zahl auff 100000 vol ward. Das Lager besetzeten sie mit Fuhrleuten und andern unnützen Gesinde / und teilete Mnata mit Dropion die Reuterey gleich / daß jeder 75000 Pferde führete / welche Zeit des Sturms in voller Schlachtordnung halten solten. Dropion wahr so stolz / daß er an seinen König begehren durfte / ihm den Bömischen König zur Straffe überzulassen / so bald er würde gefangen seyn; befahl auch dem Fußvolk / sie solten ihn nicht erschlagen / sondern lebendig greiffen. Mnata munterte die seinen zur Herzhaftigkeit auff / sie solten nur betrachten / was vor einen unablöschlichen Schimpf man ihrem ganzen Volke durch überschickung des schäbichten Hundes angelegt hätte / welchen auszudeuten man keines Dolmetschers bedürfte / gestaltsam der nichtige Böhme (so nennete er Ladisla) schon im vorigen Zuge die Pannonier vor Hunde / und ihre Anfoderung vor ein Hundisches bellen hätte schelten dürffen; es währe solcher Hohn tausendmahl bitterer / als der Tod selbst; dann dieser brächte einem redlichen Mañe keine Schande / jenes aber beschimpfete ihn so hoch /als weit ein Hund geringer dann ein Mensch währe. Abbitte währe davor viel zu schlecht / es müste solcher Frevel mit dessen Blute ausgesöhnet werden / der ihn begangen hätte; deswegen solten sie ihrer angebohrnen und durch die ganze Welt beschriehenen Mannheit eingedenke seyn / und mit wenigen zu sagen / nur sich erinnern daß sie Pannonier währen /alsdann würde einem jeden seine Schuldigkeit es schon zuruffen / was ihm gebühren wolte; er selbst währe willens / den rechten Flugel anzuführen / wann der Feind mit seiner Reuterey loßbrechen wũrde / biß dahin er auff einem Hügel halten / und eigentlich acht drauff geben wolte / wer seine Tapferkeit am besten gebrauchen würde / wiewol er an keinem im geringsten nicht zweifelte. König Henrich unterließ nicht /den seinen den Muht gleichergestalt zuerwecken; sie solten nicht des Feindes menge ansehen / noch sein wüstes Geschrey achten / sondern ihnen nach dẽ Fäusten sehen / uñ sie daselbst angreiffen / wo ihnen am besten beyzuko en währe / welches allen und jeden nicht solte unvergolten bleiben / ungeachtet sie schuldig währen / vor das Vaterland und vor ihre Könige streitend zu sterben. Damit höreten sie / daß das Zeichen zum Sturm gegeben ward / und ein so gräuliches Geruffe sich erhuhb / daß wol ein gnug herzhaftiger dadurch solte bewäget seyn / und wahr inwendig einer halben Stunde der doppelte Graben an zehn Orten 25 Schuch breit ausgefüllet. Weil dann die Pannonier die Gefahr des ehemaligen Sturmes noch in frischem Gedächtnis hatten / macheten sie sich mit Hacken und Schauffeln an den auffgeworffenen Wahl / der meinung / ihn niderzureissen / und einen ebenen Eingang zumachen / welches ihnen anfangs glüklich von statten ging / dz sie drey zimliche Strassen zur helfte hindurch arbeiteten. Ladisla entsetzete sich in etwas vor dem gräuliche toben / aber sein unüberwindliches Herz fassete bald festen Stand / und befahl er / daß 6000 Mann ausfallen und die Arbeiter angreiffen solten / welches so wol glückete / daß sie ohn verlust eines einzigen Mannes / 2000 niderschlugen / und ihr Werkzeug davon[751] ins Lager brachten; doch wolte sichs in die harre nicht treiben / dann der Feind drang gewaltig auff sie zu / umb ihnen den Weg nach der Seitenpforte / von dannen sie kommen wahren / abzuschneiden; daher sie sich wieder davon machen musten / und verlohren im Abzuge 300 Mann / nahmen doch dabey 1400 Feinde mit sich in den Tod / und wurden ihres wolverhaltens von Freunden und Feinden gepreiset. Nach ihrem Abscheide ging das Hacken von neuen an / doch nicht mit vorigem Eifer /weil sie sich eines abermahligen überfalles besorgeten / welcher ihnen auch bald über den Hals kam; dann auff der andern Seite ließ König Henrich 8000 hinaus eilen / die mit kurzem Gewehr ein heftiges Gemätsche triebẽ / daß endlich die Gräber die Flucht nahmen /nachdem ihrer 3000 erschlagen / und so viel verwundet wahren / davon hernach nicht 300 lebendig blieben; sie aber dagegen auch 400 einbüsseten. Der feindselige König muste dieses mit Augen ansehen /und kunte ihnen doch den Entsaz nicht so eilig zuschicken / daher er das niderreissen verbieten / und zum Sturm auffblasen ließ. Inwendig dem Lager hatten die unsern nicht gefeiret / sondern hinter dem Wahle / da der Feind arbeitete / tieffe Wolfes- gruben auffgeworffen / und mit dünnen Reisich bedecket /welcher anschlag sehr wol gelung / dann weil an solchen Orten der Wahl am leichtesten zuersteigen wahr / lieffen die Feinde daselbst mit grossem Eifer an /und als ihnen wenig Wiederstand von forne zu geschahe / drungen sie leicht hinüber in das Lager / und stürzeten sich hauffens weise in die Gruben / worinnen sie jämmerlich und mit grossem Geschrey / teils sich mit ihren Schwertern beschädigten / teils sich unter einander erdrücketen / daß ihrer auff solche weise 1600 umbs Leben kahmen / und die Nachfolger zücketen / die nicht hinüber wolten / weil sie sahen /wie erbärmlich es den ihren erging. Draussen wuste man nicht was der anlauffenden Stuz bedeutete; dann ob diese gleich die Ursach anmeldeten / kunte mans doch wegen des vielfältigen Geschreyes nicht vernehmen / biß sie endlich den Betrug muhtmasseten / und diese Lücken verlassend / den ganzen Wahl teils hinauff kletterten / teils mit Leitern bestiegen / aber von den unsern mit langen Spiessen dergestalt empfangen wurden / daß ihrer im ersten Anlauffe 3000 Tod zurük fielen / welches alles ihr König ansahe / und mit ihnen zwar mitleiden trug / aber aus heftigem Grim nicht desto weniger befahl / den Sturm unauffhörlich fortzusetzen. Da ging es nun ũber und über; die ganze Seite des Wahles wahr im Augenblik mit Feinden erfüllet / die mit Steinwerffen den unsern sehr gedrange tahten / und man ihnen durchaus nicht steuren kunte / daß sie drey unterschiedliche Löcher durch den Wahl brachen / durch deren äusserstes nach der Rechten zu / sechs Mann neben einander streitend hindurch dringen kunten; wehrete auch nit lange / daß in die 4000 Feinde inwendig des Lagers sich befunden / welche mit den unsern einen herben Streit anfingen / und zugleich der ihren immer mehr und mehr an sich zogen / welches doch Ladisla mit willen geschehen ließ / biß ohngefehr 10000 durchgedrungen wahren / da muste Leches und Gallus von der Rechten /Fabius und Prinsla von der Linken die Lücke verhauen / daß niemand mehr durchdringen kunte; Ladisla aber trat mit grossem Volke auff sie zu / schloß sie enge ein / und hörete nicht auff / biß sie alle niedergesäbelt wahren; worüber sie doch 3000 im Stiche liessen / weil jene aus verzweifelung fochten / uñ nicht ungerochten sterben wolten. Es wahr ein solches Elend und Jammer / desgleichen nie mochte gesehen seyn / dann aus den Tohren des Lagers flossen Bächlein Blut hinaus / und stelleten sich die unsern so häuffig[752] auff den Wahl / daß der Feind nicht mehr belieben trug hinan zuklimmen / weil sie keinen lebendigen wiederkommen sahen. Mnata hätte den Sturm gerne weiter fortgesetzet / aber Agiß und etliche geträue Obersten mehr / wiederrieten solches; es währe gar zu kühn gewaget / eine so grosse menge der Feinde in ihrem Vortel anzugreiffen / da ihrer zehn so gut drinnen / als 60 draussen währen; man müste den Feind durch Hunger (welches doch unmöglich) oder durch einẽ andern Einfal zur Feldschlacht dringẽ /sonst würde die Gefahr und der Verlust zu groß / auch der Gewin oder Sieg zu zweifelhaftig seyn; wodurch er sich dann bereden ließ / daß er den Abzug gönnete / dessen die unsern wol zu frieden wahren / weil die tapfersten sich sehr abgemattet / 7000 überal eingebüsset / und 5000 beschädigte hatten; da hingegen der Feinde 28000 geblieben und 13000 hart verwundet wahren. Auch hatte König Henrich fũnff / wiewol geringe Wunden bekommen / dañ vor dißmahl hatte er den härtesten Stand gehalten. Dannoch aber wolte Ladisla seinen Heldenmuht sehen lassen / und befahl Leches und Prinsla / mit 15000 Mann auff den abzihenden Feind auszufallen / welche dann gnug spüren liessen / wie gehässig sie den Landverderbern wahren. Aber die Feinde stelleten ihnen auch keine Kinder entgegen / daher ein hartes Treffen entstund / welches schier eine ganze Stunde wehrete / weil ein jeder den seinen frischen Entsaz zuschickete / daß endlich die Feinde den unsern zu schwer fallen wolten / als welche im offenen Felde ihrem Könige zu zeigen sich bemüheten / daß es ihnen weder an Kraft noch herzen gefehlet / sondern nur des Orts ungelegenheit hinderlich gewesen währe; daher dauchte den unsern am rahtsamsten seyn / sich zurücke zuzihen / uñ dem Gefechte anstand zu geben / nachdem hieselbst an Feindes seiten 5000 / und der unsern 4000 gestrecket lagen. Ladisla wagete diesen Ausfal wieder Herkules gutheissen / als welcher solches ernstlich wiederrahten hatte / und dem Treffen zusahe / fand aber keine Gelegenheit / dem Fußvolk mit der Reuterey zu helffen / biß dieser Abzug geschahe / da nam er seiner Schanze wahr / brach mit 4000 Teutschen / deren 1500 Schlachtschwerter führeten / dem Feindes Fußvolk zur seite ein / und fing ein solches Gehacke an /dz ihm 20000 weichen musten / deren er doch 6000 in den Tod schickete. Der Feind wolte diesem Unwesen länger nicht zusehen / und ließ 8000 Reuter auff ihn ansetzen / die mit grosser mühe durch ihr eigen Fußvolk hindurch brachen / und deren nicht wenig ertraten / ehe sie Herkules erreichen kunten / der sie zeitig gnug kommen sahe / noch 3000 der seinen zu sich foderte / und die herandringenden ganz unerschrocken und mit guter vorsichtigkeit in geschlossener fester Ordnung empfing / die doch nach kurzem Gefechte sich bald wieder zurük zogen / teils / weil sie vor den grossen Schwertern nicht bestehen kunten / teils in meinung / die unsern zu locken / daß sie mit der Menge umbgeben / und also erschlagen werden könten. Aber Herkules roch den Braten / und folgete nicht so hitzig nach / hatte doch mühe / die seinen abzuhalten / welches er noch endlich mit dem Trometen-zeichen tuhn muste. Der Feind ward mit 6000 gestärket /und ging auffs neue auff ihn an / dessen er sich mit seinem Häuflein nicht wegerte / mischete sich freudig unter sie mit seinem ädlen Blänken / und hielt ein so ernstliches Treffen / daß / ungeachtet der Feind an Mañschaft fast eins so stark wahr / er sie dannoch auff die Weichseite brachte / nachdem er ihren obersten Führer / und fünff andere ansehnliche Ritter mit seiner Faust erleget hatte. Die Feinde liessen noch 5000 im stiche / und büsseten die unsern nur 600 ein. Es zog sich eine feindliche Schaar 8000[753] stark / enge zusammen / des vorsatzes ihm von hinten zu den Weg zuverlegen / aber weil er seine Bestreiter schon auff die Flucht gebracht hatte / nahm er seinen Abzug /ehe diese ihm so nahe kommen kunten. Dropion hatte an seinem Orte dieses Reutertreffens Kundschafft erhalten / ließ deswegen auch eine Schaar 9000 stark sich gegen Siegward nahen / dem Olaf mit gleicher Anzahl entgegen ging und sich dergestalt bezeigete /daß in kurzem 4000 Pañonier absattelten / uñ die übrigen sich nach Entsaz umbsahen / welcher ihnen auch 15000 stark / zeitig gnug kam; aber Olaf wuste /daß man nicht willens wahr / eine Feldschlacht zu wagen / daher zog er sich wieder nach seinem Gewarsam / und hinterließ 1600 Todten. Gegen Herkules hatten sich auch 16000 ins offene Feld gesetzet / aber niemand fand sich / der ihnen begegnen wolte; welches der Feind ersehend / schier rasend worden währe / durffte doch mit den Reutern sich nicht zu weit vertuhn / weil er allerhand hinterlistige Auffsätze befahrete / und gereuete ihn schon / daß in Auffrichtung des Galgen er eingewilliget / ja den unnötigen Krieg angefangen hatte / weil er nicht allein sahe / daß die unsern sich ihrer Haut redlich erwehren / und umb den Sieg mit ihnen spielen wolten / sondern auch handgreifflich zumerken begunte / daß Dropion alles zu seinem eigenen besten getrieben hatte. Hingegen zierete Ladisla seinen blutigen Wahl mit 60 Fähnlein aus / welche der Feind zurücke gelassen hatte / freuete sich auch des von Gott verliehenen Sieges / massen der Feind diesen Tag 39300 zu Fusse / und 10000 zu Roß eingebüsset / und sie dagegen nur 11000 Fußknechte / und 2200 Reuter zugesetzet hatten. Als der Feind sahe / daß er sein Schart vor dißmahl nicht auswetzen kunte / ließ er zwey absonderliche Reuter-Heer / jedes 14000 stark / von beyden Seiten ins Land gehen / mit Befehl / alle Menschen zuerwürgen / Flecken und Dörffer anzuzünden / und das Vieh überzutreiben. Daß er aber die unsern in der Furcht behielte /und ihnen die Nachfolge wehrete / stellete er sich zur HauptSchlacht; das übrige gesunde Fußvolk 48000 in die Mitte / und zu beyden Seiten henkete er die Reuterey als zween Flügel an / jeden zu 50000 stark / und musten die übrigen 12000 Pferde / teils umb ihr Lager her halten / teils hin und wieder im Felde reiten / umb zuerforschen / ob die unsern den ausgeschikten nachgehẽ würden. So bald Herkules dessen inne ward / erklärete er sich / den Feind im offenen Felde durch eine algemeine Schlacht anzugreiffen / weil er ihm gewachsen war / taht Ladisla und Siegwarden solches zuwissen / und zog alle Völker zusammen. König Henrich blieb wegen seiner Verwundung mit 6000 im Lager; Ladisla / Fabius und Gallus führeten 38000 heraus zur Schlacht. Herkules / Arbianes / Leches und Klodius nahmen den rechten Flügel 48000 Reuter; Siegward / Olaff / Neda / Markus und Prinsla den Linken 50000 stark. Mnata ward dessen zeitig berichtet / zog nicht allein die 12000 Reuter wieder an sich /sondern sendete auch den beyden ausgeschikten Schaaren eilige Botschafft zu / mit Befehl / alsbald wieder umzukehren; wolte sich doch nicht in das offene Feld zihen / sondern blieb nahe bey seinem Lager stehen / und erwartete des Angriffs in seinem Vortel; welches Herkules nicht schreckete / sondern Leches mit 6000 loßbrechen ließ / dem eine gleiche Schaar begegnete / aber mit solcher Vorsichtigkeit / daß von den unsern mehr als der Feinde verwundet wurden /und Leches es abzuwenden umsonst bemühet wahr /ursach / er hatte grossen teils unerfahrne Böhmen bey sich. Im andern Flügel taht Neda mit 7000 den ersten Anfal / aber ehe er sichs versahe / gingen ihm 9000 gerade auff den Leib / dz[754] er bald im Anfange 1600 einbüssete / und hinter sich zuweichen gezwungen ward / biß ihn Prinsla mit 3000 entschüttete / da brachte er den Schimpff bald wieder ein / und erschlug der Feinde 2200. Leches wolte nicht nachlassen / so wahr sein verschlagener Wiedersacher nicht willens / mit ganzer Macht anzubeissen / worüber er seine Völker zu weit wagete / daß ihm 1600 mehrenteils Böhmen hart verwundet / und 1400 erschlagen wurden / daher Klodius ihn zuentsetzen befehlichet ward / der mit 3000 auff den listigen Feind anging /gar zeitig durchbrach / und mit Leches Hülffe 2000 fellete / und 600 verwundete. Herkules ließ Ladisla und Siegwarden zuentbieten / sie solten in Gottes Namen mit der ganzen Macht den Angriff tuhn / und ging er gleicher gestalt so eiferig loß / daß er gnug sehen ließ / daß er nicht willens währe / ohn eine sonderliche Taht abzuzihen. Aber die Feinde wolten doch nicht mehr / als der unsern Anfal Beschützungsweise ablehnen / daher das Schwert nichts sonderliches verrichtete / ohn Ladisla mit dem Fußvolke wirkete das meiste / daß des Feindes / bey welchem der König selber wahr / gar zeitig zurük wiche / und sich in des beschanzete Lager zog. Als nun Ladisla hierüber zu kühn ward / fiel ihm Dropion mit 9000 Reutern zur seite ein / uñ taht ihm nit geringẽ schadẽ / biß Siegward selbst mit 12000 zu hülffe ging / und der Pannonier sich an dem verrichtetẽ wol vergnügẽ ließ; wiewol er im Abzuge 1000 Reuter einbüssete / nachdem er 2500 von unsern Fußvölkern erschlagẽ hatte jedoch auch dz Pañonische Fußvolk 4000 auff dem Platze ließ / und von den unsern nur 600 auffrieben. Endlich drang Herkules kräftige Faust durch an seinem Orte /daß bey diesem Flügel es zum vollen Treffen kam / uñ ein grosses Blutbad vorging / da hingegen Siegward und Olaff die ihrigen mit grosser Mühe von der Flucht abhielten; Ladisla aber gar nichts mehr verrichten kunte / weil Mnata wieder seine Gewohnheit sich mit den Fußvölkern im Lager enthielt / uñ der Reuterey gleicher Gestalt Befehl erteilete / hinter sich zuweichen; wodurch Siegward Luft bekam / und Herkules den völligen Sieg nicht behaupten kunte; über dessen Gefechte Mnata sich am meisten verwunderte /und in Furchten stund / er würde ihm den ganzen Flügel zuschanden machen. Wie nun solcher Gestalt der Feind weder schlagen noch weichen wolte / sahen die unsern von beiden Seiten einen grossen Staub auffgehen / und merketen bald / daß es des Feindes abgeschikte Völker wahren / deßwegen nahmen sie den Abzug / und wahren zimlich betrübet / daß so viel Volk darauff gangen / und doch nichts Hauptsachliches verrichtet wahr; dañ über vorgedachte hatte Siegward noch 4000 uñ Herkules 600 verlohren / ingesamt 7600 Reuter / 3100 Fußknechte. Hingegen missete Agiß im linken Flügel 8800 Mann über die obgedachten / und Dropion im rechten noch 2000; ingesamt 16000 zu Pferde und 4000 zu Fusse. König Mnata / wie streitbahr er sonst wahr / wolte vor dismahl nicht mit fechten / dann ein Pannonischer Pfaffe / welcher ihm zu unterschiedlichen mahlen zukünfftige Dinge vorher angezeiget hatte / warnete ihn heimlich / kurz vor der Schlacht / er solte diesen Tag sich nicht ins Gefechte begeben / wo er sonst nicht seine Gesundheit / oder wol gar seyn Leben verlieren wolte; deßwegen hielt er sich zwischen dem Fußvolke / und taht Befehl / wessen man sich verhalten solte / wodurch er aber die seinigen zaghaft machete / weil sie dessen an ihm nicht gewohnet wahren; insonderheit entsetzete sich die Reuterey sehr darüber / daß er mit dem Fußvolke so zeitig den Abzug ins Lager nam da er doch stärker als der Feind wahr / und noch keinen sonderlichen Abbruch erlitten hatte /[755] viel weniger sich befürchten durffte / daß ihm von des Feindes Reuterey Einfal geschähe / weil die Flügel ihm Sicherheit gnug hielten. Der hochmuhtige Dropion / welcher schon etliche Jahr her mit gefährlichen Sachen wieder seinen König schwanger ging / und ihn nur des gemeinen Volks Liebe zu ihrem Könige abhielt / sein Vorhaben ins Werk zurichten / meinete hieselbst Gelegenheit zuhaben / ihm eins anzuwerffen / und beschwerete sich gegen die Obersten / niemand als der König hätte den Sieg durch sein furchtsames weichen verhindert /dann sein Gegener wie kühn er auch gefochten / hätte sich kaum in der Ordnung halten koñen / welchen er in einer halben Stunde Schachmat wolte gemacht /und hernach dem andern Flügel auch seine Faust zuerkennen gegeben haben; nun hätte man an Stat der Uberwindung nur Schande / an stat der Ritterlichen Ehre / Verachtung erstritten. Der meiste Teil war der Meinung / es könte nicht schaden / daß man den König drüber zu Rede stellete / und seines Abzuges Ursach zu wissen begehrete; aber ihrer etliche hielten solches zustränge. Er Mnata selbst zweifelte nicht /die Reuterey würde seinen Abwich nicht zum besten empfunden haben / dessen / die Warheit zusagen / die Furcht Ursach wahr / hatte sich aber doch einer Entschuldigung besonnen / ging zu den versamleten Obersten / und fragete was ihre Beredung währe; worauff Dropion zur Antwort gab; sie beklageten untereinander ihren Unfal / daß wegen Ausweichung des Fußvolks ihr herlicher Sieg / welchen sie schon mehrenteils in Händen gehabt / ihnen entrissen währe. Der König gab zur Antwort; sein Abzug währe nit aus Furcht oder Unvorsichtigkeit geschehen / sondern als er dẽ Feind hätte so stark auf ihn zudringen gesehen /währe er hinter sich gangen / seinen Reutern Raum zumachen / daß sie von beiden Seiten in der Feinde Volk fallen / und ohn verlust ihr FußHeer auffreiben solten / welches Feldmarschalk Dropion an seinem Orte sehr wol verrichtet / wann nur der ander Flügel sich gleicher gestalt auch bezeiget hätte; welcher aber nit allein diese Gelegenheit aus der acht gelasse / sondern auch des FeindesReutern schlechten Wiederstand geleistet hätte. Agiß der Reichs Marschalk hatte diesen Flügel geführet / und vorsichtig gnug gefochten /nur daß ers mit Herkules zutuhn hatte. Er wahr des Königes allergeträuester Raht und Diener / hatte auch von Anfang her ihm diesen Krieg wiederrahten / aber durch andere überstimmet / einwilligen müssen / und taht ihm sehr weh / daß er sich unverschuldeter Sache muste rechtfertigen lassen / deßwegen er diese Schuzrede vorbrachte. Allergnädigster König; wie ich mich bißher in meinen Ritterdiensten im Kriege und Feldzügen verhalten / weiß ihre Königl. Hocheit selbst / und das ganze Land; scheuhe mich auch nit /dessen allemahl Rede und Antwort zugeben; ich gestehe aber gerne / daß die meinen vordißmahl den lezten Stand nicht gehalten / noch des Feindes Wuht abtreiben können / dann sie hattens auch nicht mit Böhmischen Bauren / sondern mit dem außerlesensten Kern der Teutschen Ritterschaft und SchlachtSchwertern zutuhn; so wahr ihr Führer nicht ein ungeübeter wehrloser / sondern der in aller Welt gepreisete Herkules / wie man ihn an seinen Tahten und unbendigem Pferde leicht hat erkennen mögen / und haben mich die Götter nicht darzu ersehen / daß ich der erste ihm ansiegen sol; dann warumb solte ich diesem Helden sein Lob nicht göñen / welches in unsers ganzen Heers Munde schwebet? Ich gestehe / daß ich ihm nicht habe können die Wage halten / noch seinen hefftigen Einbruch verhindern / wiewol ich ihm dannoch nicht entlauffen bin. Darff ich aber / gnädigster[756] König / darff ich die Ursach meiner Niederlage bekennen? so träget des Fußvolks Abzug daran die gröste Schuld /dann hiedurch ward mir die Iñerseite geblösset / und zwar mir unbewust / und wider alles mein vermuhten / dessen der Feind sich gar wol hat wissen zu nutze zumachen. Aber Ihre Königl. Hocheit beschuldigen mich / ich hätte es übersehen / und des Feindes Fußvolk nicht angefallen. Sehr gut / gnädigster König /wann ich einen ohmächtigen und geringen Feind vor mir gehabt hätte. Weil ich aber schon beyden Fäusten Arbeit fand / wie kunte ich dann noch einen neuen Feind anfallen / da mir der eine schon mehr als gewachsen wahr? Herkules lässet sich nicht nur oben hin auffhalten; an welchem Orte derselbe fechtet / ist die ganze / nicht nur halbe Auffsicht und Krafft nöhtig. Man frage nur diese drumb / welche schon heut mit ihm sich versuchet / und mit gedoppelter Macht zuweichen sind gezwungen worden / da ich kaum eine gleiche Manschafft mit ungleichem Gewehr wider ihn angeführet. Zwar ich möchte wünschen / daß ich nicht allein ihn hätte auffhalten / sondern gar lebendig fahen können / aber in meiner Krafft / gestehe ich gerne / ist es nicht gestanden; solte ich nun deswegen straffbar seyn / was würden dann die heutigen Bestürmer ihres Lagers zuverantworten haben? Schließlich weiß Eure Königl. Hocheit / daß wegen meines herzu kriechenden Alters ich mich entschuldiget und gebehten habe / dieses hohe Amt einem andern auffzutragen; Ich wolte gerne mit fechten / auch allen möglichen Raht aussinnen helffen / aber es hat mir ja so gut nicht werden können; bitte demnach untertähnigst und von Herzen / Ihre Königl. Hocheit wolle mich allergnädigst entschuldiget halten / und sich versichern / daß dieselbe mich nicht allein unter ihre geträuesten Diener / sondern auch eiferigsten Liebhaber des Vaterlandes und Ihres Königlichen Stuels wol zählen darff. Feldmarschalk Dropion hatte sich vor diesem Manne stets am meisten / wegen seiner Auffrichtigkeit und Träue gefürchtet / und viel Mittel angewendet / ihn auff seine Seite zubringen /aber bißher vergebens / weil er nicht den Eigennuz /sondern des Reichs und seines Königes Wolfahrt suchete. Hier aber meinete er ihn zustreicheln / und wider den König anzuhetzen / und fing nach dessen geendigter Rede also an: Je wann ein redlicher Ritter und KriegsOberster deswegen zurecht stehen sol / daß er des Feldherrn verschwiegene Gedanken nicht hat sehen / und denen sich gemäß bezeigen können /wolte ich lieber ein gemeiner Landsknecht seyn; Ich zeuge / und alle die zugegen sind / daß Herr Agiß GroßOber Wachtmeister an seinem Ort keine Mögligkeit hat ermangeln lassen / sondern das Glük ist ihm zuwider / und auff seines Feindes seite gewesen. Der König hörete schon / wo dieser hinaus wolte / fiel ihm deswegen in die Rede / und sagete: Ich habe ja meinen GroßOber Wachtmeister und Reichs Marschalk weder angeklaget noch vor das Kriegs-Recht gefodert / sondern bloß nur meine Meynung angedeutet; bin ich nun in derselben betrogen worden / wie ich nunmehr gestehe / werde ich ja deßwegen noch zu keiner Rechtferngung gehalten seyn. Ich wil bekennen / daß mein Abzug der sehr wol gemeynet wahr / übel gerahten ist; aber euer Abzug / Feldmarschalk biß an des ReichsGrenzen hat uns auch wenig Vortel gebracht /welches ich euch sagen muß / weil ihr euch nicht scheuhet / mich euren König zurechtfertigen; und haben unsere Feinde sich vor dißmahl nicht groß zurühmen / massen der Schade noch nicht so übergroß /und an beyden Seiten fast gleich seyn wird; möchte auch wünschen / daß bey dem heutigen ganz unglüklichen Sturm ich deren Raht[757] gefolget hätte / welche mir den zeitigern Abzug rieten / solches solte mir ungleich grössern Vortel / als mein heutiger Abzug Schaden / gebracht haben. Die Ankunfft der ausgeschicketen ReuterSchaaren hinderten ihn weiter zureden; dann als diese eine so grosse Menge der erschlagenen / und doch keine Feinde sahen / riessen sie alle / wo dann ihr König / und ob er noch im Leben währe; daher er sich ihnen zeigen / und sie befriedigen muste. Dropion hatte grossen Verdruß daran / daß der König ihm so verweißlich zuredete; weil es aber noch nit Zeit wahr / sich zurächen / fraß ers in sich / und nahm mit seinen Verschwornen gefährliche Händel vor. Agis aber suchete Gelegenheit / mit seinem Könige absonderlich zureden / und da er bey ihm allein wahr / sagete er zu ihm: Eure Königl. Hocheit erinnern sich gnädigst / Mastyes und meiner mehrmahligen geträuen Warnung / den Feldmarschalk betreffend / und versichern sich / daß er noch diese Stunde nicht mit guten Gedanken umgehet; die Götter wenden nur gnädig ab / daß eben er nicht ein grösser Feind seines Königes / als der Böhmische König sey; eines weiß ich versichert / daß er diesen Krieg weder unserm Reiche noch seinem Könige zum besten angestifftet hat / sondern dieses ist seine Andacht / wann er König in Böhmen ist / wolle er Pannonien auch wol behäupten. Und warumb hindert er / daß Eure Hocheit nicht wieder heyrahten sol? Je daß kein gebohrner Erbe zur ReichsNachfolge seyn möge / nachdem der einzige vor zwey Jahren / durch unvermuhtlichen Tod unter augenscheinlichen Gifftzeichen beyseit geschaffet ist. Eure Königl. Hocheit weiß sehr wol / wie geträulich ich und Mastyes diesen Krieg wiederrahten /da wir uns nicht so sehr vor den Feind / als vor unsern eigenen Feldherrn gefürchtet / und dazumahl es so teutsch nit ausbeichten dürffen / und wolte Gott / man hätte unsere eingeführte Ursachen auf die Wage der gesunden Vernunfft geleget; doch die jungen Rahtgeber / die von Dropion alle mit einander wahren zu Ehren gebracht / musten mit ihrer grossen Menge der einträchtigen Stimmen durchdringen / in welchen sie gewißlich mehr Beleidigungen richteten / als uns angetahn sind; aber lebet auch noch wol die Helffte von ihnen? 6 sind von den Feinden auffgeknüpffet / und 15 in Stürmen und Schlachten drauff gangen / da sie zweifels ohn ihren blutgierigen und ungeträuen meinäidigen Raht viel zuspät werden bereuet haben. Jedoch / weil der Streit angefangen ist / muß er redlich ausgeführet werden / und verhoffe ich nicht lebendig /als nur wie ein Obsieger aus Böhmen zuzihen. Eure Hocheit setzen ein Geboht / (ich rede dieses aus den allerhochwichtigsten Ursachen / auff welchen meines Königes Heil und Leben beruhet) daß wer inkünfftig aus der Schlacht entrinnet / und das Feld verlässet / er sey hoch oder niedrig / solle Ehr / Gut / und Leben verwirket haben. Aber diß ist mein Raht / daß man alle mögliche Mittel ergreiffe / den Feind zur Schlacht zubringen / ehe uns ein ander Feind mördlich anfalle. Ich weiß wol / was vor Reden ich schon von dem Feldmarschalk gehöret habe: Dem Könige sey das Herz entfallen; Er dürffe bey der Reuterey nicht fechten / halte sich hinter dem Fußvolke / und meide die Wunden. Was kan hieraus entstehen / als Auffruhr? Ich rede mit meinem Könige vertraulich / und wolte wol ein mehres reden / wanns nicht noch zur Zeit zu unzeitig währe. Dieses versichere sich Eure Königl. Hocheit / daß ich des Feldmarschalks Gnade und Heuchelgewogenheit / nach bewuster ehmaliger Beschimpff- und Verfolgung leicht haben könte / welche er mir durch sich selbst und durch andere anbeut; aber ich wil lieber unter dem MeuchelSchwert / wie[758] schon andern geschehen ist / sterben / als an meinem Könige im geringsten träuloß werden. Ists aber möglich / so unterdrücke Ihre Königl. Hocheit meine vertrauliche Reden / biß sie wieder in ihr Land kommen / und des äusserlichen Feindes entladen sind / alsdann wil derselben ich ihren innerlichen viel schädlichern mit solchen unfehlbaren Beweißtuhmen vor Augen stellen / daß Sie sich selbst verwundern wird / wie sie dem Verderben hat können entgehen. Im Felde fürchten sich dieselbe nicht / und befehlen mir allemahl in beysein Dropions oder anderer / daß Ihrer Hocheit ich die mir genenneten Häuptleute mit ihrẽ Schaaren zur Leibwache herschaffen solle. Auch ordnen dieselbe es nach diesem / da es ihr gelieben kan / also / daß der Feldmarschalk wider des Feindes rechten Flügel / in welchem Herkules / gewißlich ein treflicher und ehrliebender Held streitet / gehen möge. Der Ruhm / welchen er mir gab / ging nit von Herzen / sondern von Eurer Hocheit mich abzuzihẽ / war es angesehẽ / und währe dieselbe ihm nit in die Rede gefallen würde er seine Boßheit wider seinẽ König erst recht ausgeschüttet habẽ; aber alles der Zeit uñ Geduld befohlẽ; ich wil nit unterlassen / vor meines Königs Heil uñ wolfahrt zuwachẽ / welches ich durch dieses mittel bißher glüklich verrichtet / dz des gemeinen Volkes Träue zu ihrem Könige ich in festem Stande erhalten habe. Der König erschrak dieser Rede nicht wenig /bedankete sich der Träue / welche unvergolten nicht bleiben solte / und hieß in ja schweigen / daß nicht zur unzeit eine Aufruhr entstünde; er hoffete diesem Tokmäuser dergestalt zubegegnen / daß es ihm zun Augen ausgehen solte. Ließ alle Völker versamlen /hielt gemeine Heerbeschauung / und befand / daß er noch 44000 gesunder Mañschaft zu Fusse / welche von den Fuhrleuten (an deren stat die Troßbuben treten musten) auff 50000 ergänzet wurden; die Reuterey aber in 124000 Mann bestund; und weil er sein gröstes Vertrauen auff die Ritterschaft gestellet hatte / musten von den Fußknechten noch 10000 beritten gemacht werden. Die grund Ursach aber / daß Agiß seinen König so träulich vor dißmahl warnete / wahr diese; es hatte Dropion einen Leibdiener / dem er sein geheimstes vertrauete / ungeachtet er vor etlichen Jahren dessen Vater wegen einer Mordtaht gebührlich hatte hinrichten lassen / welches aber dem Sohn nicht aus dem Sinne wolte / wie viel gutes ihm gleich von seinem Herrn geschahe / welcher ihm den hohen Adelstand in künftig versprochen / und schon zimliche Landgüter zugeschanzet hatte. Dieser machte sich des vorigen Abends in stiller geheim zu einem Fähndrich / seinem nahen Anverwanten / welchen er wuste sehr gut Könisch seyn / beklagete anfangs seines lieben Königes Gefahr / und daß er ihm solche zu offenbahren zu ihm kähme / mit begehren / es Herrn Agiß anzumelden / welcher schon auff Raht würde bedacht seyn. Du handelst redlich mein Oheim / antwortete dieser / daß du die von deinem Herrn empfangene Guttaht geringer / als deines Königes Heyl und Wolfahrt achtest / weil ich leicht ermässen kan / kein Mensch als eben dieser / gehe mit gefährlichen sachen zu unsers Königes verderben umb. Dem ist also / sagete dieser; massen ich euch wol versichern kan / daß mein König in Leib und Lebensgefahr schwebet / er gewinne oder verliere die künftige Feldschlacht; weil ich mit meinen Ohren den Rahtschlag angehöret / daß wo das Glük uns den Sieg gönnen wird / solle der König / wo nicht durch Feindes Hand / doch gewiß durch MördersSchwert in der Schlacht gefellet werden; welchem bestelleten Mörder zwar drey Tonnen Schaz versprochen sind / aber er wird alsbald durch einen andern Mörder unter dem Schein der[759] eiferigen Rache nidergemacht werden / auff daß der Anschlag schier heut oder Morgen nicht unter die Leute komme; solte aber der Feind Meister spielen / wird mein Herrn der Feldmarschalk mit den seinen (einer sehr grossen menge von beyden Flügeln) aus der Schlacht reissen /unter dem vorschutze / man müsse dem Vaterlande zu helffen / sich auffmachen; da dann der gute König solle in der Feinde Hände gerahten / und wegen des auffgerichteten Galgen / erhenket werden; hernach könne mein Herr mit den Feinden Rachtung treffen /und durch seinen grossen Anhang die Pannonische Kron leicht erlangen. Der Fähndrich hatte dieses kurz vor dem Sturme bey Agiß vertraulich abgelegt / welcher aber biß hieher keine gelegenheit gehabt hatte /den König zu warnen. Gleich als nun Agiß von dem Könige weg gehen wolte / kam sein Leibdiener / und reichete ihm ein wolvermachetes Schreiben von dem Stathalter Mastyes ein / welcher in des Königes Abwesenheit die Herschaft verwaltete / und ihm ernstlich ließ angelegen seyn / hinter Dropions künste zukommen / auch so viel erfuhr / daß der König gewiß auff diesem Zuge / er gewönne / oder verspielete / sein Leben einbüssen würde; welchem Unheil vorzubauen / er in seines Königes Nahmen und Befehl eine Macht von 80000 zu Roß in aller eile versamlete / und an Agiß schrieb; er solte vor allen dingen den König abrahten / daß so lieb ihm sein Heyl und Leben währe /er in keine Schlacht sich mit dem Feinde einliesse /ehe und bevor er ihm noch einen ansehnlichen Entsaz würde zugeführet haben / welcher des fünfften Tages nach empfahung dieses / ihm nicht weit mehr seyn solte. Hernach / daß er nicht in dem Reuterflügel sich streitend finden liesse / bey welchem Dropion währe; und endlich / daß man dem Bömischen Könige keine ehren verkleinerliche Beschimpfung antuhn liesse. Agiß hielt vor nöhtig / es dem Könige zu offenbahren / verschwieg doch des Fähndrichs anbringen / und bewägete den König / daß er nun mehr völlig gläubete /daß Dropion ihm nach Leben und Kron stünde / ging auch mit Agiß hin nach dem Heer / und sagete beydes hohen und nidrigen selbst an; ein jeder solte an seinem Orte fleissig und wachsam seyn; dann nach verlauff fünff Tagen müste es durch eine algemeine Schlacht redlich ausgetragen werden / ob der Böhme ihm / oder er dem Böhmen zugebieten hätte / inzwischen solten sie ingesamt fein ausruhen und alles volauf haben. Dropion verdroß solches heftig / daß er die Zeit zur Schlacht vor gehaltenem Kriegsraht / oder doch ohn sein vorwissen bestimmete; meinete auch /er hätte Agiß / der ihm allernähest stund / und sich freundlich gegen ihn bezeigete / nunmehr gar auff seiner Seite / daher sagete er zu ihm: Hui! wie wil unser König nun ohn unsern Raht wieder gut machen / was er allein verderbet hat? wie aber / wañ das Heer ihm nicht folgen wolte? Ich möchte wünschen / antwortete Agiß / daß unser König darüber Raht gehalten / oder zum wenigsten es mit dem Herrn Feldmarschalk beredet hätte; weil es aber ihrer Hocheit also gefället /deren Befehl und Wille unser Gesez seyn mus / so wenden ja die Götter dieses Unglük gnädig ab / daß das Heer sich ihrem gekröneten Oberhäupte entgegen richten wolte; ich vor mein Häupt wolte mich lieber selbst umbringen / damit ich ein solches Unglük nicht sehen dürfte; dann was könte dem Feinde angenehmers auff der Welt begegnen? und würde auff diesen Fal besser seyn / daß der Herr Feldmarschalk den König eines andern beredete / wann seinem hohen verstande nach / er dieses vornehmen vor undienlich befinden solte / wobey ich dz meine geträulich tuhn wil. Ich wil auch nicht hoffen / gab dieser Schalk zur Antwort / daß die[760] Völker sich sperren werden; und weil vor dißmahl dem Könige es also gefallen / daß er seinem eigenen Raht folgen wollen / wil ichs mit gut heissen; gab damit an den Tag / daß ihm schon leid wahr / sich gegen Agiß so weit heraus gelassen zu haben / weil derselbe nach seiner Leier nicht tanzen wolte. Der König stund ein wenig / als voller Gedanken / welche ihm dañ im Kopffe rechtschaffen herumb lieffen / und man leicht muhtmassen kunte / dz sein Herz beschweret wahr. Dropion aber gedachte / es währe ein Zeichen der Scham / wegen seines heutigen versehens; doch erhohlete er sich bald / nahm eine sonderbare freundliche Herzhaftigkeit an sich / und redete die versamleten Kriegshäupter also an: Liebe Geträue; ich habe aus höchstwichtigen Ursachen /welche schier künftig sollen gemeldet werden / bey mir beschlossen / mit den Feinden einen viertägigen Anstand zu machen / unter dem Scheine / dz man Zeit habe und sicherheit / die Erschlagenen beyderseits zubegraben / welches sie ohn zweifel gerne eingehen werden. Ist demnach mein gnädigstes Gesinnen / mir eure Meinung hierüber anzudeuten. Dropion gab zur Antwort; er könte sich hier weder mit ja noch mit nein heraus lassen / es währe dann / daß er die wahren Ursachen solches vornehmens hörete / alsdann wolte er auff dieses ganz unvermuhtliche vorbringen sich gehorsamlich erklären. Gar wol / antwortete der König /und warumb solte ich meinen Kriegsfürsten und Rähten solche Ursachen verhehlen / wañ sie dieselben zuwissen begehren? ich habe bey meinem Auszuge aus meinem Reiche / es mit meinem hinterlassenen Stathalter Mastyes verabscheidet / er solle auff allen Nohtfall noch ein Reuter Heer 80000 stark samlen /und mir solches eiligst nachschicken; weil ich dann heut nach gehaltenem Treffen von ihm Zeitung erhalten / daß nach Verlauff vier Tagen er bey uns seyn wolle / bin ich durchaus nicht willens / die Häupt Sache dem Glük zuuntergeben / biß solcher Entsaz in der nähe sey / von welchem ich bißdaher nichts habe melden wollen / damit den Feinden es nicht verkundschaffer würde. Dropion entsetzete sich des Vorbringens / sahe daß ers nicht hintertreiben kunte / und doch seinen Wiederwillen anzuzeigen / fing er mit verwirretem Gemüht also an: Ich weiß nicht / ob es rahtsam seyn würde / dem Feinde einigen Anstand zugeben / wann er darumb anhalten solte / wiewol er darzu viel zu hochmühtig ist / und nun wollen wir selbst darumb ansuchen? Ich schätze unsere Macht stark genug seyn / dem Feinde anzusiegen / deswegen fodere man ihn aus auff Morgen zur Schlacht / ehe er die Kühnheit zu treffen ableget / und durch Zeitung wegen des Entsatzes / der mich sehr / und nicht ohn ursach befremdet / davon abgeschrecket werde. Marschalk / warumb befremdet euch der Entsaz? sagte der König; meinet ihr / daß er uns so gar unnöhtig / und ein lauter überfluß sey? Haben wir doch schon über 80000 Mann / die Verwundeten mitgerechnet / heut diesen Tag eingebüsset. Und warumb schriebet ihr mir dann nechten / wir dürfften dem Feinde nicht unter 250000 Mann in der Schlacht unter Augen stellen? Aber GroßOber Wachtmeister Agiß / was ist hierüber eure Meinung? Allergnädigster König / antwortete er; es kan seyn / daß der Herr Feldmarschalk sein hoch vernünfftiges absehen habe / welches ich nicht wissen kan / aber meiner unvorgreiflichen Meinung nach / hat Eure Königl. Hocheit sehr vorsichtig gehandelt / daß dieselbe auff einen Entsaz ist bedacht gewesen / weil wir andern solches aus der acht gelassen; wundere mich gleichwol nicht wenig / daß Ihre Hocheit ein solches / ohn aller deren Vorwissen / welche mit derselben ausgezogen find / vorgenommen /und mit[761] Herr Mastyes abgeredet hat. Der mehrenteil der übrigen / ungeachtet sie gut Feldmarschalkisch wahren / stimmeten mit zu / dann sie sahen nicht /was ihnen der Entsaz schaden könte / weil ihnen das eigentliche Vorhaben des Dropions (welches kaum ihrer sechse wusten) annoch nicht entdecket wahr. Aber Dropion dachte den Sachen etwas tieffer nach /und befahrete sich / Mastyes würde diesen gewaltigen Hauffen nicht allein führen / sondern dabey solche Befehlichshaber ordnen / welche zu steiff Königsch währen / und ihm alle seine Vorschläge zunichte machen dürfften / hatte doch das Herz nicht / weiter zuwidersprechẽ / nur sagete er / seine Meinung währe noch / daß man mit dem Feinde ein Treffen wagete /ehe der Entsaz sich mit ihnen zusammen tähte; dann vor erst würden alsdann die Feinde aus ihrem unüberwindlichen Lager nicht zubringen seyn; hernach dürffte das alte Heer es ungleich verstehen / daß die frischen Völker an der Beute anteil haben solten / welche dieselbe durch ihre Mühe und Blut schier erworben und in Fäusten hätten. Der König bedachte sich ein wenig / und gab zur Antwort: Ich nehme diese wichtige Ursachen billich zu herzen und so wenig ich an meines geträuen Marschalks Auffrichtigkeit und Träue zuzweifeln habe / so gewiß bin ich auch / dz er den Krieg wol verstehet; wollẽ demnach die Schlacht auff gut Glük mit dem jetzigen Heer wagen / doch nicht ehe / biß daß unser Entsaz auff zwo Stunden hinter uns ligen wird / da wir uns dessen gar nicht /als nur auff den äussersten Nohtfal gebrauchen wollen / und sie dañoch an der Beute keinen Teil haben sollen; ist eins. Uberdas trage ich euch meinen unbrüchigen Schluß vor / welchen ich mir ganz ins Herz gepflanzet / und als ein Gesez gestifftet habe / dem ich mich selbst ohn Ausrede mit gutem Wolbedacht unterwerffen wil / daß wer vor erhaltenem Siege den Abzug durch die Flucht oder aus anderem Vorgeben /nehmen wird / sol an Gut / Ehr und Leben gestraffet /oder / da man ihn nicht ertappen kan / als ein Verrähter des Vaterlandes durchächtet werden. Dieses nun wahr Dropion ganz ungelegen / wie auch den Vornehmsten seines Anhangs / welche obgedachten Anschlag über den König gemacht hatten; daher er zur Antwort gab: Er vor sein Häupt und andere redliche Kriegs Helden bedurfften solches Gesetzes nicht / als welche daselbst zubleiben willens währen / wo der gröste Hauffe ihrer Völker bleiben würde. Und diesem fielen alle seine ergebene freimühtig zu / daß Agiß und andere Geträue nicht stark dawider seyn durfften. Der König aber erdachte diese List / und sagete: Wolan / weil wir uns hierüber nicht vergleichen können / und meinen Obersten mein Vorschlag / den ich gerne ins Werk gerichtet haben möchte / nicht gefallen kan / ich aber dabey besorge / daß wann die Unter Häuptleute und gemeinen Knechte solche Wegerung erfahren solten / sie es ungleich auffnehmen möchten / so wollen wir alsbald hingehen / und des ganzen Heers Meinung darüber vernehmen / welche uns allen wolgefallen muß; ging vor hinaus / hieß die andern folgen / und gab es den Völkern mit sonderlicher Leutseligkeit zuverstehen / welche einmühtig rieffen: Dieses Königliche Gesez würde der unbewägliche Grund ihres künfftigen Sieges seyn. Daher die Obersten sichs also gefallen lassen wusten / und ward Dropion / welcher sich noch keiner Verrähterey befahrete / die Karte heßlich verstecket. Noch desselben Abends schickete Mnata einen Heerhold an die unsern ab / welcher sich gebührlich meldete / und wie ihm befohlen wahr / diese Werbung vorbrachte: Der Großmächtigste Unüberwindlichste König des ädlen hochbenahmten Pannonischen Volkes /[762] nachdem er dem Böhmischen Könige seinem Feinde die Schärffe seines Schwerts in etwas zuerkennen gegeben / auch willens wahr / mit demselben ein absonderliches Treffen auff Leib und Leben zuhalten / wann von seinen Untertahnen es ihm hätte können gegönnet werden / lässet den Böhmischen König durch mich seinen Heerhold / auff den fünfften Tag nach diesem / zu einer auffrichtigen offentlichen Feldschlacht einladen / da seine Königliche Hocheit alles Vortels sich begeben /und die Sache auff das Glük und seine Faust setzen wil; inmittelst schläget seine Königliche Hocheit einen viertägigen Anstand vor / daß die erschlagenen allerseits mögen begraben / und den Leibern nach ihrem tapfferen Tode die Ruhe gegeben werden; im übrigen ist seine Königliche Hocheit nicht gesinnet /dieses Land zuverlassen / biß sie / die ihrem Trometer angefügte Schmach Königlich gerochen haben wird. Ja Königlich gerochen / antwortete Ladisla / solches währe ehrlich und wol zuerdulden / wie es auch Gott fügen möchte; aber Galgen vor gebohrne uñ herschende Könige auffzurichten / das ist noch lange kein Königlich Stük. Wer weiß / sagete der Herhold / wer diesen schnöden Galgen auffzurichten angeordnet hat? meinethalben wolte ich / der Uhrheber henkete schon dran / so versichert bin ich / daß es nicht aus meines Königes Geheiß geschehen sey. Dieses sagete er auff Agiß außdrüklichen Befehl / weil er dessen und des Königes geträuer wahr; und gerieten die unsern hiedurch in wunderliche Gedanken; doch beantworteten sie es nicht / sondern Ladisla gab diesen endlichen Bescheid: Sage deinem Könige / oder vielmehr dem Pannonischen Wüterich; ich und gegenwärtige meine hohe Anverwanten / werden schon wissen / wann es Zeit seyn wird eine Feldschlacht zuliefern. Er hat sich gegen mein Land und Volk nicht als ein Feind / sondern als ein Mörder und Mordbrenner erzeiget /worinnen ich mich ihm nicht habe wollen gleich stellen / wie ich leicht gekunt hätte / sondern geschonet was mich nicht beleidiget. Vordismahl haben wir ihm eine Mummen Schanze gebracht / und lassen seine großpralichte Dränungen auff ihrem Unwerd beruhen; die begehrete Frist wegen Begrabung der Todten wird ihm eingewilliget / er handelt auch dabey redlicher (wo sonst keine Tokmäuserey dahinten stecket) als sein Gott und Ehr vergessener Dropion / welcher seine erschlagene den Raben und wilden Tihren übergab / womit er bekennete / daß seine hingerichtete Strassen Räuber und Mordbrenner vielmehr den Galgen und das Rad bekleiden solten / als mit der Erden überkleidet werden; jedoch könte es Gott schicken /daß / ehe sechs Tage verfliessen / er mehr ursach /deßgleichen Anstand zubegehren / haben möchte. Also wurden zu beiden Teilen die Geisel eingeschikt /und liessen Ladisla und Herkules die ihren nicht allein ehrlich begraben / sondern hielten ihnen auch bey dem Heer öffentliche Lobreden ihrer Mañheit. Die Feinde aber wurden nur schlechts hin in die Erde verscharre / nach dem sie von den unsern geplündert wahren / und hielten die Pannonier ein abscheuliches Geheule und Geklapper der Waffen bey dem Begräbniß. Zeitwehrendes Anstandes funden sich an beiden Seiten etliche Ritter und Knechte / welche von ihrem Könige Urlaub begehreten eine gleichmässige Schaar zum absonderlichen Kampfe außzufodern; aber Herkules wolte es an seiner Seite nit gut heissen / darum daß man der geübtesten in der Schlacht würde benöhtiget seyn / die Ungeübeten aber leicht einen Schimpff durch verwägenen Unverstand einlegen /und dadurch bey dem Heer eine Furcht erwecken könten / weil die Abergläubischen[763] allemahl aus solchem Verlauff / als aus einem Vorbilde und Spiegel das künfftige Glük oder Unglük der algemeinen Schlacht zu urteilen pflegeten / wodurch sie dann entweder sicher oder furchtsam gemacht würden. Agiß hätte gleicher gestalt gerne an Pannonischer Seite ein solches gehindert / aber Dropions Frevel ging vor / daß man nicht allein solchen ritterlichen Leuten diese wolständige und preißwirdige Ubung gerne gönnen und zulassen solte / sondern rühmete die / welche sich angaben / öffentlich vor dem Heer / und versprach ihnen eine Verehrung / da sie sich Pannonisch / das ist / wie er sagete / unüberwindlich erzeigen würden. Es wahr aber eine Schaar ganz verwägener Buben / 120 Mann stark / welche in vier absonderlichen Hauffen die Freyheit zum Kampff begehreten / deswegen sie in eine Schwade gesetzet / und ihre vier Häuptleute ümb den obersten Befehl mit würffeln spielen musten /welcher dem Frechesten unter allen zufiel. Weil dann der König auch wolgefallen daran hatte / vermahnete er sie zur Tapfferkeit / und daß ein ieder unter ihnen /nicht weniger eines andern als seine eigene Gefahr und Verwundung abzuwenden gefliessen seyn / auch zuschlagen und stechen nit ablassen solten / biß sie den Feind auf die Weichseite gebracht hätten. Bald darauff schickete er den vorigen Heerhold ab an die unsern / uñ ließ ihnen anzeigen / weil den Arbeitsamen Männern die Zeit im Müssigange lange wehrete /und man in Zelten des Würffel- und KartenSpiels auch müde würde / meldeten an Pannonischer Seiten sich eine ritterliche ädle Schaar 120 stark / und nicht mehr / hiemit an / ob eine gleiche Anzahl von Feinden so viel Herzens hätte / zwischen beiden Lagern mit ihrem ritterlichen Gewehr zuerscheinen / damit man sähe / an welcher Seite / die rechtmässigste Sache /und tapffermuhtigsten Kämpffer sich fünden / jedoch mit diesem außdrüklichen Vorbehalt / daß dieses anmuhten dem gemachten Anstande nicht im geringsten solte nachteilig seyn. Die unsern beredeten sich nach geendigter Anwerbung hierüber / und ob sie gleich wusten / daß es dergleichen Wagehälse unter den Pannoniern nicht wenig gab / welche durch frevelmuhtige Raserey oft wahrer Tugend überlegen währen / wolten sie doch solchen Schimpff auff sich nicht ersitzen lassen / und gaben die Antwort / daß weil es schon zimlich spät / solte auff morgen geliebts Gott / der Streit auff begehrete masse hiemit angenommen seyn / daß er mit ritterlichem Gewehr / als Speer und Schwert /in vollem Harnisch außgeführet würde; könten demnach die Außfoderer zwo Stunden nach der Soñen Auffgang / unter der Begleitung anderer 500 Reuter /und nicht mehr / erscheinen alsdann wolten sie mit gleicher Anzahl verhanden seyn / doch unter diesem Vorbehalt / es fiele der Sieg auff eine oder andere Seite / solten die 500 doch kein Schwertzücken / sondern den Kämpfern ihren freyen Willen gönnen / auch zu mehrer Versicherung / solche Begleitung ohn Harnisch verrichten. Mnata und Dropion wahren dieser Einwilligung froh / durchsucheten ihre Kämpffer fleissig / ob ihnen ichtwas an guten Pferden oder Gewehr mangelte / welches sie auffs fleissigste verbesserten / und ihnen / da sie siegen würden / eine Tonne Schaz außzuteilen / versprachen. Die unsern / damit dieser Kampff desto glüklicher ablauffen möchte /wurden eins / daß Ladisla / Herkules / Siegward /Olaff / und Arbianes unerkanter Weise selbst mit Kämpffen wolten; und daß solches desto unvermerketer geschehen möchte / ward Leches zum Obersten Führer bestellet / welcher dessen anfangs sich demühtig wegerte / und endlich aus Untertähnigkeit gehorsamlich über sich nam. Neda / Prinsla / Klodius /Markus[764] Gallus / wie auch Fabius / wolten nicht zurük bleiben; die Dänen Harald und Humbold / die vornehme Teutsche Herren und sehr handfeste Ritter /Oswald / Sebald / Gebhard / Burchard / Bertram von der Weser / Walfried / Günther / Erhard / Ernst / Künebald / Gotfried / Adelbert / Roland / Gothard / Willibald / Arnhold / und Ludwieg / alle vornehme Obersten / bahten sehr inständig / daß sie möchten gewirdiget werden / diesen ritterlichen Zug mit zutuhn. Neklam / und der neue Ritter Grozemisla bekahmen dessen auch Urlaub. Zu diesen wurden noch 30 nahmhaffte Teutschen / 16 Böhmen / 6 Friesen / 8 Wenden / und 27 Parther gewählet / da insonderheit die lezt genenneten darümb ganzflehentlich anhielten. Sie gingen zu rechter Zeit loß / alle mit schneeweissen Feldzeichen / und hatten 500 von den tapffersten zur Begleitung mit sich genommen / welche nach dem Pannonischen Begleitern ritten / und sich ihnen zeigeten /daß sie ganz keine Waffen / als das Seiten Gewehr bey sich hatten / alle mit Himmelblauen Feldzeichen und statlichen rohten Federbüschen außgezieret / funden auch ihre Feinde redlich und ohn heimliche Waffẽ / die mit rohten Feldbinden (wie auch ihre Kämpffer) sich angelegt hatten / und wahren Mnata und Dropion selbst mit unter ihnen / üm den Streit desto besser zu sehen. Unsere Christen hatte vor ihrem Auszuge ihr andächtiges Gebeht gehalten / und nach angelegten festen Waffen sich in fünff Schaaren / jede 34. Köpffe stark / verteilet; den Ersten führete Leches und wahr bey demselben Ladisla; bey dem Andern Herkules und Arbianes; bey dem Dritten Siegward; bey dem Vierden Olaff; und bey dem Fünfften Fabius / hatten sonst die tapffersten Ritter gleich unter sich geteilet. Es wolten die Pannonier mit dem Speer nicht zuschaffen habẽ / sondern nur das kurze Gewehr gebrauchen /daher die unsern / um allẽ Verdacht der Furcht abzuwenden gerne einwilligten / jedoch ihnen diesen Verweiß zuentbohten; Redliche Ritter verachteten das Speer nicht / als welches ihr Ehren-Gewehr währe /und dabey insonderheit erkennet würden. Sie setzeten Fuß vor Fuß auff ein ander an / biß sie sich erreichen kunten / und jede Schaar eine gleiche Anzahl zubestreiten hatte. Anfangs gingen sie beyderseits sehr behutsam / insonderheit spareten unsere Helden ihre Kräffte nach Mögligkeit / und liessen ihre Leute fechten / welche sich zwar als redliche Kriegsleute hielten / und doch dem Feinde keinen Fußbreit abgewinnen kunten / auch schier mehr Wunden annahmen als sie bezahleten. Als Mnata solches sahe / sagete er zu Dropion: Der Feind hat unsern Rittern keine Kinder entgegen gestellet / wie auch alle ihre Begleiter sehr ansehnliche / tapffere und unerschrockene Ritter sind /deren gleichen ich mich bey ihnen kaum versehen hätte / jedoch ist die Oberhand an unser Kämpfer Seite; aber dieser stolze Ruhm währete nit lange; dann Herkules / Ladisla / Siegward / Olaff und Fabius nahmen jeder sechs handfeste Ritter zu sich / schwänketen sich damit von der Seite ab in den Feind / und schlugen dergestalt von sich / daß im ersten Anfalle ein jeder seinen ersten Mann zu grunde richtete / wodurch die übrigen in zimliche Verwirrung gerieten. Als die andern diese Lufftung von fornen her empfunden / setzeten sie nicht minder eiferig hinein / da ihre Verwundeten vor Zorn weder Müdigkeit noch Schmerzen empfunden. Ladisla traff auff den obersten Führer / und befand / daß er guter Fäuste wahr /brachte ihm aber gar bald einen Stoß unter den Krebs an / damit er ihm die Seele mit samt dem Blute auszapfete. Als die unsern diesen grossen Vortel erstritten hatten / und noch keiner von ihnen[765] gefellet wahr /sie auch in behaltener festgeschlossener Ordnung mit getrenneten stritten / sahe Dropion bald / daß solches kein gut tuhn würde / worüber er vor Zorn und Eifer anfing zu fluchen und schänden / daß alle ihre Kämpfer seine Bernheuter und Narren seyn musten / die sich nur auff ihre unerfahrne Frecheit verlassen / und sich einer Sache unterfangen hätten / deren sie durchaus nicht bestand währen; sahe doch endlich mit etwas vergnügung an / daß die übrigen algemach sich in kleine Schaaren setzeten / und ein Häuflein / 36 stark / eine neue Ordnung schloß / welches aber Herkules gar zu zeitig inne ward / nam 24 Mann nebest Neda und Prinsla zu sich / und befahl den andern / die annoch getrenneten fein warm zu halten / weil sie ihnen ohndas an Mañschaft überlegen wahren / und stürmete er dergestalt auff diese Schaar / daß sie alsbald hinter sich zu weichen gezwungen ward / da Herkules Beystand in sie hinein brach / und nicht auffhöreten / biß sie alle gestrekt lagen / dañ hie wahr alle Gnade auffgeruffen. Als Mnata und seine Leute dieses sahen / bereueten sie ihre Tohrheit / aber zu späht /kehreten auch mit ihren 500 Reutern umb / und gingen nach ihrem Lager zu / als hätten die Kämpfer ihnen nicht zugehöret / weil sie das Elend länger nicht ansehen kunten / und von den ihren nit 30 lebendige mehr übrig wahren / welche schon heftig verwundet /ohn gegenwehr nidergehauen wurden / worauff man sie nacket auszohe / die Köpfe ihnen abschlug / und sie auff den Wahl auff Stangen steckete / ihre Pferde /Gewehr und Kleider mit nahmen / und mit einem Freudengeschrey von der Streitbahn hinweg ritten /weil nur drey Böhmen zwey Teutsche und ein Friese das Leben eingebüsset hatten / auch alle verwundete wieder geheilet wurden. Die Fürsten und genennete Ritter kahmen alle / ausgenommen Günter / Adelbert und Arnold / unbeschädiget davon / und wurden doch diese drey mit köstlichen Salben in 24 Stunden geheilet. Mit so geringem Verlust wahr der kleine aber ansehnliche Sieg erstritten / worüber unser Heer so frölich wahr / als währe der Feind gar aus dem Felde geschlagen. Hingegẽ schämete sich Mnata / sein Kriegsheer anzusehen / welche in voller Schlachtordnung stunden / ihre überwinder zu empfahen; aber als sie keinen einzigen wieder zurük kommen sahen / begunten ihrer viel zu spotten / und rieffen / die verwägene Narren hätten ihren verdienten Lohn empfangen / in dem sie auff ihre Mannheit getrotzet / und ihnen eingebildet / wann unter den andern sie mit föchten /würde man ihre tapffere Tahten so eigentlich nicht können sehen / als wañ sie allein dz Schwert gebraucheten; welches Dropion sehr verdroß / weil er zu diesem Spiel am meisten gerahten hatte. Agiß redete dem Heer ein mit guter freundligkeit / hielt nachgehends sein absonderliches Gespräch mit dem Könige / und baht sehr / in dergleichen vornehmen hinfüro nit zugehehlen. Die Götter wolten keinen Troz von uns Menschen haben / und pflegten allemahl von solchen verwägenen ihre Hand abzuzihen. Sie wolten weiters mit einander reden; aber es ward angemeldet / daß ein Bömischer Trommelschläger sich vor dem Lager meldete / mit begehren / daß jemand zu ihm heraus kähme / dem er etwas an seinen König zu bringen /anzeigen wolte; und als ihm einer seines gleichen zugeschicket ward / gab er demselben etliche Würffel und Kartenspiel mit diesen Worten: Sihe da mein Kerl / unsere tapfere Kämpfer / deren nur sechs auff der Wahlstat blieben / und 27 untödlich verwundet sind / überschicken eurem Könige und seinen Leuten dieses / die übrige Zeit des anstandes damit zuvertreiben / weil sie damit besser / als mit dem Waffenspiel umbzugehen gelehret sind;[766] sie haben an der ihren Niederlage sich wol zu spiegeln / und können daher /wo sie nicht verblendet sind / fein lernen / was vor einen Lohn der allerhöchste Gott den Räubern / Mördern und Mordbrennern mitzuteilen pflege. Der ander wahr nicht viel bey solchen werbungen gewesen / nam das eingereichete zu sich / und ging damit nach des Königes Zelt / da inzwischẽ der unsere auff seinem schnellen Pferde glüklich davon kam / sonst würde man sein übel gewartet haben; dann so bald jener seinem Könige neben erzählung der Rede / die er fein behalten hatte / alles vortrug / ward er alsbald angeknüpfet / und fassete Mnata neben Dropion und andern Kriegs Obersten daher solchen Grim / daß sie schwuren / es ungerochen nicht zu lassen; ja / sagten etliche / es währe dieser Schimpf mit dem vorigen schäbichten Hunde fast gleich zu schätzen. Die übrigen beyden Tage des anstandes wurden ohn alle denkwürdige Begebnissen hingebracht / nur daß man allerseits die Völker übete / und das Gewehr wol versahe. Des lezten Abends bekam König Mnata bey eiliger Botschaft die Zeitung / daß sein treflicher Entsaz in der nähe währe / dessen er sich sehr freuete / lieferte die Bömischen Geisel / und foderte die seinen wieder ab / worauff er alsbald / noch desselbigen Abends /den vorigen Heerhold an König Ladisla schickete /und ihn erinnern ließ / daß die Zeit der offenen Feldschlacht Morgen früh seyn würde / dero behueff er zwo gute Meilen zurük gehen wolte / und ihnen raum gnug machen / sich zur Schlacht einzustellen. Aber Ladisla gab ihm kurzen Bescheid / ob seinem Könige irgend träumete; es währe ihm ja die Macht nicht eingeräumet / daß er ihm vorschreiben solte; wann seine Zeit zur Schlacht kommen würde / solte er noch mehr als zu früh erfahren / hoffete auch in kurzen ihm so nahe zu treten / daß er ihm freilich raum genung lassen solte. Mnata hatte sich dieses Abschlages nicht vermuhtet / nam nicht desto weniger seinen Abzug /und schickete diesen Heerhold abermahl an ihn / mit diesem vorbringen; ob die Böhmen unter der Teutschen Beschützung sich nicht schämeten / daß sie ihre Feinde mitten im Lande liegen hätten / und ohn wagung einer redlichen Schlacht / sie vor sich sehen könten; man hätte gedacht / sie würden durch das nähst erhaltene Sieglein / da 120 Teutsche und Bömische KriegsObersten / wieder so viel gemeine Pannonische Reuter gekämpfet / einen Muht geschöpfet haben / welches sich aber nicht finden wolte; währe Ladisla ein Kriegsheld / wie ihn etliche nennen dürften / solte er sich finden lassen / oder es nicht vor übel auffnehmen / daß man ihn mit einem grossen feigen Herzen abmahlete. Es kähme dem Pannonischen Könige glaubwirdig vor / ob solte er seine uralten Landgötter verleugnet / und an deren stat einen erhenketen angenommen haben; währe dem nun also / müste er gedenken / die Pannonier währen von den Bömischen Göttern aufgemahnet / ihren Schimpf zu rächen. Hätte er dann das Vertrauen zu seinem neugebackenen Gott / daß er mächtiger als die Alten währe / warumb stellete er sich dann so zaghaftig / und dürste auff die angebohtene Schlacht keinen richtigen Bescheid geben; er der Pannonische König währe schon vorhin / und hinter sich gewichen / den Böhmen raum zu machen /würden sie folgen / wolten sie auff gut Landknechtisch handeln / wo nicht / müste er ihm einen andern Streich sehen lassen / als einer der seiner guten Sache / seinem Glük und seinen Fäusten trauete. Ladisla empfand nichts über also hoch / als daß er die verächtliche Gotteslästerung anhören muste / wolte dem Heerhold keine Antwort geben / sondern ließ ihn verwahrlich anhalten / beredete sich mit den übrigen Fürsten / und hielt mit allen Christen[767] (unter welchen nunmehr Olaff sich finden ließ) ein ernstliches Gebeht zu Gott / daß er seines Nahmens Ehre retten / und den unschuldigen Beystand leisten wolte. Die Heerschauung wahr schon des vorigen Tages geschehen / und ihnen ernstlich befohlen / sich alle Stunden zum Aufbruch fertig zu halten / und auff drey Tage Speise zu sich zu nehmen / welche ihnen zu aller gnüge ausgeteilet ward. Von Prag ab wurden ihnẽ fast täglich unterschiedliche Schaaren von neuen Völkern zugeschicket / welche mit dem Pannonischen eroberten Waffen und Pferden gnugsam versehen wurden /so das ihr Heer vor dißmahl 100000 zu Roß / und 50000 zu Fusse stark wahr / welches er also austeilete / und gegen früh morgens fortgeführet ward. König Henrich / Fabius / Markus und Gallus hatten das Fußvolk in der mitte. Zur Rechten hatten Herkules / Arbianes / Olaff / Prinsla und Klodius 50000 Reuter. Zur Linken Ladisla / Siegward / Leches und Neda eine gleiche Anzahl / wovon Leches 6000 zum Vortrab führete. Sie nahmen den Pannonischen Gesanten mit sich / welcher über ihr grosses Heer sich verwunderte. Eine halbe Meile von des Feindes neuem Lager / stieß Leches auff 7000 Reuter / welche er beherzt angriff / und nach hartem Gefechte auf die Flucht brachte; zog von den Gefangenen alle Kundschaft ein / und taht es seinem Könige zu wissen / daher sie in gerichteter Schlachtordnung fortgingen / uñ ihre Völker vermahneten / Stand zu halten / und nicht / wie im ersten Treffen unter Siegwarden geschehen / ihre Ordnung brechen zulassen; liessen den Pannonischen Heerhold seines Weges reiten / und zogen fort / biß sie den Feind eine Meile von ihrem alten Lager dieser gestalt im Felde halten sahen. Das Fußvolk 44000 wolgeübete Manschafft hielt in der Mitte; Zur Rechten gegen Ladisla stund der König mit 65000 Reutern; zur Linken gegen Herkules führete Feldmarschalk Dropion eine gleichmässige Anzahl / wie sein König / aber die auserlesenste Ritterschafft / dann er hatte ihm gänzlich vorgenommen / vor dißmahl ein Königreich zuerstreiten / worzu ihm sein König nunmehr grosse Hoffnung gemacht hatte / umb seine Verrähterey zu hintertreiben dann er hatte sonst mit Agis und Hyppasus schon abgeredet / daß nach erhaltenem Siege er ihn vor Gericht stellen / seines Gottlosen Vorhabens ihn überzeugen / und ihn an den Galgen wolte henken lassen. Er wahr sonst nicht allein ruhmrätig / sondern von sehr grosser Leibeskrafft / und daneben vorsichtig und gerade / hatte auch 26 Römische Ritter in absonderlichen Kämpfen erleget. König Mnata sahe zwar / daß er den unsern an Manschafft nicht sonderlich groß überlegen wahr / aber er tröstete sich dessen / daß die seinen durchgehend wol geübet /und unter den unsern nicht wenig undüchtige gefunden wurden / welches auch unsere Helden am meisten betrachteten; Uberdas verließ er sich auff seinen treflichen Entsaz / welcher von lauter geübeten Grenzvölkern bestund / an deren stelle man ungeübete hingeschicket hatte / und taht den unsern den allergrösten Schaden / daß von diesem Entsatze sie nicht die allergeringeste Nachricht oder Muhtmassung hatten. An allen Seiten wahren die Feld Herren bemühet / den ihren ein Herz einzusprechen. König Mnata hielt den seinen vor / die Götter hätten den Feind überredet /sich ins offene Feld zusetzen / da ihnen aller Vortel abgeschnitten währe / hinter welchem sie sich biß daher so munter beschirmet hätten; es währe jezt Zeit / der angefügeter Schmach eingedenke zuseyn / und den schäbichten Hund zuvergelten; und ob des Feindes Frecheit anfangs etwas gegenhalten würde / solten sie nur behutsam fahren / und keine angebrachte[768] Wunde unvergolten lassen / als dann würden die ohmächtigen Böhmen wie das Wasser zerrinnen / die ohndas mit Ackerbau / Holzfellen und Handwerksübungen besser / als mit Waffen umzugehen wüsten. Er erinnerte sie seines neugemachten Gesetzes / und ließ ausruffen: Wer ihm den Böhmischen König oder seiner anbefreundeten Fürsten einen lebendig gefangen einliefern würde / solte 60000 Kronen / oder da er ein geschlagener Ritter währe / eine freie Herschafft von ihm zugewarten haben. Die unsern wusten auch /wie sie ihrem Volk den Muht aufftreiben solten; dann Herkules / dem hoch und nidrig / wegen seiner Freundligkeit gewogen wahr / sagte mit einem frischen lächelnden Angesicht: Es solte keiner der Pannonischen Räuber Köpffe (deren ohndas nicht mehr als der ihren währẽ) sondern ihre Herzen zählen /deren sich gar wenig finden würden; dann ihr Gewissen überzeugete sie ihrer Untaht und mördlichen Vornehmens. Vor fünff Tagen währe schon der dritte Teil ihrer Manschafft / und zwar die tapffersten nach ihrem Verdienste abgestraffet / und würde der Almächtige Gott / als ein gerechter Richter und Vergelter / den übrigen auch zulohnen wissen; man hätte an dieser Seite eine ungezweifelt-gerechte Sache; man stritte vor das Vaterland wider diese Mordbrenner; und ob gleich diese Feinde hart gegen halten solten /müste man doch biß auff den allerlezten Blutstropffen sich tapffer halten / weil man bey ihnen weder Gnade noch Lebensfristung / sondern nur den abscheuhlichsten Tod zugewarten hätte. Ey ihr lieben Brüder / sagete er / was hätten wir vor einen köstlichern Wetzestein unsern Schwertern und Herzen antreffen können / als die ädle Freiheit / die Beschirmung des Vaterlandes / die Beschützung unserer Weiber und Kinder / welches alles diese Mörder auf ein mahl zuverderben geschworen haben? So folget nun eurẽ Anführern herzhaft und redlich / und versichert euch / alles was die Räuber vor Schätze bey sich führen / muß noch heut vor der Sonnen Untergang eure Beute und Reichtuhm seyn. Hierauf fing das ganze Heer ein algemeines Feldgeschrey an / und gaben dadurch zuverstehen / daß sie ungefochten abzuzihen nicht gemeinet währen. Jene tahten nicht minder / und schicketen sich gleich den unsern zum Angriff. An Herkules Seite taht Olaf den ersten Anfal mit seinen eigenen Dähnen und Friesen / welche aus Wendland zurük kommen waren / nahm darzu alle Wenden / und ging unverzaget loß / dem der verwägene Pannonier Pelegon mit 15000 Reutern entgegen geschicket ward / und tummelten sich diese beyde dermassen / nachdem keiner seines Vortels sich begeben wolte / daß Herkules leicht muhtmassete / der Sieg würde ohn hefftiges Blutvergiessen nicht zuerhalten seyn. Olaf ward des langen auffhaltens müde / setzete mit 600 Dänen gleich auff den feindlichen Obersten zu / und ging hieselbst es scharff daher / biß endlich Pelegon durch unterschiedliche schwere Hiebe taumlich gemacht ward / welches Glüks Olaff sich gebrauchete /ihn mit Gewalt vom Pferde riß / und 20 Dänen übergab / welche ihn König Henrichen zuführen musten; jedoch schlugen sie sich zuvor rechtschaffen umb diese Beute / weil die Pannonier ihr Häupt nicht gerne verlieren / und die unsern den erhascheten Raub ihnen nicht wieder nehmen lassen wolten; worüber etliche hundert beyderseits das Leben einbüsseten / uñ doch immerzu würgeten / daß es nicht anders schien / als hätten diese beyde Häuflein vor des ganzen Heers Wolfahrt kämpffen müssen / daß auch Olaf sich gar matt arbeitete / und ihn Herkules durch Klodius mit 8000 entsetzete / daß er mit den seinen freien Abzug bekam / nachdem er 150[769] Dänen / 400 Friesen / und 2000 Wenden eingebüsset / dagegen aber 5000 Feinde erschlagen hatte. Klodius bekam auch einen frischen Gegener / nahmens Bato / Dropions unehelichen Sohn / welchen er in seiner Jugend durch Blutschändung mit seines Vatern jüngster Schwester gezeuget hatte. Dieser ging mit 8000 loß / in Meinung /die unsern im erstẽ Anfal zutrennen; aber Klodius hielt ritterlich Widerstand nebest dem Dänen Harald /der in diesem Treffen ein sonderliches Lob verdienete / und ihm nachgerühmet ward / daß er mit seiner Faust 12 Pannonier hätte zur Erden gestürzet. Er ward zwar drüber hart verwundet / aber doch aus dem Gedränge geführet / und beym Leben erhalten. Ladisla hatte nicht weniger den Anfang durch Siegwarden machen lassen / als dem er diese Ehre schon beym Auffbruche versprechen müssen; gab ihm 3000 wehrhaffte Teutschen und 7000 Böhmen zu / mit welchen er auff 14000 Pannonier ging / aber solchen Ruhm einlegete / daß alle Zuseher sein Herz / Krafft und Erfahrenheit rühmen musten. Er schonete seiner Völker / so viel möglich / und ging sehr behuhtsam / ungeachtet sein Feind Deon mit grossem wüten von sich schlug / und hatte derselbe einen verwägenen Obersten unter sich /welcher Siegwarden überfiel / in Meinung ihn hinzurichten / fand aber seinen Meister / der ihm mit einem Stosse in den Unterleib das Leben nam / und den andern der seinen Gesellen zurächen meinete / ohn Kopff springen lehrete. Seine Völker nahmen von ihm ein Beyspiel / und tahtẽ nach allem Vermögen / so daß in kurzer Zeit sie in gleicher Anzahl 8000 gegen 8000 stritten. König Mnata sahe wol / daß es hieselbst über seine Leute ging / machete ihm auch die ganze Rechnung Herkules oder Ladisla richteten ihm die seinen dergestalt zu / und schickete einen Entsaz 8000 stark unter seinen geträuen Amnthaon aus / dem sich aber Leches mit 7000 entgegen stellete / so daß die ersten ihren Streit ungehindert fortsetzeten / daran Ladisla keine Spereung machen wolte / weil es Siegwarden so wol glückete. Aber der Pannonische König kunte der seinen Unfal länger nicht ansehẽ / weil dieser Hauffe kaum noch 6000 Mann übrig hatte / daher er ihm 12000 zu hülffe schickete / an welche Siegward sich nicht reiben wolte / sondern nachdem er über die vorigen noch 300 eingebüsset hatte / mit volkommener Ehre abzog als Neda mit 9000 den einbrechenden entgegen trabete. Klodius legete mit einem Pannonischen Obersten absonderlich an / dem er auch gnug gewachsen wahr / aber sein Pferd ward ihm von einem herzudringenden Pannonier erstochen / daß er drunter zuliegen kam / und währe ohn zweifel zutreten worden / wann nicht ein Teutscher und drey Böhmen das Leben vor ihm eingebüsset / welche mit ihrer ritterlichen Faust so heftige Gegenwehr tahten / daß er von den seinen hervor gerissen / und auff ein Pferd gesetzet ward. Er hat aber nachgehends den nachgelassenen Witwen und Kindern dieser vier geträuen Leute 40000 Kronen zur Dankbarkeit ausgezählet /und die Witwen überdas durch reiche Aussteur wieder verheirahtet. Nun suchete er gleichwol diesen Schimpff zurächẽ / wagete sich zum andern mahl an seinen Mann / und richtete ihn mit einem Stosse hin. Seinen Reutern ging es anfangs sehr hart / aber nach Endigung dieses Kampffes entfiel den Feinden das Herz / und wurden mit Hauffen niedergesäbelt / daß ihrer nur 4000 übrig wahren / und der rechte Führer Bato gefangen und verwundet hinweg geschleppet ward; welches / da es seinem Vater Dropion angemeldet ward / bekümmerte er sich nicht wenig / dann er liebete dieses unehrliche Laster-Früchtchen hefftig /weil er ihm im Frevel / Unzucht[770] und Gottlosigkeiten fein nachartete. Er ließ auff Klodius 9000 loßgehen /aber derselbe sagete sich aus / und gab dem einbrechenden Arbianes Raum / welcher alle seine Parther und Meden nebest 5000 Teutschen (deren 1600 SchlachtSchwerter wahren) mit sich führete. Der heranstechende Pannonische Oberster entrüstete sich sehr / daß Klodius ihm entgehen solte / nachdem er von Dropion den ausdrüklichen Befehl hatte / ihn / weil er so grossen Schaden getahn / ungestraffet nicht abzihen zulassen; weil ihm aber solches gehindert ward (dann nach Hinterlassung 2000 erschlagener begab er sich in Sicherheit) / als wolte jener seinen Muht an Arbianes kühlen / dessen Schaar er auch mit solcher Macht anfiel / ob hätte er sie auff einmahl stürzen wollen; Seine Parther aber / welche durchaus den Vorzug nahmen / begegneten ihm mit solchem Muht /daß es schien / als hätten sie sich unter einander den Tod geschworen / und weil die Parther sich fleissig schützeten / nahmen sie viel geringern Schaden / als die Feinde / wahren auch so eiferig im fechten / als hätten sie alles allein ausrichten wollen; endlich erinnerten sie sich ihres Fürsten Befehls / welcher in die Mitte die tapfferen SchlachtSchwerter gestellet hatte /öfneten ihre Glieder / und gabẽ diesen den freien Zutrit / welche als geruhete dergestalt den abgearbeiteten Pannoniern einschenketen daß sie als Mücken von den Pferdẽ stoben / auch ihr Führer selbst welcher schon zimlich verwundet wahr / in diesem Satze zu Grunde ging / und von den Pferden elendig zutreten ward / daher seine Leute aus Furcht sich zurük zogen / und nicht desto weniger niedergeschlagen wurden /biß ihnen 8000 zum Entsaz kahmen / da sie schon 5000 verlohren hatten. Diese frische Andränger hätten Arbianes schier zu schwer fallen sollen / dann er hatte auch 1500 verwundete unter sich / und 300 verlohren; so dauchte Herkules nit raht seyn / seine übrige Manschafft weiter zuschwächen deswegen setzete Olaff sich mit Arbianes zusammen / und zauseten den Feind an allen Orten / weil sie stärker an Manschafft als die Pannonier wahren. Neda mit seinen 9000 Böhmen muste einen schweren Stand halten / dann seine Völker wahren nicht sonderlich geübet / hingegen wuste sein Widersacher das Schwert wol zugebrauchen; nur die kühne Willigkeit vor das Vaterland zusterben /taht das beste bey der Sache / daß sie endlich mehr leisteten / als man ihnen beym Angriff hätte mögen zutrauen; massen / wann es ja solte gestorben seyn /gedachten sie / währe nichts bessers / als den Feind mit sich nehmen / oder ihn vorhin zuschicken; welcher Vorsaz ihnen dermassen glückete / daß sie 8000 niderschlugen / und dagegen nur halb so viel einbüsseten. Der zierlichste Streit ging zwischen Leches und Amythaon vor / massen dieser nur durch List zu siegen bemühet wahr / und jener zu tuhn hatte / die Stricke zumeiden / biß ihm endlich der Handel verdrießlich ward / und einen hefftigen Fall mit drey tausend Mann zur Seite hinein wagete / welches ihm so wol geriet / daß der Feind die Glieder nicht wieder schliessen kunte / sondern überal einbüssete / so daß er 3500 auff der Streitbahn ließ / und der unsern kaum 800 gefellet hatte; welches Mnata sehend / nunmehr Zeit seyn meinete / daß er mit den übrigen seines Flügels den algemeinen Ansaz wagete. Olaff und Arbianes wahren an ihrem Orte noch in voller Arbeit /dann es glückete ihnen / daß sie es vor dißmahl mit zimlich ungeübeten zu tuhn bekahmen / die zwar ihre Feinde zu fellen kühn gnug wahren / aber weil sie sich vor ihnen zu schützen nicht gelernet hatten / ging ihnen das Wasser über die Körbe / daß ihrer 5000 ins Graß bissen / und die unsern dagegen kaum 600 im[771] Stiche liessen. Der Pannonische Feldmarschalk Dropion sahe / daß sein König sich begunte zusammen zuzihen / daher er jezt gedachten Hauffen / welcher sehr gedränget ward / durch 15000 entsetzete / brachte alle gesunde Mañschaft / und die das Gewehr zu führen annoch düchtig wahren / beyeinander / und ging damit gegen Herkules loß / welcher hierauff schon lange und mit schmerzen gewartet hattee / weil die absonderlichen Streite ihm zu viel Volk hinnahmen / und deswegen seinen ganzen Flügel geschwinde also zurichtete / daß die geruheten vorne an gehen musten / setzete auch seine 3000 Schlachtschwerter bey kleinen Schaaren von 50 Mann durch das ganze Volk / also daß gleichwol 600 die erste Spitze halten musten. Als sie aneinander gerieten / fielen sie wie grimmige Bähren und Löuen ineinander. Dropion hatte die tapfersten vorne an gestellet / wahr auch selbst nicht weit von ihnen / und versahe alles so wol / daß ihn Freund und Feind vor einen guten und verständigen Feldherrn halten musten. Olaf und Arbianes gingen an beyden seiten / Herkules in der mitte / und hatte jeder 300 auserlesene Teutschen umb sich /deren Schlachtschwerter gar bald von der Feinde Blut gefärbet wurden. Dropion trieb groß wunder mit seinem Gefechte / daß er sich den unsern bald bekant machete / Herkules ließ die Fäuste auch nicht sinken; so übete sich sein ädler Blänke dergestalt / daß er nicht minder als sein Reuter anfiel und die Feinde beschädigte; welches Dropion bald kund getahn ward /der diesem Unheil bey zeiten vor zubauen / 3000 gute Ritter zu sich nam / und sie also anredete: Komt ihr Brüder / ich mus versuchen / ob dann dieser Herkules auch ein wahrer Herkules sey / der mir meine beyden Brüder sol erschlagen haben; entweder ich mus der dritte / oder sie gerochen seyn. Herkules sahe ihn herzu dringen / gedachte wol / es würde sein Mañ seyn / nahm auch 3000 umb sich / und ließ sich von diesem Nachsucher gerne finden. Da ging es nun an ein eiferiges schlagen / so daß da kein weichen wahr /biß Mann oder Roß oder beyde gefellet / den folgenden Raum gaben / über sich hin zu reiten / da inzwischen Olaf und Arbianes auch das ihre tahten / und mit ihren Völkern den Feind rechtschaffen drängeten /weil sie nunmehr an Mañschaft gleich / oder doch stärker wahren. Nicht lange / da ward Herkules Dropions gewahr / und rieff ihm zu / er möchte gemach tuhn / vielleicht fünde er noch Arbeit vor der Sonnen Untergang. Ja kom her du Lecker / antwortete er / ich wil schon machen / daß dich das Zahnweh nicht lange plagen sol. O du Hund / bin ich dein Lecker? sagete er drauß; ging auch mit solchem Zorn auff ihn an /daß die Anwesende bekenneten / er müste des dinges vor mehr getrieben haben. Doch seumete der Pannonier auch nicht / sondern so bald sie einander abreichen kunten / stürmeten sie dergestalt auffeinander ein / daß sie beyderseits ihres wiederstreiters empfunden. Keiner ließ einiges Zeichen der Furcht noch machtlosigkeit spürẽ / aber die behendigkeit und grosse erfahrung zu streiten / sahe man auff Herkules seiten / welches doch der wilde Mensch nicht erkennen kunte /dañ er gedachte ihn mit schweren Hieben zu fellen /deren ihm doch keiner nach Wunsch angehen wolte /und er dagegen unterschiedliche Streiche über den Hals annehmen muste / daß ihm die Ohren sauseten /und endlich zu ihm sagete: Deines gleichen ist mir wenig vorkommen / aber doch rühme dich / daß du von einer ritterlichen Hand den Tod empfähest. O du rechnest dich viel zu nahe / antwortete er / und wirst vor dem Siege noch erst streiten müssen. Mit dem schlug der Blänke Dropions Pferd in die Seite / daß es niderstürzete / und wahr Herkules nicht faul / zuversuchen /[772] ob er ihn also liegend hinrichten könte; aber die Pannonier umgaben ihn mit aller macht / rissen ihn unter dem Pferde hervor / und führeten ihn aus dem Gedränge; worüber ihrer wol 200 das Leben zusetzen musten. König Ladisla wahr mit Mnata auch schon in voller Arbeit / wiewol dieser nicht bald anfangs mit fochte / sondern in begleitung 500 seiner Geträuen hin und wieder rante / damit an allen Orten alles wol versehen währe. Siegward taht ihm an der rechten Seite sehr gedrange / hingegen litte Leches bey der Linken / schweren überfal / welches er seinem Könige / der in der mitte zimlichen fortgang hatte / zu wissen taht / bekam auch unter Neda anführung 2000 gute Teutschen zu hülffe / welche alles wieder ersetzeten / und mit den unversuchten Böhmen sich vermischeten / daß sie ihrem Beyspiel folgen / und von ihnen ein muster nehmen kunten. Herkules wahr sehr zornig / daß ihm der Braten aus den Fäusten hinweg gerissen wahr / und meinete / er würde etwa durch den Fal mit dem Pferde so viel schaden genommen haben / daß er zum weiteren Gefechte undüchtig worden währe / hoffete auch / weil er abwesend / die Feinde bald auff die Weichseite zu bringen / wie er dañ in warheit eine ernstliche Schlacht hielt / und des Pañonischen Blutes so viel vergoß / daß es wie kleine Bächlein ran / würde auch ohnzweifel sehr gefährlich umb sie gestanden seyn / wañ ihr Herz / der Feldmarschalk sich nicht wieder eingestellet hätte / der noch ohn allen Leibesschaden blieben wahr / und nur neue Waffen angelegt hatte / weil die ersten hin und wieder zerhacket wahren. So bald er sich wieder stellete und die seinen wanken sahe / rieff er über laut; wie schlaffet ihr / lieben Brüder / daß ihr euch so wenig reget? es schien nicht anders / als wann seine Stimme beydes Roß und Mann auffgemuntert hätte / dañ das Blad wendete sich alsbald / so daß die Weichende vor sich hinweg drungen / und die Treiber getrieben wurden; welches Olaf / der an diesem Orte fochte / nicht ohn bestürzung ansahe / und sein äusserstes anwendete /das Werk wieder in Stand zubringen; aber es fiel ihm zu schwer; dann weil er sich schon sehr abgemattet /und mit seiner Hand in einer Viertelstunde acht Feinde erlegt hatte / daß auch sein Pferd nicht wol mehr fort kunte / ward ihm dasselbe erschlagen / und er /wie heftig er sich gleich sträubete / gefangẽ hinweg geführet / da man ihn dem Feldmarschalk einlieferte /welcher nach seinem Nahmen fragend / diese Antwort von ihm bekam; ich habe noch nie kein mahl meinen ehrlichen Nahmen gegen einen redlichen Ritter aus Furcht verleugnet / sondern gerne gestanden / daß ich Olaf gebohrner Fürst aus Dännemark bin und heisse. Worauff Dropion seinen Leuten befahl / ihn wol zuverwahren / daß er nicht entwieche. Er aber drang immerzu heftiger in die unsern / welche an diesem Orte nunmehr ohn ein Häupt fochten / und gleichwol Herkules des Fürsten Gefängnis zeittig wissen liessen /worüber er sich schmerzlich bekümmerte / befahl Klodius daselbst die Auffsicht / und ging mit 2000 Mann den bedrängeten zu hülffe / da ihn Dropion mit diesen Worten empfing; Komst du mir zum ander mahl unter die Hände / du Herenmeister? O du verleumder / antwortete er / hastu dich in einem neuen Harnisch verstecket? fiel hiemit über ihn her / daß er sich kaum zur Gegenwehr gefasset machen kunte; worüber er schier rasend ward / insonderheit / da Herkules zu ihm sagete: Du läst dich gar vom Streite hinweg tragen / so furchtsam bistu / und deine Brüder schämeten sich davon zu lauffen. Das rasende Tihr kunte vor Eifer kein Wort sagen / sondern brach loß wie ein Unsinniger / meinete / es solte ihm nun nicht fehlen; wolte ihm auch den Blänken niderhauen / der ihm[773] aber gar geschiklich aus dem Schlage sprang /bald unter seines Reuters Schutze sich wieder herbey machete / und ihn vom Pferde zur Erden niderrisse /würde ihn auch vollends gar zu treten haben / wann nicht seine Leute ihn zum andernmahl auffgehoben /und hinweg geschleppet hätten / da er im falle den linken Arm verrenkete / welchen er wieder muste einrichten und schmieren lassen / sich hoch verfluchend /nicht zu ruhen / biß er den Buben (so durfte er einen König nennen) mit samt dem Teuffelspferde erschlagen hätte. Zeit seines abwesens ging es über die Pañonier / dañ Herkules blieb hieselbst in Olafs stelle /und taht dem Feinde so gedrange / daß er umb Entsaz ausschicken muste. Bey dem andern Flügel gab es rechtschaffene Püffe / woselbst Siegward eine solche Furcht in die Feinde gebracht hatte / daß sie scheuh trugen / ihm zu nahen. König Ladisla / welches ein Teutscher Ritter gezählet / hatte 16 Pannonier in diesem lezten Treffen nidergehauen / und suchete hin und wieder / ob er den rechten Heerführer dieses Flügels nicht ertappen könte; welcher aber vor seines Entsatzes ankunft nicht willens wahr zu streiten / mehr aus Furcht wegen Dropions nachstellung / als des Feindes; blieb daher stets bey seiner kleinen geträuen Schaar / und hatte fleissige Aufsicht / daß den bedrängeten zeitige hülffe geschahe. Der gewaltige Hyppasus nam einen absonderlichen Kampf wieder Ladisla an / hielt sich auch eine gute Zeit / ehe er sich geben wolte / aber endlich siegete die Königliche Faust ob /und nam ihn hart verwundet gefangen / da ihn etliche Böhmen aus dem Gedränge nach König Henrich führen muste. Leches und Neda hatten sich zusammen gesetzet / stunden vor einen Mann / und schenketen ihren Feinden so tapfer ein / daß sie gnug daran hatten / dann je länger ihre ungeübete Böhmen das Ding trieben / je besser sie sich drein schicken kunten / und trug sich zu / daß da Leches einen grossen starken Böhmen / der sehr blutete / fragete / ob er hart verwundet währe / dieser zur Antwort gab; er sähe zwar das Blut hin und wieder hervor quellen / und fühlete doch keine Wunde / fochte auch in dem gefasseten Eifer immer vor sich weg / biß ihm die Seele ausfuhr /da er diese lezte Worte sagete; Ey wie ein süsser Tod ist es / vor das Vaterland sterben. Diesem ward nach erhaltener Schlacht / bey seiner bestattung eine sonderliche Lobrede gehalten. König Mnata sahe / daß die seinen allenthalben abbruch litten / und hauffensweise nidergeschlagen wurden / und wahr ihm leid /daß er den Entsaz nicht zeitiger hatte herzu fodern lassen / welcher doch nunmehr nicht gar weit mehr seyn müste; ließ auch bey seines Feldmarschalks Flügel vernehmen / wie es daselbst zuginge / und als er die Zeitung bekam / er währe schon zweimahl von Herkules zur Erde geschlagen / und allemahl gerettet /entsetzete er sich dessen / und befürchtete sich einer algemeinen Flucht / ehe der Entsaz würde verhanden seyn / dem er etliche Reuter nach einander zuschickete / daß er / so viel möglich / eilen solte. Ladisla hatte so viel Zeitung / der König währe selbst bey diesem Flügel im schwarzen Harnische / und führete auff dem Helme einen blauen Löuen / der einen Hund zuriß; deßwegen er mit 3000 Mann hin und her rante / biß er ihn mit seiner Geselschafft antraf / und überlaut rief: König Mnata / bistu Ritters wert / so laß deinen Feind König Ladisla empfinden / daß du ein Schwert führest. Diesen Schimpff durffte er wegẽ seiner inheimischen Feinde nicht überhin wehen lassen / und stellete sich mit dieser Antwort: Wann ich mich vor deinem Schwert fürchtete / würde ich dir so nahe nicht kommen / noch so weit nachgezogen seyn. Sie zuhämmerten einander weidlich / dann ihre guten Schwerter[774] kunten den festen Waffen nichts angewinnen / biß endlich Ladisla seinen Feind vom Pferde stürzete /welcher im Augenblik von den seinen umringet und auffgehoben ward / die ihn auch vor dißmahl ferneres Streits durchaus nicht gewehren wolten. Nun hatte Herkules an seinem Orte es schon so weit gebracht /daß die Feinde sich enge zusammen zogen / und die Hoffnung des Sieges albereit hatten fahren lassen; aber da ihr Feldmarschalk zum dritten mahl herzu kam / entzündete sich ihr Muht wieder von neuen; dann er traf auf Arbianes Hauffen / daß er gezwungen hinter sich weichen und den Feinden Plaz geben muste / deßwegen seiner Meden einer schleunig umhin rante / und Herkules diese Zeitung brachte; der seinen lieben Schwager zuretten nicht faul wahr / kam auch eben dazumahl an / als Arbianes sich mit ihm in einen absonderlichen Kampff eingelassen hatte / und durch seine Ringfertigkeit und Fechterkunst / die er sehr wol gefasset / ihn lange gnug auffhielt; aber endlich würde es den Stich nicht gehalten haben; dann der Pannonier taht ihm sehr gedrange / gleich da Herkules mit 800 Teutschen herzu rante / und ihn anschrihe: Du Hund / werde ich dich dann nicht schier gewiß fassen können? stellete sich in Arbianes Stelle /der wider seinen Willen abweichen muste / und griff ihn zum dritten mahl an; aber die Pannonischen Reuter wolten es durchaus nicht zugeben / trenneten sie mit Gewalt / uñ fingen mit den Teutschen einen solchen blutigen Kampff an / daß desgleichen den ganzen Tag nicht vorgangen wahr. Es hatte diese Schlacht schon über fünff Stunden gewehret / und wahren an des Pannonischen Feldmarschalks Seiten in diesem algemeinen Treffen 12000 erschlagen / und 5000 verwundet / da hingegen Herkules nur 4000 missete / und 2000 beschädigte hatte. In Königes Mnata Flügel wahren in diesem gemeinen Gefechte 14000 nidergehauen / und 7000 hart verwundet /daher ihnen nit möglich wahr / längern Stand zuhalten / weil auch Ladisla nur 600 verlohren / und 3000 Schadhaffte in seinem Heere fand. Als es nun gleich drauff stund / daß die Pannonier hinter sich weichẽ wolten / kahmen etliche Reuter herzu gerennet / mit der frölichen Zeitung / der Entsaz währe verhanden; welches doch die unsern nicht höreten / sondern immerzu muhtig ansetzeten / als die nunmehr an dem Siege nicht zweifelten / daß auch König Henrich sich gefasset machete / mit dem Fußvolke den Angriff zutuhn / dafern nicht Gott selbst ins Mittel getreten währe / ohn zweifel zu der unsern augenscheinlichem besten; dann es entstund ein solches erschrekliches Ungewitter mit Donner / Bliz und Regen / daß Mann und Roß sich entsetzete / und keiner das Gewehr brauchen kunte; ja der Sturm- und Wirbelwind wütete dergestalt / daß nicht allem die Hütten und Zelten in den Lägern übern hauffen fielen / sondern etliche Reuter / deren Pferde abgemattet wahren / wurden mit samt den Rossen zur Erde geworffen / daher dann die feindliche Völker von ander gingen / und jedes Heer sich absonderlich stellete / als hätte man den Friede ausgeblasen / oder einen Anstand des Gefechts gemacht. Das Wetter hielt keine halbe Stunde an / und so bald sichs gestillet hatte / musten die unsern Speise nehmen / dann sie wahren willens / dem Feinde vor Abends den Garaus zumachen / und wunderten sich über alle massen / daß die Pannonier nicht allein fest stunden / sondern auch ein grosses Freuden Geschrey ergehen liessen / dessen Ursach ihnen aber gar bald vor Augen gestellet ward; dann sie sahen die grosse Macht des Entsatzes in wolgeschlossener Ordnung mit neuẽ unbekanten Fähnlein daher zihen / deren Anzahl sie[775] auff 60000 schätzeten / und doch 80000 vol wahren. Unsere Christen traten alsbald zusammen /und fing Herkules dieses Gebeht überlaut an / welches ihm die andern im Herzen nachsprachen:

HErr JEsus Christ / du Sohn des Allmächtigen Gottes; du hast die Schändung deines heiligen Nahmens heut anhören müssen / in dem der Wüterich dein gespottet hat. O mein Heyland / rette du selbst deines Nahmens Ehre /wie du sie an dem stolzen Sanherib gerochen / und durch einen Engel ihm in einer Nacht 185000 gotlose freche Mordbrenner erwürget hast; wie du den Spötter Pharao mit seinem frechen Heer im Schilffmeer ersäuffet hast. Unser Häufflein ist geringe / und welches noch das ärgeste / ein abergläubisches Häufflein; aber O HErr sihe uns an deine Knechte / laß unser Schwert durchdringen / und erschrecke sie mit deiner Macht / wie du die Heidnischen Könige vor Abrahams wenigen Knechten hast furchtsam gemacht / auff daß ihnen ihre Gottslästerung nicht frey ausgehe. Du HErr kanst so wol durch Wenige und Matte / als durch Viel und Frische helffen; ja ietzt schon hastu uns gezeiget, daß wann dirs gefiele / du die ganze Welt mit einem einzigen Donnerschlage ümkehren / und in das ehmalige Nichts stürzen köntest. Nun HErr unser Gott /wir deine Kinder verlassen uns auff deinen Rahmen /dann unser Schwert kan uns nicht helffen; wir trauen auff deine Barmherzigkeit / dann unsere Macht ist gegen den Feind als nichts zu rechnen; aber wann du uns deine Hülffe sendest von deinem Heiligthum / alsdann werffen wir Panier auff / dann du HErr bist unsere Zuflucht in der Noht / und der Schild unsers Heils. Deswegen unverzaget / ihr meine Glaubigen / mit Gott wollen wir Tahten thun /er wird unsere Feinde untertreten.

Nach gehaltenem Gebeht gingen sie zu Raht / wie sie es best anschlagen wolten. König Henrich meinete / man müste sich zurük setzen / ob man einen Vortel /und die alte Schanze wieder einbekommen könte / alsdañ währe man geborgen; aber Herkules hielt vors beste / weil ihre Reuter eine grosse Menge Pferde von den Feinden auffgefangen hatten / wolten sie alles Fußvolk beritten machen / alsdann könten sie noch 120000 Mann ins Feld führẽ / mit welcher Menge wol ehmahls 200000 geschlagen währen / woran doch die Feinde bey weitem nicht reichen könten / dann er wüste sicher / daß der Feinde an diesem Tage an die 80000 und mehr / erschlagen / und zur Gegenwehr undüchtig gemacht währen / welches man bey der geringen Zahl ihrer überbliebenen Reuterey leicht abnehmen könte; würde demnach nöhtig seyn / dem Volke einen Muht zumachen / und sie zuvertrösten /ihr Entsaz aus Teutschland würde gegen Abend verhanden seyn. Dieser Raht ward vor gut gehalten / und trat Herkules unter das traurige Heer / sie mit dieser Rede auffzumuntern; ihr redlichen und ritterlichen Spießgesellen / wie sehe ich euch doch so traurig / als ob ihr verschlagen oder Feldflüchtig währet / da ihr doch heute diesen Tag dem Feinde an die 100000 Mann abgeschlagen / und seine vorige und gröste Macht bey nahe gar zu Bodem gelegt habet; lieber lasset mich eure gewöhnliche Freidigkeit sehen / welche mich aller Furcht des Feindes benehmen kan. Eure Schwerter sind ja noch nicht zubrochen; eure Arme nicht Lahm oder ganz abgehauen. Zwar ich weiß wol / was euer etliche mir einwenden wollen; der Feind habe sich gestärket / und eine grosse Manschafft zum Entsaz bekommen; ja lieben Brüder /währe auch dieser nit herzugenahet / würden die übrigen uns nur ein viertel Stündichen gekostet haben. Meinet ihr aber / daß sie den Kern ihres Volks auffs lezte gesparret haben? es ist ein zusammen geraffetes Gesindle / welches durch die Menge sich selbst hindern und verderben wird. So ist ja der unsern so ein kleines Häufflein nicht / daß sie uns einschliessen und lebendig fressen könten; lasset ihrer den fünfften Teil mehr seyn als der unsern ist / stärker[776] kan ich sie nicht schätzen; woltet ihr aber vor diesem kleinen Uberschusse euch entsetzen? ich versichere euch / meine Brüder / daß ihrer fünffe gegen der unsern einen auff der Wahlstat liegen; also halte ich unser einen so gut /als ihrer fünffe / ja als ihrer achte / nunmehr; dann ihre wehrhafftesten sind gefallen / und pochen sie uns nur mit der Zahl ihrer Verzageten. Wir haben noch ein herliches Fußvolk / 50000 Mañ / und ledige Pferde zum Uberfluß / damit wollen wir uns alle beritten machen / und 120000 redliche Reuter ins Feld setzen / mit welcher Menge ich wol ehmals zweymahl so viel Völker aus dem Felde geschlagen habe / als dorten vor uns halten; und deucht euch dieses noch nicht gnug seyn / werde ich euch nunmehr offenbahren müssen / was ich bißher aus sonderbahren Ursachen gar heimlich gehalten / nehmlich / daß mein Herr Vater noch ein starkes Reuter Heer aus Teutschland verschrieben hat / davon wir schon gewisse Zeitung haben / daß sie nicht gar weit mehr von uns liegen. Wollet ihr aber leiden / ihr meine Brüder / daß dieselben uns den schönen Sieg entwenden / und sich zueignen sollen? darzu haben wir gewißlich es uns schon gar zu saur werden lassen. Ja werdet ihrs mit geduldigen Augen ansehen können / daß sie uns den reichen Raub vor der Nase hinweg nehmen / der uns Arbeit und Blut gekostet hat? Ey lasset uns in Gottes Nahmen ansetzen / und die Mordbreñer vollends auffreiben; ich versichere euch / sie werden nicht lange Fuß halten / wann sie nur sehen / daß ihr den Muht habet /euch auffs neue mit ihnẽ einzulassen. Als das Heer dẽ Trost des Entsatzes hörete / fingen sie ein starkes Feld Geschrey an / daß es in der Lufft erschallete / welches der Feind meinete geschehen seyn / weil Fürst Olaff wieder zu ihnen kam. Dann unsere Könige hatten alsbald nach dem geendigten Ungewitter Leches an den Feind geschicket / und ihm andeuten lassen / dafern sie dem gefangenen Dänischen Fürstẽ einiges Leid zufügen würden / solte es an den vier Obersten / welche sie in ihrer Hast hätten / sonderlich an Dropions Sohn ganz grausam gerochen werden / derẽ zween sie sonst gegen Fürst Olaff wolten loßgeben / wie sie es wählen würdẽ. Dropion hörete solches gerne / uñ erboht sich alsbald / Fürst Olaf gegẽ seinen Sohn uñ Pelegon der Haft zuerlassẽ. Zwar der König stund darauf / dz an Pelegons stat sein geträuer Hyppasus ausgewechselt würde; aber Dropion wendete ein /weil Olaff sein Gefangener währe / stünde es bey ihm / wz vor welche er tauschen wolte. Agis uñ Mastyes setzeten dagegen / daß ja Hyppasus dem Pelegon billich vorgezogen würde / weil er eine höhere Bedienung hätte; aber dieser antwortete / Pelegon hätte an seiner Seite gefochten; hätte der andere Flügel auch Gefangene / möchten sie die ihren auch außwechseln. Welches Mastyes nit allerdinge unbeantwortet lassen wolte / und zu ihm sagete; man wolte ja nicht hoffen /daß man die beiden unterschiedlichen Flügel ansehen wolte / als wans zwey unterschiedliche Heere währẽ /nachdem sie alle miteinander einem Könige dieneten /welcher auch billich dieser Sache den Ausschlag zugeben hätte. Dropion war nicht gewohnet / daß dieser ihm so geherzt einredete / und sagete mit höhnischen Worten; er hätte seiner Tahten noch wenig gesehen /uñ was er sich hieselbst einzumischen hätte / da er bey der Schlacht nicht eins währe zugegen gewesen? wir wollen uns hierüber nicht zweien / sagte Mastyes / aber das sollet ihr wissen / dz ich meinem Könige ja so redlich und träu diene als ihr / ob gleich meine Tahten schlecht und geringe sind / möchte auch wünschen / daß der Feldmarschalk den unzeitigen Eyfer einhalten könte. Mnata geboht ihnen beiden ein Stillschweigen / und sagte mit sonderlichem[777] Ernste / so wenig als er einen Diener haben wolte / der sich unterstünde ihm vorzuschreibẽ / so wenig könte er gedulden / daß seine vornehmste Beamten sich untereinander zweien solten. Dropion entsetzete sich nit so sehr wegen des Königes Rede / als daß Mastyes ihn dergestalt anzapffen durffte / und begunte ihm sein Gewissen zusagen es müste sein Anschlag verrahten seyn; doch ließ er seine Furcht bald fallen / und fragete Mastyes / ob er so viel Herzens hätte / wegen geführeter nachteiliger Stachelrede es mit ihm außzutragen. Ja antwortete dieser / ich wil euch zu recht stehen / wie ihrs begehret; aber nicht ehe / als nach vollendeter Schlacht / und daß unser allerseits gnädigster König Richter sey. Mnata redete ihnen nochmahl ein /sich alles Gezänks zuenthalten / als lieb ihnen seine Gnade währe; ob sie sich untereinander beissen wolten / daß der Feind sie desto leichter fressen könte? es solte dem Feldmarschalk Dropion sein Begehren eingewilliget seyn / und hoffete er seinen liebẽ geträuen Hyppasus durch Schwertes Kraft bald loß zumachen. Dropion durffte fragen / unter wessen Befehl die neuen herzu geführeten Völker seyn solten. Welches den König verdroß / und zur Antwort gab; unter wessen sonst / als unter meinem / und welche ich darüber gesetzet habe? Ich frage nicht / gnädigster König /sagte er / nachdem höchsten Häupte / welches uns allen befielet / sondern welcher Statverweser sie führen sol. Der sie auff dem Wege hat befehliget / antwortete der König / der sol sie auch an den Feind führen / gleich wie ich und Agiß an Hyppasus Stat meinen ersten Entsaz; ihr aber den Uberschuß eures Heers und zwar in meinem Nahmen. Hier merkete Dropion / daß die Karte falsch seyn muste / wolte der wegen den König weiter nit reizen / sondern sagete in ertichteter Demuht; meines Königes Wille sol mein Befehl seyn / und desto weniger Völker ich unter mir haben werde / desto weniger werde ich auch zuverantworten haben; nam damit Abscheid in solcher Verwirrung / daß ihm das Gesicht schier dunkel worden währe; aber die Verwägenheit bließ ihm bald stolzere Gedanken ein. Er ließ Fürst Olaff vor sich bringen /und sagete zu ihm; du hast dich zuerfreuen Däne / daß dieses Mittel zu deiner Erlösung verhanden ist / sonsten hättestu mir gewißlich sollen den Galgen bescheissen / doch bekomme ich dich zum andernmahle / wil ich dieser Zusage unvergessen seyn. Dem Fürsten wolte das Herz im Leibe wegen des Schimpffes bersten / und antwortete ihm; höre du unbescheider Pannonier; wann in dir eines höflichen Ritters einziger Blutstropffen währe / würdestu dich in dein Herz und Blut schämen / einem Königlichen Füsten den Galgen anzumuhten / welcher dir nie kein Leid getahn / nur daß er in einem redlichen Feldzuge seinen besten Freunden zugefallen / gegen deinen König sich ohn einige Bitterkeit hat gebrauchen lassen. Ist dir aber der Galgen bescheret / kömstu noch zeitig gnug hinan. Dropion fragete ihn / ob er auch wüste mit wem erredete; ja / antwortete er / weil du nicht der König / sondern sein Diener bist / so rede ich mit einem der viel geringer ist als ich ein gebohrner Königlicher Fürst / und Erbe eines Königreichs. Der Pannonier hätte sich gerne gerochen / aber wegen der noch nit eingelieferten Gefangenen durffte er nicht. Also nahm Olaff einen freimuhtigen Abzug / und kam gleich dazumahl vor unserm Lager an / wie das FeldGeschrey erging; klagete / was vor Hohn im begegnet währe / und vermochte die ganze Fürstliche Geselschaft / daß sie sich verpflichteten / es zurächen; Nachgehends zeigete er an / daß der Feind alles Fußvolk zu Pferde setzete / und eine Macht in die 170000 stark beyeinander hätte / welche dannoch die[778] grosse Menge ihrer erschlagenen sehr beklageten / welche sich über 70000 Mann belieffe; hätten auch den Schluß gemacht / die unsern zuumzihen / und von allen Orten her anzugreiffen. Worauff sie alsbald schlossen / auffzubrechen / und hinter sich zuweichen / damit ihnen die erschlagenen nicht am Gefechte hinderlich währen. Der Feind / da er ihren Abzug sahe /gedachte sie würden gar ausreissen / deßwegen sie mit grossem Geschrey folgetẽ; woran aber Herkules /welcher den Nachzug hatte / sich nicht kehrete / sondern immer in guter Ordnung fortrückete / biß er einen guten Raum erhielt / und sich zum Treffen fertig machete. Ihre Ordnung hielten sie / wie zuvor / und muste König Henrich mit Fabius und seinen berittenen Fußvölkern in der Mitte halten. Herkules nam zu sich lauter Teutsche und andere Völker / aber keine Böhmen / 40000 Mann; Ladisla eine gleiche Anzahl mehrenteils Böhmen / und etliche tausend Teutschen /in gleicher Anzahl; und wurdẽ König Henrich gleich so viel von den berittenen Fußvölkern gelassen. Hingegen führete König Mnata gegen Ladisla 60000 wolgeübete Reuter; Feldmarschalk Dropion gleich so viel wider Herkules / und zwar unter denen den besten Kern seiner geträuen. Mastyes aber in der Mitte 50000 gegen König Henrich. Der Feind meinete anfangs nur Schaars-weise zu streiten / und also die unsern gemählig aufzureiben / weil sie über Zuversicht dieselben stärker befunden / als sie nicht gegläubet hätten / daher sie an allen Orten 12000 / ingesamt 36000 Mann auf die unsern loßgehen liessen / denen zubegegnen die unsern anfangs bedenken trugen aber doch endlich diesen Saz wageten / und Olaff / Siegward und Fabius jeden mit 8000 wolgeübeten entgegen gehen liessen / welche auch im ersten Anfal dergestalt wirketen / daß der Feind sich der Herzhafftigkeit verwunderte; insonderheit wahr Olaff wegen des erwiesenen Schimpfs so giftig eiferig / daß er als ein blinder zufiel / und in kurzer Zeit seinen Feind drängete / daß er hinter sich weichen muste / nachdem er ihm 4000 abgeschlagen und 5000 verwundet hatte. Dropion stärkete sie mit 10000 wolgeübeter Manschafft / denen Olaff in guter Ordnung wiche / und seine Völker / deren nur 600 tod / aber 2000 wund wahren / abführete / weil Arbianes und Leches ihn mit 5000 entsetzeten; und als dieselben dem Feinde gar zu leicht fallen wolten / nam Olaff 3000 seiner vorigen Manschafft / und ging ihnen damit zu Hülffe /da er sich bezeigete / als ob er den ganzen Tag noch keinen Schwertschlag geführet hätte / daß die Feinde gedachten / er währe Herkules selbst in andern Waffen. Siegward taht auch sein bestes / aber er hatte einen hefftigen Feind / dz ihn Ladisla noch mit 1000 Mann unter Neda Anführung stärken muste / da waren sie gewachsen / und vergossen einen grossen Teil ihrer Feinde Blut / daß deren nicht 5000 ohn Wunden blieben / und 3000 gefellet wurden / da hingegen der unsern 1000 erschlagene / und 800 verwundete wahren. Als sie nun den lezten Anfal tahten / und ihren Feind gar auffzureiben die Rechnung macheten /sahen sie 12000 frische heran hauen / daher ihnen Leches mit 3400 zu Hülffe ging / daß sie diesen hefftigen Anfal zimlich auffhalten kunten. An seiner Seite schlief Fabius auch nicht / hieb und stach umb sich /daß ihm niemand nahen wolte / wie dañ seine Leute /halb Teutsche und halb Böhmen sich nicht träger erzeigeten / daß auch hieselbst der Feinde 3500 erschlagen / und 4300 verwundet wurden / die übrigen aber sich nach Entsaz umtahten / der ihnen nicht gewegert ward / dann Mastyes schikte ihnen 8000 zu hülffe /die empfangene Schlappe zurächen; aber Prinsla mit 5000 Mann trat zu Fabius / der sich[779] noch wol befand / ungeachtet er 900 eingebüsset / und gleich so viel verwundete hatte; Da gab es nun von neuen an allen dreyen Orten sehr harte Stösse / daß zwar an Feindes Seiten die meisten erschlagen und verwundet wurden /aber dannoch der unsern eine zimliche Anzahl drauff ging / und Herkules den überschlag machete / daß wann man also fortfahren solte / es ihres Orts endlich an Manschafft gebrechen würde; taht deßwegen seinem Vater und Ladisla zuwissen / es würde am rahtsamsten seyn / daß man mit der ganzen Macht föchte / vielleicht schikte sichs / daß der Feinde ein oder ander Hauffe bald in die Flucht getrieben würde /alsdann könte man in gewisser Hoffnung des Sieges streiten. Weil dann dieser Raht vor best angenommen ward / schicketen sie sich gemehlich darzu / und naheten den streitenden / die sich rechtschaffen verwickelt hatten / und keiner dem andern eines Fusses breit weichen wolte. Die Feinde sahen dieses Vornehmen /rücketen mit ihrer grossen Menge auch fort / und sprachen den ihren ein frisch Herz ein: Sie solten nur eine halbe Stunde Mühe über sich nehmen / alsdann würde kein Feindes Hund mehr übrig seyn; gingen hiemit auff die unsern / nicht anders als die Wahnsinnige und Verzweifelte / weil sie des unbewäglichen Schlusses wahren / entweder zusiegen / oder nicht ungerochen zusterben. Dropion wolte sich auch als ein geträuer Diener seines Königes äusserlich bezeigen /dem nunmehr sein verrähterisches Herz mochte beginnen etwas leid zuwerden / nach dem er aus allerhand Reden und Vornehmen des Königes merkete / sein Anschlag würde ihm fehlen / oder wol schon gar verrahten seyn; wendete sich demnach zu seinem Könige / ihm des Feindes Vorhaben selbst zuhinterbringen /und redete ihn solcher gestalt an: Wie heftig ich mich gleich heut und voriger Tage bemühet habe / Euer Königl. Hocheit Ansehen zuverfechten / und den Feinden sehen zulassen / was Pannonische Krafft und unerschrockener Muht vermag / so wil ich doch in diesem Satze eine sonderliche Bewehrung tuhn / daß mein König Mnata wol sänfftere Schmeichler und verleumderische Ohrenbläser / aber keinen geträueren Diener und Ritter in seinem ganzen Reiche / als seinen Dropion habe / der aus wolbedachtem Muhte schwöret / von diesem Platze nicht lebendig zuweichen / biß der Räuberische Hauffe dort vor uns / erleget und vertrieben ist; vor welchen Dienst ich keine andere Belohnung begehre / als daß Eure Königl. Hocheit mit voriger Gewogenheit mir gnädigst zugetahn verbleibe / und das Angeben meiner boßhafften Feinde nicht zu Herzen nehme. Mein geträuer redlicher Stathalter und Feldmarschalk / antwortete ihm der König / ich erkenne diese Ergebenheit billich / wil sie auch unvergolten nit lassen; greiffet nur die Feinde an / und machet dem Sieg einen glüklichen Anfang /welcher ohndas mehrenteils auff euer Faust und Tapfferkeit bestehet; ich wil ritterlich nachfolgen / und entweder mit euch siegen / oder Königlich sterben. Wolan / sagte Dropion / das Feld ist unser. Fiel mit dem halben Heer in die unsern als ein toller Hund /nachdem er den seinen diese Dräuung hatte hören lassen: Wer vor dem Feinde weichen würde / solte von seinem Schwerte nidergehauen werden. Er setzete aber daselbst an / wo König Henrich mit seinẽ berittenen Fußknechten hielt / welche solcher Hefftigkeit ungewohnet / sich vor diesen starken Streichen nicht zuschützen wusten / daher nicht allein ihrer etliche tausend alsbald niedergeschlagen wurden / sondern die übrigen gerieten in solche grosse Unordnung / daß unmöglich fiel / sie wieder einzurichten / uñ welches das ärgeste wahr / begunten ihrer viel schon[780] Schaarsweise die Flucht zunehmen / und nach der Seiten auszureissen. König Henrich erschrak des Unfals nicht wenig / legete zwar allen fleiß an / den Schaden zuersetzen / und taht nicht geringen Abbruch denen /die sich an ihn wagen durfften; aber er wahr von Feinden übermannet / und von seinen Leuten verlassen /daß seine Bemühung wenig schaffen kunte. Herkules sahe diesen Unfal / und wahr gleich im Anzuge / seinen lieben Vater zuentsetzen; aber König Mnata ließ ihm durch seinen geträuen Agis mit 30000 Mann vorbeugen / damit Dropion in seinem glüklichen Treffen nicht gestöret würde. Dieses glückete dem Feinde so wol / daß Herkules sein Vorhaben nicht zu Werk richten kunte / deßwegen er Siegwarden mit 8000 Mann abschickete / den Entsaz zuversuchen / kam aber zu spät / und vernam mit grosser Herzensprast / daß König Henrich in Feindes Gewalt gerahten / und unbarmherziger weise an Händen und Füssen gebunden / davon geschleppet währe; daher dann seine Völker /weil sie ohn Häupt wahren / durchaus keinen Widerstand mehr tahten / sondern teils gefangen / teils nidergeschlagen wurden / nur Fabius / der König Henrichs Statverweser wahr / behielt irgend 8000 Mann umb sich / mit welchen er dem rasenden Dropion entgegen stund / und gleich in dem wahr / als Siegward sich zu ihm nahete / daß die seinen ausreissen wolten; wurden aber durch den Entsaz gestärket / und versucheten in fester Zusammensetzung ihr bestes. Nun wahr Herkules sehr ungehalten / daß er seinem Vater nicht beispringen kunte / und sagete ihm sein Herz schon zu / daß es nicht wol umb ihn stehen würde /noch ehe ihm die leidige Zeitung kam / deßwegen er einen Reuter an Ladisla abgehen ließ / ihn gegen Dropion auffzumahnen / dessen Völker albereit den Sieg ausrieffen; dann Siegwards Entsaz ließ nach kurzer Gegenwehr sich auch die Furcht einnehmen / daß sie anfangs gar verzagt stritten / und endlich mit Fabius Hauffen sich zur Flucht schicketen / daher diese beyde Helden nebest Prinsla / Markus und Gallus den Feinden lebendig in die Hände gerieten / weil sie lieber fechtend sterben / als schändlich ausreissen wolten /wurden aber übermannet / und wider ihren Willen hinweg geschleppet. Ladisla ward dieser Niederlage gewahr / und sahe wol / daß die Trennung dieses Hauffens dem ganzen Heer schädlich seyn wolte /ging aber doch mit den seinen unerschrocken fort /ließ auch die Flüchtigen zu sich samlen / als viel möglich wahr / und machte durch seine Ankunft Dropions Völker stutzen / daß sie sich zusammen zogen /und vom würgen abliessen / welches ihr Führer ihnen als eine unverantwortliche Faulheit verwieß / sie auffs neue mit herzhaften Worten auffmunterte / und eines starken Entsatzes sie vom Könige vertröstete / daher ihr Muht wieder zunam / daß sie auff Ladisla (dem sie an der Menge weit überlegen wahrẽ) nicht anders angingen / als hätten sie noch keinen Schwertschlag geführet. Da ging es nun an ein mätschen und würgen; dann Ladisla durffte sich nicht enge zusammen zihen /daß er nicht umringet würde / darumb wurden seine Glieder geschwächet / und setzeten bald im Anfang einen grossen Teil der ihrigen zu. So verschlief Dropion seine Wolfahrt nit / sondern daß er auch diesem Feinde in kurzem den Garaus machen möchte / foderte er von seinem Könige noch 10000 zu hülffe / wel che dergestalt ansetzeten / daß auch Ladisla Völker zuweichen begunten / und würden zeitig die Flucht genommen haben / dafern nicht Olaff und Klodius mit 3000 von Herkules zu ihnen gestossen währen / welche durch ihren ritterlichen Anfal den Feind auffhielten / daß Ladisla sich wieder setzen kunte. Herkules tummelte[781] sich inzwischen weidlich mit Agis / der doch nicht recht anbeissen wolte / nachdem er befehlicht wahr / nur den Feind auffzuhalten / damit er gegen Dropion keinen Entsaz; schickẽ könte; aber sein Vorhaben wolte ihm nicht nach Willen glücken /dann Herkules schertzete nicht / sondern taht ihm so gedrange / daß er sich zurük auff seinen König zihen muste / der ihn mit 8000 stärkete / daß er zimlicher massen bestand wahr / daher Mnata mit seinen übrigen dem Dropion zu hülffe ging / der Hoffnung / an diesem Orte den völligen Sieg zu behäupten / dann hernach würde es leicht seyn / Herkules und sein Häuflein mit gesamter Macht anzugreiffen und niderzulegen. Nun müssen wir dannoch unserer elenden Gefangenen nicht gar vergessen / welche in Feindes Lager geführet wurden / woselbst man sie entwapnete / und alsbald scheidete / daß jeder absonderlich seyn /und verwahret werden muste. König Henrich empfand diesen Schimpff hefftiger als den Tod selbst / dann er ward von dreyen Pannoniern mit herben Spot angefahren / welche ihn erinnerten / er solte sich gefasset machen bald nach gehaltener Schlacht den Galgen mit seinem grauen Häupte zu zieren; und begegnete den übrigen Gefangenen keine geringere Schmach / welche sie doch / so best sie mochten / verschmerzeten /weil sie der Hoffnung lebeten / Gott würde den Sieg auff ihre Seite fallen lassen / daß sie mit andern ausgewechselt / und auff freyen Fuß gestellet würden. Ladisla / wie droben gemeldet / hatte sich gegen Dropion in etwas wieder gesetzet / so daß Gewin und Verlust in gleicher Wage hing / ja fast auff der unsern Seite ausschlagen wolte; aber Königes Mnata Ankunfft machete eine schleunige Enderung / als welcher sich bemühete / die unsern von der Seite her anzugreiffen / und ihre Ordnung zu trennen / welches ihm so wol geriet / daß er sich fast ohn Verlust hinein drang / und unter den abgematteten Böhmen eine hefftige Blutstürzung verursachete / welche Olaff gerne abgewendet hätte / oder zum wenigsten gemiltert; aber die Völker wahren gar zu erschrockẽ / und überdas mehrenteils schon verwundet / daher sie sich nach der Flucht umsahen / welche sie völlig vornahmen /als von den Feinden ausgeruffen ward / daß Herkules Hauffe erleget währe; dann hiedurch einfiel ihnen der Muht / die Fäuste sunken hin / und gedachten an keine Gegenwehr / sondern gingen bey tausenden uñ hunderten fort / als ob ihnen das lauffen angesagt /und die Gegenwehr verbohten währe. Zwar die beherzesten Teutschen hieltẽ bey ihren Häuptern Fuß / wolten auch lieber sterben / als ihre Feld Herren schändlich verlassen / weil aber ihr Häuflein gar zu geringe wahr / wurden sie übermannet und abgetriebẽ / daher ihrer viel einbüsseten / und von den Feinden erleget wurden. Ladisla wahr Zeit seines Lebens in solcher Angst nicht gewesen / auch da er unter Büttels Hand sich befand; Er sahe / daß unmöglich wahr / den Sieg solcher gestalt zubehäupten / massen er kaum 3000 Mann bey sich hatte / welche von den Feinden von allen Seiten so gar eingeschlossen wahren / daß sie sich kaum regen kunten / und mit ihrem Gewehr sich selbst beschädigten über das wahr Olaff / Klodius und Neda schon in Feindes Händen / und hielt nur Leches bey ihm / welchen er in dieser Angst also anredete: Mein Freund / es hat dem lieben Gott gefallen / die Abgötterey meiner Untertahnen durch das Pannonische Schwert heimzusuchen und abzustraffen; Ja ich selbst habe mit meinen Sünden ein solches / und noch wol ein mehres verdienet; jedoch wil ich wider meinen gnädigen GOtt nicht murren / noch meinen Muht sinken lassen / sondern fechten / als lange mir das Schwert in der Faust[782] bleibet; der barmherzige GOtt bewahre nur meinen lieben Herkules wegen seiner Frömmigkeit / daß er lebendig entrinnen möge / derselbe wird meinen Tod schon zu rächen wissen. Euer Königl. Hocheit Tod wende Gott in Gnaden ab / antwortete Leches / dessen Almacht kan uns retten / da wir keine rettung sehen; nur bemühe sich eure Hocheit / mit der Flucht davon zukommen / welches wol geschehen kan / so wil ich den Feind nach vermögen auffhalten / weil ich mein Blut in keiner Bedienung besser anzuwenden weiß; uñ vielleicht ist König Herkules schon in sicherheit / so daß er aus der Noht eine Tugend gemacht / und sein Leben auff ein besser Glük durch die Flucht erhalten hat. Aber Ladisla kunte sich hierzu durchaus nicht verstehen / sondern gab diese Antwort: Die Flucht ist zu spät / und die Schande zu nachteilig / deswegen folget mir / und lasset uns sehen / was Gottes Barmherzigkeit mit uns vor hat / ohn dessen willen kein Häärlein von unserm Häupte fallen kan. Macheten sich hiemit aus dem Gedränge / und in begleitung 800 Teutschen brachen sie durch / daß sie raum zu fechten gewonnen / und über 4000 der stärkesten Feinde niderschlugen / matteten sich aber so gar ab / daß ihnen die Arme entschlieffen / und die Schwerter aus den Fäusten fielen / dann sie hatten sich durch Arbeit in den schweren Waffen dergestalt erhitzet / daß ihnen die Zunge am Gaumen klebete / und sie wegen durstes vermeineten den Geist auffzugeben; es erkenneten aber die Feinde den Bömischen König an den Waffen / deswegen ward ihnen von Mnata und Dropion ernstlich gebohten / ihn nicht zu fellen / sondern lebendig anzunehmen / welches auch geschahe / daß er nebest Leches und 200 Reutern vom Pferde gerissen / mit Zäumen und Sattelriemen gebunden / und nach dem Lager geführet ward. Herkules wahr dieses unglüklichen falles nicht allein berichtet / sondern auch / daß sein H. Vater und andere mehr gefangen wahren / welches ihm die Seele durchschnitte / und in dieser Gefahr sich nicht zubegreiffen wuste; so hatte er keinen sonderlichen Kriegs verständigen mehr bey sich / als Arbianes / welchen zu retten er sich äusserst bemühete / und ihm deswegen ernstlich geboht / er solte straks angesichts sich mit 1000 wolberittenen durchschlagen / und nach Prag reiten / daselbst anzuordnen / daß die Stad mit nöhtiger Mañschaft und Speise versehen / und ganz Teutschland in Harnisch gebracht würde / weil vor dißmahl der Sieg vermuhtlich auff Feindes seite fallen dürffte; welchem Befehl er wieder seinẽ willen nachkam / aber doch aus sonderlicher schickung Gottes /dann es glückete ihm nicht allein / daß er von Feinden unangegriffen blieb / sondern weil sein Hauffe zimlich ansehnlich wahr / und dannoch vor flüchtig angesehen ward / hieben ihm die andere Feldfluchtige gutesteils nach / uñ folgeten seinem Huefschlage; es wahren aber mehrenteils Parther und Meden / welche er anfangs mit sich nam / welche auch redlichen Stand bey ihm gehalten hatten / daß Herkules bekennete /wann ehmahls die Parther nur halb so träulich vor ihren König gefochten hätten / würde Artaxerxes die Feldschlacht nicht erhalten haben. Nicht lange wahr Arbianes hinweg / da ging die ganze Pannonische Macht auff Herkules an / und rieffen allenthalben ihren Sieg aus / welches er vernehmend / seine Leute also anredete: Gedenket / daß ihr freygebohrne Teutschen / und nicht gewohnet seid / Bande und Ketten der Leibeigenschaft zu tragen; ist unsere Stunde verhanden / so wollen wir ehrlich sterben / und gleichwol unser Blut so teur verkäuffen / als es immer gelten kan. Seine Leute wahren willig / mit ihm in den Tod zu gehen / ungeachtet sie sich albereit sehr abgearbeitet hatten / und grossen[783] teils verwundet wahren; setzeten also 13000 stark dermassen in den Feind / daß alles was sie traffen / zu grunde gehen muste. Ihr Anfal geschahe zu gutem Glük auff König Mnata /und ob zwar die Pannonier alle Gegenwehr versucheten / ihn zu befreien / so drang dannoch sein Löuenmuht hindurch / da seine Völker die anfallenden auffhalten musten / daß er sein Schwert wieder den König recht gebrauchen kunte / auff welchen er dergestalt zuschlug / daß ihn von wenig streichen geschwand / ihn vom Pferde risse / und durch drey Teutschen ihm das Häupt entwapnen ließ / mit der bedräuung / wo er im geringsten sich wegern würde mit zu reiten / wohin man ihn führete / solte seines lebens nicht mehr seyn: sonst solte es ihm gehen wie es seine von ihm gefangene Anverwanten haben würden. Darauf schlossen ihn 200 wolberittene Teutschen zwischen sich / und nach Herkules Befehl gingen sie als Feldflüchtige des geradesten weges mit ihm nach Prag zu. Die Pannonier fingen hierauf ein starkes Geruffe an; Unser König ist gefangen / König Mnata ist gefangen; ja sie macheten sich hin zu Dropion / mit ermahnung / die versehung zu tuhn / daß eine starke Schaar nachgeschicket würde / ihn wieder loß zu machen; aber diesem wahr solche Zeitung ein gefunden Fressen / weil er hoffete seines Königes solchergestalt ohne zu werden; befahl deswegen die Feinde / so annoch gegenwärtig / anzugreiffen / und den völligen Sieg zu behäupten / alsdann solte sich ihr König schon wieder finden. Damit fielen sie als wilde Ochsen auff Herkules Leute / beklemmeten sie umb und umb / und würgeten alles vor sich weg / biß Herkules mit 5000 an einem Ende durch brach / in meinung /sich nach einer Enge zuzihen / und daselbst / als lange er lebete / Stand zu halten; aber seine Völker meineten nicht anders / als daß er die Flucht zu nehmen vorhabens währe / daher sucheten sie sich auch zu retten / und gingen zustreuet fort / was die Pferde lauffen kuntẽ. Da befahl nun Herkules sich der barmherzigkeit Gottes / und schickete sich zum gewissenrühmlichen Tode. Sein Blänke wolte ihn zwar wieder seinen willen davon tragen / hätte auch ohnzweifel sich in sicherheit bringen können / aber er wolte nicht / und muste das Pferd gezwungen umbkehren / da er selb 300 auff eine Schaar 4000 stark anfiel / und mit seiner Faust 15 manliche Ritter erlegete; die seinen spareten sich auch nicht / und weil sie den gewissen Tod vor Augen sahen / trieben sie solch Wunder / daß ihrer keiner unter fünff oder sechs Feinde niderlegete /und die übrigen vor ihnen ausweichen musten; aber ein frischer Hauffe 6000 stark überfiel sie von neuen /trieb sie enge ineinander / daß sie biß auff 40 alle auffgerieben / und die übrigen / unter welchen Herkules wahr / von den Pferden gerissen / und hinweg geschleppet wurden. Hiemit wahr der vollige Sieg in Dropions Händen / wiewol durch sehr blutige überwindung; massen der Pannonier in diesem lezten Treffen 50000 erschlagen und 16000 heftig verwundet wahren. Der unsern dagegen lagen aus dieser lezten Schlacht 4000 gestrecket / und hatten sich über die Gesunden 20000 verwundete durch die Flucht errettet / auch unterschiedliche hohe Pannonische Befehlichshaber mit sich geführet. Dropion ward von des Königes Geträuen vermahnet / den Flüchtigen nachzusetzen / ob ihr König wieder könte loßgemacht werden; aber darzu kunten sie ihn nicht bewägen / dann er gab vor / das Heer währe durch den heftigen und langwierigen Streit abgemattet / und gäbe es vorwarts unterschiedliche enge Durchzüge / woselbst die Flüchtigen ohn zweifel sich samlen / und stand halten würden. Worauff Mastyes antwortete: Je so mus dannoch mein König nicht so gar[784] verlassen seyn / solte auch alles übern hauffen gehen; ließ alsbald 12000 von seinen Leuten (denen Agiß 200 des weges erfahrne zu gab) nachhauen / welches gleichwol vergebens wahr. Das übrige Heer gesunde und verwundete 108000 stark ward durch den gewöhnlichen Pauken- und Trometenschal zusammen geruffen / und von der Nachfolge abgezogẽ. Der gefangene Herkules ward noch / ehe man ihn ins Lager brachte / vor Dropion geführet / welcher ihn bey den Waffen kennete / und im grimme ihn also anfuhr: Hastu unbendiger teutscher Hund nun dereins ausgeraset? ich wuste schon wol / daß die Pannonischen Schuzgötter nicht leiden würden / daß meines ersten Bruders Blut / und des andern Gefängnis ungerochen bliebe; darzu wird man dir vergelten / daß du meinen König hinweg geschicket hast / wiewol zu seinem besten / auff daß er das Königliche Schloß zu Prag einnehme / noch ehe ers bestürmet hat; du aber mit deinem anhange schicke dich zum standhaften Tode / und gedenke nur / daß ich die mir bewiesene Schmach mit eifern werde. Herkules sahe ihn Zeit solcher Rede mit gar freudigen Augen an / nicht anders /ob währe ihm nichts wiedriges begegnet / enderte auch wegen der Schmachrede und Dräuung seine Farbe nit im geringsten / und gab ihm diese Antwort: Dein schänden Dropion / mus ich verschmerzen / weil mein Gott wegen meiner Sünde mich dir in die Hände gegeben hat; dein König ist von mir ritterlich überwunden / und ohn einige angelegete Schmach in Sicherheit geführet / da man ihn Königlich halten wird /dann unser Zorn währet nicht länger als des Feindes Gegenwehr; deswegen wird dir obliegen / daß du gleicher weise mit mir und anderen gefangenen Königen /Fürsten und Rittern also umbgehest / wie es Kriegsgebrauch mit sich bringet / welcher noch nie keinem redlichen Sieger unbillichen Rachgier eingeblasen hat / und ob dir gleich diesesmahl das Glük die Uberwindung gegönnet / so gedenke doch nicht alsbald / daß du alles frey tuhn mögest / was dir gefält; meinestu aber durch unterschiedliche meine Siege von mir verlezt zu seyn / so nim mich vor nach Kriegs- und Rittersbrauch / alsdañ wil ich dir antworten / daß jederman meine Unschuld und Auffrichtigkeit sehen sol /nur laß nicht andere mit entgelten / wann du meinest von mir beleidiget zu seyn. Wiltu noch pochen und schnarchen / gab Dropion zur Antwort / da ich dich in meiner Gewalt habe? gab hiemit einem Kriegsknechte einen Wink / welcher hinzu trat / und den unvergleichlichen König mit der Faust ins Gesichte schlug; welcher Schimpff ihn so heftig schmerzete / daß er sich nicht enthalten kunte / ihn also anzureden: Du bist nicht wert Dropion / daß du eines Ritters Nahmen führest / weil du einen König und Ritter so schändlich halten darfst / und ich versichere dich bey meinen Ehren / daß Gottes Hand / ehe du es meinest / dich treffen wird. Er stellete sich aber / als hörete ers nicht / und redete unterdessen mit einem andern / befahl auch alsbald / man solte den Gefangenen Teutschen Hund ins Lager führen / damit ihm neben den andern seine Straffe angetahn würde. Bald darauff versamlete er alle seine verschworne / welche ihm träulich rieten / er solte Mastyes und Agiß neben anderen des Königes geträuen nicht aus dem Raht schliessen / in betrachtung / es sich leicht zutragen könte / daß sie einen solchen Auffstand macheten / in welchem ihnen allen die Hälse gebrochen würden / weil sie den mehren Teil der Völker auff ihrer Seite hätten; welcher Erinnerung er / wie wol ganz wieder seinen Willen / folgen muste / daß er ihrer sechse fodern ließ / dahingegen er der seinen achzehn bey sich hatte. Mastyes[785] und Agiß beredeten sich kürzlich / gaben etlichen vornehmen Obersten Befehl / was Zeit ihres abwesens sie mit den Häuptleuten reden / und wie sie sich auff Erinnerung ferner bezeigen solten / und gingen mit den andern fort nach der Gerichts Stat. Als sie nun bey einander wahren / fing Dropion diese hochmuhtige Rede an: Die Pannonischen Götter haben nunmehr den Spot und Hohn gerochen / welchen die Teutschen und Böhmen unserm hohen Adel durch Ubersendung eines schäbichten Hundes angelegt haben; wird demnach unter uns sich keiner finden lassen / welchem die Rache an den Urhebern nicht gefallen solte / zumahl sie von unserm lieben Könige selbst bestimmet / und zu dem Ende der Galgen schon gerichtet ist. Was ich zur Behäuptung des Sieges durch meine Faust und Anführung verrichtet / mögen diese zeugen / so es gesehen haben und die meiner Streiche empfunden; einmahl ist gewiß / daß die Teutsche und Böhmische Macht dergestalt gebrochen ist / daß sie in Ewigkeit wieder die Pañonische Beherschung sich nit auffrichten / noch deren Joch von sich abwerffen sol. Hiemit schwieg er / und erwartete der Antwort mit sonderlichem Stolze. Niemand wolte hierauff Antwort geben /weil ers von keinem foderte / biß endlich Agiß zu Mastyes sagete: Herr Stathalter und Feldmarschalk Herr Mastyes / euch gebühret die Ehre der ersten Antwort /nachdem unser aller lieber König leider nicht zugegen ist / daß seine Hocheit nach eigenem belieben Anordnung machen könte / denen wir uns alle ohn Einrede gemäß uñ untertähnigst-gehorsam bezeigen müsten. Ja mein Freund / sagte Mastyes / ich werde euch gehorsamen / wann es den versamleten Pannonischen Helden und Landesvätern also gefället. Weil dañ niemand dawieder redete / jedoch auch niemand ihn weiters daran eriñerte / fuhr er dañoch also fort: Ruhmwirdiger Feldmarschalk und Reichs-Stathalter Herr Dropion; ich habe seinen Vortrag angehöret / und gleichwol mich viel eines andern vermuhtet; massen ich der Andacht wahr / einen Rahtschlag zuvemehmen / durch was Mittel und Gelegenheit unser allerliebster König und Herr wieder erlöset / und auff freie Füsse gestellet würde / damit seine Königl. Hocheit des Sieges mit uns geniessen könte / welchen eure ritterliche Faust / wie jederman bekennet und rühmet / grossen Teils erworben hat; so suchet aber der Feldmarschalk nur bloß die Abstraffung der gefangenen Könige und Fürsten / dessen doch / meiner Meinung nach / vor unsers Königes Erlösung wir uns nicht unternehmen dürffen; dann andere Ursachen zugeschweigen / wird ja ein jeder vernünfftiger Mensch es greiffen und fühlen / daß unser lieber König ohn allen Zweifel durch den allerschändligsten Tod hingerichtet werdẽ müste /sobald des Böhmischẽ und der beiden Teutschen Könige Gemahle ihrer Gemahlen Tod vernehmen solten; ja die erschrekliche Pein / die man seiner Königl. Hocheit würde anlegen / würde nit außzusprechẽ seyn. Ist demnach / meine auffrichtige Meinung anzuzeigen / diß mein Raht / daß man die Gefangenen nicht allein der schnöden Bande erlasse / sondern ihnen auch als Königen uñ Fürsten gütlich tuhe / biß auff unsers allergnädigsten Herrn und Königes glükliche Wiederkunfft; alsdann wird dessen Hocheit schon weiter ordnen und befehlen / was geschehen sol. Zwar der Herr Feldmarschalk wendet ein / es habe unser König den Galgen schon bauen lassen; aber wer weiß / ob er annoch der Meinung ist? Ja wer weiß nit / daß die Stricke / damit man unsere Gefangenen henken würde / unsers lieben Königes Kehle zugleich zudrücken und das Genicke brechen würden? Was hätten wir aber alsdann erstritten / als[786] unsers Königes Tod und Verderben? welches abzuwenden / wir alle schuldig /und Krafft unsers geleisteten äides gehalten sind /unser Gut / Blut / Ehr und Leben auffzuopffern. Ey freilich / antwortete Dropion; gerade als wann Mastyes nur allein vor den König Sorge trüge; daß ich aber seiner Königl. Hocheit biß daher keine Erwähnung getahn / und was zu seiner heilsamen Rettung dienlich seyn kan / wie man mich deßwegen schon verleumdẽ wil / sondern von den gefangenen Hunden den Anfang gemacht / ist nicht aus Vergessenheit / viel weniger aus Nachlässigkeit oder Verachtung geschehẽ / sondern man muß durch ernstliche Abstraffung der Gefangenen / die hinterbliebenen verzageten Weiber schrecken / dz sie ihres eigenẽ Lebens desto mehr fürchtẽ / uñ solches zuerhaltẽ / unserm Könige so viel grössere Ehre erzeigen. Meiner redlichen Vorsorge vor unsern König / sagte Mastyes / bin ich mir am besten bewust / welche so wenig als die eure / Herr Dropion / sol in zweiffel gezogen werden; nur befremdet mich nit wenig daß ihr mein Vorbringen so höhnisch halten dürffet / ehe und bevor die anderen Herren und Häupter ihre Meinung angezeiget haben. Und was bedeutet es / daß man bey dieser allerhochwichtigsten Rahtschlagung nur etliche / und nicht alle vornehme Häupter des Pañonischen Heers hat haben wollen? dürfften auch die außgeschlossene / deren eine grosse Menge ist / sich dessen über uns beschwehren / uñ uns wol gar die Hälse brechen? doch stelle ich solches zu eurer Verantwortung / weil ihr mich und Herrn Agiß / nicht als die mit euch einerley Amt bedienen /sondern nur als gemeine Obersten habt in eure schon angestellete Versamlung fodern lassen. Ich setze aber auch dieses aus / und erinnere euch Herr Dropion /daß wir beide nicht hier sind / mit einander zuzanken / oder allein zuschliessen / sondern andere Stimmen auch anzuhöhren / daher ich auff eure jezt eingeführete Ursachen kein Wort antworten wil. Dropion muste sich vor diesen Mann nunmehr fürchten / weil sein Anhang der gröste wahr / sonst würde er ohn Urtel und Recht ihm alsbald das Leben genommen haben. Doch seinen Hochmuht zuerzeigen / gab er ihm zur Antwort; was hat Mastyes mich zurechtfärtigen / oder mir vorzuschreiben / wie viel / und was vor Obersten ich zu mir fodern sol? und bildet er sich ein / daß er mit mir in gleicher Hocheit sitze? Ich bin ja der Oberstathalter / und habe in des Königes abwesen zu ordnen und gebieten.

Das gestehe euch einander / und ich nicht / fiel ihm Mastyes in die Rede / es währe dann / dz ihr euch gar vor unsern König auffwerffen woltet; dann ihr wisset wol / daß in des Königes Abwesenheit / nicht einer allein / sondern der ganze Raht ordnen und befehlen muß / es sey dann dz der König es ausdrüklich anders haben wolte. Doch wir wollen alles hieselbst als unter der Rose angehöret haben / sonsten / da zu der abgeschlossenen Obersten Wissenschaft es gelangen würde / daß Herr Dropion ihm die Gewalt anmassete sie nach belieben auß dem Kriegsraht zuschliessen /dürffte wenig gutes daher entstehen. Dropion saß und knirrete mit den Zähnen / und wann Mastyes und Agiß nit ihre gewapneten Diener in der nähe gehabt hätten / würde er gefährliche Dinge vorgenommen haben / wahr auch bereit / Mastyes zuantworten / aber Agiß kam ihm zuvor / und sagete: Ihr Herren / was sol das bedeuten / daß ihr euch zweiet / und habt dessen keine Ursach? lasset uns über des Herrn Feldmarschalks Herrn Dropions Vortrag unsere Stimmen geben / und zugleich bereden / wie unserm lieben Könige möge gerahten werden. Ausser allem Zweifel bestehet seiner Königl. Hocheit Leben und Heil auff dem / was der Feldmarschalk Herr Mastyes geträulich angezeiget[787] hat / und durch des Feldmarschalks Herrn Dropions Gegenwurff nicht umgestossen ist; dann wer weiß nicht / was vor einẽ Heldenmuht Königin Vallfka träget / welche ihres Gemahls Herkules / und ihres Bruders Ladisla der beiden Könige Tod / an unserm Könige zum allergrimmigsten rächen würde / ob sie gleich ihr äusserstes Verderben solte vor Augen sehen. Es ist der Friesische König Baldrich / Herkules Bruder bey ihr / wo nicht schon nach Teutschland und Frießland / uns ehistes ein neues Heer über den Hals zuführen / und wir demnach keines Weges gedenken dürffen / als sey mit dieser Schlacht der ganze Krieg zum Ende gerichtet; O nein; haben wir noch gute Manschaft bey uns und im Lande / werden wir derselben wol bedürffen / und möchte ich vor mein Häupt wol wünschen / wir hättẽ unsern lieben König loß /und mit den Feinden eine ehrliche Rachtung / welches beides ich zuerlangen hoffe. Vor dißmahl ist mein geträuer Raht / man nehme vor allen Dingen unsers Königes Erlösung vor / welcher nachgehends die Bestraffung der ansehnlichen Gefangenen nach seinem Willen anzustellen hat / und wil dieser Versamlung zur Nachricht so viel sagen / daß ich versichert weiß /daß unser König durchaus nicht willens ist / die Gefangenen henken zulassen; und erfahret ihr ein widrigen / so wil ich mich selbst lassen auffknüpffen. Die andern Obristen / welche dem Könige geträu wahren /stimmetẽ hiemit gänzlich ein; aber Dropions Anhang wolte nicht einwilligen / wanten einhellig vor / man müste gleichwol dem Feldmarschalk und OberStathalter nit so gar zugegen streben / als welcher durch seine Vorsichtigkeit und unüberwindliche Stärke den Sieg erstritten / die Feindes-Häupter gefangen / und hiedurch die Pannonische Herschafft den Teutschen und Böhmen auffgebürdet hätte / wovor ihr König ihm die Böhmische Kron nicht mißgönnen / viel weniger versagen würde; Was Agis von einem neuen feindlichen Heer vorbrächte / währe eine vergebliche Furcht / und hätte mit ihrem Könige es keine Gefahr; aber dagegẽ müste der Schimpff ohn Verzug gerochen werden / damit man das Pannonische Volk beleget hätte. Weil dann diese Meinung mit den meisten Stimmen bekräfftiget ward / schloß Dropion / es solte alsbald ein neuer Galgen auffgerichtet / und alle gefangene Könige / Fürsten und Häupter daran geknüpffet werden. Die Geträuen des Königes ingesamt wurden darüber bestürzet / bahten und fleheten / man möchte der Sache einen geringen Anstand geben / bedingeten sich daneben auffs allerbeste / wann ihrem Könige daher einige Gefahr zustehen solte / und führeten jenen zu Gemüht / wie schwer solches vor dem Pannonischen Reiche würde zuverantworten seyn. Aber dieses alles verfing durchaus nichts bey Dropion / weil er bloß nur Gelegenheit suchete / daß sein König umgebracht würde / dan er zweifelte nicht / die Kron müste ihm nach dessen Tode auffgesetzet werden; gab demnach auff jezterwähnete der Reichsgeträuen Bedingung diese Antwort: Ohn Zweifel sind etliche unter euch / die wegen Hoffnung einer grossen Vergeltung sich bemühen dürfften / den Gefangenen unsern geschwornen Feinden das Leben zuretten / wo nicht / ihnen das Vaterland wol gar zuverrahten; rahte also einem jeden / daß er / solchen Verdacht zumeiden / sich alles ferneren Einredens enthalte wo er sonst von mir nicht wil als ein Feind und Verrähter des Vaterlandes abgestraffet seyn. Zwar ich dürffte nunmehr auff die Gedanken gerahten / das gestrige mir eingehändigte Warnungs-Schreiben müsse nicht allerdinge gerichtet seyn / in welchem mein König und ich erinnert werden / uns wol vorzusehen / daß nit[788] durch fremde Gelder unsere Häupter verkaufft und verrahten werden. Die Königs Geträuen antworteten unerschrocken / sie wüsten sich aller Verrähterey ganz frey und unschuldig / wolten doch diese Beschuldigung keines weges auff sich ersitzen lassen / sondern zu seiner Zeit anzuhalten wissen / daß der Feldmarschalk öffentlich darlegete / von was Leuten er solche Schreiben hätte / und aus was Gründen er sie so erschreklicher Verrähterey zeihen dürffte. Ja / gab Dropion zur Antwort / es sol freilich ein solches zu seiner Zeit von mir nit verseumet werden / biß dahin ein jeder sich wird gedulden können / weil ichs selbst so lange verschmerzen muß. Befahl darauff einem Obersten / die Anordnung zutuhn / daß auffs allerschleunigste der Galgen auffgerichtet / und die Gefangenen herzu geführet würden; welches dann des Königes Geträue vor dißmahl musten geschehen lassen. Agis hatte im Treffen eine geringe Wunde an den linken Arm bekommen / stellete sich / als schmerzete ihm dieselbe seht / und befahl seiner Diener einem / hin nach dem Lager zureiten / und seinen Arzt zu hohlen /daß er ihm den Schaden besichtigte. Dieses wahr mit dem Diener also angelegt / wuste wol was es bedeutete / und ritte schleunig fort nach den Obersten / mit welchen Mastyes und Agis Abrede geno en hatten; Dieselben nun hatten eine grosse Anzahl Häuptleute und Unterhäuptleute versamlet / und ihnen vorgetragen / es liesse sich ansehen / als ginge Feldmarschalk Dropion mit sehr gefährlichen Dingen schwanger / die zu ihres Königes Untergang gereicheten / hoffeten demnach gänzlich / es würde das gesamte Heer ihres liebẽ Königes Wolfahrt ihnen lassen angelegen seyn /und auff allen fal dem Feldmarschalk einreden / insonderheit / wann derselbe etwa vornehmen wolte /die Gefangenen tödten zulassen / weil ungezweifelt solches an ihrem lieben Könige grausamlich würde gerochen werden. Diese erkläreten sich alsbald / Leib und Leben vor ihres Königes Wolfahrt anzuwenden /und solches / wie es immermehr könte und möchte erfodert werden; es gäbe ihnen schon nicht geringen Verdacht / daß man umb des Königes Rettung so gar unbemühet währe. Die Obristen / deren 12 an der Zahl wahren / bedanketen sich der Träue / welche ihr König unvergolten nicht lassen würde / nahmen auch 40 Häuptleute und 30 Unter Häuptleute neben 1000 Reutern zu sich / und erwarteten getrost / was man ihnen zuentbieten würde. Zeit wehrender Auffrichtung des Galgen zeigete Mastyes in seiner Gesellen Nahmen den andern an / sie währen alle sechse gewilliget / mit ihrem Gerichte durchaus nichts zuschaffẽ zuhaben / damit sie deswegen ihrem Könige oder dem Heer nicht dürfften Rede und Antwort geben / dessen zur Bezeigung sie auch begehreten / daß ihnen erläubet währe / einen absonderlichen Siz von ihnen zunehmen / oder gar davon nach dem Lager zureiten. Dropion antwortete ihm gar trotzig / sie möchten sich nach gefallen setzen wo sie wolten / aber nach dem Lager zureiten / solte ihnen verbohten seyn. Sie verschmerzeten dieses geduldig / und hoffeten / es solte noch anders ergehen / als dieser ihm eingebildet hatte / weil sie auff der 12 Obersten Redligkeit sich verliessen. Inzwischen lagen unsere Helden jedweder in einer schlechten Reuter Hütten absonderlich gebunden auff blosser Erde / und ward ihnen weder Brod noch Wasser gegeben / auch nicht eins nachgefraget /ob sie verbunden währen. Herkules überlegete bald in seinem Siñe / wie Dropion mit ihnen verfahren würde / hatte doch nicht desto weniger das Vertrauen zu Gott / er würde mit seiner Errettung auch daselbst erscheinen / wo menschliche Hülffe aus und verlohren wahr / und verlangete ihn nicht wenig /[789] mit seinẽ Mitgefangenen zureden / uñ seinen geträuen Raht ihnẽ mitzuteilẽ. Als er mit diesen Gedanken umging / trat ein Pannonier zu ihm in die Hütte / und deutete ihm in Dropions Nahmen an / er solte sich zum wolverdienten Tode gefasset machen / und mit den übrigen Gefangenen sich vor Gericht stellen / umb zuvernehmen / was man ihm wolte. Welches er kurz beantwortete: Sein Leben und Tod stünde bloß in Gottes / und keines Menschen Händen; was derselbe über ihn beschlossen hätte / wolte er gerne und willig angehen /auch ungewegert sich in seiner Unschuld vor Gericht einstellen / umb zuvernehmen / was Dropion sich über ihn als einen König zubeschweren hätte. Ging also in seinen Banden unwegerlich fort / und sahe die übrigen Gefangenen in gleicher gestalt daher zihen; welcher elende Blik an Ladisla und seinem Vater /ihm die Trähnen aus den Augen trieb / fassete doch ein Herz / und redete sie also an: Herzlieber Herr Vater / auch Bruder Ladisla / und sämtliche allerliebesten Freunde; Ich bitte höchlich / wollet über unsern frommen GOtt nicht ungeduldig werden / daß er uns in diese Noht wegen unser Sünde hat wollen fallen lassen; eben seine Hand / die uns gedemühtiget hat / kan uns hinwiederumb erheben / und wol ehe /als wir gläuben oder gedenken. Vorerst zeige ich euch an / daß König Mnata von mir gefangen / und nach Prag geschicket ist. Vors ander bitte ich / ihr wollet mir gönnen / das Wort vor Gerichte zuführen. Gut mein herzallerliebster Sohn / antwortete sein Vater /das erste gibt mir einen Trost das andere ist mir sehr lieb und angenehm / und zweifele nicht / mein Sohn König Ladisla werde gerne einwilligen. Warumb nicht / antwortete dieser; nur daß mir Freiheit bleibet /mich zuverantworten / da ich solte an meinen Königlichen Ehren gekränket werden. Wir müssen geduldig seyn / sagte Herkules / und nicht alles hören / viel weniger verantworten / biß GOtt Besserung giebet. Sie gingen mit gebundenen Händen auff den Rücken freudig fort / biß sie bey dem Gerüste ankahmen / auff welches Dropion mit seinen Verschwornen sich in grossem Pracht gesetzet hatten; Und da die unsern in der Reihe vorgestellet waren / redete nicht Dropion /sondern Pyrechmes / der ihm am nähesten saß / trug dieses vor: Es erinnert sich der gevolmächtigte Pannonische Königliche Statverweser / der unüberwindliche Held / Herr Dropion / bestätigter König in Böhmẽ /añoch sehr wol / was gestalt seinem Könige / ihm /und dem unvergleichlichen ganzen Pannonischen Adel von euch Teutschen und Bömischen Hunden (o du Hund sagte hierauff Ladisla) durch übersendung eines eures gleichen schäbichten Hundes / und andere schmähungen ist geschändet worden / welches sein Heldenmuht ungerochẽ nicht hingehen lassen kan; lässet demnach durch mich seinen verbundenen euch ingesamt und ohn unterscheid anmelden / daß ihr die wolverdienete Straffe jezt diese Stunde von Henkers Hand annehmen / und mit dem Strange an diesem auffgerichteten Galgen vom Leben zum Tode sollet gebracht werden; da dann der Zäuberer und seiner Brüder Mörder Herkules oben an / nähest ihm Ladisla der verlauffene Böhme / und drittens der alte Henrich hangen sol. Alsbald brach Dropion mit freudigen Augen den weissen Stab entzwey / welchen er in der Hand hielt / und befahl ein ander den anwesenden Henkern / ihr Ampt und gebühr ohn auffschueb zuverrichten. Die Gefangenen stelleten sich unerschrocken / und fing Herkules also an: Ich kan mich nicht gnug verwundern über dieses unbesonnene vornehmen / daß ihr uns so schändlich hinrichten wollet / da euer König in der unsern Gewalt[790] ist. Er wolte weiter fortfahren / aber Pyrechmes hies ihn mit ungestüm schweigen / oder es solte ihm alsbald die Zunge aus dem Halse gerissen werden. Woldann / sagete Herkules / so wil ich schweigen / und begehre nur vor mich und meine mitgefangenen ein Viertelstündichen frist /daß uns gegönnet werde / alhier unser Gebeht zu unserm Gott zu verrichten / damit er unser Seele möge gnädig seyn. Aber ihnen kunte so lange Zeit nicht zu gelassen werden / sondern Pelegon sagete: Es hätte kein Gott mit ihrer Seele etwas zuschaffen / weil sie alle alten Götter verleugnet und einen erhenketen angenommen hätten; könte derselbe nun seines gleichen retten / würde man zuvernehmen haben. Uber welche Gotteslästerung die unsern ihre Augen gen Himmel richteten / und sagte Herkules über laut: O mein JEsus / rette deine Ehre / und biß uns deinen Dienern gnädig. Ja / sagte Pyrechmes / mit einem hönischen Gelächter; er wird schier kommen und deinen Königlichen Sitz / den Galgen meine ich / zuschmettern /oder uns an deine stelle hinan bringen. Bey Gott ist kein ding unmöglich / antwortete Herkules. Dieser aber befahl dem Henker / alsbald sein Amt zu volstrecken; welcher auch Herkules angriff und zu ihm sagete: Kom mit mir / du sihest ja / daß kein Gott vom Himmel komt / dich zu retten. Ja / antwortete er /ich ergebe mich in meines allergütigsten Gottes willen / und ging mit ihm hin. Als er nun sein Gebeht auff dem kurzen Wege verrichtete / und schon mit dem Henker mitten auff der Leiter stund / ranten die 12 Obersten mit ihren Häuptleuten und Reutern spornstreichs herzu / und weil sie sahen / daß Herkules schon auff der Leiter wahr / ritte einer hinzu / und geboht dem Henker / er solte mit dem verurteileten herunter steigen oder alsbald erwürget werden. Herkules wahr in voller Andacht des Gebehts / daß er der herzunahung dieser Reuter nicht eins wahr genommen hatte / sprach auch eben die lezte Bitte des heiligen Vater unser (sondern erlöse uns vom übel) als er diesen Obersten ruffen hörete. Der Henker hätte sein Amt gerne verrichtet / aber die Todesfurcht schreckete ihn ab / daß er gehorchete / und mit Herkules herunter stieg. Nun hatten unsere Helden sich des lebens schon erwogen / stunden und ermahneten sich untereinander zur glaubens beständigkeit; welches Leches mit solchen herzerfreulichen Worten verrichtete / daß sie alle sich darüber verwunderten; aber die Zukunft dieser Reuterschaar / und daß der Henker mit solchem ernst und eifer befehlichet ward / gab ihnẽ gute Hoffnung /Gott würde sich über sie erbarmen / und seine Almacht und Güte an ihnen sehen lassen. Dropion / als er das Verbot hörete / gehuhb sich nicht anders als wolte er von Sinnen ko en / dräuete auch dem Obersten / es solte ihm socher Frevel den Hals kosten; welcher aber sich daran nicht kehrete / weil ein ander von seiner Geselschaft diese Rede hielt. Ihr Herren Feldmarschalke / Herr Dropion / Herr Mastyes und Herr Agiß; vernehmet meine Worte / die ich euch nicht vor mich / sondern aus geheiß und befehl des unüberwindlichen Pannonischen Heers vortrage: Es verwundern sich alle Obersten und Häuptleute / ja alle Kriegsknechte / hoch und nidrig / daß man hieselbst in so geringer Anzahl ein Gerichte über gefangene Könige und Fürsten häget / sie an den lichten Galgen auffzuknüpfen / nicht anders / als gehörete niemand mehr in dieses Kriegsrecht / als sie wenige. Noch mehr aber befremdet sie unter höchster bestürzung / daß man durch hinrichtung dieser gefangenen unsern auch gefangenen König an den Galgen bringen wil; möget euch deswegen / ihr Herren / wol vor glükselig schätzen / daß wir noch zu rechter Zeit alhier angelanget sind / dieses euer Vorhaben[791] zu hindern; massen / solte es volstrecket / und unser lieber König dadurch in Lebensgefahr gestürzet wordẽ seyn / müstet ihr alle solches mit dem Halse unter der grausamsten Peinigung bezahlen. Welchem allem nach / im Nahmen und von wegen des ganzen Pannonischen Heers ich euch samt und sonders ansage / daß ihr mit der Verurteilung und hinrichtung dieser Gefangenen inne haltet / so lieb euch des Heeres Gunst und Freundschaft / ja so lieb euch euer Leib und Leben ist. Ihr aber Herr Feldmarschalk Mastyes / werdet Kraft dieses / von euren Völkern / Häuptleuten und Obersten gefodert / vor ihnen zuerscheinen / und hören zu lassen / wie ihr dieses getrauet zu behäupten / dz ihr alle eure hohen Befehlichshaber samt den Obersten ausschlisset / und euch allein hieselbst finden lasset / da Herr Dropion die seinen nicht vorbey gangen ist /auch Herr Agiß ja noch etliche von den seinen mit sich genommen. Ich bin bereit und willig / sagte Mastyes / vor mein Heer mich zu stellen / und ihnen meine Unschuld darzulegen; inzwischen ihr redlichen Brüder hoch und niedrig / euch sage ich von herzen dank / bevorab unsern Göttern / dz ihr zu glüklicher Stunde hieselbst erschienen seid / unsers allerliebsten Königes Leben vom abscheuhlichsten Tode zuerretten / welcher ihm auf dieser hohen gefangenen erhenkung ungezweifelt würde zu teil worden seyn. Ich / wie gesagt / wil mich bey dem Heer anfinden / weil mirs nunmehr frey stehet / und werdet ihr inzwischen die Gefangenen Herren / welche weder Diebe noch Mörder sind / in euren Schuz nehmen / damit sie vor aller gefahr sicher bleiben. Die unsern kehreten sich an nichts / fielen plat nider auff die Erde / und rieffen Gott inbrünstig an / daß er seines heiligen Nahmens Ehre retten / ihnen weitere hülffe erzeigen / und dem schändlichen Hochmuht ihrer Feinde steuren und wehren wolte. Es trat aber einer von den 12 Obersten zu ihnen hin / und redete sie also an: Ihr gefangene Könige / Fürsten und Herren / stehet auff von der Erde / und ergebet euch unter den Schuz des Pannonischen Kriegsheers / biß auff weitere anordnung unsers allergnädigsten Königes. Sie richteten sich alsbald auff / und gab ihm Herkules diese Antwort; Tapferer Ritter und Freud; ihr und eure Gesellen handelt redlich bey eurem Könige / in dem ihr uns diesem schändlichen ganz unverdieneten Tode entreisset. Ich gestehe es daß ich euren König gefangen genommen; aber ich habe ihn in ehrliche Haft geschicket / und meinen Leuten befohlen / ihn Königlich zu halten /und dafern solches nicht geschihet / sehet da / so wollen wir alle miteinander den Tod darumb leiden; hingegen versichert euch auch dessen / daß wann diese Urtel an uns solte volstrecket worden seyn / würde euer König durch die aller grausamste Straffe hingerichtet werden / welches ohnzweifel alle dieselben ihm gönnen / welche uns verurteilet haben. Dropion durfte annoch seinen Dienern befehlen / sie solten die Gefangenen nidermachen / aber der Obersten einer warnete ihn / er solte ja zusehen was er tähte / das ganze Heer würde sich von ihm nicht verachten lassen; befahl auch alsbald 300 Reutern / welche sie zwischen sich nehmen musten. Als Mastyes wieder von dem Heer kam / ward er von einer grossen menge Obersten und Häuptleuten begleitet / und hielt er diese Rede an Dropion: Herr Feldmarschalk; es ist des ganzen Königlichen Heers ernstlicher Wille und unwiederruflicher Schluß / daß die gefangenen Könige / Fürsten und Herren / weder mit Schmähworten noch anderer Ungebühr sollen beleget / sondern von ihren Ketten und Banden erlediget / und in guter verwahrung behalten werden / biß unser allergnådigster König selbst anordnung machen wird / wie ers mit ihnen[792] wolle gehalten haben; dann nicht euch und euren Beysitzern / sondern unserm großmächtigsten Könige allein stehet zu / gefangene Könige zuverurteilen. So werdet ihrs auch zu verantworten haben /daß ihr eurem Pyrechmes gönnet / euch vor einen bestätigten König in Böhmen auszuruffen / dessen ihr ja von unserm Könige nicht die allergeringste einwilligung habet; sonsten sol euch eure Wirde und Marschalksamt über eure Völker völlig bleiben / aber an meinem Orte werde ich euch keines befehlens gestehen / wie auch Herr Agiß an Herrn Hyppasus stelle den Königlichen ersten Entsaz als ein Feldmarschalk führen wird / wornach ihr euch zu richten habet. Dropion erschrak des Vorbringens nicht wenig / und gab zur Antwort; es sol dir dein Vornehmen nicht gelingen Mastyes / daß du umb Geld und Gaben träulos werden / und die Verbrechere / welche Pannonische Ehr auffs höchste geschändet haben / der billichen Straffe entzihen wilt; unser König hat keine Gefahr /und wil ich mich dem ganzen Heer verbürgen / dz wegen dieses Gerichtes seiner Hocheit nichts arges zustossen sol. Ihr verleumdet mich ohn Ursach / Herr Dropion / sagte Mastyes; ich gedenke meinem Könige nimmermehr unträue zubeweisen / vielweniger die dem Pannonischen Nahmen angefügete Schande ungerochen zu lassen / nur allein gefället es dem Heer daß die Verbrecher biß auff unsers Königes wiederkunft hingesetzet werden / dann seiner Königl. Hocheit / sage ich nochmahl / stehet allein zu / Königen und Fürsten die Endurtel zu sprechen; überdas sihet ja kein Mensch / woher ihr wissen möget / daß unserm lieben Könige dieser Gefangenen schändlicher Tod nicht solte schädlich seyn / welches der geringste Landsknecht besser verstehet. Dropion wolte hieselbst die mitgebrachten Völker zu rede stellen / warumb sie sich wieder ihn zum Auffruhr erwecken liessen / welches ihnen schier heut oder Morgen übel bekommen würde. Aber ein Oberster warnete ihn / er solte wol bedenken was er redete; ob sie Auffrührer währen / oder dieses eine Auffruhr könte genennet werden / wañ man bemühet währe des KönigesLeben zuerhalten. Es währe wegen befahrung eines neuẽ feindlichen Anfalles nicht Zeit / daß er Trennung unter dem Pannonischen Heer machen wolte; Sie stünden alle vor einen Mann / und wolten / so bald ihr König würde frey seyn / schon wissen / wie sie ihre Redligkeit vertreten solten. Endlich als Dropion sahe / daß er seinen Willen brechen müste / gab er zur Antwort: Des ganzen Heers Wille müste ihm endlich gefallen / nur hoffete er nicht / daß man mit seiner höchsten Beschimpffung ihm seine Gefangenen entzihen /und einem andern dieselben untergeben wolte. Aber Mastyes antwortete: Es sind mit nichten eure / sondern unsers Königes Gefangene / und weil ihr ihnẽ nach dem Leben stehet / ist des ganzen Heers Schluß /daß sie Herrn Agiß / als Statverweser bey dem Königlichen ersten Entsaz sollen zum Schuz untergeben werden. So müssen sie gleichwol ihre Ketten und Bande billich tragen / sagte Dropion / damit sie es nicht besser als unser König haben. Der Oberste / so die unsern in Schuz genommen hatte / antwortete: Der junge Teutsche König hat sein Leben davor verpfändet / daß unser König nicht unter Kettenliege / sondern auff seinen ausdrüklichen Befehl Königlich gehalten werde. Wolan / sagte Mastyes / so kan des algemeinen Heeres Schluß keines weges gebrochen werden / sondern sie müssen ohngebunden von Agiß verwahret / und redlich geschützet werden. Ich nehme diesen Befehl des Pannonischen Heers gehorsamlich über mich / antwortete Agis / und wil die Gefangenen also halten / daß ich mich stets erinnere / sie seyn unsers[793] Königes und des Pannonischen Reichs Feinde; ritte hin zu den 300 Reutern / welche mit ihnen absonderlich im freien Felde hielten / und gab 6 Obersten und 20 Hauptleuten ernstlichen Befehl / sie ingesamt mit sich in ein grosses gemeines Zelt zuführen /und keinen lebendigen Menschen / wer der auch seyn möchte / zu ihnen zulassen. Als diese hinweg geführet wahren / trat Dropion mit seinem Anhange zusammen / und befrageten sich / was hier zu tuhn seyn würde. Er hatte kaum noch 30000 Mann von seinem ersten Heer / wuste auch wol / daß nicht 3000 unter denselben es mit ihm gegen das Königliche Heer halten würden / daher begab er sich aller Gewalttähtigkeit /und war auff List und Betrug bedacht / wie er zum wenigsten Herkules und Ladisla ermorden lassen /und Mastyes bey dem Heer in Verdacht einer Verrähterey bringen möchte. Pyrechmes aber / Pelegon /und sein Sohn Bato wiederrichten ihm das lezte träulich / und sageten: Sie hätten den Göttern zudanken /daß sie noch bey ihrer habenden Gewalt gelassen würden / und sähen vor Augen / daß sie noch zur Zeit Mastyes nicht heben könten; müsten demnach aus der Noht eine Tugend machen / und diesen Schimpff über sich gehen lassen; ob man aber den beyden Hunden (Herkules und Ladisla) den Lebens Fadem brechen könte / hätte man zuversuchen; wiewol es nicht ohn ihre selbst eigene Lebensgefahr würde geschehen können. Herkules fürchtete sich sehr vor solchen Meuchelmord / deßwegen redete er ihrer Wachte freundlich zu / mit Bitte / bey Herrn Agiß anzuhalten / daß ihnen vor heimlichen Mördern möchte schuz geleistet werden / bekam aber zur Antwort: Sie hätten sich dessen nicht zubefahren / weil sie eben der Ursach halben in solcher Anzahl bey ihnen wachen müsten. Es wurden ihnen geringe Speisen und ein Trunk Wasser zur Labung gegeben / womit sie doch zufrieden wahren / weil ihrer keiner verwundet wahr / ohn allein Klodius und Gallus / welche Herkules mit seiner WundSalbe selbst verbunde. Nach gehaltener kurzen Mahlzeit fingen sie ihr andächtiges Gebeht an zu Gott / danketen ihm herzlich vor seine schon geleistete wunderbahre Hülffe / und bahten mit Trähnen / er wolte seine Barmherzigkeit ferner groß über sie machen / und den Spöttern seiner Almacht zuerkennen geben / wie leicht es ihm währe / die Elenden zuerheben / und die Gewaltigen vom Stuel zustossen. Sie wahren aber in ihrer Seele so wolgemuht / daß sie mit einander den 91 Psalm des Königes Davids anstimmeten / welcher also lautete:


1

Wer in des Höchsten Schirm gehört /

Und hat sein Zelt geschlagen

Im Schatten des der mächtig fährt /

Darff frey zum HErren sagen;

O du mein Schloß / O du mein Gott

Und fester Schuz in aller Noht /

Mein ganzes wolbehagen.


2

Dann er macht meine Füsse frey

Vom Jäger-Netz und Stricke /

Und treibt die Pestilentz vorbey

Daß sie dich nicht berücke /

Die sonsten leichtlich schaden tuht /

Drum nimt er dich in seine Huht /

Auff daß er dich erquicke.


3

Mit seinen Flügeln wil er dich

Als eine Henne decken /

Sein wahres Wort sol festiglich

Dir Schirm und Schild darstrecken /

Das dich des Nachtes Grausamkeit

Und Tages-Pfeil zu keiner Zeit

Mag treffen noch erschrecken.


4

Vor Peste soltu sicher seyn /

Die sich im finstern reget /

Dazu von aller Seuche rein

Die bey Mittage schläget /

Und griffe sie gleich tausend Mann

Und noch zehn tausend ander' an /

Bleibstu doch unbewäget.


[794] 5

Ja du wirst deine Freud und Lust

Mit deinen Augen sehen /

Wie über aller Sünden Wust

Die schweren Straffen gehen /

Dann Gott ist deine Hülff' und Schuz /

Und der im Himmel wohnt / dein Truz /

Drum muß dir wol geschehen.


6

Vor Unglük bistu gnug befreit /

Kein Leid wird dich belegen /

Weil seinen Engeln er gebeut

Daß sie auff deinen Wegen

Dich schützen / so daß auch dein Fuß

An keinen Stein sich stossen muß /

So werden sie dein pflegen.


7

Du wirst die Schlangen ohn Gefahr

Ertreten sampt den Löuen /

Der jungen Löuen wilde Schaar

Und Drachen gar nicht scheuhen /

Dann weil er meiner so begehrt /

Wil ich ihn wieder unbeschwert

Mit meiner Hülff erfreuen.


8

Ich helff' ihm / dann er kennet mich /

Er rufft / ich wil ihn hören /

Aus Nöhten wil ich sicherlich

Ihn retten und hoch ehren /

Ich wil ihm seine Lebens-Zeit

Erstrecken / und die Seeligkeit

In meinem Heil beschehren.


Ihre Hüter wunderten sich über alle masse / daß sie in dieser grossen Gefahr mit so frölichem Munde und lächelndem Angesicht singen kunten / nicht anders als wann sie in der allerbehägligsten Königlichen Lust sässen / brachten auch die ganze Nacht mit Erzählung geistlicher Geschichten zu / wodurch ihre Wächter desto besser vom Schlaffe abgehalten wurdẽ. Umb die Mitternacht schliechen dañoch drey verwågene Meuchelmörder mit kurzem Gewehr herzu / welches sie unter ihren Kleidern verborgen hielten; und als sie befraget wurdẽ wer sie währen / gaben sie sich vor etlicher Obersten Diener aus / welche die Wacht bey den Gefangenen hielten / als aber dieselben mit Fackeln zu ihnen heraus gingen / und solches vorgeben falsch befunden / wurden sie in Fessel gelegt / und musten hernach mit dem Leben bezahlen / da sie bekenneten /es hätte Herr Bato / Dropions Sohn jedem 3000 Kronen versprochen / wann sie den Böhmischen und jungen Teutschen König würden hinrichtẽ.

Es wolte aber ihr Gott und Heiland dem sie so herzlich vertraueten / seine völlige Hülffe und Rettung ihnen nicht lange hinterhalten / sondern sich herlich bey ihnen erzeigen / damit sie in der Taht empfünden / was König David Psalm 22 rühmet: Gott hat nicht verachtet noch verschmähet das Elend des Armen / und sein Antliz vor ihm nicht verborgen / und da er zu ihm schrey / höret ers; dann bey früher TagesZeit /eine Stunde nach der Soñen Auffgange (da Agiß und Mastyes grosse außgeschikte Schaaren / ihrem Könige nach zuforschen / schon vor vier Stunden wieder ankommen wahren) jageten sechs Pannonische Reuter / so auff Mastyes Anordnung auff einem Hügel Schildwache hielten / mit vollen Spornstreichen auff ihr Lager zu / uñ brachten Zeitung / es gäbe von ferne ein dicker Staub Anzeige / daß ein gewaltiges Heer von Prage werts im Anzuge währe / und Zweifels ohn bald vor Augenschein ko en würde. Dropion wolte solches nit gläuben und sagete; etliche Ungeträue / die es gerne also haben möchten liessen solches zum Schrecken außsprengen; aber Mastyes baht ihn / er möchte seiner Vernunft raum gönnen / und solche Zeitungen nit in den Wind schlagen / an deren Tichtung kein redlicher Mann gefallen haben würde. Bey dieser Beredung kahmen 30 andere Reuter / die sudwerz auff einen Raub außgangen wahren / und meldeten an / daß auch von der Seiten ein gewaltiges Heer in blanker glinzender Rüstung heran zöge / von welchen ein starkes Trometen blasen und Heerpaukenschlagen getrieben würde; worüber Mastyes sich nicht wenig bestürzet befand / und zu Dropion sagete;[795] wollen wir unser Vaterland und die uns anvertraueten Völker nit verrahten / werden wir uns fertig halten /damit wir nicht in unserm Lager überfallen und als das Vieh abgeschlachtet werden; und wird nunmehr der Feldmarschalk erkennen / obs nicht gut und heilsam sey daß man der Könige uñ Fürsten verschonet hat. Ein Narr währe ich / sagte Dropion / wañ ich solches vor gut hielte. Befahl darauff nach beiden Orten 500 Reuter gehen zulassen / welche Nachforschung tähten / ob den Zeitungsbringern nicht möchte geträumet haben. Wie wol er auff allen Fal im Lager auffblasen ließ / da inzwischen Agiß die Gefangenen in sein eigenes Gezelt hinführete / und ihnen 1500 geträue Leute zu ihrem Schutze zugab / wovor sie ihm höchlich danketen / und sich aller Vergeltung anerbohten. Den Völkern kam es wunderselzam vor / daß sobald ein gedoppeltes Heer über sie kommen solte /gaben sich doch zeitig ins Gewehr / und harreten mit Schmerzen / was vor Nachricht die außgeschicketen bringen würden; da nach Verlauff einer halben Stunde die von Abend her anzeigeten / sie håtten nicht allein den grossen Staub / sondern bald darauff ein grosses Heer in zween abgeteileten Flügeln gesehen / deren jeder wol in 40000 Reutern bestünde. Nicht lange hernach stelleten die von Suden her sich mit schnellem jagen ein / anmeldend / es wåhre ein glinzernd Heer auffs wenigste von 50000 Reutern verhanden /deren Trometen uñ Pauken man von ferne hörete Woher führet dann der Teuffel alle die Völker in solcher Eile? sagte Dropion; teilete das Pannonische Heer / welches annoch in 104000 gesunder Manschafft bestund / gab Mastyes 36000 gegen die von Mittage anzugehen; Agiß 30000 gegen den rechten Flůgel des andern Heers / und behielt er von sich selbst 36000 gegen des Feindes linken Flügel. Diese SchlachtOrdnung wahr kaum gerichtet / da kam das erste Heer aus Westen zum Vorschein / dessen rechter Flůgel in 50000 wolgewapneter Reuter bestund / der Linke wahr 42000 stark / erzeigete sich aber viel muhtiger und erzürneter als der ander. Sie wahren sobald nicht gesehen / da schickete Dropion eine Schaar von 3000 an sie / um zuvernehmen / was Volk sie währen / und zu was Ende sie unabgesaget ihm so gerade auff den Leib gingen; bekahmen aber von dem rechten Flügel in lateinischer Sprache zur Antwort; was die Pannonier sie auff eines andern Grund und Bodem zu rechtfertigen hätten; und ob nit ihnen so wol als einem andern fremden der Weg offen stünde; ihr begehren währe / daß man ihnen ohnwegerlich Raum machete / weil ihr Zug eilig währe / sonst müsten sie versuchen / es mit dem Schwerte zuerhalten. Dem Pannonier kam diese Antwort fremde und trotzig vor / meinete / es würde etwa ein Römisches Heer seyn / welches vom Rein her durch Teutschland nach Italien ginge / weil die Römer mit den Teutschen und Böhmen in guter Einigkeit stünden / daher ließ er ihnen wiedersagen; man währe nit der Meinung / sich ohn Ursach jemand zum Feinde zumachen / nachdem sie ihre Feinde die Böhmen und Teutschen gestriges Tages ritterlich geschlagen / und ihre Könige gefangen hätten / welche so lange in Haft gehalten würden /biß ihr gefangener König / Mnata sich loß gewirket håtte. Daß sie aber ihnen als unbekanten und fremden das Feld ohn Wiedersetzung gönnen solten / kähme dem Pannonischen FeldHerrn Dropion und seinen Leuten sehr nachdenklich vor / verhoffeten demnach /anjetzo ohn fernere Wegerung verständiget zuwerden / wohin sie gedächten / und ob sie den Teutschen und Böhmen Entsaz zuleisten gemeinet währen; würde man sich aber keiner Richtigkeit erklären / könte man an dieser Seite[796] sie nicht anders als vor Feinde achten. Der fremde Heerführer hörete solches alles mit unwillen an / und gab zur Antwort; es erschiene aus des Pañonischen FeldHerrn Antwort und Werbung / daß er ein stolzer und verwägener Kerl sein müste / in dem er sich nit scheuhete / dasselbe zuwissen / welches ihm und allen den seinen biß dahin solte verborgen seyn; seine Dräuungẽ achtete man nicht hoch /und doch vor gnugsam / daß hiemit die Schlacht angekündiget währe; jedoch wolte man ihm noch zum Uberfluß erinnert haben / seinen Hochmuht abzulegen / das Heer von dem Felde ins Lager zuführen / und den Weg unbesetzet frey zulassen; würde er solches nicht straks Angesichts eingehen / solte ihm damit abgesaget / und die Schlacht angekündiget seyn. Dropion hörete hieraus / was dieser Völker Vorhaben wahr / nur verwunderte er sich / woher diese grosse Macht kähme / welche / insonderheit der rechte Flügel / ganz neue unbekante ReuterFahnen führete; so wahr auch ihr Drometen-Schal nicht nach der gemeinen Teutschen Art / noch nach der Böhmischen / sondern gar fremde und unbekant. Er sahe / daß sie an der Zahl zwar nit überlegen wahren / doch grauete ihn vor dem andern Heer noch am meisten / welche gleich in dieser Handelung herzunaheten / und ein überlautes Freuden Geschrey ergehen liessen / als sie sahen / daß diese zwey Heer zur Schlacht gegen einander hielten. Der FeldHerr / bey dem Heere von Westen / sahe dieses dritte Heer sich ins Feld gegen die Pannonier setzen /und nahm ihn höchlich Wunder / was Völker sie sein möchten / unterließ auch nicht / alsbald 500 Reuter an sie abzuschicken / und den FeldHerrn bitlich zuersuchen / ihm unbeschweret anzuzeigen / wessen die Teutschen uñ Böhmen sich zu ihnen zuversehen hätten / welche ihnen / dafern sie nicht Pannonier währen / alle Freundschafft uñ möglichen Beistand wieder ihre Feinde hiemit anböhten. Worauff der FeldHerr dieses treflich gewapneten Heers mit sonderlicher Freundligkeit in lateinischer Sprache (in welcher er auch angeredet wahr) zur Antwort gab; er und alle seine Volker wůnscheten den Teutschen und Böhmen des Himmels Beystand wieder ihre unbefugetẽ Feinde die Pannonischen Mordbrenner / und stünden um keiner ander Ursach im Felde / als daß sie vor deren Könige Leben uñ Wolfahrt ihr Blut zuvergiessen bereit und fertig währen; kehrete sich damit um / und befahl seinem Heer daß sie ihr Feldwort ruffen solten; dasselbe aber wahr der Nahme Valiska / welchen sie mit grossem Geschrey etlichemahl wie der hohleten / und bald darauff den abgeschikten Befehl erteilete / sie solten hinreiten / und ihrem Heerführer solches anmelden. Dieser Zeitung verwunderten sich die Häupter der beiden Flügel zum höchsten / und sagete der eine zu den übrigen / deren unterschiedliche wahren /sehet meine Freunde / wie wundergnädig handelt unser GOtt mit denen / die sich auff ihn verlassen! ehe dieselben solten untergehen / müsten ganz unbekante ko en / und ihnen Rettung tuhn. Mastyes sendete feine Leute auch ab an dieses Südische Heer /umb zuvernehmen / wz die Pañonier sich zu ihnen zuversehen hätte / welche mit niemand in Feindschafft lebeten / noch jemand unrechmässiger Weise zubeleidigen außgezogen währen / nur daß sie den von den Böhmen empfangenen Schimpff zurächen sich nohtwendig hätten in Harnisch begeben müssen. Aber er bekam diese harte Antwort: Es ist Landkündig / daß die Pannonier das Böhmische Reich angefallen nicht als Kriegsleute / welche die Fehde nach aller redlichen Völker Brauch zuvor angesagt / sondern als Mordbrenner und Räuber / und solches darumb / weil sie durchaus keine andere erhebliche Ursach einzuwenden gewust[797] haben / als ihren frechen und unbendigen Muhtwillen; daher sie sich desto weniger zu verwundern / daß er mit seinen Völkern sich zu der Böhmen Beystand auffgemacht / die grosse Ungerechtigkeit helffen abzustraffen / ungeachtet er mit denselben in keiner Verbündniß stünde / möchten sich dannoch die Pannonier versichern / daß er ihrer Boßheit Feind währe / und ein Freund deren / die recht und ehrlich handeln. Als Mastyes diese Antwort hörete / seuffzete er / und sagte: Ach ach! also muß offt ein ganzes Land büssen / was ein einziger verkehrter Mensch verschuldet. Sie begunten sich allerseits zum ersten Angriff zu schicken; aber über alle Zuversicht kam von Norden her noch ein neues Heer 60000 stark / als zween Flügel Reuter / jeder 20000 Mann / welche gleich so viel wolbewehrete Fußvölker zwischen sich eingeschlossen hatten. Das Heer von Westen meinete nicht anders / es würde ein Pannonischer Entsaz seyn; aber als der Führer des linken Flügels 300 Reuter an sie abschickete / zufragen / ob sie der Teutschen und Böhmen Freund oder Feind währen; gaben sie zur demühtigen Antwort: Sie währen schier zum dritten Teil Teutschen / und zween Teil Wenden / dem Teutschen und Böhmischen Könige von ihrer Fürstin ganz eilig zu Hülffe gesand / weil ihre Gn. Fürstin in glaubwirdige Erfahrung kommen währe / daß die Pannonier mit sehr grossen heimlichen Werbungen umgingen /das Böhmische Reich züuberfallen / wie ihnen dann nicht unbewust wåhre / daß solches schon geschehen /und sie demnach bereit stünden / vor Teutschland und Böhmen ihr Blut biß auff den leztẽ Mann zuvergiessen. Die unsern wusten nicht / was wegen dieser Erklärung sie vor Freuden beginnen solten / und liessen ihnen alsbald anzeigen / sie solten alle wilkommen seyn / und wann es ihnen gefallen könte / möchten sie ihre Fußvölker samt der Halbscheid ihrer Reuterey nach Osten hinter den Feind gehen lassen / daß ihnen der Růkweg zur Flucht abgeschnitten würde; der ander Teil aber ihrer Reuter könten das Feld halten /und sich nicht regen / biß man ihres Entsatzes würde von nöhten haben. Hier fing nun Dropion an den Muht sinken zulassen / weil er ihm keiner neuen Hülffe vermuhten wahr / bald aber verkehrete sich die Furcht in eine rasichte Wuht / und schickete an dieses Nordische Heer / sie soltẽ sich erklåren / ob sie Pannonisch oder Böhmisch wåhren; bekam aber zur Antwort: Sie währen aller Räuberischen Mordbrenner geschwohrne Feinde / und also auch der Pannonier. Dropion entboht ihnen hinwiederumb: Währen sie dann seine Feinde / so müste ers lassen dahin gestellet seyn; nur wann sie redlich währen / solten sie harren /biß er mit seinen Feinden von Westen her Schlacht gehalten / alsdann wolte er ihnen auch stehen; Welcher Anmuhtung nicht wenig gelachet / und zur Antwort gegeben ward: Die Pannonier solten wissen / dz sie weder mit Kindern noch mit Narren zutuhn hätten / denen sie vorschreiben und gebieten wolten / da sie doch ihre geschwohrne Feinde währen. Agis schickete sich zu einem růhmlichen Tode / und sagete zu Pyrechmes / der sein Obrister Statverweser wahr: Nun sehet ihr Herrn / was vor einen Jammertanz ihr unserm guten Könige / dem Pannonischen Reiche und uns allen zugerichtet habt / in dem ihr unsern König beredet / und uns andere gezwungen / diesen unnöhtigen muhtwilligen Krieg anzufangen. Ich sehe wol daß ich sterben mus / antwortete er / aber ich wil mich so lange wehren als der Odem in mir ist / und mus ja ein sonderlicher Unglüks Teufel alle Feinde auff einmahl zusa en hergeführet haben. Das Nordische Heer richtete sich nach dem empfangenen Befehl / und zogen[798] zween teile mit fliegenden Fähnlein Ostwerz / daß sie hinter den Feind sich in ausgebreiteter Schlacht setzen möchten / welches ihnen glüklich anging / und der Feind nichts dawieder vornam. Der Heerführer des rechten Flügels von Westen her /ließ 36000 Mann in drey gleiche Hauffen sich setzen /und wahr willens den Agriff auff Agiß Völker zutuhn / aber Dropion wolte noch einmahl versuchen ob er durch Worte diesen Feind furchtsam machen könte /da er ihm sagen ließ; er wolte ihn nochmahl warnen sich vorzusehen / und sich nicht in unnöhtige Gefahr zu geben / noch in fremde Händel sich einzumischen; dann wie durchdringend das Pannonische Schwert wåhre / hätten die Teutschen in wenig Tagen empfunden / daß wie vor gute Kriegsleute man sie auch hielte / währen sie doch wie das Reisich nidergehauen / daß sie nunmehr ihre Verwägenheit zu späht bereueten /welches ihm ausserzweifel auch also ergehen wũrde. Ich merke wol / antwortete der Feldherr / man wil mich mit Worten schrecken / da ich doch eigentlich kommen bin / solchen Trotzern ihren verdienten Lohn ausfolgen zu lassen; darumb sage deinem Herrn; Kinder erschrecke man mit einer Blase vol Erbsen / und feige Herzen mit trotzigen Worten: aber unerschrockene Männer müsse man das Schwert empfinden lassen. Dieser hatte befehl auff den fal solcher Antwort den endlichen Troz auszuschütten / welches er also verrichtete: Nun dann ihr stolzer / höret des unüberwindlichen Pannonischen Feldherrn / und bestätigten Königes in Böhmen Herrn Dropions endlichen Bescheid. Ey des schönen Bömischen Königes / fiel ihm der fremde Feldherr in die Rede / welcher besser zum Säuhirten bestätiget währe. Doch laß hören / was vor einen endlichen Bescheid gibt er mir dann wol / nach seiner Königlichẽ einbildung. Diß ist der Bescheid /fuhr dieser fort / dz / dafern ihr nicht werdet eure Schmachreden wiederruffen / auch straks Angesichts umbkehren / und mit schleiffenden Panieren zwo Meilen stilschweigens / ohn Geschrey / Trometenklang und Tro elschlag hinter euch zihen / sollet ihr alle miteinander zu kleinen Stücken zerhacket werden. Wolan / antwortete dieser; die Pannonische Kerze hat vor ihrer gänzlichen Erlöschung noch einen Blik von sich geben sollen. Ihr aber bringet dem hochmuhtigen Narren zur wiederantwort; Ob er dann von GOtt gar geblendet sey / daß er nicht sehen kan / was gestalt er von tapferen Feinden ganz umbgeben ist; ich wolle jezt kommen / und ihm mit meinem Schwert den endlichẽ Bescheid bringen / auch zugleich vernehmen /ob sein Säbel so schneidig als seine Zunge sey. Damit ließ er die drey gesetzeten gleichteile seines Flügels gegen Agiß loßbrechen / und muste der linke Flügel zugleich mit fortgehen. Dropion ließ gegen diesen Linken seinen Pelegon mit 10000 Mann loßstürmen /denen nur 8000 begegneten / aber mit solcher Verwägenheit / als hätten sie geschworen daß sie alle fechtend sterben wolten / daher sie bald im ersten Anfal 300 Pañonier niderschlugen / griffen auch bald anfangs 30 von den Feinden lebendig / führeten sie nach dem FeldHerrn des rechten Flügels (welcher mit 14000 Reutern noch im Felde hielt / als wolte er seine drey außgeschikte Hauffen entsetzen / an was Ort es würde nöhtig seyn) und wurden diese alsbald bedraulich befraget / an was Ende des Lagers die gefangene Könige und Fürsten behalten würden; welches sie einmühtig außsagetẽ; worauff dieser mit seinen 14000 beherzten Leuten des rechten Weges nach dem Lager zuging / auch die Wendischen Fußvölker / weiche nahe dabey hielten / zu sich foderte / das Lager mit stürmender Hand einzunehmen / welche alsbald zum Anlauffe fertig wahren;[799] aber es bedurfte keines Schwertschlages / weil solches mit lauter Verwundetẽ besetzet wahr / die um Gnade und Barmherzigkeit rieffen; welche ihnen in so weit gegeben ward / dz sie stündlich das Lager räumen / sich ins offene Feld legen / und die Wendischen Fußvölker einzihen lassen musten / denen bey Lebens Straffe gebohten ward / sich an keiner Beute des Lagers zuvergreiffen. Der fremde Feldherr ritte mit 3000 Pferden auch hinein /nach Agiß Gezelt / woselbst alle Hüter bey den gefangenen Königen schon umb Leben und Freyheit angehalten hatten / welches ihnen willig versprochen ward. Alsbald ließ der unbekante FeldHerr allen gefangenen Königen Fürsten und Herrn statliche Rustungen und muhtige Pferde außteilen / da sie sich insonderheit verwunderten / daß man Herkules seinen ädlen Blänken darboht; und ein Teutscher überlaut anfing; seyd getrost ihr Helden / es sind diesen morgen vier unterschiedliche Heere ganz unvermuhtlich ankommen / zu eurem Entsaz / deren keines von dem andern gewust hat / ingesammt über 200000 Mann stark / welche euren Schimpff zurächẽ schon in voller Arbeit begriffen sind. Die Gefangenen wusten vor Freuden nit zuantwortẽ; aber so bald Herkules im Harnische wahr fiel er nider auff seine Knie / und sagete dieses Gebeht ůberlaut: HErr JEsus / du wahrer Heiland und Helffer aller deren die dir vertrauen; jezt spůre ich / daß du von dem Stuel deiner Almacht auff unser Elend gesehen / und unsere Schmach von uns gewendet hast / da wir meineten / noch mitten driñen zustecken; Herr dir sey Lob / Preiß und Herligkeit / von nun an biß in Ewigkeit / Amen.

Der fremde Feldherr machte sich mit 6000 Reutern alsbald wieder hinweg nach seinen Leuten / und ließ die erlöseten ersuchen / daß sie sich in vier Teile setzen / und jeder von seinen hinterlassenen 8000 Reutern / 2000 zu sich nehmen möchte / so daß König Ladisla nach dem Sudheer / König Herkules nach dem Westheer des linken Flügels; König Henrich und Fürst Siegward nach dem rechten Flügel desselben Heers / und Fürst Olaff nach dem hinterbliebenen Nordheer; Leches / Klodius / Gallus und Neda aber nach den Wendischen Reutern in Osten sich verfügen / und ihr bestes prüfen möchten; worzu sie bereit uñ willig wahren. Das Treffen ging inzwischen tapfer fort / und entsetzete sich Dropion nicht ein geringes /daß seine Völker unter Pelegon dergestalt gestenzet wurden / schickete ihnen 6000 zum Entsaz / und vermahnete sie / daß sie sich redlich halten solten; aber ihnen begegnete eine gleiche anzahl / und wetzeten sich dergestalt / als ob sie einer dem andern den Tod geschworen hätten / und wahr zuverwundern / daß die Fremden keinen Fuß sich wolten zurük treiben lassen / sondern ja so willig zum Tode als zum Siege wahren; daher kam es / dz die Pannonier häuffig gefellet /uñ von den andern über verhoffen wenig nidergelegt wurden / dann da diese erste Schaaren samt ihrem Entsatze sich zurük zogen / hatten die Feinde 7000 /und die unsern etwa 2000 eingebüsset. An seinem Orte ließ Agiß seine Völker auch in drey gleiche Hauffen / jeden 10000 stark / wieder die drey Geschwader so ihn angriffen loßbrechẽ / da Pyrechmes in der mitte ging / und an seinem Orte heftig wütete /weil auff den Fal der Niderlage / er ihm den Tod erwählet hatte / damit er nicht lebendig in der unsern Hände gerahten möchte / als die von ihm gar zu heftig beleidiget wahren. Der linke Flũgel merkete die gegen Pyrechmes noht leiden / und sendete ihnen 6000 zum Entsaz / welche ansetzen / die anderen aber abzihen musten; da sich dann das Blätlein bald umbkehrete; massen dieser Entsaz nicht weniger den Tod oder den Sieg ihnen erwählet hatten. Agiß ging seines Orts[800] zur rechten Hand / fochte auch so geherzt / daß hieselbst das Spiel in gleicher Wage hing; sein dritter Hauffe hielt gleicher gestalt aus verzweifelung zimlich fest gegen / so daß hieselbst allenthalben das Schwert rechtschaffen wütete. Wir müssen aber des fremdẽ Sudheeres nicht vergessen / welches wegen der vielen lichtblanken Harnische das scheinbahreste wahr; diese wolten nicht ehe fechten biß sie das Westenheer sahen den Angriff tuhn / da brach die helfte 25000 stark auff einmahl loß / mit welchen ihr Feldherr zugleich fortging / welcher 3000 prächtige Ritter mit Speeren umb sich hatte; er selbst führete auch sein Speer / mit vergüldetem Eisen / und sein ganzer Harnisch wahr ũber und über vergüldet / mit schönen eingeetzeten grünen Laubwerk. In seinem Schilde lag ein Kranker auff einem Bette / mit Ketten gebunden /dem ein schönes Weibesbilde die Hand reichete / und ihn auffrichtete / mit dieser umbschrift; Cœci amoris remedium Caritas. Der blinden verliebung Arzney ist die heilige Liebe. Auff dem Helm hatte er einen grossen grünen Federbusch uñ daran drey weiß geetzete aus Golde gegossene Lilien / mit dieser Unterschrift: Marcida reflorent. Die verwelketen blühen wieder. Er setzete sich mit seinen 3000 SpeerRittern vor die angeführeten Völker her / und drängete auff Mastyes ein / welcher ihnen die wolbewapnesten wiewol Speerlosen entgegen schickete 18000 stark / und den vördersten befahl / sich wieder die SpeerReuter fest zu halten /welches sie zwar nach vermögen leisteten / und ihrer doch in die 1700 zur Erden gefellet wurdẽ. Die fremden / nach erbrechung ihrer Speere / griffen zu den Schwertern / und schlugen sehr behuhtsam auff die Pannonier / weil sie sahen / daß dieselben als rasende Hunde wůteten / und ihrer selbst eigenen beschützung wenig achteten / wañ sie nur den Feind verletzen möchten. Ward demnach an diesen dreyen Orten so eiferig gestritten / in dem der Feldherr von Westen das Pannonische Lager einnahm / und die Gefangenen loßwirkete / daß die in der Schlacht dessen nicht eins wahrnahmen. Als die Gefangene Fürsten zu Pferde sassen / und nach des fremden Feldherrn Vorschlag sich verteileten / empfunden sie einen sonderlichen Eifer in ihrem Herzen wegen des empfangenen Galgen-schimpfes / und sagete Herkules zum Abscheide zu ihnẽ; versichert euch ihr gläubige Kinder Gottes /daß unser Heyland des Gotteslästerers Pyrechmes Weissagung erfüllen / und Dropion mit seinem anhange / an unser stat an den auffgebaueten Galgen bringen werde / und lasset die uns geleistete wunderbahre Erlösung ja nimmermehr aus euren Herzen kommen. So bald Ladisla bey dem ruhenden teil des Sudischen Heers anlangete / schlug er seinen Helm auff und sagte: Ihr ädle tapfere Ritter / euch sage ich wegen Zeitmangel mit wenig Worten dank vor diesen euren Beystand / welchen ihr mir als Bömischen Könige zuleistẽ / ankommen seid; gefält es euch nun so gehet mit mir an den Feind / euren und meinen Brüdern und Spießgesellen Beystand zu leisten / auff das wir auch teil mögen haben am Siege. Diese neigeten sich vor ihm / und riefen; seine Königl. Hocheit möchte sie anführen / sie wolten mit ihm leben und sterben / weil sie ihrem Feldherrn / welcher dorten im güldenen Harnische ritterlich föchte / keinen angenehmern Dienst leisten könten. Mastyes hatte sich bißher gefreuet / daß die seinen / ungeachtet sie der Zahl nach geringer / dem Feinde gnugsam gewachsen wahren; aber vor dem eiferigen Einbruch dieser andern helfte / welche noch mit 2000 Reutern gestärket wahr / entsetzete er sich / weil er nur 12000 Mann bey sich übrig hatte; ließ deswegen Dropion zuentbieten / sein Feind währe ihm an der menge zu weit überlegen /[801] daß er entsatzes bedürfte. Gleich kam ein ander zu Dropion hingerant / mit anzeige / ihr Lager währe erobert / von des Nordischen feindlichen Heers Fußvölkern / (welches lauter Wenden) / besetzet / und die gefangene Fürsten frey und zu Pferde. Da schlage Donner / Bliz und Hagel drein / gab er zur Antwort; nun mus es heissen / Vogel friß oder stirb. Zu dem ersten aber sagete er: Gestern wahr der Hundsnase Mastyes ja beherzt und tapfer gnug / die verurteileten Hunde vom Galgen zuerl \sen / und nun er fechten sol / hat er den Muht auff die Erde geschüttet; sage ihm daß er sich gefasset halte / von denen gehenkt zu werden / die er dem Büttel von der Leiter hinweg gerissen hat. Jedoch gab er ihm 2000 Reuter / und befahl / daß er gleich so viel auch von Agiß fodern / und sie Mastyes zuführen solte. Herkules wahr zwar willens sich nach dem linken Flügel des Westen-Heers hin zu wenden / aber weil ihm von seinen Reutern angezeiget ward / daß ihr Feldherr / welchen sie nicht kenneten / bey dem rechten Flügel sich hielte / machete er sich auch dahin / ihm möglichẽ Beystand zu leisten /welchen er auch in voller Arbeit antraff / da er mit seinem Gesellen (den er aus dem Gefechte vor Arbianes erkeñete) sich tapfer unter den Feinden tummelte /zu denen er sich auch verfügete / und nebest ihnẽ bey den unsägliche Tahten beging. Der fremde Feldherr /diesen seinen lieben Freund an seiner Seite verspürend / wahr voller Lust und Freude / und tahten sie des Pyrechmes seinem Hauffen so gedrange / daß er immer hinter sich weichen muste. König Henrich und Fürst Siegward / da sie Herkules enderung sahẽ / gingen hin zu dem linken Flügel der Westischen Völker /da sie mit unsäglichen freuden uñ Trähnen empfangen wurden; dann dieser Flügel wahren die gestrigen Feldflüchtige Teutschen und Böhmen / welche Arbianes auff dem Wege wieder gesamlet / und der rechte Flügel / der aus lauter neuen Völkern bestund / ihnen gedräuet hatte / dafern sie die gestrige Schande ihrer äidvergessenen Flucht heut nicht würden durch rühmliches verhalten rechtschaffen einbringen / solten sie ohn alle Gnade ehrloß und zu Leibeigenen gemacht werden / daher sie bey König Henrichs Ankunfft umb Gnade und Barmherzigkeit bahtẽ / und auff sein freundliches Zusprechen sich gefast macheten / unter ihrem Führer (der sich nicht zuerkennen gab) und diesen beiden Helden auff Dropions Heer loßzugehen /welcher an Pelegons Gefechte merkend / daß die Schaars-weise angestellete Treffen kein gut tuhn wolten / vornam / mit gesamter Macht an den Feind zusetzen / welches ihm anfangs ziemlich geriet / daß die unsern / nicht wie sie wolten / durchbrechen kunten. Fürst Olaff kam bey dem Nordischen Heer an / wolte mit demselben alsbald loßbrechen / und dem linken Westischen Flügel zu hũlffe gehen; weil er aber von ihnen verstund / daß der fremde FeldHerr ihnen gebohten hätte / hieselbst stille zuhalten / biß man sie zum Entsaz foderte / muste er gezwungen es also geschehen lassen; jedoch weil ihn der Eifer wegen des empfangenen Schimpffs gar zu hefftig reitzete / nahm er seine 2000 Mann zu sich / und ging damit auff Dropions Hauffen fort / ihm zur rechten Seite einzufallen. Mastyes muste mit seinem geringen Hauffen gegen Ladisla einen sehr harten Stand halten / so daß er schon auff der Weichseite wahr / als die 4000 ihm zum Entsaz kahmen / durch deren hefftigen Anfal er sich wieder setzete. Ladisla traff ihn an / und nahm mit ihm den absonderlichen Kampf auf / wiewol er ihn vor dißmahl nicht kennete; Er hielt aber so fest gegen / weil er ohndas lieber sterben als gefangen seyn wolte / daß er durch starke Gegenwehr ihm entging. Der Feld-Herr[802] dieses Suden-Heers empfand harten Wiederstand / so daß er nicht durch ihre Ordnung brechen kunte / wie hefftig er sich gleich bemühete; dann seine Feinde wahren trauen keine Kinder / sondern alle handfeste beherzete Männer / daß er Mühe gnug bekam / und die seinen / wie gute Waffen sie auch hatten / manniche Wunden davon brachten; doch drang endlich ihres Führers Schwert durch / daß er den Obersten dieser Völker erlegete / und dadurch eine grosse Furcht in sie brachte. Bey Agis stund es fast am schlechtesten / dann Herkules schimpffete nicht / so bezeigete sich sein ädler Blänke nicht anders / als hätte er den gestrigen Spot mit rächen wollen; wiewol sein Reuter mehr bemühet wahr / den fremden FeldHerrn zubeschützen / und allen Anfal von ihm abzuwenden / als dem Feinde zuschaden. Es begab sich / daß der fremde FeldHerr auff Agiß traff /und mit ihm anlegete / aber beyderseits Reuter trenneten diesen Kampff zeitig / daß sie gescheiden wurden. Herkules wolte nicht gerne / daß diesem redlichen Manne leid wiederfahren solte / nam 300 Reuter zu sich / und suchete ihn von neuen / traf ihn an / und machten ihm seine Leute Raum genug zum Kampffe. Er wolte ihn aber nicht angreiffen / sondern redete ihn also an: Ihr redlicher Agis; ich bin euch wegen meiner Wolfahrt verbunden / und würde mir leid seyn / wann ich mein Schwert wider euch gebrauchen solte / seid demnach gebehten / und ergebet euch mir / damit ich Gelegenheit haben möge / euch meine Dankbarkeit sehen zulassen. Preißwirdigster König / antwortete er; womit hat euer Knecht solche Gnade verdienen mögen / welche leider bey mir nicht hafften kan /damit ich nicht von andern vor einen Verrähter angesehẽ werde; welches mich auch antreibet / lieber zusterben / als meinen Verleumdern ursach zu solcher Schåndung zugeben. So muß ich euch nohtwendig an greiffen / nicht zu eurem Verderben / sondern zũ eurer Erhaltung / sagte er; stürmete auch damit auff ihn an /und nach etlichen Hieben / welche sie mit einander verwechselt hatten / stürzete Agis mit dem Pferde übern Hauffen / weil es über etliche Erschlagene herstrauchelte. Herkules aber ließ ihn auffheben / und befahl / daß er absonderlich verwahret / ehrlich gehalten und gelabet wůrde. Uber welche Freundligkeit sich dieser so hoch verwunderte / daß er überlaut sagete: O wir Unglükseligen / daß wir mit der Tugend selbst den Streit auffgenommen habẽ / worzu uns der lasterhaffteste Mensch der Welt gezwungen hat / dem die Götter gebührlich lohnen wollen. Seinem Gehülffen dem Pyrechmes ward seine Gefängniß zeitig kund getahn / welcher sich äusserst bemühete / die Völker wieder in Stand zubringen / gleich da ihm Dropion zuentboht: Er solte sich nach ihm zihen / und Mastyes ein gleiches wissen ließ; Aber dieses wahr nicht so leicht getahn / als gesagt; dann die unterschiedliche drey Schaarẽ hatten sich zu sehr in einander mit dem Feinde verwickelt. Ladisla an seinem Ort empfand zimlichen Wiederstand / als Mastyes den Entsaz der 4000 Reuter bekam / merkete auch / daß an der andern Seite der fremde FeldHerr mit seinen Völker beide Hände zu tuhn hatte / deßwegen suchete er Gelegenheit / mit seinem Bestreiter bald fertig zuwerden / samlete 4000 umb sich / und sagete: Ihr Herren /waget mit mir einen redlichen Ansaz / alsdañ wollen wir durchdringen / und die ersten seyn / welche sich des Sieges zurühmen haben. Diese ermunterten sich unter einander selbst / und stürmeten so unmenschlich zu Mastyes ein / daß er mit den seinen weichen muste / und wie hefftig er sich bemühete / sich wieder zu setzen / wahr es doch vergebens. Ladisla traff zum andern mahl auff ihn selbst / und hatte[803] freien Plaz / mit ihm nach Willen zuhandeln / merkete vor dißmahl /daß es Mastyes wahr / und sagte zu ihm: Ritter / seyd ihr der redliche fromme Mastyes / so zeiget mirs an /auf daß ichs vergelte / wie ihrs umb mich und die meinen verdienet habet. Ja ich bin der unglükliche Mastyes / antwortete er / und begehre keine andere Vergeltung / da ich einige verdienet / als daß ich durch eines redlichen Ritters Faust das Ende meines Lebens empfahen möge. Nicht also / sagte Ladisla; ich wil euch sehen lassen / daß ich nicht allein Woltähtern gerne danke / sondern auch die Tugend an meinem Feinde liebe. Er wolte aber weder antworten noch sich ergeben / sondern suchte sich auff seine Völker zuzihen / ob er sie in Ordnung setzen könte; welches Ladislaen ungelegen wahr / warf ihn vom Pferde / und ließ ihn mit 20 Reutern aus dem Gedränge bringen. Seine Völker sahen dieses / gaben an diesem Orte verlohren / und setzeten sich mit ihren andern zusammen / so best sie kunten / in Hoffnung /daselbst glüklicher zustreiten / aber Fabius / der steiff bey seinem Schwager hielt / ging ihnen in die Eisen /daß sie keine feste Glieder schliessen kunten / welches bald hernach eine ursach ihrer Flucht wahr. Bey des gefangenen Agiß seinen Leuten brauchte Pyrechmes grossen Fleiß / daß er endlich alle seine verteilete in ein Heer brachte / welches noch in zimlicher Manschaft bestund / wolte auch damit nach Dropion zu /wo ihm sonst der Feind so viel Zeit und Raum gönnen wůrde / woran es ihm aber fehlete; dann Herkules /als er sahe / daß er diesen Hauffen bald dåmpffen könte / sagte zu Arbianes: Mein Freund / wo ich nicht irre / daß ihr mein Bruder Arbianes seyd / so nehmet etwa 2000 oder 3000 Mann zu euch / umb nachzuforschen / wie es dem Sudischen Heer gehen möge / dieses Orts wollen wir mit der Hülffe Gottes bald fertig werden. Ich bin zu wenig / vor Eure Hocheit mich zuverbergen / antwortete er; samlete 3000 umb sich /und ging hin / auch an diesem Orte sein Schwert zu versuchen. Der Westische Feldherr fürchtete sich von Herkules erkennet zuwerden / und suchete Gelegenheit / sich von ihm zutrennen / indem er mit 5000 Reutern nach dem linkẽ Flügel ging / und daselbst tapffer mit ansetzete. Herkules zog seine Völker zusammen / welche noch über 38000 stark wahren / setzete dem verwägenen Pyrechmes nach / und drängete ihn / daß er Stand halten muste; da ging es nun an ein Treffen / als hätte alles zu Grunde gehen sollen / daß des Feindes Glieder bald getrennet wurden; welches ihren Führer nicht wenig verdroß / und sich dahin machete / in Hoffnung / diesem Ubel noch vorzukommen / aber er sahe es bald an dem Pferde / wer ihm den Schaden taht / ging auch mit solchem Wuht auff denselben an / als wolte er ihn mit samt dem Pferde zur Erden stürzen / aber er fand doppelt vor einfach / und geboht Herkules seinen Leuten / ihm vor andern schuz zuhalten / damit er diesen ihren Fũhrer zum Bahren bringen könte; welcher sich auch findẽ ließ /und durch seine Raserey sich eine zeitlang schützete /endlich aber eine Wunde an den rechten Arm bekam /daß er sein Schwert nicht mehr führen kunte / welches er sonst / da es zum äussersten kommen wůrde / wider sich selbst zugebrauchen / ihm gänzlich vorgenommen hatte / weil er an aller Gnade verzweifelte. Herkules reiß ihn vom Pferde / ließ ihm den Helm abzihen (dann er kennete ihn nicht) und als er sahe / daß es Pyrechmes wahr / sagte er zu seinen Leuten: Bindet mir den Schelm und Bösewicht / daß er sich selbst nicht leid antuhe; er muß viel anders / als durch eines ehrlichen Ritters Hand seinen Lohn empfahen; welches er vor schrecken nicht beantworten kunte. Dropion trieb an seinem Orte[804] Wunder / dann die Verzweifelung verdoppelte ihm seine Kräffte; Olaff machte ihm zwar anfangs Ungelegenheit gnug an der rechten Seite / aber Bato stellete sich wider ihn mit gleicher Anzahl Volckes / und hielten gleichsam eine absonderliche kleine Schlacht / da der eine nicht schläfferiger vor sein Leben / als der ander den Sieg zuerlangen / fochte. Der Führer des Westischen linken Flügels hatte König Henrich und Fürst Siegwarden mit der grösten Macht lassen auff den Feind gehen / er aber schwenkete sich mit 8000 Mann nach der Rechten / daß er Dropion zur linken Seite einbrechen möchte / da er dann so ritterlich fochte / daß jeder / der es sahe / ihn preisen muste. Pelegon suchte ihn auffzuhalten / aber er wahr ihm zu schwach an Volk und Kräfften / daß er endlich von ihm hart verwundet und gefangen hinweg geschleppet ward; man band ihm aber Hände und Füsse zusammẽ / weil man merkete / daß er suchete /sich selber zuentleiben. Nach Pyrechmes Gefängniß gingen seine Leute von einander / weil Herkules gar zu stränge auff sie hinein setzete / und sie über das weit übermannet wahren. Dropion sahe diese Niderlage mit betrübten Augen an / und erkennete / daß ihm unmöglich wahr / den Sieg zubehäupten / wolte deßwegẽ sich selbst niderstossen / damit er den unsern nicht lebendig zu teil würde; bedachte sich aber / aus Hoffnung / er könte noch allemahl dieses äusserste vornehmen / und wolte zuvor seinen Feinden so wehe tuhn / als ihm wůrde möglich seyn; daher er einen beherzten Obristen den Flüchtigen zusendete / sie in Ordnung zusetzen / welches ihm zimlich geriet; dann Herkules übergab hieselbst Markus die Auffsicht /und mit 1000 Reutern folgete er dem abgewichenen fremden Feldherrn / welchen er keines weges verlassen wolte. Derselbe aber hatte sich mit dem Führer des linken Flügels zusammen gesezt / kurz hernach als Pelegon von demselben gefangen wahr / da sie dann mit gesamter Hand durchbrachen / und unter Dropions Völkern eine grosse Unordnung macheten. Arbianes ging mit seinen Leuten ein wenig zu sicher auff Mastyes hinterlassene / daher er von 5000 frischen und frechen Wagehälsen angegriffen ward / daß er mühe hatte ihnen wiederstand zu leisten; König Ladisla ging ohngefehr dahin / nur weil er sahe daß an dem Orte sich ein neues ganz ernstliches Schlagen erhuhb / und nam 5000 mit sich / unter welchen eine Geschwade von 80 Reutern wahr / deren Ritmeister einen glinzend-schwarzen Harnisch mit grůnen Blumwerk an hatte / einen Schild in welchem an stat des wapens eine dicke Wolke wahr / uñ in derselben diese Worte: Sic meruisti; Daß hastu verdienet. Auff dem Helm stund das Laster-Bilde als ein sterbendes Weib / und ein Täflein dabey mit diesem Worte Ejicior tandem. Ich werde endlich ausgeworffen. Er hatte in dieser Schlacht trefliche anzeigungen seiner Tapferkeit sehen lassen / und gaben seine Leute ihm das Zeugnis / daß er acht Feinde nidergehauen hatte. Dieser wuste / daß der Bömische König ihren hauffen fũhrete / und schwebete mit seinen Reutern hin und wieder / umb gelegenheit zu haben / daß er in dessen gegenwart eine ruhmwirdige Taht möchte sehen lassen. Das Glũk fugete ihm sehr wol / und schickete es Gott /daß er gewahr ward / was gestalt Arbianes von 600 Reutern umbgeben uñ fast eingeschlossen wahr / da er nur 200 zu seinem beystande bey sich hatte / daher seiner Leute einer rieff: O Fürst Arbianes leidet Noht. Dieser solches hörend / schätzete sich glükselig / fragete / an was Ort solches geschähe / und auff nachweisung sagete er zu seinen Reutern; auff / und folget mir / dañ hier finde ich was ich gesucht habe; setzete in die Feinde hinein / da sie sich am dickesten geschlossen[805] hatten / und stürzete im durchbrechen zu grunde was sich ihm wiedersetzete. Nun hätte er länger nicht dürffen ausse bleiben / dann Arbianes Leute wahren auff 24 nahe alle erschlagen / welche wenige zu fusse fochten / und sich sterbens schon erwogen hatten; aber dieser trieb die Feinde ab als ein wũtiger Löue / und als er zu Arbianes nahete / sprang er vom Pferde / reichete ihm den Zügel / und sagete: Sitzet auff gnädigster Fürst / und vertrauet euch meinen Leuten. Ein Pannonier wagete einen Fal auff ihn zu /in meinung ihn niderzuschlagen / er aber durchstach ihm das Bein / warff ihn herunter / und setzete sich auff sein Pferd; noch wolten die Feinde nicht ablassen auff Arbianes zu schlagen / weil sie merketen / daß er etwas sonderliches wahr / und hatte er nicht allein sich gar abgemattet / sondern das Schwert wahr ihm auch vor der Faust abgesprungen / und der Schild in stücken zerhauen / daher dieser ihm beydes hinreichete / hernach als ein Blinder einen Pannonier anfiel und demselben anfangs das Schwert bald darauff auch den Schild hinweg nam / worüber er doch etliche Wunden empfing. So bald er sich hiemit versehen hatte / setzete er Arbianes nach / dem seine Reuter zimlichen Schuz hielten / blieb ihm stets zur Seite / und schlug sich glüklich durch / daß er aller gefahr entrissen bey seinen Leuten wieder anlangete / wiewol er so mat wahr / daß er sich kaum auff dem Pferde halten kunte. Nach leistung dieser Taht / baht er den Fürsten untertähnigst / ihm seinen Schild wieder zu geben / welcher nicht allein willig darzu wahr / sondern zu ihm sagete: Mein Freund / daß vor dißmahl ich ihm nähest Gott mein Leben zu danken habe / werde ich nimmermehr in abrede seyn / hoffe auch / er werde sich mir zuerkennen geben / damit ich sehen lasse / daß ich der Undankbarkeit nicht gerne möchte gezihen werden. Dieser aber gab zur Antwort: Gnädigster Fürst / ich bin nunmehr bereit und willig zu sterben / wann nur euer Durchl. nach vollendeter Schlacht mich einer untertähnigsten Bitte gnädigst gewehren wil. Alles mein vermögen / mein Freund / ist zu eurem willen / antwortete Arbianes. Worauf dieser antwortete: Und ich ruchloser Mensch bin nicht wert / daß eure Durchl. einige erbarmung mir erzeige / so hoch ist dieselbe ehmahls von mir beleidiget. Dessen wüste ich mich durchaus nicht zuerinnern / sagte der Fürst / solte es aber ja geschehen seyn / wollen wirs in die unterste Erde vergraben / und so gar der Vergessenheit übergeben / als währe es nie geschehen. Gnade genug gnädigster Fürst / antwortete dieser / und tausendmahl mehr als ich nicht wert bin; spornete damit sein Pferd an / uñ setzete mit seinen Reutern nicht weit von Ladisla / mit solchem Grim in die Feinde / daß er ihre Ordnung trennete; welches Ladisla sehend / ihm 3000 nachgehen ließ / welche hieselbst den Feind auff die Flucht brachten. Die beyden Führer des Westischen Heers hatten sich / wie gesagt / zusammen getahn /und ängstigten Dropions Hauffen von der linken Seiten dergestalt / daß sie nicht mehr stehen kunten. An der rechten Seiten kunte Olaf nichts sonderliches schaffen / wagete es derwegẽ / die ruhende Nordische Ritterschaft ingesamt 20000 stark zu sich zu fodern /welches Bato ersehend / die helfte der wiedergesetzeten Völker von Agiß / zu sich hohlen ließ / ob er dieser Macht wiederstehen könte. Dropion ward also von dreien Orten her angegriffen / noch setzete er sich so grimmig wieder seine Feinde / daß es schien / er würde allenthalben durch brechen / traff endlich auff die beyden Führer des Westischen Heers / und schlug bald auff den einen / bald auff den andern / daß sie ihm nichts angewinnen kunten. Herkules kam gleich darzu / sahe solches / und rieff ihnen zu; gönnet mir /[806] meine Freunde / gönnet mir diesen meinen Erzfeind /dann er hat keinen Menschen höher beleidiget / als mich; rante auch mit einem ungewöhnlichen Eifer auff ihn dar / und als er ihm nahete / sagte er: Du gräulicher Bluthund / Gott lob / dz ich meiner Fäuste wieder mächtig bin / dir den teuflischen Schimpf einzubringen / und meine rechtmässige Rache auszuübẽ. O du zum Galgen verdamter / antwortete er / was vor Unglük hat dich wieder in den Harnisch verstecket? fiel zugleich über ihn her / ob wolte er ihn erstes Treffens erlegẽ; aber Herkules wolte dißmahl gewinnen oder verspielen / und hielt ihm die Stange mit solcher Vorsichtigkeit / dz jenem sein Rasen zu nichts dienete / als dz er sich selbst abmattete. Die beydẽ Feld-Herren samt ihren Leuten hielten ihm Schuz genug / dz kein ander sich in ihren Kampf einmischẽ kunte; daher Herkules sich desto emsiger befliesse ihn zu fellẽ / oder wo möglich / lebendig in seine Gewalt zubeko en / nit zweifelnd / nach seiner überwindung solte alles geschehen seyn; er hatte sich aber mit so festẽ Waffen versehẽ / dz er nit leicht zubeschädigẽ war / worauf er sich dañ nit wenig verließ; doch fügete es sein Unglük / dz sein Pferd auß Mattigkeit in die vörder Knie schoß / und zugleich mit einem Hinter Beine einen falschen Trit taht / worüber es gar nach der rechten Seiten umschlug / daß Dropion darunter zuliegen kam / und mit seinem Schwerte sich nicht beschädigen kunte / wie heftig er sich auch darnach bemühete. Herkules nicht faul / sprang ab / reiß ihm das Schwert aus der Faust / und ließ sechs Teutsche Reuter herzu kommen / welche ihm die Hände auff den Rücken zusammen binden / und den Helm ablösen musten / bald auch den Krebs und Rük Harnisch /worffen ihn auff ein Pferd in die quere / und führeten ihn in Begleitung 80 Reuter davon / da er Herkules diese Worte hören ließ: Das sind die allergrössesten Wüteriche / die uns heissen leben / wann wir gerne sterben wolten / und es also richten / daß wir weder Freund noch Feind in der Welt haben müssen. Aber er bekam nicht die geringste Antwort darauff / dann Herkules wahr in seiner Andacht begriffen / daß er seinem GOTT vor diesen herlichen Sieg dankete. Olaff /so bald er die Nordischen Reuter bekam / vermahnete er sie mit kurzen Worten / sich redlich zugebrauchen /und als geruhete / den abgematteten Feind mit allen Kräfften anzugreiffen / welches sie dergestalt verrichteten / daß die Pannonier mehr weichens als wehrens macheten. Markus ermunterte die seinen auch / so wolten König Henrich und Fürst Siegward nicht die geringsten seyn / daß demnach dieser Feind hinter sich außwiech / und alles verlohren gab / wie hefftig auch Bato sich bearbeitete / nach seines Vaters Gefängniß die Völker zum Stande zubringen; auff welchen Olaff einen gewaltigen Fal / mit einem geruheten Pferde wagete / ihn am rechten Arm verwundete / und ihm das Pferd unter dem Leibe niderschlug / daß er stürzete / und von 50 Reutern gefangen hinweg geführet ward; der Oberste / welcher ihm den Entsaz zugebracht hatte / ward von einem Nordischen Obersten nach harter Verwundung angenommen / und fortgeschicket. Als Dropion zu den andern Gefangenen gebracht ward / unter welchen auch Hyppasus sich von gestern her befand / hieß dieser ihn also wilkommen: Es ist mir lieb Dropion / daß / nach dem unser lieber König durch diesen unnötigẽ von euch angezetteltẽ Krieg hat müssen in Gefångniß gerahten /uñ in jenem Zelte / gleich gegen über verwahret wird /ihr als Stiffter und Uhrheber dieses Elendes / ihm Geselschaft leisten můsset. Daß dir feihen Afte Reuter mein Unfal nit unangenehm seyn kan / antwortete er /weiß ich mehr als zu wol / kan auch[807] leicht erachten /dz deine Beisitzer (diese wahren Mastyes und Agiß) mehr über meine Bande lachen / als über die ihren weinen. Aber hättet ihr Hudler euch redlich gehalten /und mir mein Gestriges Gericht nit gehindert / wolten wir alle miteinander frey und Obsieger seyn. Diese wolten ihm antwortẽ / aber Prinsla uñ Neklam / welche wegen ihrer Verwundung ihnen zu Auffseher gegeben wahren / hiessen sie schweigen / uñ daß sie förder kein Wort / weder böses noch gutes miteinander reden solten / oder man wũrde ihnen dz Maul mit einem Knebel hemmen. Bald nach Bato Gefängniß wurden Agiß und Dropions Völker ganz eingeschlossen / daher sie um Gnade uñ Lebens Fristung rieffen /wie wol eine Schaar 12000 stark lieber sterben / als leibeigen seyn wolten / schlugen sich nach Osten zu durch / und setzeten sich in viel kleine Häufflein von etlichen hundert Mannen / ob sie desto füglicher durch die Flucht entriñen könten / aber Klodius uñ die andern / welche biß daher hieselbst mit 20000 Reutern geruhet hatten / setzeten sich gar breit ins Feld /daß sie ihren Siñ endern / und sich ergeben musten; Ladisla hatte nunmehr auch an seinem Orte es so weit gebracht / daß der Feind Herz und Hände sinken ließ /uñ bey grossen Schaaren Ostwerz begunten auszureissen / wurden aber gleich wie die vorigen zurük gewiesen / uñ musten sich gefangen geben; nur ein Häuflein 500 stark setzete sich enge zusammen / und weil sie lieber sterben / als leibeigen seyn wolten / drungen sie hindurch / daß sie das Feld einbekahmen; und die unsern sie i erhin lauffen liessen / damit sie die unglüklichen Bohten seyn / und ihre gänzliche Niderlage dẽ ihren ankündigen möchten. Also wahr dieser erschrekliche grimmige Feind gedämpffet / und der herliche Sieg durch grosse Blutströhme und unsägliche Gefahr erhalten. Es wurden 70000 Pannonier lebendig gefangen / unter welchen 150 Obersten / und 1300 Håuptleute wahren / mehrenteils hart verwundet. Uber diese wahren 105 Obersten in diesem ganzen Kriege an Feindes Seiten umkommen / und an die 2000 Häuptleute / nebest 342000 UnterHäuptleuten /Fähndrichen und gemeinen Knechten / dieselben ungerechnet / welche im ersten Einfal vor den GrenzFestungen blieben. In dieser heutigen Schlacht aber hatten die unsern dannoch auch eine merkliche Anzahl eingebüsset; Das Westen Heer missete von beyden Flügeln 12000 Mann / und hatte 7000 beschädigte; Von dem Sudischen Heere wahren 7500 erschlagen /und 8500 verwundet. Das Nordische hatte den geringsten Abbruch gelitten / massen deren nur 1500 erschlagen / und 2000 verwundet wahren / daß also die unsern noch ein Heer von 163500 gesunder Manschafft ins Feld stellen kunten / und von den beschädigten / deren 17500 wahren / etwa 5000 das Leben einbüsseten; hatten also ũberal 26000 Mann in dem heutigen ernstlichen Treffen zugesetzet. Nach erhaltenem Siege traffen die Könige und Fürsten / die kurz zuvor gefangen gewesen waren / wunderlich aneinander / setzeten sich ingesamt auff die Knie / und danketen dem Almächtigẽ Gott beydes vor die väterliche Stäupe und allergnädigste Erlösung / eine gute Viertelstunde lang / hernach trugen sie grosses Verlangen / die beiden tapfferen Helden zuerkennẽ / welche den West- und Sudischen Entsaz herzugeführet hatten. Sie sahen nicht gar weit von ihnen drey Geharnischte auff den Knien ihr Gebeht halten / gingen zu ihnen hin /und wurden bey ihren entblösseten Håuptern gewahr /daß Königin Valiska (dann eben diese hatte den rechten Flůgel geführet / und des Feindes Lager eingeno en) / König Baldrich / und GroßFürst Arbianes (der sich schon hatte lassen verbinden) dieselben wahren. Da[808] ging es nun an ein umfahen / herzen und küssen /und sagete Herkules zu ihr: Ach warumb hat mein Schaz sich vor mir so lange verbergen wollen / nach dem ich in so grosser Lebensgefahr gestecket / daß wenig gefehlet / sie würde ihren geträuen Herkules haben müssen am Galgen hängen sehen. Sie erschrak der Rede höchlich / und als sie den Verlauff kũrzlich vernommen hatte / baht sie anfangs umb Verzeihung /daß ohn eingewilligten Urlaub sie sich in die Schlacht mit eingewaget hätte; verständigte ihn hernach / daß aus Furcht des grimmigen Feindes sie bald nach ihrem Abzuge von Prag nach Teutschland geschicket /und daselbst 40000 Reuter vor baar Geld werben lassen / worzu sie 10000 Böhmen gesamlet / und den rechten Flügel damit versehen / da ohn Zweifel der gütige Gott es also geschicket / daß sie eben zu rechter Zeit ankommen můssen / als Arbianes auff sie gestossen / mit dessen Zutuhn sie alle Flüchtigen auffgesamlet / und daraus den linken Flůgel unter Baldrichs Befehl gestellet / welche dann durch ritterliches fechten die gestrige schändliche Flucht gut gemacht / und den verwirketen Tod von sich abgewendet hätten. Der gefangene Bluthund Mnata währe ihr auch auff dem Wege eingeliefert / welcher sich gar demühtig erzeiget håtte / und unter starker Huht auff seine Straffe warten můste. Die Obristen des Nordischen Heers kahmen zu unsern Helden / und lieferten ihnen ihr ansehnliches Heer im Nahmen der Wendischen Fürstin /welches alsbald Olaffen / als volwaltigem Feld-Herrn übergeben ward. Es wurden alle Könige und Fürsten eins / nach dem Sudischen Heer zureiten / von welchem sie noch das allergeringste nicht wusten / wz vor Leute sie währen / oder wer sie ihnen zum Beystand ausgeschikt håtte; und rühmete nicht allein Ladisla / daß sie ganz eiferig und tapffer gefochten hätten / sondern Arbianes zeigete zugleich an / wie ernstlich ein handfester Ritmeister von demselben Heer sich zu seines LebensRettung gebrauchet / und davor nichts / als seines ehmahligen Verbrechens (welches ihm doch allerdinge unbewust) Gnade und Vergebung begehret. Valiska / seine grosse Gefahr vernehmend /gab zur Antwort: Wann dieser gleich die allergröbeste Missetaht hätte begangen / müste ihm doch nicht allein verzihen / sondern auch Fürstliche Geschenke mitgeteilet werden. Sie ritten hierauff fort nach dem Sudischen Heer / unter der Begleitung von 100 Reutern / da König Ladisla mit entblössetem / die ůbrigen mit behelmeten Häuptern sich stelleten / und durch einen Gesanten freundlich begehreten / der FeldHerr dieses mächtigen Heers / dem ein grosser Teil des erhaltenen Sieges billich zugeschrieben wůrdt / möchte sich unbeschweret gefallen lassen / mit dieser Konigl. und Fürstlichen Geselschaft sich zubesprechen / und ihnen seine Kundschafft zugönnen / damit ihnen Gelegenheit an die Hand gegeben würde / sich dankbarlich zubezeigen. Dieser wolte ihnen solches nicht abschlagen / nahm 120 ansehnliche Ritter zu sich /und ritte mit auffgeschlagenem Helme hinzu / da Ladisla ihn auff dem Pferde umfing / und nachgehends ihn also anredete: Wie ersprießlich / tapfferer Held /uns allen eure ganz unvermuhtliche Ankunfft und Hůlffe gewesen / so begierig sind wir auch / denselben grossen Herrn zuerkennen / der uns einen solchen Beystand in unsern Nöhten geleistet hat / daß wir auch nicht frölich seyn köñen / ehe und bevor uns solches kund getahn ist; zweifeln demnach gar nicht / es werde eure Tapfferkeit uns diese hohe Glůkseligkeit mitteilen / und sich versichern / daß wir alle miteinander zu dessen Freundschafft nach aller Mögligkeit so erbötig als verbunden sind. Dieser FeldHerr fragete kürzlich / was[809] vor ein grosser Herr ihn angeredet hätte; und nach dessen Anmeldung / gab er diese Antwort: Großmächtigster unüberwindlicher König / gnädiger Herr; die Anzahl Völker / welche unter meiner Anführung zu rechter Zeit / (wovor ich dem Himmel danke) ankommen sind / hat ein wahrer Freund der Teutschen und Böhmen in höchster Eil: bißhieher zu deren Beystand fortgehen lassen / so bald er des unredlichen überfalles der Pannonier ist berichtet worden / und solches insonderheit zu ehren der Großmächtigsten Königin / Frau Valisken / unter dem mir gegebenen Befehl / daß ich meinen grossen Herrn und mich selbst niemand melden sol / ehe und bevor höchstgedachter Königin ich diese meine Völker zugestellet habe. Ladisla fiel ihm in die Rede / und sagete zu ihm: Tapfferer Held / wann es sonsten an nichts als an diesem fehlet / wollen wir ob Gott wil gar bald gute bekanten werden / massen ich denselben versichere / daß des Westischen Heers Führer und Herzog kein ander / als meine geliebete Fr. Schwester / König Herkules Gemahl / Fr. Valiska gewesen ist /welche hie bey ihrem EheGemahl hält / und durch Ablegung des Helms sich alsbald wird zuerkennen geben. Dieselbe hörete alle ihre Rede / legete den Helm von sich ließ ihre Goldgelben Haare umb die Schuldern fliegen / ritte dem fremden näher / und redete ihn also an: Tapfferer Held / wann eure Völker mir insonderheit zu ehren hergefůhret sind / wird mirs sehr schwer fallen / es zuvergelten / es währe dann /daß der grosse Herr meinen Willen vor die Werke nehmen / und durch eine stetswillige Begier sich wolte vergnügen lassen / wiewol ich mich nicht entbrechen werde / seinen tapfferen Leuten eine mögliche Vergeltung sehen zulassen; nur bitte ich vor dißmahl unsern brennenden Wunsch zuerfůllen / und so wol seinen als seines grossen Herrn Nahmen uns anzumelden. GroßFürst Markomir (dieser wahr der Sudische FeldHeer) kennete alsbald ihr Angesicht / durch dessen anschauen sein Herz und Seele auffs hefftigste gerůhret ward / daß er sich so bald nicht begriffen kunte; endlich legete er seinen Helm ab / schwang sich vom Pferde / und trat zu ihr / des Vorsatzes / ihre Füsse im Stegreiff zuküssen / welchem sie aber wol vorzukommen wuste / und mit diesen Worten ihm die Hand boht: Mein Herr und Freund / er wolle / bitte ich / mich nicht über Gebühr und Wolstand ehren /sondern mir seinen Nahmen anzeigen / damit ich wissen möge / wie ich mich gegen denselben zuverhalten habe. Welches er also beantwortete: Warumb solte der tieffverschuldete Knecht Markomir unterlassen /dieselbe über alles zuehren / von welcher er aus der Unvernunfft wieder zu seinem Verstande / uñ aus dem Verderben zu seiner jetzigen Glükseligkeit gebracht ist. Valiska dieses hörend / sprang gerade von ihrem Pferde / trat ihm entgegen / und nach einem schwesterlichen umfangen und dargebohtenem ehrliebenden Kusse (wodurch er zum allerhöchsten ergetzet ward) sagete sie zu ihm: Durchleuchtigster GroßFürst / ich befinde mich bereit Euer Liebe stårker verbunden / als ich nimmermehr bezahlen kan / und solches wegen der hohen und warhafften Freundschafft / welche dieselbe zu mir tråget; wie werde ich dann diese mehr als Brüderliche Hülffleistung vergelten können / ohn welche wir unsers Orts den Sieg schwerlich würden erhalten haben? Ich trage aber zu Euer Liebe diese Zuversicht und festes Vertrauen / dieselbe werde unsere Geselschafft nicht so schleunig verlassen / daß wir nicht solten Zeit haben / zum wenigsten durch allerhand ehrliebende Bezeigungen scheinen zulassen /wie herzlich gerne wir bezahlen wolten / wann nur die Schuld nicht gar zu ůbermässig[810] währe. Der junge Fürst befand sich durch diese Rede in der allersüssesten Vergnügung / wahr auch so gar von ihm selber kommen / daß er aller Antwort vergessend / sich vor ihr auff beyde Knie niederwarff / und mit demühtigen Geberden ihre Knie umfing / so daß sie sich von ihm nicht loßwirken kunte / und befürchtete sie sich eines schweren Unfals / weil sie nicht allein seiner Farbe Verenderung sahe / und das zittern seiner Glieder wahrnahm / sondern auch seine starken Seuffzer hörete; und wahr der mit Liebe und Anmuht erfůllete Fürst in dem Stande / daß wenig fehlete / er währe vor Freuden Todes verblichen. Die gesamten Könige und Fürsten stiegen von ihren Pferden / ihn ehrerbietig zuempfahen / da dann Herkules voraus trat / und mit entblössetem Häupte zu ihm nahete / gleich da Valiska durch nicht geringe Bemühung ihn von der Erden auffgerichtet hatte / uñ ihn zum andern mahle umfangen hielt. Sie wolte ihm aber Zeit geben / sich in etwas zubegreiffen / darumb redete sie ihren Herkules also an: Sehet hier / mein Schaz / den teuren GroßFürsten und nähesten Erben des mächtigen Königreichs der Franken und Sikambern / dessen Liebe so willig gewesen ist / uns in unsern höchsten Nöhten beyzuspringen / wovor wir ohn zweifel deroselben sehr hoch verbunden sind. Ja Durchleuchtigster Fũrst / Herr Markomir / sagte Herkules / was vor eine unbegreifliche Tugend euer recht Fürst- und Königliches Herz bewohne / hat Eure Liebe durch diese kräfftige Hülffe dergestalt sehen lassen / daß es klärer nit hätte geschehen können / und wie ich eine geraume Zeit her Euer Liebe Kundschafft gewũnschet / und des steiffen Vorsatzes gewesen bin / nebest meinem Gemahl Eure Liebe zubesuchen / also erfreuet michs inniglich und von Herzen / daß dieselbe ich dieser ends sehen sol /deren ich mich samt alle meinem Vermögen zu allen geträuen Diensten und auffrichtiger wahrer brüderlicher Freundschafft anerbiete. Der Fürst erhohlete sich etlicher massen / stund aber doch annoch in grosser Verwirrung / daß er seine Zunge nicht gebrauchen kunte; welches Ritter Farabert (der allernähest hinter ihm stund) merkend / seine Stelle vertrat / und also antwortete: Ihr unüberwindliche Könige; verzeihet /bitte ich / meinem gnädigsten GroßFürsten / Herrn Markomir / daß dessen durch die allervolkommenste Vergnügung ganz verzucketen Geister / mit viel zu anmuhtigen Gedanken umgehen / als daß dieselben durch der Zungen Laut soltẽ können ausgedrücket werdẽ / nachdem seine Durchl. ganz unvermuhtend hieselbst dasselbe antrifft / welches zusehen / die ganze Zeit seiner wiedererlangeten Gesundheit / sein einiger Wunsch gewesen ist. Valiska machete sich gemählig von Markomir loß / daß Herkules Gelegenheit bekam / ihm nahe zutreten / und ihn zu umfahen; Welcher nunmehr sein Herz in etwas beruhiget befand / und sich unterstund / Herkules mit ehrerbietiger Neigung zubegegnen; der ihm solches doch nicht gestattete / sondern ihn zum andern mahle ganz Brůderlich umfing; Worauff jener endlich diese Rede von sich gab: Großmächtigster Unüberwindlicher König / auch Großmächtigste Unüberwindliche Königin; mit was Gehorsam kan ich diese hohe Gnade ersetzen / welche von Ihren Hocheiten mir Unwirdigen hieselbst begegnet und mitgeteilet wird? Ich ruffe den Himmel zu Zeugen / daß die Beherschung der ganzen Welt /wann sie mir zustünde / ich willig übergeben wolte /wann dadurch ihre Gewogenheit und Freundschafft ich k \nte erlangen; und diese wird mir mit so grossem ůberflusse angebohten / daß ich eine Schuldigkeit seyn / erachten muß / davor zusterben / wann einigerley weise Ihren[811] Hocheiten mit meinem Tode würde können gedienet seyn. Vor dißmahl habe ich von nöhten / meines Unverhaltens gnädige Verzeihung zu bitten / hoffe auch / nicht allein dieselbe zuerlangen /sondern mit der Zeit / da meine Gegenwart kan gelitten werden / meine Augen also zugewähnen / daß dieselben die Strahlen der allervolkommensten Tugend-Sonnen in etwas werden ertragen können / welche bey dem ersten unvermuhtlichen anschauen mich allerdinge geblendet haben. Durchleuchtigster GroßFürst /antwortete Valiska; eure Liebe wollen / bitte ich sehr / dieses Wortgeprånge denen überlassen / welche mehr Freundschaft auff der Zungen als im Herzen führen; euer Liebe gewogenheit lässet sich in der Taht so helle und scheinbar sehen / daß kein Mensch ein mehres begehren kan. Ich habe lange und glüklich gnug gelebet / unvergleichliche Königin / antwortete er / wann mein bemüheter Wille angenehm ist / weil ausser dem meine Schwacheit nichts erhebliches leisten kan. Die freundliche Beredung hielt bey ihnen zimlich an / biß Markomir seiner Eltern Gruß anbrachte / und daß dieselben die Teutschen und Bömischen Könige und Königinnen freundlich ersuchen liessen / ihr wahres und ergebenes Freundes Herz aus diesem wilfärtigen Beystande zuerkennen / welche sich hiemit erböhten / vor ihre Wolfahrt ihres ganzen Frankisch- und Sikambrischen Reichs vermögen willig anzuwenden. Welches mit gebührlichem dank erkennet und beantwortet ward. Herkules und Ladisla erläubeten den Völkern auff der Wahlstat Plunderung zu halten / aber weder die Sudischen noch die Nordischen Völker wolten daran anteil haben / derwegen musten die Teutschen und Böhmen alle Beute an einen Ort zusammen tragen / welche sich auff viel Tonnen Goldes an Baarschaft / Geschmeide und Pferdeschmuk belieff / welche nachgehends unter alle Völker verteilet ward / wiewol man den Franken einen grossen Vorzug gab; des Lagers Reichthum wahr sehr groß / welchen Ladisla unter die Könige und Fürsten verteilete / wo bey Markomir sich heftig wegerte. Was man aber bey den gefangenen Pañoniern fand / ward alles zur gemeinẽ Beute geleget. Zeit wehrender einsamlung der Beute stelleten unsere Helden das Gericht über ihre Gefangenen an / liessen in aller eile auff die gestrige Stelle nahe bey dem annoch stehenden Galgen ein Gesäß auffbauen / und alle vornehme Gefangene samt ihrem Könige / an der Zahl 127 / an Ketten lind Banden herzuführen / unter denen aber Mastyes / Agis und etliche andere mehr /die sich ihrer gestrigen Erlösung angeno en hatten /ehrlicher gehalten / und von Leches ungefesselt begleitet wurden / daß sie nicht unter den andern Gefangenen / sondern ihnen zur Seite gingen / uñ ihr Gleitsman sie mit freundlicher Unterredung / wie ihm befohlen wahr / unterhielt / welches sie doch wenig achteten / nachdem sie entschlossen wahren / mit ihrem lieben Könige zu sterben oder zugenesen / welcher mit seinem Dropion (als ein par Hunde) zusammen gefesselt wahr. Als sie vor dz Gerüste traten / auff welches alle Fürstliche Häupter / ausser Königin Valiska sich gesetzet hatten / wurden diese beyden voneinander gelöset / und muste Mnata allein etwas näher ko en / welchen Ladisla mit überaus grimmigen Angesicht und fũnkelnden Augen also zu Rede stellete: Was vor ein böser Geist hat dich getrieben / du ehrvergessener gottloser Mordbrenner / Dieb / Räuber /und Mörder / daß du nicht allein mich und mein unschuldiges Land / ohn alle gegebene Ursach / unabgesagt / und mit so teuflischem Grimme angefallen /sondern auch allen Inwohnern den Tod / dem ganzen Lande die Verwüstung / und welches erschreklich[812] zu hören / vier unschuldigen ehrliebenden Königen und dreyen redlichen Königlichen Fürsten den Galgen hast angedräuet und auffrichten lassen / auff daß du auff einmahl und an einem Schand-holze fünff großmächtige Königreiche schmähen möchtest / welche dir nie keine beleidigung angefüget hatten? und diese von ewigkeit her ganz unerhörete Grausamkeit würde dein verteuffelter Marschalk / ohn zweifel aus deinem ehmahligen geheiß uñ anordnung zuvolstrecken / gestriges Tages nicht unterlassen haben / dafern der almächtige barmherzige Gott nicht etliche wenige auffrichtige Herzen deines gewesenen Volkes aufgemuntert hätte / welche / inbetrachtung deiner selbst eigenen Gefahr / seiner unmenschlichen Wüterey und durch triebenem Frevel sich wiedersetzeten / welches ihnen unvergolten nicht bleiben mus. Nun sihestu ja /daß gleichwol noch ein Gott im Himmel wohnet /welcher deinem närrischen Hochmuht steuren kan /wann du ja Menschen zu geringe achtest / dich vor ihnen zu fürchten. Und ich frage dich / du Henkermässiger / bildetestu dir wol ein / als du den Galgen vor meinem Lager auffrichtetest / diese Königliche /Hochfürstliche und Ritterliche Geselschaft würde deinen Strik ohn wegern umb den Hals nehmen / und mit dir die Leiter hinan klimmen / daß du sie frey immerhin auffknüpfen möchtest / da sie doch ein so wolgesetzetes Heer umb und bey sich hatten? Doch setze ich dieses auch beyseit / und möchte nur gerne wissen / was vor eine unsinnige Bosheit dich getrieben hat /daß du meinen wahrẽ lebendigen Gott / welchen du aus teuflischem Spot einen erhenketen nennest / lästern / und gleichsam zum Kampfe hast ausfodern dürfen. Sihestu noch nicht / daß er dir redlich / zeitig /und mehr dann zu scharff ko en ist / und uns seine Kinder zwar mit der gnädigen Vater-Ruhte / wegen unser Sünde gezüchtiget / wovor wir ihm herzlich danken / dich aber mit schwerer Hand zur grimmigen Straffe / wegen deiner lästerung und unmenschlichen gottlosigkeit hingerissen hat? So schicke dich nun nebest deinen mitgefangenẽ / von dir bestelleten Mordbrennern / Räubern und Mördern zum wolverdieneten Tode / dann du must den Gagen / welchen du dieser Königlichen Geselschaft / wiewol / Gott lob / zu früh und vergebens hast auffrichten lassen / mit deinem gottlosen verfluchten Leibe zieren und kleiden / und daran deine zu leben unwirdige verfluchte Seele ersticken lassen; woraus du noch vor deinem Ende die Warheit des alten Sprichworts lernen kanst: Mannicher gräbet einem andern eine Grube / und fället selber dahinein. Der gefangene Mnata entsetzete sich dieser schleunigen Urtel / sahe den Galgen vor Augen / und muhtmassete aus Ladislaen vorbringen / daß Dropion ihn den gefangenen Königen würde haben auffrichten lassen / betraurete solches sehr / und fing an / dieser gestalt sich zuverantworten: Wir Könige haben leider das gemeine Laster an uns / daß wir nichts so heftig /als die Beherschung ũber viel andere / und die Rache der empfandenen Beleidigung mit aller macht zu volstrecken / uns lassen angelegen seyn; insonderheit wann hohe Beamten und Rähte nicht allein in solchen Sachen sich vor stete Ohrenbläser angeben / sondern auch so viel gewalt über uns erlangen / daß wir sie hören / uñ ihrer führung folgen mũssen. Eben dieses /bekenne ich / hat auch mich unglükseligen König verleitet und getrieben / einen möglichen Versuch zu tuhn / ob mir das Glük / dem ich zu viel trauete / so günstig seyn / und meine Gewalt über dieselben ausbreiten / ja mich auch an denen rächen wolte / welche mich den Römern zu zehnjähriger Schatzung übergeben haben. Nun ist an meiner Seite alles zum ärgesten Unglük ausgeschlagen / und habe nicht allein den ganzen[813] Kern meiner Untertahnen eingebüsset / sondern auch diese Ketten annehmen / und als ein Ubeltähter mich vor Gericht schleppen lassen müssen; da ich dann gestehe / daß meine Obsiger leicht Ursach finden können / mit mir also zuverfahren / wie mir anjetzo gedråuet ist. Ich erinnere mich überdas auch meiner unbesoñenheit / daß in auffrichtung des verfluchten Galgen ich eingewilliget / welches vielleicht (doch zweifele ich dran) ich durch starkes und äusserstes wiedersprechen hätte hindern können; daß es aber aus meinem Angeben / oder Geheiß und wolgefallen solte geschehen seyn / oder ich jemahls des willens gewesen / König- und Fürstliche Häupter hinan zu heben / oder heben zu lassen / wird mir kein Mensch überbringen; aber wol / dz ich anfangs dawieder geredet / uñ den ausgesprochenẽ Schimpf nie gebillichet /vielweniger aus meinem Munde gehen lassen. Hat mein gewesener Marschalk sonst gestriges Tages /welches mir allerdinge unwissend ist / sich einiger unbilligkeit wieder eure Königl. Hocheiten unternommen / solches ist mir bey Königlicher Träue herzlich zu wieder / und machet mich fürchten / es sey solches mehr zu meinem selbst eigenen / als zu anderer Leute verderben und untergang angesehen gewesen / gestaltsam ihm ja meine Gefängnis nicht hat können unbewust seyn / deren mich zuentheben / / man ja alle güte / und keine grausamkeit hätte anwenden und gebrauchen müssen / da man sonst meine Wolfart und Erledigung suchen wollen; ist mir demnach von herzen lieb / daß etliche der meinen solchem teuflischen Vornehmen wiederstanden / und so wol von eurem tapferen Königlichen Blute / als von mir selbst das Verderben abgekehret haben. Ja ihr redliche und ehrliebende Könige / ich ruffe den wahrhaften Himmel zu zeugen / und alle Götter / die mich in dieses Unglük gestürzet haben / daß wann die Wahl bey mir gestanden / wolte ich lieber durch eure ritterliche Faust in der Schlacht nidergehauen seyn / als durch eure schändliche Erhenkung mein Leben gerettet haben. In betrachtung dessen gelebe ich der tröstlichen Hofnung und zuversicht / König Ladisla werde seine gesprochene Urtel gnädig mässigen / und an mir unglükseligen / der ich gestern umb diese Zeit noch ein mächtiger König wahr / seinen rechtschaffenen Heldenmuht sehen lassen / daß er an keinem andern Fürstlichen Blute gefallen träget /als welches er ritterlich mit dem Schwerte vergeusset /auff welche weise ich ihm das meine tausendmahl lieber hätte gönnen und geben wollen / als daß ich diese Ketten tragen / und vor Gerichte stehen mus. Kan mir nun solche Königliche barmherzigkeit wieder fahren /daß nach fristung meines lebens / durch gutwillige abtretung alles meines gehabten Rechtes / von seiner Hocheit ich etwas Land uñ Leute behalte / und dz übrige nebest allen meinẽ Baarschaften / die fast unzählig sind / gerne verlasse uñ auf ewig verzeihe / werde ich solche Königl. Gnade zu rühmen uñ zuerkeñen habẽ. Ihr aber / hochberühmter König Herkules / von dessen Tugend uñ erbarmung die erbare Welt preises vol ist / wollet von mir ganz demühtig gebehten seyn /an mir eurem gefangenen armen Mnata (welchẽ dz Glük im Augenblik von der höchsten Staffel in die tiefste Pfütze alles ku ers gestürzet) eure so hoch gerühmete Gnade erscheinẽ zulassen / uñ durch eures allerliebsten Freundes / Königes Ladisla (dessen Willẽ ihr beherschet) harten Zorns uñ Eifers milterung / es zuschaffen / dz Mnata nicht der erste Pañonische König sey / welcher sein Leben in Böhmen an einem Diebes-Galgen endigen solte. Mit welchem Worte ihm die Rede stehen blieb / fing vor grosser Angst anzuseuffzen uñ klugzen / uñ indem er einen demühtigẽ Fußfal taht / sagte er; verflucht sey mein Hochmuht[814] und aller deren Raht / welche mich in diesen elenden Stand gestürzet haben. O du grosser Gott /wie bald und leicht kanstu den Stolz fellen / und den auffgeschwollenen Hochmuht zur Erde niderdrücken! unsere ganze Geselschaft ward zum Mitleiden gegen ihn bewäget / liessen sichs doch nicht merken / sondern hiessen ihn und alle Gefangene einen Abtrit ins weite Feld nehmen / mit ernstlichem Befehl / daß sie unter sich kein einziges Wort / weder in gutem noch bösem wechseln solten; welches dem trostlosen Mnata schon etwas Hoffnung machete. Als sie wieder vorgefodert wurden / fing König Ladisla nach gehaltener Beredung also an: Ich und mein ganzes Königreich / welches ihr Mnata / so elendig zugerichtet habet / möchten von Herzen wünschen / daß ihr euren Hochmuht selber hättet brechẽ können / ehe und bevor Gottes schwere Hand über euch kommen währe / daß ihr aber nach begangener gar zu ůbermachter Freveltaht / Gnade und Lebens Fristung begehret / ist zu lange geharret; dann bedenket nur selber / wie viel tausend unschuldiger Menschen Seelen ihr auffgeopffert / wie viel betrübte Wåysen und Wittiben ihr gemacht / in wie grosse Armut und Verderben ihr viel meiner Untertahnen gesetzet / worzu man euch nicht die allergeringeste Ursach gegeben / nur daß man sich eurer boßhafften Leute redlich erwehret / und auff ihre frevelmühtige Anfoderung / sie bestanden / welches das eingepflanzete Recht uns selbst geheisset und aufferlegt hat; kan also euer Mutwille und übermachte Beleidigung nicht wol anders / als durch euren Tod gebüsset werden. Jedoch werde nach Befindung eurer Busse und Auffrichtigkeit ich mich zumässigen wissen / wann ihr vor erst durch gnugsame Zeugen euch des auffgerichteten Galgens entbrechen / und den wahren Angeber ohn einige Verleumdung nahmhafftig machen; hernach auch anzeigen werdet / wer oder welche dieses unredlichen Mordes (dann ein Krieg kans nicht genennet werden) Stiffter uñ Uhrheber seyn. Dieses / antwortete Mnata / wird niemand besser darzulegen wissen / als gegenwärtige meine allergeträueste und heilsamste Rähte uñ Beamten / Mastyes / Agiß / Hyppasus / Amythaon und Deon / welche wol unschuldig mit den boshafften in dieses Elende gerahten sind / nachdem sie mir diesen (muß nunmehr selbst bekeñen) ganz unbefugten unredlichen Einfal geträulich wiederrahten / ich aber ihnen in etlichen Dingen nicht folgen wollen / und in den wichtigsten nit folgen dürffen. Der gebundene Dropion hatte sich bißher gestellet / als ginge ihn dieses Gericht gar nit an / wahr auch des Vorsatzes / kein Wort zureden / es geschähe dann zu unserer Helden Beschimpffung; hieselbst aber fiel er seinem Könige ins Wort uñ sagete /König Mnata; wañ guter Wille und wolgemeineter Raht unglüklich außschläget / gebühret keinem Könige / sich dessen zubeschweren / vielweniger seinen Kopff aus der Schlinge zuzihen / und andere darinnen stecken zulassen / sondern mit seinen Leuten gleiches Lieb und Leid außzustehen; uñ solches würde einem geherzten Pannonischen Könige ungleich besser uñ rühmlicher seyn / als mit unablöschlichem Schimpfe seiner Hocheit / sich vor seiner FeindeFüssen niderwerffen / welches auch diese unsere jetzige Richter gestriges Tages in ihrer Verurteilung nicht haben tuhn wollen. Sehet König Mnata; diese Bande und Ketten trage ich euret wegen rühmlich / und bin eben derselbe / der ich gestern wahr. Er wolte weiter großsprechen / aber König Ladisla redete ihn also an: O du abgefeimeter Bube; rühret dich schon dein Gewissen? und bistu noch eben derselbe / der du dich gestern zuseyn rühmetest / ein bestätigter König in Böhmen? Lieber von wem[815] hastu doch solche Bestätigung? Sihe da / ich gönne deinem Könige wol / daß er allerdinge sich der Untaht entbrechen könte / wie ich mich dessen schon guten teils zu ihm versehe / da ich dann dir zu Troz mich ihm gnädiger erzeigen wil / als du ihm nicht gönnest. Wer mich zum Böhmischen Könige bestätigt hatte? antwortete Dropion; das Glük uñ meine Faust; aber unbefugete Feinde / mit welchen Pannonien in keiner Fehde gestanden / haben mich wieder außgehoben / dessen sie alles Unglük lohnen müsse. Du frecher Teufel bist keiner Antwort wirdig sagte Ladisla / und wo du deine ruhmrätige Zunge nicht alsbald schweigen machest / sol sie dir aus dem Schandmaule gerissen werden. Weil er nun dieselbe nicht gerne verlieren wolte (dañ er wahr bedacht /deren hernåhst noch besser zugebrauchen) ließ er sich leicht stillen; und ward dem redlichen Agiß Urlaub erteilet zureden / und seines Herrn Entschuldigungen /wie wol ohn falsch und anderer unschuldigen Verleumdung vorzutragen; welcher also anfing: Ihr Großmåchtigste / unüberwindlichste Könige / Durchleuchtigste Fürsten / und ritterliche Helden; die allergifftigste Seuche / welche bey aller Könige und Fürsten Höfen ein durchgehendes ũbel ist / ich meine die Schmeicheley / und ihre Tochter die Verleumdung / hat auch den Pannonischen Königlichen Hoff nicht meiden wollen / sondern denselben so hefftig angestecket / daß kaum vier oder fũnf Rähte / samt etlichen anderen / wiewol wenigen Bedieneten davon frey bleiben m \gen / und die frey blieben sind / haben täglich unter dem Meuchel-Schwerte sich wagen und besorgen müssen. Die grossen Götter / welche uns billich gestraffet haben / ruffe ich zu Zeugen / daß mein König / euer Gefangener / diesen unbillichen und unseligen Zug nicht aus seinem freyen Willen und Getrieb vorgenommen / sondern durch unnachlässiges anhalten und begehren / meinäidiger Blutgieriger Rähte darzu angehetzet und fast gezwungen / nachdem er schon über anderthalb Jahr sich gewegert hat /ihnen Folge zuleisten; hätte auch noch diese Stunde nit eingewilliget / wann nicht dieser ruchlose / Tugend- und Ehr-vergessene Mensch / sein gewesener /(ja den Göttern sey Dank / gewesener) Stathalter und Feldmarschalk / der ungeheure Dropion / den grösten Teil der Königlichen Råhte und Beamten eingenommen und auff seine Seite gezogen hätte / so daß mein König und wenig andere wol folgen müssen / wolten sie nicht gar / als Verrähter des Vaterlandes / über Bort geworffen werden. Da stehet das Unglük unsers Königes und des algemeinen Pannonischen Reichs gegenwärtig / unter dreyen Brüdern der allergottloseste / der seiner Brüder Tod und Leibeigenschafft zurächẽ / keine Gelegenheit aus der acht gelassen ungeachtet sie ihres Frevels wolverdienten Lohn bekommen haben; aber es ist ihm leider dergestalt gelungen / daß ganz Pannonien mit samt ihrem Könige alles drüber haben eingebüsset. Wolte Gott / seine Mutter /das Gottlose Weib / hätte ihn im ersten Bade ersäuffet / oder in der Geburt erdrücket / so dürffte Pannonien heut nicht seuffzen / und den UnglüksNahmen Dropion verfluchen. Doch die Götter müssen ihn ja uns zur Straffe haben lassen groß werden / sonst währe unmöglich / daß er nicht vorlängst schon von der Erden verschlungen / oder vom Donner erschlagen währe /als welcher / da er noch nicht 16 Jahr alt gewesen /mit seines Vaters leiblicher Schwester / das Blut-schandlose Früchtchen den Bato / welcher unweit von ihm stehet / und sein an Untugend und Gesichte ganz ähnlicher Sohn ist / gezeuget; Ein Jahr nach seines Vaters Tode kam seine Mutter nider / und hat man festiglich gegläubet / kein Mensch als dieser[816] ihr Sohn trage schuld daran. Seine zwo leibliche Schwestern hat er hernach geschändet / da sie kaum manbar gewesen / und mit der ältesten eine Tochter gezeuget /mit welchem seinem eigenen Fleisch und Blute er nachgehends die allerverfluchteste Blutschande getrieben; daß ich anderer / mit Vieh und Menschen begangener Abscheuhligkeiten geschweige / die vor keusche Ohren nicht zubringen sind / wozu er doch diesen seinen Bato selbst angeführet und abgerichtet hat. O du hochmũhtiger Freveler / wie ist dir nun die Böhmische Kron bekommen / welche du dir so fest eingebildet hattest / und bey dieses unglüklichen Krieges Beredung sie von deinem Könige fodern durfftest / wiewol sie dir dazumahl / und biß gestern von unserm Könige ist gewegert worden. Zwar du hast dieselbe in etwas geschüttelt / und teuflischer weise in ihrem wirdigsten Könige beschimpffet / aber leider deinem Könige die seine gar vom Häupte geschlagen / dannoch aber / Gott Lob / deren keine auff deine Stirn bekommen / wiewol du nach beyden zugleich strebetest. O du Verderben deines Vaterlandes! O du Unehr alles Pannonischen Blutes! du stinkender schäbichter Hund! Dropion kunte vor Ungeduld und Rachgier långer nicht schweigen noch sich einzwingen / und sagte: O du Raben-Vieh / ist deine Zunge doch schärffer als die Schwerter aller meiner Feinde; zückete zugleich den linken Fuß / welcher ihm frey wahr /und stieß diesen Redener / daß er zurük prallete. Welcher Frevel unsern Königen so sehr zu herzen ging /daß er aüff Befehl von vier Bütteln dergestalt geprügelt ward / daß er als ein wilder Ochse brüllete / und als ein Erdwurm sich krümmete; Worauff Agis also fortfuhr: Ich wil es zu meiner Entschuldigung nicht sagen / daß allein ich und gegenwärtiger Mastyes /nebest wenig andern / unserm Könige diesen unseligen Zug wiederrahten haben; nur allein führe ichs zu dem Ende ein / daß Ihre Königl. Hocheiten sehen /wie mächtig dieser boßhaffte Mensch in unserm Vaterlande gewesen / daß er nicht allein aller übrigen Rähte Willen zu sich lenken / sondern auch seinen König zwingen können / sein begehren gut zuheissen. Niemand wird mirs leugnen / daß der Bluthund mich schon vor etlichen Jahren als einen LandVerrähter hat wollen hinrichten lassen / weil ich ůber Gerechtigkeit hielt / und hat bloß meines Königes mühselige Vorbitte mein Leben erhalten. Eben dieser / ja allein dieser ist des Galgen Angeber und Meister; Er hat ihn lassen zimmern und richten / daß Könige und Fürsten daran sterben solten / und hätte ihm jemand eingeredet / müste derselbe als ein Verrähter hingerichtet worden seyn / nachdem ers auch seinem eigenen Könige nicht vor gut halten kunte / daß derselbe bey der Auffrichtung zu ihm sagete: Feldmarschalk / Feldmarschalk / lasset uns gelinder und vorsichtiger gehen /man henket die Könige nicht so bald an Galgen; so haben wir sie auch noch nicht in unser Gewalt / und wann das Glük mit uns spielen wolte / als in der ersten Bestürmung dieses wolbefestigten Lagers / ja wann es uns gar in unser Feinde Hände liefern wolte (ach wie wahr hat unser König geweissaget!) wie würde es uns dann wegen dieses Vornehmens ergehen? Uberdas ist dieser Landverderber mit der allerunerhörtesten Verrähterey umgangen / seinen eigenen König auszuheben / und sich auff dessen Stuel zusetzen; dann Böhmen wahr seiner eingebildeten Hocheit viel zu enge. Dessen müssen mir zwölfe unter diesen Gefangenen Zeugniß geben / unter denen Pyrechmes /Pelegon / Bato / und der jüngere Pines die Redlensführer sind / die übrigen aber ich auch nahmhafftig machen wil; wird man diese auff der Folter befragen /[817] sollen sie schon ausbeichten / wie sie unsern König in der Schlacht haben wollen entleiben / dafern er vor FeindesSchwert solte erhalten werden; welches auch die einige Ursach gewesen ist / daß Mastyes nach dessen Erfahrung / aus eigener Bewägniß / uns den lezten Entsaz zugebracht / daß unsers lieben Königes schon verrahtenes Leben Schuz haben möchte; und werden jezt gemeldete zugleich außbeichten müssen / wie ihr vermeineter König Dropion die Ehrenämter und Landschafften schon unter ihnen außgeteilet / versprochẽ und verbriefet hat. So lasset nun / ihr Großmächtigsten Könige und Durchleuchtigste Fürsten / lasset dieses zur Entschuldigung meines Königes eures Gefangenen in so weit geltẽ / daß er nicht eigenwillig /sondern fast durch Zwang diesen unverantwortlichen Zug vorgenommen / und des Galgen Auffrichtung /dessen ich alle Götter zu Zeugen ruffe / in seinem Herzen nie gebillichet hat; und kan endlich meines Königes Blut durch ein anderes gelöset werden / so lasset das meine an seiner Stat vergiessen / ich wil mich glükselig preisen / wañ durch meinen Tod ich meinen lieben König beim Leben erhalten werde / wie ich schon in meiner Seele die allerhöchste Vergnügung befinde / daß mit zutuhn meines Freundes Mastyes ich durch Vorbitte bey dem Pannonischen KriegsHeer dem Himmel sey Dank / es dahin gebracht / daß dem Bluthunde Dropion sein Vorhaben hat müssen gebrochen / und nachgehends auch sein angestelleter Meuchelmord hintertrieben werden. Herkules wendete sich zu dem wol abgeprügelten Dropion / und sagete: Du bist viel ein heilloser Schelm als deine Brüder wahren / dann die stritten und strebeten noch vor ihres Königes Wolfahrt / welchen du gar hast stürzen wollen / daher wundert michs um so viel weniger / daß du mich und andere Könige und Fürsten so schändlich gehalten / und zum Galgen hast dürfen verdammen / welchen du aber noch vor eine Gnade und Endigung deiner Pein halten wirst / wann er dir wird können zuteil werden. Doch achtestu uns so wirdig / so laß hören / was vor eine Entschuldigung du habest / damit niemand spreche / du seist ungehöret und auff wüterisch verdammet / wie du gestern mit uns verfahren / und mir kein einiges Wort hast göñen wollẽ. Meine Entschuldigung / wird mir wenig helffẽ / antwortete er / da Freund und Feind zugleich auff mich einstürmen / und mein Kläger auch mein Richter ist. Uberdas befinde ich in mir einen recht-Königlichen Geist / welcher sich nie hat drücken könnẽ / sondern stets oben geschwummen ist /und ůber andere herschen wollen; wer würde mirs demnach verübeln / ob ich nach einem K \nigreiche getrachtet hätte? währe mirs gelungẽ / dann so håtte die ganze Welt gesaget; der tapffere ädle Dropion hat ihm recht getahn / seine Wirdigkeit erfoderte ein solches; nun es aber mißglücket ist / darf auch dieser unnütze Hund (auf Agis zeigend) mir ins Angesicht speiẽ. Jedoch es gehe nach der G \tterSchluß; Ich bin in meinem Gemůhte noch diese Stunde ein König /und wil nicht als mit Königlichen Gedanken sterben. O du elender Tropff / antwortete Herkules / meinestu /daß ein Königlicher Muht in der Herschafft-Sucht bestehe / und nicht viel mehr in dem / daß man sich selber zwingen / und die Begierde meistern kan? daher ist dein Sin noch sehr weit von einem Königlichen Muhte abgescheiden / und was du Königliche Gedanken nennest / sind nichts als RäubersGedanken /daher auch / weil du solche ins Werk zurichten / alle Mühe uñ Gottlosigkeit angewendet hast / du gewißlich nicht als ein König / aber wol als ein Dieb / ErzRäuber und wüterischer Beleidiger der Königlichen Hocheit sterben wirst / darumb[818] gedenke nur / wie du deinen Königlichen Stuel / welchen du selbst hast richten lassen / nach ausgestandener Pein / auffs zierlichste bekleidest. Herkules / ein gebohrner Großfürst und König / hat gut aus dem Tugend-Buche zuschwätzen / antwortete dieser freche Mensch / nachdem ihm ein Königreich angebohren ist / und wann gleich solches nicht währe / er wegen des vermeyneten Königlichen Blutes / leicht durch Heyraht darzu gelangen könte. Aber durch welche Tugend sol ich und ein ander meines gleichen zum Königreiche auffsteigen / da uns eine Königliche Seel eingegossen ist /und es uns nur an einem Vater-Könige gemangelt hat? Ich möchte wünschen / daß ich auch in der Gnadenzeit gelebet hätte / als der tapffere und großmühtige Herr Jurelio Merkwol das Königreich Dalmazien sein eigenes Vaterland unter seine gevolmächtigte Herschafft brachte; da er aus heuchlischem Schein zur Tugend und Liebe der Landsassen Freyheit / seinem zur Herschung unwirdigen Könige (wie ich ihn schätze) so lange nachtrachtete / biß er ihm den Kopff vom Rumpffe brachte / und durch gemehlichen Fuchstrit nach wunder-listiger Verschlagenheit / mitten unter seiner Feinde wůten gar auff den Oberstuel kam / welchen vor ihm kein König hatte erlangen können; da dann alle dieselben ohn Köpffe gehen / oder in der Lufft bammeln musten / welche der von ihm so teur versprochenen Freiheit Erwähnung tahten. Ja er ward zugleich allen umliegenden Königreichen eine Furcht und Schrecken / daß die Höchsten der Welt / wie neidisch sie ihm gleich im Herzen wahren / dannoch ihre Gesandschafften an ihn abgehen liessen / und ihm als einem irdischen Gott schmeichelten / so daß dieselben sich vor glükselig schätzeten / die seine Hulde erlangen / und vor seinem durchdringenden siegreichen Schwerte befreiet seyn kunten. Dazumahl wahr es gut / eine grosse Herschaft an sich zubringen; aber die Zeiten lauffen nunmehr zu selzam / und kan der gemeine Pöfel sein eigen bestes nicht erkennen; Und eben diß ist die Ursach / warumb ich und andere meines gleichen die Hocheit nicht erhalten mögen / die unserm Königlichẽ Geiste sonst von rechtswegen gebührete. Aber was muß ich doch hören? bin ich ein Dieb und Räuber / darumb daß ich mich nach meiner Wirdigkeit umsehe? Lieber was muß doch der Mazedonische Alexander gewesen seyn / als sein Geist viel zugroß wahr / in dem engen Winkel Griechenlandes zubleiben / und deßwegen der ganzen Welt Herschafft suchete? Dieser wird ja daher von allen tapferen Helden / ja auch in Büchern gerůhmet. Aber wann er vor diesem Gerichte seines verhaltens Rechenschafft geben solte / müste er ein Dieb und Räuber heissen. Und du Kajus Julius erster Käyser / wer hat dich doch zum einigen stetswehrenden Herscher zu Rom eingesetzet und erkohren? hats nicht deine eigene Faust getahn / als dein grosser Geist wallete / der nicht allein niemand über sich dulden / sondern auch keinen gleichẽ neben sich leiden kunte? noch wann du an meiner stelle dich befündest / müstestu ein Dieb und Räuber seyn / da man dir nicht allein den Tod / sondern alle ersinliche Pein dräuen / uñ den Galgen zur Erquickung anbieten würde. Aber O ihr ehmahlige Helden /möchte ich eines gleichmässigen Glückes mit euch geniessen / wie mir der Himmel eine gleichwirkende Seele und troz-bietende Krafft eingegossen hat /würde ausser allem Zweifel mir die Herschafft von des grossen Griechischen Herkules Seulen biß jenseit des Ganges eingeräumet seyn / da mich nun das neidische Unglük in diese enge Ketten eingefesselt / und vor deren Gerichte gezogen hat / denen ich vor wenig Stunden die Galgenstraffe auffgelegt hatte.[819] Die K \nigliche Geselschafft wolte sich an des Großsprechers Auffschneiderey nicht kehren / stelleten sich auch als höreten sie es nicht / und befahl Ladisla / daß alle Gefangene nach dem Stokhause geführet / und daselbst mit Wasser und Brod unterhalten würden / ihrer Ketten und Banden unbenommen / nur Hyppasus / Amythaon und Deon wurden mit ihrem Könige entbunden / und in einem absonderlichen ReuterZelte mit zimlicher Speise und Trank versehen / da man Mastyes und Agiß / nebest ihren gestrigen Schützern alle Freiheit gab / zureiten und gehen / wo sie wolten; welche aber bey ihrem Könige blieben / und ihm allen Verlauff /was nach seiner Gefängniß sich zugetragen hatte / erzähleten; woraus er unschwer abnam / daß Dropion durch Verdammung unserer Könige / allermeist nach seinem Häupte und Leben hingezielet hätte. Nach gehaltenem diesen ersten Gerichte / hielt Arbianes bey Markomir fleissig an / daß der tapffere Ritmeister mit der dicken Wolke im Schilde / der ihm sein Leben ganz ritterlich errettet / möchte herzu geladen werden / damit er ihm eine wirdige Dankbarkeit sehen liesse. Derselbe aber schickete an seine stat einen von seinen Reutern ab / mit gnugsamer Unterrichtung / wessen er sich verhalten solte; welcher dann vor der Königlichen Geselschafft erscheinend / sich auff beyde Knie nidersetzete / und also anfing: Großmächtigste Unüberwindliche Könige / auch Durchleuchtigste Fürsten; auff allergnädigstes erfodern hätte mein Rittermeister sich in alleruntertähnigstem Gehorsam gerne eingestellet / wann nicht seine Unwirdigkeit und ehmaliges grobes Verbrechen ihn davon abschreckete /wiewol er ausdrüklich zu dem Ende sich in des Durchleuchtigsten GroßFürsten Herrn Markomirs Kriegsdienste mit seiner von ihm selbst geworbenen ReuterSchaar begeben hat / sich zubemühen / ob der gütige Himmel ihm einige Gelegenheit an die Hand geben wolte / wodurch er Gnade und Vergebung seiner schweren Sünde erhalten könte; da ihm dann das Glük so günstig erschienen ist / daß dem Durchleuchtigsten Medischen Großfürsten er nach seinem geringen Vermögen hat können auffwärtig seyn / auch von dessen Durchl. hohe Fürstliche Zusage seines begangenen übels erlanget / welche vor andern höchlich beleidiget zuhaben / er sich nicht ohn beissende herzens Reue erinnert; dafern nun die übrige Königl. und HochFürstliche Geselschafft / insonderheit die abwesende Durchl. GroßFürstin Fr. Klara / ihm gleichmässige allergnädigste Vergebung erteilen könten / wird er mein Ritmeister mit höchster Vergnügung von hinnen reiten / nachdem er sich selbst vor ganz unwirdig schätzet / vor eure Königl. Hochheiten und HochFürstl. Durchleuchtigkeiten zu erscheinen / verbindet sich auch in allertieffester Demuht / die ganze Zeit seines lebens zu seyn und biß in den Tod zuverbleiben / deroselben alleruntertähnigster gehorsamster Knecht Reichard der büssende. Unsern Helden fiel alsbald bey nennung des Nahmens ein / wehr er wahr / verwunderten sich seines redlichen vornehmens die ehmahlige Boßheit zu büssen / hiessen den abgeschikten Reuter einen Abtrit nehmen / und beredeten sich miteinander kürzlich; bald muste der Reuter wieder vor treten / und gab Arbianes ihm diese Antwort: Reitet hin mein Freund / und saget eurem Ritmeister Reicharden / daß seine heutige mir geleistete Rettung und getråue Dienste / sein ehmahliges Verbrechen weit überwogen haben / daher nicht allein diese ganze König- und HochFürstliche Geselschaft ihm gnädigst gewogen ist / sondern ich ihm auch meines lieben Gemahls völlige Vergebung und Fürstliche Hulde zuwege bringen wil; daß er aber[820] nicht davon zihe / sondern / wo seine Wunden / die er umb meinetwillen empfangen / es zugeben können / er alsbald mit seiner Geschwade sich alhie einstelle / damit ich ihn meiner Gnade und Gewogenheit gnugsam versichern möge. Dieser bedankete sich alleruntertähnigst in seines RitmeistersNahmen / und brachte dem ängstig harrenden Reichard diese gewünschete Zeitung; welcher bey nahe vor freuden vom Pferde in Ohmacht gesunken währe; ergriff sich doch bald wieder / foderte seine Mannschaft / die noch in 50 Köpfen bestund (dañ 30 hatte er bey Arbianes Erlösung eingebüsset / und wahren die übrigen biß auff sechse alle verwundet) zusammen / und ritte mit ihnen ohn alle Waffen / (nur daß er seinen kenlichen Schild mit sich nam) nach der Königl. Geselschaft / ließ seine Leute auff 100 Schrit davon stille halten / stieg daselbst ab vom Pferde /und ging gar allein tieff gebũcket hin / taht vor den Königen einen demůhtigen Fußfal / und ob er ihm gleich vorgenommen hatte / sich fest zu halten / fing er doch an zu seufzen / und seine Bußträhnen so häuffigzuvergiessen / daß er kein einzig Wort hervor bringen kunte. Die ganze Geselschaft trug grosses Mitleiden mit ihm / dann sie sahen vor Augen / daß seine Sũnde ihm sehr leid wahr / deswegen redete Herkules ihn also an: Mein Freund Reichard; ihr habet vor dißmahl in der Taht sehen lassen / daß eure Seele ehmahl von den unbendigen Begierden zwar hat können angesprenget und verleitet / aber nicht gänzlich überwunden werden / gleich wie ein hoher Baum von einem heftigen Windsturm wol zimlich gebeuget / und doch nicht gar abgebrochen wird / sondern sich bald wieder gleich richtet. Mein Bruder Fürst Arbianes scheuhet sich nicht / euch vor seines lebens Erretter zu halten und öffentlich zu rühmen / darumb sollet ihr eures Herzen empfindnis wegen des geschehenen / ablegen /und euch versichern / daß ihr von nun an / an uns allen ingemein / und an einem jeden insonderheit /ganz gnädige und gewogene Herren haben werdet /nicht anders / ob hättet ihr die ganze Zeit eures lebens auff der heutigen Tugend-bahn zugebracht. So stehet nun auff / und haltet euch nicht mehr vor einen Verbrecher / der sich vor der Straffe fürchtet / sondern vor einen wolverdienten / der grosse vergeltungen zugewarten hat; ich vor mein Häupt erbiete mich / daß ich euch in meine beharliche Dienste auffnehmen /und mit einem wirdigen Amte versehen wil. Ihr habt euch unter meiner Auführung wol gehalten / sagte Ladisla weiter zu ihm / des solt ihr bey der Beute austeilung zu geniessen haben / und verbleibe ich euch mit beharlichen Gnaden gewogen. Arbianes empfand eine grosse Zuneigung gegen diesen Menschen in seinem Herzen / welche sehen zu lassen / er zu ihm trat / hies ihn freundlich von der Erden aufstehen / boht ihm die Hand / welche er mit grosser Ehrerbietung küssete /und sagete zu ihm: Was vor eine Träue ihr heut an mir / mit äusserster Gefahr eures lebens / erwiesen /und mich abgematteten von des FeindesSchwert loßgemacht / müste ich sehr unempfindlich seyn / wann ichs in vergeß stellen / und zuvergelten mich nicht bemühen würde. Eur voriges euch zuvergeben ist uñöhtig / weil es schon längst vergessen ist / daher sollet ihr alle Gedächtnis des ergangenen bey seit setzen / als währe es nicht geschehen / und euch schicken solche Vergeltung zu empfahen / wie ihrs verdienet / und mirs zu leisten anstehet. Reichard erhohlete sich inzwischen / und zeigete kürzlich an / was gestalt er seine empfangene Gnadengelder zur ausrustung seiner Reuter angewendet / und willens gewesen einen Zug in fremde Lande zu tuhn / hätte des Franken Königes Werbung erfahren / und daß dessen Hocheit dem Bömischen Könige eine ansehnliche[821] Hülffe wieder die Pannonier zuschicken wolte / daher er sich in dessen Dienste begeben / und diese seine höchstgewünschete Glükseligkeit erlanget hätte / welche hiedurch volkommen gemacht währe / daß König Herkules ihm gnädigste Bestallung angebohten / in dessen Diensten er zu leben und sterben begehrete. Derselbe nun schlug ihn alsbald zum Ritter / und als die grosse gemeine Feldbeute geteilet ward / bekam er vor sein Häupt 30000 Kronen an Baarschaft und Geschmeide /darzu 24 statlich geputzete Reitpferde / drey Pakwagen mit 18 Pferden und eine Gutsche mit sechs Pferden / von der LagerBeute aber / welche der Königlichen Geselschaft vorbehalten ward / wendete ihm Arbianes 20000 Kronẽ und die andern Könige und Fürsten ingesamt auch so viel zu; da seine 50 Reuter ingesamt zwo Tonnen Goldes / gleich unter sich zu teilen / bekahmen / welche Arbianes alle in bestallung nam / und Reicharden 12 Teutsche Reuter zugab /welche mit ihm nach seiner Heimaht alsbald fortzihen solten / umb seine Gelder und Sachen dahin zubringen / er aber solte mit seiner Eheliebsten sich bald wieder einstellen / und erwarten / was vor absonderliche Gnade ihm daselbst begegnen würde. Er kam diesem Befehl willig nach / da er Südmeier den ehmahligen Gutscher loßbaht / welcher / weil er sich kund gegeben hatte / über 10000 Kronen wert bekam / nebest viel Pferden und anderen Sachen / die er seinem lieben Weibe und ihren armen Eltern mit übernehmen /und sich in Herkules Dienste wieder einstellen wolte. Das übrige dieses Tages brachte die Königliche Geselschaft in aller ergezligkeit zu / da beydes Herkules und Valiska sich über der Vergnügung hoch verwunderten / welche Markomir an den Tag legete / darumb dar er von ihnen so gar freundlich gehalten ward / wie sie dann beyderseits ihn in ihre brüder- und schwesterliche vertrauliche Freundschaft aufnahmen / dessen er sich selbst vor unwirdig schätzete; und wuchs diese Vertrauligkeit von Tage zu Tage / weil er sich so züchtig gegen Valisken bezeigete / daß leibliche Brüder und Schwester nie heiliger mit einander gelebet haben. Des folgenden Morgens musten alle Gefangene mit ihrem Könige (der mit einer zimlichen Kette wieder beleget ward) abermahl vor Gerichte erscheinen / da Dropion ohn gebehtenen Urlaub alsbald diese verwågene Rede anfing: Wañ das Glük mit mir nach meinem Verdienste verfahren wolte / müste ich trauẽ nicht gefesselt und umbkettet als ein Ubeltähter vor diesem Gerichte stehen / sondern die vorgestriges Tages abgefassete Urtel / wegen des übergeschikten schäbichten Hundes an meinen Gefangenen / nunmehr sitzenden Richtern gebũhrlich volstrecken. Meine tapfere Tahten sind grösser / als daß sie mit der Feder können beschrieben werden. Wann ich meiner Fäuste mächtig bin / mus vor mir stürzen was ich mit meinem Säbel berühre / und mus anjetzo mich von denen rechtfertigen lassen / denen so zu reden der Diebsstrik schon umb den Hals geleget wahr. O du verfluchte verhängnis / hastu den tapferen Dropion zum Schauspiel der jungen Knaben / die in Königlichem Pracht sitzen / an diesen Ort hergestellet? Er wolte fortfahren in seinem schänden / unter der Hoffnung / die unsern zu reizen / daß sie ihm aus Eifer einen schleunigen Tod anlegeten / wie dann Ladisla sich schier übersehen hätte; aber Herkules redete ihm ein / und sagete nachgehends zu Dropion; Ey du gottloser Bube / solte man deinen Stolz und Ubermuht dann so gar nicht vertreiben können? dein Bruder Pines machte es nicht viel besser / aber ich fand ein mittel zu seiner Zähmung / welches ich an dir auch werde versuchen müssen; befahl darauff / daß man ihm dis Kleider gar vom Leibe[822] reissen / ihn an eine Galgenseule binden / und am Hinterleibe mit scharffen Ruhten von den Fußsolen biß ans Häupt streichen muste / daß keine ganze stelle an ihm übrig blieb; da er anfangs mit schelten und lästern fortfuhr / aber endlich durch schmerzen überwunden / ein schrekliches Geschrey trieb / auch mit den angebundenen Händen und Füssen solche Arbeit taht / daß er die Galgenseule schier loßgerissen hätte; endlich ward er geschmieret / wieder abgelöset /und allein hingestellet / da er ansehen und hören muste / was vor eine Urtel man seinen Gesellen fellete; massen alsbald Pyrechmes vorgefodert ward / welchen Herkules also anredete: Du frecher Bube / erinnerstu dich auch noch deiner gestrigen Bosheit / da du die Galgen Urtel über uns sprachest / uns vor Hunde und verlauffene ausscholtest / und bey dräuung / daß mir die Zunge solte aus dem Halse gerissen werden /mir keine verantwortung gönnetest; ja auch noch auff meinen kråftigen und gütigen Gott hönisch reden durftest? Wer hat jemahls erfahren / daß einiger Mensch deines gleichen / sich eines so verwägenen Trotzes solte gebrauchet haben? aber sihestu nun schier / daß du damahl selbst dein Wahrsager gewesen bist / mein Gott würde dich und deine Geselschaft an unsere Stelle an den Galgen bringen? Dieser Boshafte bedachte sich ein wenig / was er antworten solte / biß Dropion ihm zurieff; laß den Muht nicht sinken /du mein geträuer Freund / damit unsere Feinde nicht rühmen / sie haben unserer Tapferkeit angewonnen. Durch welche Auffmunterung dieser ohndas verwägene Mensch gleichsam wieder sich selbst wütend ward / daß er in diese Worte loßbrach: Was ich gestern geredet und getahn habe / gereuet mich so gar nicht / dz ichs noch tuhn wolte / wans nur in meiner Macht stünde / ob ihr Hunde mich gleich darůber zureissen würdet. Dir frechen Schelm mus der wolverdiente Lohn werden / gab ihm Herkules zur Antwort / ließ ihn eben wie zuvor den Dropion mit Ruhten streichen / wobey er ein schändliches Låstern / Fluchen und Geschrey trieb. Pelegon ward nach ihm vor Gericht gestellet / und von Herkules also zu Rede gesetzet: Du Gottloses Schandmaul wirst dich erinnern / wie höhnisch du mich bey dem gestrigen unbefugeten Gerichte angetastet / und mir nicht eins Zeit zum Gebeht gönnen wollen / daneben es vor unmöglich hieltest /daß der Gott / welcher Zeit seiner ernidrigung umb unser Sůnde willen sich hat lassen aus Kreuz henken /mich und andere unschuldigen von dem Strange befreien könte; nun aber sihestu wie mächtig derselbe sey / und wie er dich mit deines gleichẽ andern Buben zur wolverdieneten Straffe fodert. Du hast gut trotzen / antwortete dieser / aber währen meine Fäuste so wol frey als die deinen / würde der Ausschlag es bald geben / wer eines andern Richter zu seyn das beste Recht hätte / nun aber mus ich wol schweigen und mich drücken / wil ich sonst der Henkersruhten geübriget seyn. Bato / Dropions Sohn / ward auch zu rede gestellet / warumb er vor andern sich bemühet hätte diese unschuldige Könige und Fürsten durch Meuchelmörder hinzurichten; dann eben dieser hatte solches zu vollenden über sich genommen; welches er auch nicht verleugnen wolte / sondern dich Antwort gab: Ob ich meinem lieben Vater in verfolgung seiner Ertzfeinde gehorsam geleistet habe / ist nicht zuverwundern / dann die eingegossene Pflicht erfodert solches von mir / und Odaß mir nur mein Anschlag hätte mögen gelingen / so hätte ich nicht dürffen mit meinen blutigen Augen ansehen / daß der treflichste Held unter allen Pannoniern / mein Herr Vater Dropion mit Henkersruhten ist gegeisselt worden; welches die hellischen Götter[823] allen denen vergelten werden / die es angeordnet haben. Ich sehe wol / sagte Herkules / daß du in Blutschande gezeugeter Bube es nicht besser als dein Vater haben wilt / sonst würdestu deinen Fluch gesparet haben. Muste also auch dieser des Henkers Streiche unter grossen Schmerzen ausstehen / wobey er sich sehr frech bezeigete. Der jůngere Pines / des ältern unehelicher Sohn gar ein verwägener Bube /muste nach diesem vor treten / welcher dann zu seiner entschuldigung vorbrachte; er währe gehalten gewesen seines lieben tapferen Vaters Schande und Leibeigenschaft nach vermögen zu eifern / deswegen er seines vorhabens nicht um verzeihung bitten dürfte /sondern erwartete mit standhaftem Gemühte des Todes / welchen er seinen Feinden lieber håtte mitteilen / als dessen von ihnen gewärtig seyn wollen. Ja daran zweifelt unser keiner / antwortete Herkules; ließ die übrigen acht sonderlich Gefangene auch herführen / und gab ihnen Freyheit / ihre entschuldigung vorzubringen / da sie einige hätten; aber sie wahren erstarret / und wusten nichts anzuzeigen / als daß Dropion durch grosse Verheissungen sie gar auff seine Seite gezogen / und verleitet hätte / daß an ihrem Könige sie träuloß worden währen. Worauff König Mnata mit allẽ gefangenen Obersten deren ausser den jeztgedachten noch 135 wahren / und den gefangenen 1300 Håuptleuten / abermahl vorgestellet ward / umb anzuhören / was vor eine Urtel ihm und den andern solte auffgeleget werden. Leches muste solche mündlich vortragen / welcher dann anfangs dem Pannonischen Könige es auff befehl gar verweißlich vorhielt /daß er ein solches grausames Landverderben ohn alle gegebene Ursach angerichtet / nebest schimpflichen Verweiß / daß er dem Dropion so viel Macht und Muhtwillen über sein Reich uñ über sich selbst eingeräumet / und zum Sklaven seines Knechtes sich gemacht hätte; hernach lase er ihm diese Urtel vor; Ob zwar der Pañonische König Mnata / darumb daß er ohn Ursach uñ unmabgesaget das Königreich Böhmen überfallen / Stådte uñ Dörffer verheret und eingeäschert / Vieh uñ Menschen und andere bewågliche Güter geraubet / Acker / Garten uñ Hölzungen verwüstet / die Könige höchst beschimpfet / und zur auffopferung etlicher hundert tausend unschuldiger Seelen Ursach gegebẽ / sein Königreich / Ehr und Leben wol verwirket hätte / so solte ihm doch aus angebohrner Königlicher Barmherzigkeit uñ sonderlicher milden Güte solches geschenket seyn / dafern er folgende bedingungen ohn alle einrede uñ wegerung eingehen /uñ erster mögligkeit nach / redlich uñ aufrichtig erfüllẽ würde. Als Erstlich solte er mit einem bemühtigen Fußfalle wegen des unabgesageten Einfalles / Landesverwüstung und auffgerichteten Galgen eine öffentliche Abbitte tuhn. II. Eine halbe Stunde im Pfluge eingespannet stehen. III. Eines gefelleten fruchtbaren Baumes Blok /eines Zentners schwer / hundert und zwanzig Schritte auff seiner Schuldern hin und her tragen. IV. Alle Gefangene und Leibeigene Teutschen und Böhmen / (auch /dafern Franken / Schweden / Dähnen / Friesen und Wenden darinnen seyn würden) samt deren Weibern und Kindern durch sein ganzes Königreich / ohn Entgelt und arge List frey und ledig machen / mit der Verwahrung / dafern einiger zurük gehalten würde / solte alles übrige als ungeleistet gerechnet / oder nach wilkühr sehr hart gestraffet werden. V. Die vornehmsten gefangenen Römer und Italiäner / biß an 10000 Mann / mit Weib und Kind / ohn entgelt auff freien Fuß stellen / daß sie zu Prag erscheinen. VI. Dem Bömischen Könige und seinen Nachkommen zu ewigen zeiten ein Stük seines Königreichs / so breit es an Böhmen grenzet / acht Teutsche Meilen lang einräumen / damit nach belieben / als mit seinem Eigentuhm und Erbe zuschalten. VII. Vor des besameten Landes verderbung 30 Tonnen Goldes / zween teile an Baarschaft / und[824] einen Teil an allerhand Getreidig erlegen und einliefern. IIX. Alles aus Böhmen higweg getriebeut Vieh / als Pferde / Esel / Ochsen / Kühe / Rinder / Schaffe /und Schweine (deren Anzahl die beraubeten einbringen solten) wiederstellen / oder davor ohn zugelegete Rechnung 40 Tonnen Goldes entrichten. IX. Alle Zimmerleute / Bauleute und Tischer seines Königreichs herzu fodern /nebest 15000 Frohndiensten / welche auff Pannonische Kosten die abgebranten Städte / Flecken und Dörffer /auch einstendige adeliche Sitze auffbauen. X. Vor jeden verderbeten fruchtbahren Baum zwo Kronen oder ungezählet davor 20 Tonnen Goldes auszählen. XI Vor die grausame Nidermatzung der Besatzung und Einwohner der dreien Grenzfestungen fünff Tonnen Goldes erlegen. XII Vor jeden verwundeten des Böhmischen und Teutschen Kriegsheers / von der ganzen Zeit des Kriegs her gerechnet / acht Kronen / oder im gemeinen anschlage vier Tonnen Goldes. XIII. Vor jeden im Streit und Sturm erschlagenen 50 Kronen / oder ohn zugelegte Rechnung 42 Tonnen Goldes. XIV. Dem annoch übrigen Bömischen und Teutschen Heer drey Monat Gold / oder davor 35 Tonnen Goldes liefern. XV. Alle Festungen seines Königreichs anderthalb Meilen von den neu ewähneten Grenzen / so eingeräumet werden sollen / belegen / abbrechen. XVI. Vor seine erledigung 30 Tonnen Goldes einschaffen. XVII. Die Güter aller Obersten / welche gleich jezt zum Tode würden verurteilet werden / dem Bömischen Könige geträulich ausfolgen. XIIX. Vor jeden im ganzen Kriege erschlagenen Pannonier / drey Kronen / oder ingesamt eilf Tonnen Goldes erlegen. XIX. In wirklicher Haft verbleiben / biß alles obgedachte völlig geleistet währe. Und dann XX. solte er ein Jahr und alle Jahr / 50 Jahrlang / dem Reiche Böhmen 300000 Kronen baar; 4000 Satteldüchtige Reitpferde; 2000 Wagenpferde; 3000 Ochsen / 5000 Kühe / 18000 Schaffe / und 9000 Häuptschweine auff seine Kostẽ biß drey Meilen über die Bömischen Grenzen liefern / und zwar auff eben den Tag / an welchem sein Kriegsheer den ersten Einfal in Böhmen getahn hatte.

Diß wahr die Urtel über den König / welche er schrifftlich begehrete / sie desto besser einzunehmen. Darauff folgete der Straff-Spruch ůber Dropion also: Der Feind aller Ehr und Tugend Dropion / darum daß er so gar keine Demuht erzeigen wollen / sondern in seiner teuflischen Schåndung verharrete / solte anfangs als ein Meinäidiger seiner beiden vördersten Finger an der rechten Hand beraubet; II. als ein Mörder / Mordbrenner und LandVerderber lebendig gespiesset / III mit glüenden Zangen an sechs Orten seines Leibes gezwakt / IV mit einer glůenden eisern Krohn gekrönet / V endlich an den von ihm selbst auffgerichteten Galgen / als ein ander Haman auffgehenket; und VI alle seine bewägliche Güter Könige Ladisla eingeliefert werden. Sein gotloser boßhaffter Richter und Worthalter Pyrechmes solte gleiche Straffe / doch die erste und vierde außgenommen / außstehen. Pelegon der GöttesLåsterer solte / wie dieser /hingerichtet werden. Bato und Pines solten jeder zweymahl mit glüenden Zangen angegriffen / an allen ihren Gliedern von unten auff mit dem Rade zustossen / und endlich nebest den andern an den Galgen geknüpffet werden. Die übrigen acht boßhaffte Obersten solten als schändliche Mordbreñer lebendig verbrennet werden. Die sämtliche gefangene Pannonische Obersten 135 an der Zahl müsten eben diese Straffe über sich nehmen / es wåhre dann daß vor Abwendung solcher Straffe jedweder 50000 Kronen erlegen /und die ewige Leibeigenschafft antreten wolte / da die Haabseligere den unverm \genden mit ihrem Uberflusse solten zu Hülffe kommen; doch solten sie zuvor in vierwöchiger Haft verbleiben / und alle Tage acht Stunden im Pfluge zihen / daß sie den Acker verwůstet / und die fruchtbahren Bäume gefellet håtten; und solten den vierwöchigen Unterhalt ingesamt mit 150000 Kronen bezahlen / dieses Lösegeld der Obersten[825] machte 67 Tonnen Goldes 50000 Kronen. Die 1300 gefangene Hauptleute währen zu gleicher Feuers-Straffe verdammet / dafern nicht ein jeder 9000 Kronen vor sein Leben bezahlen / und gleich den Obersten sich in willige Leibeigenschafft geben würde / müsten sonst gleiche Straffe des Pfluges über sich nehmen / und vor den vierwöchigen Unterhalt eine Tonne Goldes erlegen. Ihre Lösegelder trugen 117 Tonnen Goldes aus. Die anderen Befehlichshaber und gemeinen Knechte / 68000 stark / solten sich von der Straffe des Feuers durch die Bank hin / jeder mit 40 Kronen lösen / da die Reichen den Armen solten zu steur kommen / uñ müsten dañoch zur ewigen Knechtschafft behalten seyn; machte ihr Löse- oder Feur-Geld 26 Tonnen-Goldes 20000 Kronen. Nach verlesenem Urtel hörete man einen unsåglichen Jammer bey den Pannonischen Völkern / weil sie ihnen grösten Teils Hoffnung zur Freyheit gemacht hatten; die zum schmählichen Tode verda ete aber stelleten sich ganz rasend / weil sie vor den bevorstehenden Schmerzen sich hefftig entsetzeten / und doch über ihr hochmuhtiges Herz nit bringen kunten / daß sie um Gnade hätten angehalten. Nachgehend wurden Agiß und Mastyes nebest den gestrigen Schuzhaltern vorgefodert / wegen ihrer Redligkeit gerühmet / vor frey und Freunde der Teutschen und Böhmischen Könige erkläret / und den beiden ehrlichen Männern Dropions liegende Gründe und Güter erblich geschenket / den übrigen aber 200000 Kronen außgeteilet. Hyppasus /Amythaon und Deon wurden auch ihrer Hafft erlassen uñ aller Straffe / auch stellete man ihnen (wie auch den vorgedachten) alles unverrücket wieder zu / was sie im Lager hatten. Die Volstreckung der Urtel ward bald darauff vor geno en / welche die Pannonischen Henker mit musten verrichten helffen / insonderheit die / so des vorigen Tages / unsere Fürsten zuhenken bestellet wahren. Das Gerichte nam den Anfang von den acht zum Feur verurteileten Obersten / unter denen ihrer drey noch gar spät umb Gnade anhielten /daher wurden sie an den Galgen auffgeknüpffet / und die fünf übrige mit ihren schweren Ketten lebendig ins Feur geworffen / da sie ein grausames Gebrülle trieben / ehe sie die Seele außbliesen. Bato und Pines musten diesen allernähest folgen / hielten den ersten Zangen Zwak an der rechten Brust stilschweigend aus / aber bey dem andern an der linken Brust schriehen sie ganz erbärmlich / und gerieten darauff in Ohmacht / wurden doch wieder erquicket / und befrag er / ob ihr Verbrechen ihnen schier leid währe. Worauff sie sich bezeigeten / als höreten sie es nicht. Bey Zerstossung ihrer Arme und Beine schriehen und brülleten sie viel erschreklicher / da sie den Tag ihrer Geburt verflucheten / biß ihnen endlich das Genik abgestossen ward / und alsbald an den Galgen geknüpffet wurden. Dropion betrieb Zeit ihres Leiden ein solches fluchen und lästern / daß der Himmel sich davor hätte entsetzen mögen / biß man ihm einen Knebel ins Maul legete / da muste er schweigen. Pelegon und Pyrechmes zitterten und zageten / als man ihnen die Kleider abzog / und sie hin zu den spitzigen Pfälen führete / da sie anfingen Dropion und seinen teuflischen Hochmuht zuverfluchen / welcher nicht weit von ihnen stund / und man ihn das Maul wieder loß machete / um zuvernehmen / wessen er sich darauff verhalten würde; welcher sie also anredete; ihr lieben Spießgesellen (also mag ich euch nunmehr recht nennen) Lieber scheltet euren Freund nicht aus / dem euer bevorstehendes Leiden eben so hefftig schwerzet als sein eigenes; es wird der Schmerzen nicht lange an halten / wr aber wollen als tapffere unverzagte Helden[826] sterben. Aber dieser Trost wolte wenig fruchten / nur daß sie gleichwol auffhöreten ihn zuschelten. Als sie an die Spiesse gezogen wurden / ging ihnen die Spitze zur rechten Schulder heraus / und blieben an ihrem Eingeweide fast unversehret / daher sie biß in die vierzehnde Stunde unaussprechlichen Jammer trieben / und solche Gottes Låsterungen außspihen / daß die unsern es nit anhören kunten / endlich da man sie mit glůenden Zangen angriff / nahm die gotlose Seele Abscheid vom Leibe. Eine halbe Stunde muste Dropion bey ihnen stehen / und ihre Angst ansehen / wie auch König Mnata selbst / welcher sich des bittern und mitleidigen weinens nicht enthalten kunte / wie Ungetråu ihm gleich diese Buben gewest wahren. Dropion aber redete ihn also an: Höre mich König Mnata / du bist unter meiner Stathalterschafft ein Herr / und ein Schrecken deiner Feinde gewesen / und nun bistu ein Sklave und Hohn der Teutschen und Böhmen. Sihe mich / und diese teils schon Verschiedene /teils noch Leidende unvergleichliche Pannonier an; wie tapffer stehet es / in seiner Freyheit sterben / und wähle lieber mit uns einen rühmlichen Tod / als deiner Königl. Hocheit und des ganzen Pannonischen Reichs unvergängliche Schande. Aber Mnata gab ihm zur Antwort: O du Schande und Verderben meines Königreichs! hätte ich dich auff solche weise durch alle Pein hinrichten lassen / als du mich zu diesem Kriege verleitetest / dann håtte ich dir dein Recht getahn / uñ einem grossen Unheil löblich vorgebauet. Nennestu aber dieses einen tapfferen Tod / wann du umb deiner Missetaht willen gespiesset und mit glůenden Zangen zurissen wirst / da du als ein Mörder und Mordbrenner / der du bist / stirbest / mustu dir wol eine elende Tapfferkeit in deinem Gehirn abgerissen haben. Würde ich nun ein Sklave der Teutschen und Böhmen seyn / hätte ichs niemand als dir Buben zudanken; jedoch hoffe ich mich dergestalt gegen diese höchstlöbliche Könige zu verhalten / daß sie mit mir und dem Pannonischen Reiche den schweresten Stein nicht heben werden / wie sie dann schon in den begehreten Stücken mich noch haben lassen einen reichen gewaltigen Herrn bleiben / mehr als ich gehoffet. Und zwar hieran redete er die Warheit / dann ob er gleich einen guten Teil seines Schatzes hergeben / und ein Stük Landes abtreten muste / wahr doch seine Kammer so reich / und seine Herschafft so weitlåufftig / daß er dieses Abganges wenig achtete. Dropion wolte ihm antworten / aber die unsern / welche an Königes Mnata Reden ein gutes genügen hatten / liessen den Henkern befehlen / mit Dropion zur Straffe zuschreiten / darüber ihm die Haut am ganzen Leibe schauerte / und er zu den Gespiesseten sagete: Jezt meine Brüder / werde ich euch gleich werden / aber redet mir doch ein / wann des Fleisches Leiden mich zur unzimlichen Wehmuht verführen wolte. Diese aber wusten vor grosser Angst ihm nicht zuantworten. Bey Abhauung der beydẽ Finger stellete er sich / als empfünde er solches nicht; und als er auf dẽ Pfahl gesetzet ward / drũckete er selber nach / unter der Hoffnung / es solte ihm die Spitze durchs Herz oder sonst durch ein lebend-führendes Eingeweide gehen / aber es geriet nach der Rechten zu / daß ihm das Eisen hinter der Schulder ausging. Als er nun also saß / und keine Todesangst empfand / winselte er zwar anfangs ein wenig / und sagte zu den Henkern: O ihr Schelmen / wie unredlich spiesset ihr mich; fing aber bald an / unsere Helden so erschreklich zulästern / und wider den Himmel selbst die gräulichsten Flüche auszuschütten / daß die anwesende sich darüber entsetzeten. Die glůende Kron ward ihm auffgesetzet / jedoch daß ihm das Häupt[827] nicht sonderlich verfehret ward /damit er desto länger zur Pein behalten würde. Man ließ ihn immerhin zappeln / und gingen die unsern davon / Speise zunehmen / ward auch befohlen / daß er mit den glüenden Zangen nicht gezwakt wůrde /biß sie sich wieder einstelleten / wo sonst seines Lebens so lange seyn würde; da er dann nebest Pyrechmes und Pelegon einen solchen Jammer betrieb / daß nicht auszusprechen wahr. Neklam vermahnete sie /umb Gnade und umb einen schleunigen Tod anzuhalten / aber sie wahren zuverstokt / und woltẽ durchaus nicht / daher sie biß gegen den späten Abend in solcher Pein verblieben / weil man sie mit Wein und kräfftigen Sachen labete. Endlich als unsere Helden wiederkahmen / wurden Pyrechmes und Pelegon zuerst mit den Zangen angegriffen / da dieser unter dem andern / jener unter dem dritten Zwak verschiede /und biß an ihr Ende zulästern und schänden nicht auffhöreten. Dropion empfand den Tod noch so nahe nicht / enthielt sich von allem Geschrey / so daß er den ersten Angriff mit der Zange geduldig erlitte; bey dem andern seuffzete er; bey dem dritten geriet er in harte Ohmacht / und nach geschehener Erquickung /da er zum vierten mahle solte angetastet werden / rief er mit erschreklicher Stimme: Ihr feurigen Teufel /Herkules und Ladisla / habt ihr nicht schier genug die Augen an unserm Jammer geweidet? fing darauff wegen des vierten Zwaks so hefftig an zubrüllen / als ob er besessen währe Der fůnffte und sechste angriff erfolgeten bald darauf / worunter er auch das Leben ließ; und ward mit seinen beiden Gesellen an den Galgen zu den andern hin gehenket. Mnata muste nochmahl alles ansehen / und nach Vollendung sich gerichtlich erklären / ob er die vorgeschlagenen Posten willig eingehen / oder der Todesstraffe wolte gewärtig seyn; da er ohn einiges wegern alles einwilligte / den Fußfal alsbald verrichtete / und bey demselben umb Gnade und Vergebung anhielt / nebest dem Erbieten /das ůbrige gleicher gestalt gerne zuleisten / als viel in seinem Vermögen währe / nur daß vor geschehener Beredung mit seinen Landständen er den 4 / 5 / 6 / 9 /15 / und 20 Saz nicht zuversichern wüste / es währe dann / daß König Ladisla alsbald ein starkes Heer fort schicken / und seine Leute durch harte Dräuungen in Furcht setzen wolte / hoffete er die Volstreckung bald zuleistẽ. Die unsern sahen aus seinem Vorschlage /seine Reue und Gutwilligkeit / gaben Fürst Olaff als Obersten FeldHerrn 60000 Reuter / welche Leches /Klodius / Neda / Markus und Prinsla fůhren solten; nahmen Königes Mnata Geträue / den Agiß / Hyppasus und Amythaon (Mastyes und Deon blieben bey dem Könige) mit sich / und gingen mit gnugsamer schrifftlichen Volmacht fort / da Mnata seinen Stånden zuwissen taht / in was Unglük Dropion und dessen Anhang ihn gestůrzet / und das ganze Vaterland krafftloß gemachet hätte / welches sie wol beherzigen / und die begehreten Anfoderungen einwilligen möchten / nicht allein / daß er erlöset und auff freyen Fuß gestellet / sondern auch das ganze Königreich vor algemeiner Verwüstung bewahret würde. Olaff ging mit seinem Heer freudig fort / fand aber die Pannonischen Grenzen mit starker Manschafft besetzet / die sich ůber der unsern Ankunfft ganz verzweifelte Gedanken macheten / nicht anders wähnend / es wůrde ihr Königreich zur Wüsteney gemacht / und in Grund geschleiffet werden; dann die 500 flüchtige Reuter hatten nicht geseumet / ihr Land zuerreichen / da sie allen Verlauff erzähleten / und des Feindes Völker grösser macheten als sie wahren; daher dann wenig Muht bey ihnen wahr; doch stelleten sie sich anfangs zur Gegenwehr / welches die unsern nicht[828] wenig verdroß / liessen sich aber von Agiß leicht begütigen /welcher dann mit seines Königes Schreiben sich bey den Pannonischen Häuptern angab / dessen Hafft /und des Heers gånzliche Niderlage nach der länge andeutete / und der 500 Feldflüchtigen Anbringen bekräfftigte; daher sie nach kurz gehaltenem Raht sich hin zu Olaff macheten / und ihm die Freiheit in das Land zuzihen / und alle Festungen mit seinen Völkern zubesetzen anbohten. Er nam solches gutwillig an /hieß im Nahmen des Böhmischen und der Teutschen Könige die versamleten Pannonier ihr Gewehr niderlegen / und ging eine Tagereise in ihr Land / legete sich daselbst feste / und ließ ihm und dem Heer nöhtigen Unterhalt zuführen / daß kein einziger Reuter sich des Raubens oder anderer Gewalttåhtigkeit unternehmen durfte. Die LandStände nach gehaltener Berahtschlagung willigten alle Stücke ein schlugen eine grosse Schatzung auff das reiche Land / daß nicht alles aus der Königlichen Schazkammer dürffte genommen werden / und liessen ihren Ernst zu ihres Königes Erlösung gnugsam spůren / da insonderheit durch schnelreitende Bohten im ganzen Königreiche ausgeruffen ward / daß bey höchster Leib- und Lebensstraffe kein Mensch wer der auch seyn möchte / einigen Teutschen oder Böhmischen Leibeigenen oder Gefangenen / weder mit Worten noch in der Taht beleidigen / sondern allen guten Willen / als besten Freunden bezeigen solte. Der Hingerichteten liegende Güter (ausser Dropions) wurden verkaufft / uñ nebest ihren bewäglichen geträulichst eingeliefert / die sich über 40 Tonnen Goldes erstrecketen; das übrige solte inwendig vier Wochen alles folgen; und damit die Völker nur bald aus dem Lande kähmen welche die sechs vornehmste Festungen besezt hielten / macheten sie 300 des vornehmsten Adels aus / welche mit dem Böhmischen Heer 42000 stark (dann 18000 blieben in den Besatzungen) nach Böhmen zihen / und sich als Geisel einstellen solten / biß die Anfoderung ihre Richtigkeit hätte. Sonst erzeigete sich das Pannonische Reich sehr milde / teileten unter Olaffs Heer 8 Tonnen Goldes aus / und schenketen dem FeldHerrn Fůrst Olaff 3 Tonnen / auch den obgedachten fünff hohen Befehlichshabern jedem eine Tonne Goldes.

Die Königl. Geselschaft brach des nähesten Tages nach volstrecketem Gerichte auf nach Prag / nachdem sie Markomirs hohe Kriegsbeamten mit Gelde / Geschmeide und Pferden statlich begabet / und dem Heer durch die Bank drey Monat-Sold über ihren anteil der gemeinen Beute ausgezählet hatten / so daß der junge GroßFũrst darüber ungehalten wahr / und anzeigete /es würde seinen lieben Eltern solches sehr zu wieder seyn; aber Valiska und Herkules wusten ihm dergestalt zubegegnen / daß er sich zu frieden gab. Ladisla schickete Könige Hilderich gar ein freundliches Dankschreiben vor geschehene statliche Hülffe / und lude ihn nebest seinem Gemahl ein / auff seine künftige Krönung; wobey Markomir an seine Eltern schrieb / und ihnen feine hohe vergnügung über König Herkules und Königin Valisken geträuer Freundschaft nicht gnug rühmen kunte; wie er dann in Warheit von ihnen recht brüder- und schwesterlich geliebet ward /er sich auch gegen dieselbẽ sehr demühtig und ehrerbietig erzeigete / und wahr sehr fleissig / nicht allein die Reit- und Waffen-Ubung / sondern auch andere Fürstliche Sitten von ihnen zu lernen / in welchem allen er ganz volkommen ward. Er hielt nachgehends insonderheit sehr gnädige Freundschaft mit Leches und seiner Libussen / welche ihn auch algemählig zum Christentuhm brachten.[829] Die Wendischen Völker wurden auch wolbegabet / nach Hause geschikt / und die alte Fürstin mit grossen Schenkungen angesehen /auch zum KrönungsFest eingeladen. Alle Verwundere das reiten nicht erdulden kunten / musten im Lager bleiben / da ihnen wol gedienet ward biß sie geheilet wahren; unter diesen wahr der neue Ritter Grozemisla / der in allen Treffen mit gewesen wahr / und 26 Wunden davon getragen hatte / ward aber doch wieder geheilet / wiewol er hinkend an der linken Huft und lahm am linken Arme blieb; man hatte ihm aber 30000 Kronen von der Beute zugewendet / und ward ihm ein statliches Rittergut in dem abgetrettenen Pañonischen teile versprochen / welches ihm auch nebest 50000 Kronen Baarschaft geliefert ward / da ihm Valiska eine von ihren ädlen Kammerjungfern freiete. Die König- und Fürstliche Geselschaft ward zu Prag mit grossen freuden von den beyden alten Königinnen und den hinterbliebenen Römischen Herren und Frauen / auch andern / empfangen; nur Libussa und Euphrosyne rücketen es Herkules in freundlichem Schimpfe auf / daß er ihre Eheliebsten noch weiter hinweg geschicket hätte / und sie so viel länger allein schlaffen müsten; wurden aber mit der Vertröstung einer guten Beute auff ihre schleunige Wiederkunft wol begnüget. Gallus hatte nicht allein bey der Feldplunderung sondern auch aus FeindesLager ein ansehnliches bekommen / welches er seiner liebsten Beaten zum Beutpfennige lieferte / und seiner Schwigermutter davon 24000 Kronen schenkete. Arbianes ward von seiner Klaren überaus freundlich empfangen / entsetzete sich zwar anfangs über seiner Verwundung / aber da sie der schleunigen Gesundheit versichert ward / gab sie sich zu frieden / und dankete Gott herzlich vor seine erhaltung; da Königin Valiska zu ihr sagete: Ihr tuht recht / mein Schwesterchen / daß ihr dem Allerhöchsten danket / als welchem alles Häuptsachlich mus zugeschrieben werden; wann aber unser Gott sich guter Leute gebrauchet / die zu unser Rettung und Wolfahrt ihr leben gutwillig in die Schanze schlagen / mũssen wir denselben auch unsere Dankbarkeit sehen lassen. Ja mein Schaz / setzete Arbianes hinzu / es hat ein tapfer Ritmeister durch Gottes schickung vor dißmahl mein Leben erhalten /durch eine solche Wagnis / die nicht leicht ein Bruder dem andern leisten würde / und hätte ohn dessen Rettung ich ausser allem zweifel meinen Geist aufgeben müssen / wiewol weder ihr noch ich / demselben jemahls etwas gutes getahn; er erinnert sich aber / euch ehmahls beleidiget zu haben / und wil es vor eine volkommene vergeltung halten / wann ihr ihm sein voriges Verbrechen nur verzeihen / und ihn zu Gnaden aufnehmen wollet; erzählete hierauff / wie es eigentlich ergangen / uñ wie groß seine Gefahr gewesen. Da sie ihm zur Antwort gab; Dem almächtigen und grundgütigen Gotte sey dank in ewigkeit vor diese Rettung / und werde ich dem tapferen Ritmeister wissen zubegegnen / wans gleich Reichard selber währe. Ja mein Schaz / sagte Arbianes / eben derselbe ist es /und hat nicht ohngefehr / sondern aus willigem Vorsaz sein Leben vor mich gewaget / so daß die ganze Königl- und Fürstliche Geselschaft ihm nicht allein allerdinge verzihen / sondern wolbegabet hinzihen lassen / seine Eheliebste abzuhohlen / und sich ehist in eures Herr Bruders / Königes Herkules beharliche Dienste wieder einzustellen; je gnädiger ihr nun diesem redlichen Menschen (welcher seine rechtschaffene Busse durch Trähnen und seufzen mit einem hochbewäglichen Fußfalle sehen lassen / und sich aller Gnade unwirdig genennet hat) euch werdet erzeigen / je mehr werdet ihr mich eurer Liebe versichern /an welcher[830] mir nicht gebühret zu zweifeln. Der frommen Fürstin kam dieses alles fremd vor / endlich sagete sie: Ich bekenne es / mein werter Fürst / daß dieser Mensch uns mehr gutes als böses getahn / drumb mus das vorige ganz abe und vergessen seyn / und werde auff eure eriñerung ich mich wol zubedenken haben / durch was bezeigung ich ihn meiner Gnade vergewissern könne. Diese Zeit fůhreten sonst die unsern zu Prag ein fröliches und Christliches Leben /und ward angeordnet / daß über fünff Wochen nach ihrer Wiederkunft Ladisla und Sophien Krönung /auch zu gleich Arbianes und Klaren Hochzeitfest (welches durch den Pannonischen Einfal verhindert wahr) solte gehalten werden; worauff auch die Könige aus Schweden und Dännemark geladen / und überaus grosse bereitschaften darauff gemacht wurden. Gallus muste alsbald mit 1000 Reutern nach Rom / dem Käyser ihren gedoppelten Sieg wieder die Wenden und Pannonier anzumelden / und ihm 4000 Pannonische Pferde nebest 2000 Pannonischen Leibeigenen /auch 60 Pannonische Reuter- und 40 Fußfähnlein /nebest vielen erbeuteten köstlichen Zelten und anderen Sachen zum Siegszeichen und Beutpfennige überbringen; welcher dann sehr eilete / damit er bey der Krönung sich finden möchte. Das Geschrey dieses blutigen Krieges und gewaltigen Sieges wahr zu Rom bereit erschollen / dessen umbstände Gallus dem Käyser und seinen Gewaltigen erzählen muste; worauff die Römer gnug merken liessen / wie leid ihnen wahr / daß sie den zehnjährigen Anstand mit Mnata eingangen / nachdem ihnen nunmehr leicht zu tuhn währe /der Pannonischen Gewalt viel eine grössere Feder / ja wol einen ganzen Flügel auszurupfen. Olaf kam endlich auch nach wolverrichteter Sache mit seinen Leuten zu Prag wieder an / denen des dritten Tages Agiß /Hyppasus und Amythaon mit der helffte aller versprochenen Gelder (deren ganzes 217 Tonnen Goldes wahr) folgeten / hatten über das auff ihres Königes Befehl an die 20 Tonnen Goldes wert Kleinodien und andere Kostbarkeiten bey sich / welche Mnata über die Helffte dem König- und Fürstlichen Frauenzimmer zum Geschenk austeilete / und dessen insonderheit Valiska und Sophia so viel nehmen musten / daß sie sich dessen fast schämeten / wobey sich aber der Pannonier so freymuhtig stellete / daß er höchst beteurete / es währe ihm eine grössere Vergnügung in ihre Kundschafft gekommen zu seyn / als ihn die Niederlage betrübet hätte. Und eben diß wahr das rechte Mittel / wodurch er unsern Helden das Herz abgewan / so daß auff Valisken anhalten sie ihn nicht allein vor Einlieferung des hinterstelligen / aller Huht und Hafft erliessen / sondern ihn vor einen freien König in Pannonien / und Bundgenossen der Teutschen / Böhmen und Friesen erkläreten / auch alsbald ihre Besatzungen aus Pannonien abfoderten; worüber sein Reich sich zum hefftigsten erfreuete / und ein dreytägiges FreudenFest hielten / auch noch eine freiwillige Steur über sich nahmen / welche dem Könige / behueff allerhand dankbahren Bezeigungen zugesendet ward; der dann solche sehen zulassen / Herkules / Valisken und sich selbst abmahlen ließ / schickete solches in sein Land / und ließ auff eine grosse ganz silberne Stellung ihre drey aus dem besten Pannonischen Golde gegossene Bildnissen / jedes 250 Pfund schwehr / setzen / da Herkules ihm eine Kette anlegete / und Valiska ihm solche wieder abnam. Dieses ward des Tages vor der Krönung übergeschicket / und den unsern unbewust / auff den grossen Saal gestellet / da Mnata selbst es Königin Valisken mit diesen Worten zueignete: Großmåchtigste unvergleichliche Königin / vornehmste[831] Ursach und Befoderin meiner jetzigen Freiheit; Ihrer Liebe zu Dienst ergebener Mnata bittet demühtig / dieses geringschätzige Gedächtniß seines Falles und auffstehens mit hochgeneigetem Willen anzunehmen / und als ein ewigwährendes Pfand zubehalten; wobey ich mich verpflichte /daß die mir von ihrer Liebe / wie auch von dero Gemahl / Herrn Bruder / und sämtlichen König- und Hochfürstlichen Anverwanten geschehene Gnade nun und nimmermehr aus meinem Herzen kommen lassen werde. Nun wahr aber Valisken Bildniß mit so vielen köstlichen Perlen und anderen Kleinoten ausgezieret /daß solches nicht bald zuschätzen wahr; daher gab sie ihm zur Antwort: Großmächtigster König; diese Gedächtniß ist in Warheit zu kostbar / möchte auch von Herzen wünschen / daß unsere Kundschafft sich auff andere und gütlichere weise håtte zutragen mögen; weil aber durch böser Buben Anstifftung es also ergangen / wollen wir alles widrige aus dem Gedächtniß legen / und hinfüro die Auffrichtige Freundschafft fest setzen; welches an unser Seite zubezeigen / sollen eurem Lande hiemit und krafft diesem 40 Tonnen Goldes an der bestimmeten Anlage geschenket seyn. Worauff Mnata sich gegen sie neigete / und Mastyes im Nahmen des Landes sich davor bedankete. Als die grossen Gelder aus Pannonien ankahmen / wurden der abgestraffeten Obersten Güter unter die Böhmischen und Teutschen Obersten ausgeteilet / wovon Königin Valiska Fürsten Olaff 10 Tonnen Schaz anboht / welche doch anzunehmen / er sich durchaus wegerte /daher sie endlich zu ihm sagete: Je so sol auch mein Herr Bruder diese Gelder nicht eben wider seinen Willen haben / sondern ich wil sie zu mir nehmen /und so lange in Verwahrung behalten / biß ich sie dereins (Gott gebe gar bald) seiner künfftigen liebesten Braut in seinem Nahmen werde einhändigen können. Dessen er sich bedankete / mit vorwenden / es würde ihre Vortrefligkeit noch viel Jahr zur Auslieferung haben. Die erlassene 10000 Römische Gefangene und gemachte Leibeigene stelleten sich zu Prag am zeitigsten ein / und wurden alsbald dem Römischen Käyser wol bekleidet und begabet / zugeschicket. Die anderen folgeten almehlig hernach / und musten zu Prag ihre Nahmen / Stand und Wesen auffzeichnen lassen. Ihre Herren hatten sie auff des Königes und der Landstånde Befehl von Fuß auff neu gekleidet /und mit nötigen Zehrgeldern und Reisekosten versehen / und befunden sich 26000 Böhmen / Männer über 24 Jahren / die in ihrem knechtischen Stande 60000 Söhne und 40000 Töchter gezeuget hatten welche alle vor frey erkläret / und in die neugebauete Städlein / Flecken uñ Dörffer verteilet wurden. Der Teutschen wahren 8000 alt und jung / die alsbald wieder nach ihrem Vaterlande zogen / und daselbst ehrlich empfangen wurden. Schweden / Dänen und Friesen funden sich nicht / nur 800 Wenden alt und jung / und 50 Franken / welche mehrenteils im durchreisen ehmahls auffgefangen / und vor leibeigen verkaufft wahren.

Eines Abends nach gehaltener Mahlzeit / da Arbianes zwar alle Gefahr überstanden hatte / sich aber noch im Bette halten muste / sassen Valiska / Klara und Sibylla vor ihm / mit Gespräch ihm die Zeit zuverkürzen / da Valiska von ihm begehrete / er möchte ihr doch erzählen / wie es ihm Zeit seines Elendes ergangen währe / da er von dem Fräulein geschieden /und endlich in Betlers Kleidern wieder bey ihr angelanget. Gar gerne / antwortete er / dann meine darauff erfolgete Glůkseligkeit ist Gott Lob so groß / daß ich der kurzen Wiederwertigkeit nicht mehr achte / auch zu Zeiten noch wol mit Lust daran gedenke. Fürstin[832] Klara wahr dawieder / und baht sehr / es auff eine andere Gelegenheit zuverschieben / dañ sie könte es ohn Trähnen nicht anhören. Aber Königin Valisken Wille ging vor / und sagete sie / es würden ihre Trähnen ihr nit so gar unangenehme seyn / weil sie ihre Fr. Schwester noch keinmahl aus Mitleiden weinen gesehen. Fing demnach Arbianes also an: Wañ ein Mensch die Verfahrung des almächtigen Gottes mit uns armen Sündern betrachtet / wie dann unser Glük und Unglük einig von ihm herkomt / hat man sich nicht unbillich zuverwundern / wie bald und leicht er unsern Muht brechen / und das auffgeblasene Herz demühtigen kan. Da ich mein Herzgeliebtes Fråulein bey mir in einem Gemache / und von ihr eheliche Versprechung biß auff ihrer Eltern und Anverwanten Einwilligung / wie wol mit grosser Mühe erhalten hatte /gedachte ich in meinem Herzen / je was solte dich nun wol hindern / daß du nicht inwendig vier oder fünf Tagen mit ihr bey ihren Eltern seyn / und durch deiner Fr. Schwester Fr. Valisken Vorschueb das Beilager glüklich halten soltest? Aber wie bald wuste mir Gott diese sichere Vermåssenheit außzutreiben! vor erst schickete er Feur über mich; das wahr nicht mächtig gnug. Hernach vier Mörder / denen entbrach ich mich nach empfangener Wunde / aber wie ich mich umsahe / wahr mein Schaz nicht mehr verhanden. Wie ich derselben biß in ihre erste Herberge Nachfrage getahn / ist alles schon wissend; da ich aber an die Stelle kam / wo man sie gebunden hatte / ging ich immer mit meinem Bohten fort / die Stad zuerreichen / dahin sie zuzihen willens gewesen war. Nun hatte dieser leichtfertige Bube / mein jeztgedachter Bohte gesehen / daß ich etliche Kronen aus meinem Schiebsak zog /und mochte ihm daher Hoffnung einer grossen Beute machen / daß ihm der leidige Geiz den mördlichen Anschlag ins Herz gab / mich niderzuschlagen uñ zuberauben / welches er auff diese Weise vornam: Er blieb ein wenig zurük / ob müste er etliche eingefallene SandSteinlein auß den Schuhen machen / dañ ich ließ ihn sonst immerzu vor mir hinlauffen / so witzig hatten mich die drey Räuber zwischen den Sand-Hügeln gemacht. Ich ging vordismahl in tieffen Gedanken / wegen meines verlohrnen Seelen-Schatzes / welches dieser Mordschelm merkend / gar heimlich hinter mir her schleich / und mit seinem schweren Springstecken mir eins über den Kopff versetzete /daß ich als tod zur Erden niderfiel / da er mich alsbald ins Korn schleppete / des Vorsatzes / mir mit dem Messer die Kehle abzustechen / daß ich ja nit wieder erwachen solte. Mein Gott aber schickete es / daß ich mich entwarff / gleich da er neben mir niderknien /und den Mord vollenden wolte / welches ich in halber Ohmacht ersehend / ihn mit dem Fusse stieß / daß er strauchelte / machte mich auch von der Erde auff /dem Tode zuentgehen / aber das Häupt wahr mir so taumlicht / daß ich meinete / die Erde lieffe rings mit mir umb. Der Gotlose Bube merkete meine Schwacheit / durffte doch mit dem Messer mir nicht nahen / sondern hohlete den Springstecken wieder her / damit wolte er mich vollends hinrichten / unterdessen ich meine Seuffzer zu Gott um Rettung gehen ließ / und daß er mir nur so viel Kraft verleihen wolte /mich vor dem Mord zuschützen; stehen kunte ich nicht / welches der Schwindel mir nicht zulassen wolte / setzete mich deßwegen auff die Knie / uñ fühlete zu meinem Glük einen Stein neben mir in der Furche liegen / welchen ich auffhueb / und nähst Gott hierauff meine Hofnung setzete / gleich da der Mörder auff mich anging / und die Arme zum Schlage auffhueb / die TodesFurcht aber mir so viel Kraft verlihe /dz ich ihm das eine Auge außwarff / er aber[833] vor Schmerzen niderfiel und ein hefftiges Geschrey anfing; O rettet mich armen Mann aus dieses Mörders Händen! ich erschrak dessen noch mehr / in Betrachtung / da es Leute hören solten / dürffte ich noch erst als ein Mörder angefallen und hingerichtet werden /daher ich zu ihm kroch / und mit dem vorigen Steine ihm den Kropff so lange beklopffete / daß ihm das Leben und die Stimme zugleich verließ / und ich seinet wegen mich nicht weiters zubefürchten hatte. Ich sahe aber einen zimlich erwachsenen Knaben quehr über ein unbesamtes Feld lauffen / welcher das Mordgeschrey gehöret hatte / gedachte auch / ich müste gewiß als ein Mörder sterben / wann er Leute herzu aus dem Dorffe bråchte / die mich bey dem Erschlagenen fünden / kroch deßwegen auff allen Vieren mit höchster Unmacht aus dem Korn / in dem Fahrwege gleich vor mir weg / wiewol ich nicht weit fortkommen kunte / und nach Verlauff einer guten halben Stunde hörete ich von ferne schreyhen; wo ist der Mörder / wo ist der Mörder? halt ich sehe dich wol. Ich wendete mich hierauff wieder zurük / ihnen entgegen / und kroch immer zu ihnen hinan / biß sie mein inne wurden / zu mir gelauffen kahmen / und mich frageten / was mir gebräche / daß ich so daher kröche; denen ich zur Antwort gab; es währe ein Mörder über mich ko en / und hätte mir den Kopff schier gar eingeschlagen / daß ich in Ohmacht nider gesunken / und als ich mich endlich erhohlet / hätte ich mich nach meinem Bohten umgesehen / der mir entweder entlauffen oder erschlagen seyn müste; fragete sie auch /ob sie nit einen Mann im blauen Fuhrmans Rocke lauffen gesehen / möchten sie mir denselben nachweisen / dann er hätte etliche köstliche Sachen bey sich /die mir zustünden. Ich hatte dieses kaum ausgeredet /da lieffen andere herzu und sageten an / sie hätten den erschlagenen Menschen funden / wann sie nur wissen solten / wohin der Mörder sich gewendet. Sie beschrieben mir auff mein Begehren den Todten / worauff ich mich sehr übel gehuhb / es währe eben mein Bohte; ob nicht ein schwerer Wetscher bey ihm gefunden würde / in welchem alle meine Wolfahrt steckete. Und als dieser ertichtete Wetscher sich nirgend sehen ließ / fing ich ein elendes Geschrey an; man möchte doch den Mörder verfolgen / und wer ihn antreffen /und mir meine Sachen wiederschaffen würde / solte davon auff 500 Kronen wert zum Trinkgelde haben. O hätten sie nun dz lauffen sehen sollen / welches diese Bauren trieben; die ganze Dorffschafft wahr bey einander / wol 50 Mann / welche hin und wieder durch die Früchte setzeten / und zutraten meiner Meinung nach / wol vor 500 Kronen Frũchte / auff daß sie 500 Kronen verdieneten / die in der Welt nicht wahren. Verzeihet mir mein Herr Bruder / sagte Königin Valiska / dz ich eures Unglůks lache / welches doch nicht wol hätte grösser seyn können; ich danke aber Gott mit euch / daß er euch diesen heilsamen Fund ins Herz gegeben hat / und mögen die Bauren immerhin das Korn durchsuchen biß sie müde werden / wann sie nur den Tähter nicht antreffen. Der ist schon geborgen / antwortete er / aber dazumahl wahr ers noch nicht / massen als diese Bauren biß in die sinkende Nacht sucheten / und nichts funden / weil nichts da wahr / begunten sie den Schaden jhres Korns zu beklagen / biß endlich ein altes Weib sie zu frieden sprach / ein guter frischer Regen würde es wol wieder auffrichtẽ / womit sie nach dem Dorffe kehreten / und mich im Elende liegen liessen / wie heftig ich sie gleich baht / mich mitzunehmen. Um Mitternacht / da ich unter dem freyen Himmel lag / und in stetem Gebeht vor mein Fräulein zu meinem Gott verblieb / kahmen drey Bauren (die ich an der[834] Stimme kennete / daß sie von den vorigen wahren) zu mir /und frageten / was ich die Nacht im Felde läge / höreten weiters nach keiner Antwort / sondern fasseten mich an / zogen mir alle meine Kleider aus / auch das Hemde / und dräueten mir / dafern ich sie verfolgen /oder ein Wort sprechen würde / wolten sie mich ohn alle Barmherzigkeit binden / und in dem nähesten Teiche ertränken; welches mich lehrete gute Wort geben; sie möchten mit meinen Kleidern nur hingehen / ich kennete sie ja nicht / währe auch in diesen Ländern unbekant / daher sie meinetwegen sich im geringsten nicht zubefürchten hätten; nur bähte ich sie um Gotteswillen / mir das Hemde wieder zuzuwerffen; es währen in meinen Kleidern eine gute Anzahl GoldKronen vermachet / die ich ihnen gerne gönnen wolte / wann sie mir nur etliche Groschen Zehrgeld schenketen / und mir sageten / wohin ich meinen Weg nehmen solte / du ihnen nicht zuwieder währe. Sie funden das Gold / wie ich sagete / daher sie diese Barmherzigkeit mir erzeigeten / daß der eine sich außzihen / und mir sein altes wolzulappetes Hemde geben muste / dann meines gefiel ihnen zu wol. Nach ihrem Abscheide legete ich das unflätige Leilach an /fiel auff meine Knie / und baht den grundgütigen Gott / er wolte mir nur zu Leuten verhelffen / daß ich meinen Leib bedecken und erhalten könte / auch mich des Weges führen / den mein allerliebstes Fräulein gezogen währe; aber so bald bekam ich keine Erhörung. Mein bestes wahr / daß ich am Häupte Linderung fühlete / und noch zimlich fortgehen kunte / wiewol ich diesen ganzen Tag bey keinem Dorffe noch Flecken ankam / und ob mir gleich etliche im Felde begegneten / lieffen sie doch vor mir Unbekleideten / und hielten mich vor einen unwitzigen Menschen; wolte ich dann fragen / wohin ich gehen müste / kunte ich wegen Schwacheit ihnen nicht nachlauffen. Gegen den späten Abend sahe ich ein altes Weib vor mir hergehen / die am Stecken hinkete / machte mich zu ihr hin / und verstund mit grossen Freuden von ihr / daß ich nicht weit von einem Dorffe hätte / da sie zu Hause währe; ging also in ihrer langsamen Geselschafft fort /und erlangete auff vielfältiges bitten / daß sie mir die Nachtherberge zusagete. Sie hatte einen starken grossen Sohn / welcher aus der Schenke zu Hause kam /da er sich rechtschaffen vol gesoffen hatte / machete sich nach der Scheuren / und legte sich auffs Stroh /den Rausch auszuschlaffen. Die Alte folgete ihm / zog ihm die Kleider ab / und begab sich wieder ins Hauß nach ihrem Lager / da sie mir gleichwol ein Stük Brod und Kähse / auch einen Trunk sauren Kofend gegeben hatte / und ich wol schwören kan / daß mir nie kein essen oder trinken besser geschmecket; aber ich lohnete ihr übel; dann da sie mich nach der Scheuren gehen / und da schlaffen hieß / besuchte ich dem Tunkenbolt seinen Schiebsak / fand etliche Groschen drinnen / und nam sie als eine Zehrung zu mir. Ich hätte ihm die Kleider gar genommen / sagte Valiska /mit dem Vorsatze / es dereins tausendfach zubezahlen. Ich bedanke mich des guten Rahts / antwortete Arbianes / dann gleich also machte ichs auch; massen nach begangenem ersten Diebstal / ließ ich mich auch zu dem andern verleiten / schlohf in seine Kleider / legete seine BaurenPlötze an / und ging bey Nachtzeit im Mondenschein so weit fort als mir möglich wahr /biß ich in sechs Stunden wol zwo Meilen hinter mich gelegt hatte / und bey einem Flecken anlangete / woselbst vor dem Tohr ein eingefallenes Häußlein zur Linken stund. Ach mein Gott / sagte Fürstin Klara /in eben diesem Flecken hatte ich mich vor eine Nähterin gleich dazumahl vermietet / und wann es Gottes Wille gewesen / hätte unser Unglůk[835] alsdann können geendet werden / wann nur mein Schaz an meine Herberge gerahten währe. Ich hielt mich daselbst zehn Tage auff / antwortete Arbianes / umb meine Kräffte zuerlangen / dann mein Häupt wolte den Fůssen nicht folgen / wie willig dieselben auch waren / den Weg zumässen / der mich nach meiner Seelen Vergnügung tragen möchte; jedoch wahr auch diese Verweilung meiner damahligen Meinung nach / mir sonderlich glůkselig dann wie ich ohn gefehr in ein Wirtshauß /einen Trunk zutuhn / einkehrete / erfuhr ich daselbst /daß vor wenig Tagen ihre Nähterin mit ihrem Manne Wolffgang nach dem Elbstrome gereiset währe / erkennete auch aus allen Wahrzeichen der Kleidung und sonsten / daß eben die ich suchte / diese seyn würde /daher ich mich des folgenden Morgens sehr früh auffmachte / und in Geselschafft eines mir unbekanten Bohten / des nähesten Weges nach Magdeburg zulief / der Hoffnung / in weniger Zeit zufinden / was ich suchete; aber mein Unfal muste so leicht nicht geendet seyn / gestaltsam ich abermahl am dritten Tage nach meinem abreisen unter RäuberHände geriet / die mich nacket auszogen / und weil ich mich etwas sträubete /mir etliche Wunden schlugen / daß ich halb tod liegen blieb / nachdem mein Gefärte sich aus dem Staube machete / da ihm so wol als mir / Kleider und alles abgenommen wahr. Hieselbst hätte ich nun ohn Zweifel sterben müssen / wann nicht Gottes Barmherzigkeit es gefüget / daß ein Baur mit einem ledigen Wagen daher gefahren währe / welcher auf mein vielfältiges bitten / mich aufflud / und nach seinem Dorffe brachte / da ich von seinem Sohn verbunden / und von seiner manbaren Tochter fleissig gewartet ward / biß ich die GefahrTage vorbey gebracht hatte. Dieser Baur wahr von guten Mitteln / und reich an grossem und kleinem Vieh / hatte nur diese beiden Kinder / die sehr gute Neigung zu mir trugen / insonderheit die Dirne / welche mir ihre Kleider / Korallen / und andere / ihrer Meinung nach / gnug köstliche Sachen sehen ließ / welche ich dann / ihre gute Gunst zuerhalten /wider meinen Willen rühmen muste / taht mir auch so viel gutes / als ihr Bauren Hütlein / welches raum genug wahr / vermochte / umb mich zur Gesundheit zubefodern / da der Sohn sich erboht / mich vor einen lieben Gesellen anzunehmen / wann ich mich in den Ackerbau und zur Viehzucht schicken würde; dem ich alle Mögligkeit und Träue versprach. So bald ich wieder gehen und mich kleiden kunte / wahr die Tochter mit einem neuen Kleide fertig welches sie mir selbst brachte / und mit diesen Worten mich solches anlegen hieß: Mein geliebter Sebald (also nennete ich mich) /ihr seyd nacket und bloß / verwundet und krank in meines Vaters Hauß kommen / aber ich werde nimmermehr zugeben / daß ihr so schlecht wieder von uns hinweg scheidet / sondern ich habe euch dieses Kleid machen lassen / welches euch zumahl statlich anstehen sol; das Wammes ist von guter Baumseide / die Hosen von seinem Tuche / und ist kein Knecht im ganzen Dorffe / der es besser håtte. Unsers Nachbarn Sohn Kurd meinet / er sey der ansehnlichste und hübscheste im Dorffe / aber ihr gehet ihm noch weit vor /deßwegen habe ich ihm gestern den Korb gegeben /weil ich euch lieber als ihn haben wil; so haltet euch nun frisch / und gehet meiner Mutter fein zu Wege und Stege / alsdann könnet ihr noch wol bey ihr erhalten / daß ich eure Frau werde / worzu ihr meinen Willen habt / und das Glůk euch bescheret ist / daß euch das feineste und reicheste Mådchen im Dorffe lieb hat; mit welchen Worten sie sich zu mir nahete / und wider meinen Willen mich bäurisch gnug umfahend /kůssete / welches mich / da[836] sie zu kühn werden wolte / endlich verdroß / und sie in zimlichem Ernste abwiese / sie solte sich dessen ja enthalten / massen wann ihre Eltern oder ihr Bruder dessen inne würden /dürfften sie ungleiche Gedanken fassen / und mich wol gar als einen unzůchtigen niderschlagen; aber sie achtete dessen wenig / sagte / ihre Eltern hätten sie lieb / und würden ihr den zum Manne wol gönnen /den sie haben wolte und müste; welche Kůhnheit mich fast antwortloß machete / hätte auch ohn zweifel ihr noch härter zugeredet / wann nicht ihre Mutter darzu kommen währe / welche ihre Tochter vor mir auff dem Bette sitzen sehend / zu uns sagete / wir solten uns nicht zu weit vertuhn / ein wenig ginge wol hin / und wüste sie wol / dz Knechte und Dirnen gerne mit einander spieleten; und was des schändlichen Geblärres mehr wahr / wodurch sich die Tochter so erkühnete / daß sie von der Mutter begehrete /mich ihr zum Manne zugeben / oder sie wolte mit mir davon lauffen / daß kein Mensch erfahren solte / wo sie gestoben oder geflohen währe. Die Mutter aber zur Antwort gab / wann sie mich dann so lieb hätte /möchte sie mich i erhin nehmen; schlug die Ka er zu / und ließ uns beide allein beysa en / da das freche Tihr anfing / mit hohẽ Schwüren uñ Flüchen sich heraus zulassen / wie lieb sie mich hätte / und dz sie mich ni ermehr velassen wolte / fehlete auch wenig /sie hätte sich gar zu mir gelegt / wañ ich nit aufgestanden währe / uñ die Kleider angezogen hätte / in welchen ich ihr so wol gefiel / daß sie mich von der Kammer nicht lassen wolte / ehe und bevor ich ihr eine gleiche Liebe versprochen hätte. Ich speisete sie mit guten Worten / sie möchte gemach tuhn / und an meiner Liebe nicht zweifeln / ich wolte zuvor mit ihrem Bruder davon reden / daß er mir des Vaters bewilligung erlangete; nam sie bey der Hand welche härter als ein Eichenbret wahr (massen sie stränge arbeiten kunte) und führete sie zur Kammer hinaus. Ihr Vater sahe uns daher treten / und fragete mich / was ich mit der Dirne zu gehen hätte / und wie ich zu dem statlichen Kleide kähme / dessen gleichen er sein Tage an seinem Leibe nicht gehabt; es müste mir ja von den seinen geschenket seyn / weil ich nacket und arm von ihm auff den Wagen geworffen währe. Welches die Tochter ungescheuhet beantwortete: Sie hätte es vor ihr eigen Geld machen lassen / wem darauff etwas mangelte; sie wüste schon / woher sie die Bezahlung von mir haben solte. O du leichtfertiger Sak /sagte ihr Vater / soltestu so viel Geld an ein Kleid legen / welches unter drey oder vier Gülden nicht gezeuget ist / uñ es einem Wildfremden antuhn / der sich wol mit schwarzer Linnewand / gleich wie ich /behelffen könte? Welches ich also beantwortete: Guter Vater / ich verspreche euch hoch und teur / daß ich alle angewante Kosten gerne und willig bezahlen wil / darumb verzeihet eurer Tochter solches / und bleibet ihr und mir gewogen. Der alte schüttelte den Kopf und sagete zu mir: Junger ich rahte dir in träuen / daß du nicht zu grosse Kundschaft mit der Dirne machest; ich habe sie meines Nachbars Sohn versprochen / der würde dir das Fell übel zu dröschen / wann er dessen einigen Argwohn von dir haben solte. Er hatte dieses kaum ausgeredet / da trat eben derselbe Baurknecht zur Tühr hinein / hatte eine Mistgabel in der Hand / und ohn einige Begrüssung sagte er zu dem Alten: Er wüste sich seiner Zusage wegen der Tochter zuerinnern / welche er durchaus wolte gehalten haben / ungeachtet die lose Dirne ihm gestriges Tages den Kauff auffgesagt hätte / welches er zu seiner Zeit ihr schon wolte geniessen lassen. Die frische Tochter kunte solche Dräuung nicht verschmerzen /und antwortete: Höre Kurd / was habe ich mit dir zuschaffen?[837] gehe du hin nach deines Vaters alten Magd Metten / welche du vor drey Jahren beschlaffen hast; ich begehre dich Hurentrecker nicht / wil auch nicht gewärtig seyn / daß du mich deiner Dräuung nach /jagen und schlagen solt. Oder meinestu daß ich keinen Kerl ohn dich kriegen kan? Haha! ich habe schon einen Bråutigam vor mich / und wiltu ihn gerne sehen? sihe da stehet er / und hat mehr verstand in seinem kleinen Finger / als du in deinem tölpischen grossen Kopfe. Hiemit wahr der Tanz gepfiffen / dann der Vater trat hin zu der Tochter und gab ihr etliche Maulschellen / daß ihr Mund und Nase blutete / da er zu ihr sagete: Du lose Haut / hastu den jungen Bengel darumb so munter gekleidet / daß du deine Hurerey mit ihm treibest? ni ermehr sol er dein Kerl werden; fiel damit die Tochter aufs neue an / und schlug frisch auff sie loß; welche aber meinen Streit mit Kurd ersehend / einen Muht fassete / sich zur wehre stellete /und den Vater nach wenigen ringen zur Erden niderwarff. Inzwischen hatte ich auch meine Arbeit; dann als Kurd hörete / daß seiner meinung nach ich ihm vor dem Korbe fischete / sahe er mich grimmig an / fassete seine Mistgabel / und in dem er mich einen Schelm und Ehebrecher schalt / schlug er auff mich zu / daß wo ich nicht ausgewichen währe / er mich bäurisch gnug würde gezeichnet haben / uñ weis ich nicht / obs mein Glük oder Unglük wahr / daß in diesem Sprunge ich eines Zuberbaums hinter der Tühr gewahr ward / mit welchem ich dem Baurflegel entgegen trat / und ihm eins über den Kopf versetzete / daß er als ein Todter zur Erden niderstürzete / und keinen Finger regete. Der Alte tummelte sich unterdessen mit seiner Tochter auff der Erden weidlich umb / und hörete ich ihn ruffen / sie solte aufhören / ihm die Kehle zudrücken; die sich aber wenig daran kehrete / biß die Mutter hinzu trat / und den Alten rettete / gleich da mein Gegener zu bodem fiel; worüber die Dirne sich höchlich erfreuete / daß sie mit blutigem Maul und Gesichte mir zurieff; Halte dich frisch du mein lieber Sebald / ich wil niemand anders als dich haben. Mir wahr trauen dazumahl nicht sonderlich wol / massen ich mich vor des Alten Rache fürchtete / den gleichwol sein Weib zu frieden sprach / vorgebend / er wüste ja wol / daß sie beyde es mit ihrer Ehr eben so gemacht hätten / und wo er nicht in seiner Tochter Willen gehehlen wolte / müste ohn seinen dank noch diesen Abend die Ehe volzogen werden; wodurch er nähern kauff zu geben bewogen ward. Ich aber machete mich freundlich zu der Dirne / hielt ihr meine Gefahr wegen des nidergeschlagenen vor / und baht /mir zu helffen / daß ich mit einem geruheten Pferde mich davon machen könte / der Lebensgefahr zu entgehen / welches sie ihrer einfalt nach / nicht allein gerne einwilligte / sondern den Baurensattel selbst hervor nam / und ihres Vaters beste Pferd mir fertig machete / da die Mutter mir inzwischen 15 Gülden hohlete / mit der Abrede / ich solte nach dem nähesten Flecken / drey Meilen von dar / zu ihrer Schwester mich begeben / sie wolte in dreyen Tagen mich wissen lassen / wessen ich mich zuverhalten hätte. Wem wahr lieber als mir? ich setzete mich geschwinde auff / und rante als ein Vogel davon / dann das Pferd wahr guter Schenkel / mietete im nähesten Dorffe einen Bohten / der mich des nähesten weges nach Magdeburg / bringen solte; aber es wolte sich annoch nicht nach willen fugen / sondern ich ward am Weserstrohm von sechs Räubern überfallen / welche mir Pferd / Geld und Kleider nahmen / dz ich mit noht Mutterleibes-nacket / jedoch ohn sonderliche Wunden davon kam. Also muste ich in die sechs Stunden nach art unser ersten Eltern fein leicht dahin springen / biß mir eine[838] Bäurin mit einem Pelze begegnete / welchen ich ihr mit gewalt abborgete / und ihn umb die Schuldern hing. Gott verzeihe mirs / daß ich dazumahl gedachte / ob dem guten Adam sein Pelz auch also angestanden währe / und wolte mich in dieser Kleidung noch wol haben geduldet / wann nur mein allerliebstes Evichen bey mir gewesen / deren ich mich doch nicht gerne in solchem Schmuk hätte sehen lassen /wiewol sie mich hernach in einem lausichtern antraff. Das Weib lieff mir eine weile nach / wolte den Pelz nicht gerne missen / endlich als sie sahe / daß alles vergebens wahr / fing sie an / mich so abscheuhlich auszuschelten und zuverfluchen / daß ich mich schier an ihr vergriffen hätte. Sie wahr kaum von mir hinweg / da begegnete mir ein alter Betler mit zurissenen Lumpen / dem ich einen Tausch anboht / welcher ihm nicht zuwieder wahr / dann der Pelz wahr neu und gut. Ich bekleidete mich armselig gnug / und hatte noch / wie mir dieser Betler sagete / 18 Meilen biß gen Magdeburg / welchen Weg ich vor mich nam /und des folgenden Tages eine andere Betlergeselschaft / sieben Mann stark antraff / unter denen ein Blinder / ein Stummer und drey Lahme oder hinkende wahren / die übrige zween aber risch und stark / und kunken sich doch stellen / als währen sie an der rechten Seite vom Schlage gerühret. Diese macheten mit mit Kundschaft / und frageten / warumb ich in solcher Jugend und bey so gesunden Tagen mich aufs betteln begäbe / und anderen elenden unvermögenden Leuten das Brod vor dem Maule hinweg nähme; ich könte mich ja bey einem Bauren vor einen Knecht vermieten / und das Brod wol gewinnen. Ich gab ihnen zur Antwort; es hätten mich sechs freche Räuber durch gewaltsame Plunderung in diesen Stand gesetzet / welchen ich nicht gedächte långer zu führen / als von hier ab biß nach Magdeburg / woselbst ich mir getrauete einen Herrn zubeko en / dem ich auffwartete / dann ich wåhre aus der ferne / wüste mit Gewehr und Pferden umbzugehen / und hätte unterschiedliche fremde Sprachen in meiner Jugend gefasset. Der eine hinkende Betler fing darauff an; es wåhren Narren / die sich in Dienste begäben / und der Arbeit sich unterwürffen / wann sie beim Müssiggange gute Tage und alles gnug haben könten; wann mir nun ein solches sanftes Leben auch gefiele / wolte er mich in ihre Geselschaft / die sich zimlich stark befünde / aufnehmen / und zur versicherung eines guten willens / mir seine jüngste annoch unverheirahtete Tochter nebest 2000 Gülden Brautschaz geben. Ich erschrak dieses erbietens / merkete schon / was vor eine ehrliche Geselschaft ich angetroffen hatte / erhohlete mich bald / und sagete ihm dank vor den guten Willen / wolte mich bedenken /und ihn nach Verlauff etlicher Stunden Antwort wissen lassen. Aber der eine / welcher sich bißher als vom Schlage gerühret / bezeiget hatte / griff mit beyden Armen nach mir / uñ indem ich auswiche / sagete er: Nein mein Kerl / hier gilt nicht lange Bedenkzeit /ich merke schon wol / daß du nicht Lust hast / lange in Betlers Kleidern zugehen. Ich spürete / daß mirs das Leben gelten solte / erwehrete mich sein mit meinem zimlich starken Bettelstabe / daß er mich gleichwol nicht greiffen kunte / und sprang immer weiter zurũk / weil ich sahe / daß der andere gesunde Schelm sich auch nahete / welcher dann eine kurze verdeckete Plötze hervor zog / und auff mich darlieff. Ich trauete meinen Füssen / welche mich auch eines Weges von ihnen brachten / da ich etliche Steine auffnam / und mich gegen sie kehrete / sie vermahnend / mich gehen zulassen / oder der Steine zugewarten. Sie hatten beide ihre Plötzen fertig / mit denen sie ohn zweifel mannichen reisenden Menschen mochten ermordet haben /[839] kehreten sich an meine Warnung nichts / sondern lieffen als blindlings auff mich an / daher ich dem vördersten einen zweipfündigen Stein entgegen schickete / daß ihm der Kopff borste / und damit zur Erden fiel; der andere sahe seinen Gesellen stürzen /machete sich zur Rache gefasset / und gedachte mir aus dem Wurffe / damit ich ihm dränete / zuweichen; aber weil ich zween Steine im Vorraht hatte / warff ich ihm den ersten vor die Brust / daß es puffete / und er begunte nach frischer Lufft zuschnappen; worauff ich ihm den andern vor das Maul legete / daß er wie eine Garnwinde umlief / und ich zeit hatte / mit des ertödteten seiner Plötze mich zuwapnen / mit welcher ich auch diesen andern vollends hinrichtete. Die fünff übrigen erschraken dessen sehr / dann sie sahen / daß sie mir nicht entlauffen kunten / ohn allein der Stumme / welcher quehr-Feldein ging / und ich mich besorgete / er würde mehr Hülffe aus der Nähe herzuführen / nahm deßwegen gegen die übrigen nichts weiters vor / sondern besuchete die beiden Erschlagenen / fand bey ihnen einen guten Zehrpfennig / und nachdem ich die Plötze eingestecket hatte / ging ich eilends nach dem nähesten Dorffe / sahe mich offters umb / und ward gewahr / daß die Mörder nach allem Vermögen zurük eiletẽ / weil sie ohn zweifel in Furcht stunden /ich würde die Dorffschafft ihnen über den Halß schicken. Aber ich hielt reinen Mund / aus Furcht / an mei ner Reise gehindert zuwerden; setzete demnach meinen Weg im Nahmen Gottes fort / gerade nach Magdeburg zu / unter der Hoffnung / mein Schäzchen daselbst zufinden / aber es wahr daselbst nichts zuerfahrẽ / als daß die Fürstliche Geselschafft vor weniger Zeit nacher Prag gereiset / und das Königliche Fräulein als eine verlohrne höchlich beklaget würde. Wohin wendestu elender Arbianes dich nun? sagte ich bey mir selbst; Ich hatte ein Gelübde getahn / die Fürstliche Geselschafft nicht zusehen / biß ich entweder das Fräulein angetroffen / oder einige Gewißheit von ihr würde erfahren haben; legete auch fleissig bey mir über / wessen ich mich verhalten solte; endlich noch hielt ich vor rahtsam / mich nach Böhmen zuwenden / und daselbst unfern von Prag mein Leben in der Einöde zuführen / biß ich meiner Fräulein Leben oder Tod erkündigen würde; bettelte mich also durch das Land / und lebete etliche Zeit in beschwerlichem Elende / daß ich mehrenteils mein Leben mit Kräutern / Wurzeln und anderen Gewächsen auffhielt / doch etliche Stunden mich bey den Landstrassen fand / und den Bauren zuzeiten ein Stüklein Brod abkauffete /weil ich noch Vorraht an Gelde hatte. O wie manniche Widerwätigkeiten bekümmerten Tag und Nacht mein ohn das gnug trauriges Herz. Ist meiner Seelen Leben / Frl. Klara todes verblichen / sagte ich / so wird die Auflösung meiner Seelen und Leibes mich dahin begleiten / da sie in der Engel Geselschafft ihren Heyland und Erlöser ohn auffhören preiset; wie aber / gedachte ich bald darauff / wann etwa Wolffgang zum Wolffe worden / sich einiger Unzimligkeit hätte gelüsten lassen / und dasselbe gesuchet / welches ohn meiner Fräulein äusserstes Verderben nicht geschehen könnte? Und wañ ich mich mit dieser Vergebligkeit lange gnug gepeiniget hatte / dañ so grauete mir vor Räubern und Mördern / von denen ich selbst nicht hätte frey seyn können / wie viel weniger ein Fräulein mit einem BaurenKnechte; aber daß mein Schaz als eine Dienstmagd leben solte / ist mir nie eingefallen. Wann dann alle Unglüksfälle / die zuersinnen wahren / mein Gehirn durchlauffen hatten / folgete mein unbewäglicher Schluß / ich wolte entweder als ein Betler sterben / oder ihrer frölichen Ankunft erwarten / oder sie aufs[840] neue suchen. Aber Gott schickete mir wider meinen Willen etwas Linderung / in dem mein Leib Schütze Zariaspes / meiner Fr. Schwester ehemahligen Parthischen Hofmeisterin der Sysigambis Sohn / mich ohngefehr erkennete / da ich so wenig seiner als er meiner vermuhten wahr; dann als ich des Nachtes im offenen Walde unter dem freyen Himmel mein Gebeht / und daß es niemand verstehen solte / auf Medisch taht / ruhete mein Schütze mir unwissend hinter einem Baume / hörete nicht allein seine Muttersprache von mir / sondern erkennete auch meine Stimme / dessen er nicht wenig erschrocken / in Demuht zu mir nahete / und ob er zwar in dem FrühLichte meine elende Lumpen sahe / kehrete er sich doch nicht daran / setzete sich vor mir auff die Knie /und sagete auff Medisch zu mir: Durchleuchtigster Fürst / welcher gütiger Gott hat mich zu so glükseliger Stunde hieher geführet / Euer Durchl. Gegenwart zuerfahren? Und was vor herbes Glük leget einem so mächtigen Fürsten diese heßlichen Betlers Kleider an? Ich hätte mich gerne verstellet / und gab auff Teutsch zur Antwort: Ich verstünde seine fremde mir unbekante Sprache nicht / weil ich ein Teutscher / und zwar ein armer Betler währe. Aber mein Zariaspes kehrete sich nichts daran / blieb in seiner Demuht /und baht untertähnigst / mich dergestalt selbst nicht zuverleugnen / weil mich weder Noht noch Gefahr darzu antriebe; daher ich mich ihm endlich zuerkennen gab / und geboht ihm bey Lebensstraffe / meine Gegenwart keinem einigen Menschen wissen zumachen; dessen er sich lange wegerte / und endlich auff harte Dräuung versprach / doch mit dem bedinge /daß ich täglich von ihm etliche Speise nehmen solte. Also blieb ich in diesem Stande etwa zehn Tage / biß der allergütigste Gott meinen Seelen-Schaz des Weges hersendete / da ich in meinen Betlers Kleidern nicht weit von der Heerstrasse saß / und von meinem Zariaspes hefftig vermahnet ward / mich nacher Prag zuerheben / und zum wenigsten als ein unbekanter mich daselbst auffzuhalten; ich mich aber gegen ihn erklärete / wie ich diese Nacht bey mir beschlossen hätte / auff dem nähesten Dorffe mich noch eine ganze Woche auffzuhalten / und nach deren Verlauff in seiner und sechs anderer Meden Geselschafft mich nach dem Flecken zumachen / woselbst ich in der Herberge erfuhr / daß mein Fräulein mit Wolffgang nach dem Elbstrohm solte gereiset seyn; der Hoffnung / ich wolte daselbst ihre Spuhr antreffen / oder doch etwas bessere Zeitung von ihr erforschen / hatte ihm auch schon befohlen / was vor Kleider / Waffen / Kleinot /Gelder und Pferde er mir bringen solte; Ja ich speiete mich schon selbst an / daß mir dieser heilsamer Raht nicht zeitiger eingefallen wahr. Aber die unvermuhtliche Ankunfft meiner Fräulein machte nicht allein diesen meinen Vorsaz zu Wasser / sondern benam mich aller Angst und Traurigkeit. Was vor Anfechtungen aber in meiner Einsamkeit und Armut ich von dem leidigen Teuffel ausgestanden / und wie er mich / zur Verzweifelung zubringen / angelauffen hat / davon wil ich nicht viel Worte machen / und nur / weil ich lebe / dieses rühmen / daß Gottes Krafft in mir Schwachen so mächtig gewesen / daß ich alles ritterlich überwunden / ungeachtet dieser geistliche Kampff mir mannichen Schweiß ausgejaget / und mein Fleisch redlich gezähmet hat. Einen vor andern aus hefftigen Saz habe ich dem Teuffel halten müssen / des Nachtes zuvor / ehe Zariaspes mich antraff / und zweifele ich durchaus nicht / der böse MenschenFeind sey mir das mahl in leiblicher Gestalt eines Betlers erschienen / wovon ich zur andern Zeit ausführlichen Bericht tuhn wil / weil ich höre[841] etliche zu uns komen /welche mich hindern werdẽ / mich des ergangne recht zueriñern. O du wunderbarer Gott / sagte hierauff Königin Valiska / wie gehestu mit deine lieben Kindern so wunderlich um auf dieser Welt! jedoch muß ihnen alles zum besten gereichen / insonderheit deine väterliche Heimsuchungen; dann ich gläube nicht / daß ein Mensch / wes Standes er auch seyn mag / sich recht erkenne / oder seine Schwacheit gläube / dafern er nicht unter deiner Zucht gedemühtiget wird. Aber gnug vor dißmahl / von diesen traurigen Begebnissen / wollen auch bey besserer Gelegenheit euren ausgestandenen Straus mit dem grossen Versucher / anhören / und nunmehr geschäfftig seyn / beydes zu euer Hochzeit / und zu meines Herr Bruders Krönung Bereitschafft zumachen / und daß die geladenen Könige aus Gallien / Schweden und Dänenmark wol und gebührlich empfangen werden; nur wird ein einziges Fräulein-Bild uns bey dieser Fröligkeit mangeln /welche zweifels ohn mein Herr Bruder Arbianes gerne / meine Fr. Schwester Klara aber sehr ungerne dabey leiden möchte. Diese kunten nicht gedenken / was vor eine diese seyn möchte / biß Valiska sagete: Er solte sich seines ehmahligen Bräutigam-Standes mit dem BaurenFräulein / Frl. Metten erinnern; worüber sie beyderseits überlaut lacheten / Fr. Klara sagete: Ja Herzen Fr. Schwester / gedenket eure Liebe wol / daß ich meinen Fürsten aus dieser BaurenHütte so rein und züchtig solte wieder bekommen haben / als er dahinein gangen ist? gewißlich möchte ich dieses schöne Bildichen mit ihren pflaumen-weichen Händichen und blut-bund-gefärbeten Mündichen hieselbst sehr ungerne sehen; dann wer weiß / ob sie nicht allein kühne Einsprache tähte / sondern mein Fürst den alten Schrol wieder beko en / mich verlassen / und mit dieser kühnen Heldin / die ihrem Vater die Kehle so freundlich zu küssen weiß gar davon zihen möchte. Verzeihe es Gott euch beyden / sagte Arbianes / aber 5000 Kronen gäbe ich drumb / dz sie möchte zugegen seyn / es dürfte noch lustige Schwänke abgeben / und erkenne ich mich schuldig / ihr das Pferd / Kleider und andere angewante Kosten zuerstatten / insonderheit möchte ich dem guten Weibe ihren Pelz gerne bezahlen / ob sie gleich davor ein übriges gescholten und gefluchet hat. Also brachten sie diese Zeit in aller geziemenden Fröligkeit zu / und ob zwar König Mnata Freiheit hatte / nach seinem Königreich zuzihen / baht er sich doch selbst zu Arbianes Hochzeit /welches den unsern sehr wol gefiel / und auff sein Ansuchen ihm ganz gerne einwilligten / daß er 100 seiner besten Ritterschafft zu sich foderte / ihm auffzuwarten. Mit Auffbauung der verstöreten Städte und Dörffer ward fleissig fortgefahren / und alles auff Königs Mnata Befehl besser gemacht / als es vorhin gewesen; so hielt er auch mit seinen Schenkungen bey dem Königl- und Fürstlichen Frauenzimmer immer an / daß Valiska ungeduldig drüber ward; er aber hoch beteurete / daß er sein halbes Königreich nicht drum nehmen wolte / daß er in diese Tugend-Schuele nicht kommen währe / woselbst er nunmehr in etwas gefasset hätte / was einem Könige anstünde / welches ihm dann überaus lieb währe / ungeachtet er zuvor eine zimlich harte Stäupe / welche er wol verdienet / hätte aushalten müssen. Er lebete sonst wie ein Bruder mit unsern Königen / und erlangete bey Valisken / daß Herkules nacketer Kampf mit seinem ehmaligen Bato gehalten / auff seine Kosten zum zierlichsten auff vier Tücher abgemahlet / und auff dem langen Umgange auffgehenket ward.

Bald nach geendigtem Pannonischen Kriege / kam der alte Friese Wittho mit seinem[842] ungerahtenen Sohn Gerd zu Prag an / ließ sich bey Wolffgang angeben /der sie beide wol empfing / sie aber wegen Verenderung seiner Sitten und Wandels kaum gläuben wolten / daß er der vorige ihr Vetter währe. Er führete sie unangemeldet hin zu Arbianes und seinem Gemahl / von denen der Alte überaus freundlich empfangen ward /da sie sich nicht scheuheten / ihn ihren Erhalter und Vater zunennen. Er hingegen bezeigete sich aufs demühtigste / und wahr sein erstes Vorbringen / daß er vor seinen Sohn um Gnade und Vergebung anhielt /welches ihm nicht allein gnädig eingewilliget ward /sondern es machete ihn Arbianes zu seinem Unterstalmeister / weil er mit Pferden wol umzugehen wuste. Wittho aber erhielt / daß er Zeit seines Lebens bey Wolffgang bleiben möchte / der ihm alles gutes taht /und wol erkeñete / daß er seiner Wolfahrt erste Ursach wahr. Er hatte sonst noch sechs grobe einfältige BaurenKnechte / seine Anverwanten mit sich herbracht / denen statliche Meyerhöfe eingetahn wurden; berichtete auch / was gestalt der Rohtbart auf Königlichen Befehl angegriffen / und wegen der vorgebrachten Lüge (ob hätte er Arbianes uñ das Fräulein sollen nach dem Reinstrom bringen) befraget worden / hätte anfangs alles geleugnet / aber nach angelegter harter Pein / nit allein sein Vorhaben / den Fürsten mit dem Fräulein umzubringen / sondern in die 27 Mordtahten bekennet / auch sechs Bauren ihres Dorffes / als seine Mitgehülffen angemeldet / welche samt ihm mit dem Rade gestossen / uñ hingerichtet währen. Vierzehn Tage vor der angesetzeten Krönung schrieb Reichard aus seiner Landstad zurük an Leches / was gestalt er daselbst zwar wol angelanget währe / hätte aber mit wehmühtigem Herzẽ vernehmen müssen / daß seine Eheliebste schon vor vier Wochen an einem hitzigen Fieber Todes verblichen / wie auch Fr. Mechtild; deren hinterlassene älteste und jüngste Töchter (die mittelste währe mit ihrer Mutter gestorben) Adelheit und Adelgund nunmehr von Herzen wünscheten /ihrer Fürstin und Frauen untertähnigst auffzuwarten; endlich baht er Leches in diesem Schreiben / bey dero Hochfürstl. Durchl. untertähnigst zuvernehmen / ob dieselbe gnädigst einwilligen könte / währe er nit ungeneigt jungfer Adelheit zuheyrahten / deren Herz / in Betrachtung seines jetzigen Ritter Standes / er wol zugewinnen verhoffete; befahl sich der ganzen Königl-und Hochfürstlichen Geselschafft / insonderheit seiner verhoffentlich nunmehr wieder gnädigsten Großfürstin Fr. Klaren beharlichen Gnaden / und baht / auff sein gesiñen ihm zuantworten. Leches trug dieses anfangs Arbianes allein vor / welcher nebest Königin Valisken es mit der Fürstin beredete / die eine solche Heyraht gerne befodert sahe / daher sie Leches befahl was er antworten und bey schleuniger Botschafft übersenden solte; sie aber setzete dieses Brieffelein selbst an Adelheit auff. Geliebte Freundin / Jungfer Adelheid / ihr sollet euch im trauren wegen eurer Mutter tödlichen Hintrittes mässigen / welches ausser zweifel Gott also zu eurem besten geschicket hat; ich verbleibe eure und eurer Schwester gnädige Frau so lange ich lebe /und wil euch besser versorgen als euer Stand nicht mit sich bringet; könnet ihr auch meinen Vorschlag genehm halten / und Ritter Reichard / der bey mir nunmehr wieder in vollen Gnaden stehet / vor euren liebsten annehmen / so lasset euch von ihm in eurem Jungfern-Stande herüber begleiten / alsdann wil ich euch die Hochzeit außrichten / und zur Außsteur euch dasselbe zuwenden /wovon ihr und eure Nachkommen den Ritter- und Herrn Stand wol sollet führen können. Bringet auch eure Schwester mit über / und seumet nit. Gott befohlen von eurer stets gewogenen Frauen / Großfürstin Klaren.

Reichard hielt sich sehr prächtig in seiner Heimaht / so viel seiner Eheliebsten absterben[843] leiden wolte /und weil er grosse Geldmittel hatte / taht er seinen Eltern und anderen Anverwanten viel zugute / bezeigete sich sonst sehr höfflich und Tugendreich / daß jederman sich über ihn verwunderte. Bey Jungfer Adelheiden hatte er sich schon angemeldet / und biß auff Großfurstin Klaren (deren sie sich zueigen ergeben hätte) befehl und gnädigste Einwilligung ihm gute Zusage getahn / wiewol jhr Vater es nicht gerne sahe /und es gleichwol nie hindern durffte. Als nun beides Leches und der Großfürstin Schreiben nebest überschikten statlichen Kleinoten / ankahmen / wahr allerseits grosse Freude / und machten die beiden Schwestern nebest Reichard und seiner Reuterey sich alsbald des folgenden Tages auff den Weg und weil sie Tag und Nacht eileten / kahmen sie zween Tage vor der Krönung zu Prag an / liessen sich anmelden / und wurden von Leches und Libussen auff Fürstlichen Gutschen nach dem Schlosse gehohlet / worüber dem guten Reichard die Trähnen häuffig aus den Augen fielen / in Betrachtung / er vor diesem als ein Ubeltähter in Ketten und Banden dahingeschleppet wahr. Sie wurden nach Arbianes absonderliches Gemach hingeführet / darinnen kein Mensch / als er und sein Gemahl wahr. Reichard muste anfangs allein hineintreten / welcher die Fürstin ersehend / alsbald einen Fußfal taht / da ihm die Leid-Ohmacht überfiel daß er wie ein todter Mensch gestrekt zur Erden stürzete / worüber die Fürstin sich entsetzete / und zu ihrem Fürsten sagete: Allein diese Reue verdienet volkommene Vergebung; Leches wahr mit ihm hineingangen / welcher ihn schüttelte und bald wieder zu sich selbst brachte / da Arbianes zu ihm trat / und mit freundlichen Worten zu ihm sagete: Mein lieber Freund Reichard / ihr habt förder nicht Ursach / euer Herz wegen des ehemaligen dergestalt zuängsten / nachdem alles vergeben und vergessen ist / wie ihr solches dann durch eure tapffere und geträue Rettung wol verdienet habet. Er noch auff den Knien sitzend / gab zur Antwort; wolte Gott / Durchleuchtigster Fürst / daß ich meiner Boßheit selbst vergessen könte / welche meine Seele zupeinigen nicht auffhören wird / biß sie durch den Tod von ihrem Leibe außfähret: Euch aber Durchleuchtigste GroßFürstin / gnädigste Frau / bitte ich nochmahls lauter umb Gottes willen / dieselbe wolle mir groben Missetähter und boßhafften Sünder gnädigste Vergebung wiederfahren lassen / und ihren gerechten wolbefugeten Zorn abwenden / nachdem ich mich noch diese Stunde nicht wegern wil / zur völligen Abtragung der begangenen gotlosen Boßheit meinen Kopff herzugeben. Die Fürstin erinnerte sich zwar ihrer ehemaligen Angst und EhrenGefahr / aber das wolverdienen behielt dannoch die Oberhand /daher trat sie ihm näher / und sagte: Stehet auff Ritter Reichard / ich habe alles ehemalige der Vergessenheit gänzlich übergeben / so gar / daß wer dessen gegen mich Erwähnung tuhn wird / mein Freund nicht seyn sol; dessen zum Zeugniß ich euch meine gewogene Hand biete; hielt ihm dieselbe dar; welche doch zuberühren oder zuküssen er sich viel zuunwirdig achtete / daher er sich zu ihren Füssen niderlegte / und den RockesSaum ehrerbietig küssete / so daß Arbianes ihm hart zureden muste / er solte solche Bezeigung abstellen / wo er sonst wolte sein Freund seyn. Worauff er sich endlich auffrichtete / und doch die Augen vor sich niderschlagend / die Fürstin nicht ansehen durffte. Sie aber hieß ihn nunmehr freundlich wilkommen / und ließ die beiden Schwestern Adelheit und Adelgund hinein fodern / welche auch in ihren TrauerKleidern mit einem Fußfalle erschienen / da nach Reichards Unterrichtung die kleinere / so kaum sechs Jahr alt wahr / also[844] anfing: Gnädige Fr. Armgart / ich bitte euch um Gottes willen / ihr wollet meinem Vater seine Sünde vergeben / die er in meinem Beywesen an euch verübet hat / er sol nicht mehr mein Vater seyn /sondern ich und meine Schwester wollen allezeit eure gehorsame Mägde bleiben. Diese Rede brachte der Fürstin die Trähnen aus den Augen / und gab sie zur Antwort; Herzliebes Kind / dein böser Vater hätte in der Welt keinen besseren Vorbitter als dich haben können / daher sol ihm verzihen seyn / und du solt mein liebes Töchterchen bleiben. Höre Herzen Adelheid / sagte darauff das Kind zu ihrer Schwester / unsere Armgart wil meine Mutter seyn / sihe doch / wie schön ist sie jezt. Die Anwesende lacheten hierüber /uñ die Großfürstin hub Adelheid auff von der Erden /küssete sie / und sagte / wilkommen meine liebe Freundin / verlasset euch darzu / daß ihr bey mir allen gnädigen Willen finden weidet / gleich wie ihr ehmahls nach eurem Vermögen mir alle Freundschafft erzeiget habet. Diese bedankete sich untertähnigst der angebohten ganz unverdieneten Gnade / und erboht sich zu allem Gehorsam. Sie gingen miteinander nach dem gemeinen Fürstlichen Saal / woselbst Reichard sehr gnädig empfangen ward / auch Königin Valiska den beiden Schwestern grosse Hulde zuwendete /deren kleinere sich hinmachete zu Herkuliskus / mit ihm zuspielen / welcher / wie auch Herkuladisla nachgehend von diesem Kinde nicht lange seyn wolten; daher Valiska sie in ihr Frauenzimmer nam / und hat sie im sechzehnden Jahre ihres Alters an einen vornehmen Teutschen Herrn verheyrahtet. Zwischen Reichard und Adelheit aber ward die Ehe abgeredet / und solte über zween Tage auff Arbianes HochzeitFest das Beilager zugleich mitgehalten werden / wie imgleichen auch des guten Wolffganges / der sich über Reichards wolergehen sehr erfreuete. Desselben Tages um den Nachmittag kam König Haron aus Schweden mit seinem Gemahl Königin Hedith / und hielt mit 1200 Rittern / Schweden und Gothen seinen Einzug /da sie insonderheit von ihrer Schwieger-Tochter Fürstin Sibylla sehr freundlich empfangen wurden / deren Geburtzeit herzunahete / und erfreueten sich die Eltern höchlich über ihre Tugend und Frömmigkeit /hatten auch ihre Frl. Tochter Frl. Schulda mit sich gebracht / die nunmehr das 16 Jahr hinter sich gelegt hatte / und ein sehr schönes wolgezogenes Fräulein wahr. Des nähesten hernach folgete der Dähnische König mit seinem Gemahl und dem Wendischen Fräulein / nahmens Vanda / auch mit 1200 wolgeputzeten Rittern / und hatte seine Fr. Schwester die Wendische Fürstin Fr. Bochild sich mit in seine Geselschafft begeben / welche auch wol und freundlich gewilkommet wurden. Weil diese ihren Einzug hielten kam ein Trometer / und meldete an / daß König Hilderich mit seinem Gemahl Fr. Waldburg eine halbe Meile von Prag mit 1800 Rittern im offenen Felde hielte / und begehrete freundlich / berichtet zuwerden / ob ihm erläubet währe mit seinen Leuten der Stad zunahen; König Herkules wahr Willens / ihm entgegen zuzihen / aber weil den anderen Königen solche Ehre nicht begegnet wahr / hielt sein Sohn Fürst Markomir sehr inständig an / solches zuunterlassen; Er aber zog mit 10 Rittern seinen lieben Eltern nebest Herr Krokus entgegen / als welcher ihn mit allen seinen Leuten einladen muste. Als der Vater seinen lieben Sohn in einem Persischen güldenen Stük / mit Perlen und Demanten reichlich besetzet / auff einem Persischen Pferde gar freidig gegen ihn daher kommen sahe / und zwar viel eine andere Reitart halten /als vorhin / erfreuete er sich sehr. Der Sohn / als er nahe hinzu kam / sprang gar[845] zierlich vom Pferde /küssete seinem Herr Vater anfangs das Knie / nachgehend die Hand / und sagete: Gnädigster Herr Vater; Eurer Väterlichen Hulde danke ich von Herzen / daß dieselbe mich hieher hat zihen lassen / woselbst meine Seele in der allervolkommensten Vergnügung sich befindet / welche erdacht kan werden / und weil die Zeit mir nicht gönnet / meine Glükseligkeit zuerzählen / wollen Eure Hocheit wissen / daß an König Herkules und seinem Gemahl Königin Valiska / den unvergleichlichen allervolkommensten Menschenbildern der ganzen Welt / ich nicht allein geträue wahre Freunde / sondern die allerbesten Lehrmeister angetroffen habe / von denen ich nunmehr den Königlichen Wolstand zulernen anfahe / daß wann ich gleich meine Seele ihnen widmete / ich dañoch den tausendsten Teil ihrer Gewogenheit und Woltahten damit nicht ersetzen würde. Herzlieber Sohn / antwortete der Vater; dem Hi el sey Dank vor deine Vergnügung; werde nachzusiñen haben / was gestalt den Uhrhebern derselbẽ ich mich dankbar erzeige. Krokus legete die Einladung gebührlich ab / nebest Anmeldung / daß dem Durchleuchtigstẽ GroßFürsten Herrn Markomir zugehorsamen / die jungen Könige uñ Fürsten unterlassen hättẽ / ihrer Königl. Hocheit entgegen zureiten. Der König / ein über die massen weiser uñ verständiger Herr / bedankete sich mit sonderlicher Freundligkeit / uñ zogẽ miteinander fort / da dieser König gleich den vorigen gewilko et ward; doch Herkules uñ Valiska erzeigetẽ ihm eine sonderliche Ehre bey seiner Ankunft / uñ nenneten ihn allemahl ihren gnädigẽ Herr-Vater / wie er dañ Warheit eine solche Hulde gegẽ sie fassete / dz er hoch beteurete /wañ es ihm an LeibesErben mangeln solte / müste kein Mensch in der Welt / als sie beide seine Nachfolger in der Herschaft seyn. Dieser Abend aber ward in zimlicher stille von ihnen verzehret / ohn daß Königin Valiska allemahl gelegenheit suchete / dem hoch verständigen Franken Könige anlaß zu geben / von wichtigen Sachen zu reden / da sie unter andern zu ihm sagete: Gnädigster Herr und Vater; weil der hohe Gott meinen Gemahl und mich (da wir unsere herzliebe Eltern überleben sollen) darzu beruffen hat / daß wir dermahl eins die wirkliche Herschaft über unsere Untertahnen / werden antreten müssen; und aber zu deren rechtschaffener Verwaltung nit allein des höchsten Häuptes verstand und vorsorge / sondern auch redliche und kluge Rähte oder Amtsverwalter erfodert werden / so daß ich dieselben Fürsten und Könige nur vor glükselig schätzen kan / denen Gott düchtige Rähte zuweiset / welche wir dannoch selber wählen und bestellen müssen; und aber mannicher Fürst und Herr nicht weiß noch verstehet / was vor Leute er zu solcher wirde erheben sol / die gleichsam seine andere Hand seyn müssen; als würde ich mirs vor ein hohes Glük rechnen / wann dermahleins von eurer väterlichen Gnaden und Hulde / mein Gemahl und ich / hierüber heilsamen unterricht anhören möchten. König Hilderich gab hierauff mit einem freundlichen Lachen zur Antwort: Hochwerte Fr. Tochter; es hat eure Liebe sehr wohl und recht fürstlich geurteilet / in dem sie deren Könige und Fürsten Zustand vor glükselig hält / denen der Himmel redliche und hochverständige Rähte gegeben hat; wie ich dann nicht zweifele / daß der himlischen Versehung sonderliche Gnade es sey /wann ein Landes-Herscher mit solchen Leuten zur gnüge versehen ist. Dann hierauff beruhet der Untertahnen Wolfahrt / und auff dem wiedrigen / ihr gewisses verderben. Daher mein Uhranherr König Rahter (welcher der achte vor mich / die Herschaft über das Sikambersche Volk geführet / und vor 139 Jahren diese Welt gesegnet /[846] nachdem er 21 Jahr geherschet hatte) in seinem Handbuche dieses unterandern aufgezeichnet hat; Welchem Lande und Könige die gütigen Götter gewogen sind / dieselben versehen sie mit düchtigen frommen Rähten und Dienern. Daher ausser allem zweifel eines Fürsten höchste uñ erste Sorge billich seyn mus / daß es ihm an guten Rähten nicht mangele. Daß aber meine Durchl. Fr. Tochter hierüber von mir einige unterweisung begehret und wünschet / so erkenne daher zwar ihre hohe gewogenheit gegen mich /aber zu gleich auch mein unvermögen / ihrem Willen ein genügen zu leisten; nicht allein / daß andere großmächtige Könige gegenwärtig / dessen viel grössere erfahrung und wissenschaft haben / als ich; sondern meine Fr. Tochter / und ihr preißwirdigster Gemahl einen so hohen verstand durch des Hi els Gunst überkommen / daß auch die grauen Häupter sich nicht schämen dürfen / von ihnen zu lernen; wie ich dann gar nicht zweifele / sie werden beyderseits ihre hohe gedanken schon vor längst auff diese betrachtung gewendet haben. Ach mein Gn. Herr Vater / sagte Herkules / wie solte unsere unwitzige Jugend an so hohe Weißheit gelangen / welche durch langwirige Erfahrung muß zu wege gebracht werden? da wir überdas noch die wenigen Jahre unsers angehenden verstandes / in steter Rittersübung zugebracht / und uns eine Abenteur über die andere zugewachsen ist / daß wir nit eins so viel mueß gehabt / an dergleichen wichtigkeiten zugedenken. Werde demnach nicht unterlassen / mein liebes Gemahl zu muhtigẽ / daß vor erlangete gn. einwilligung / sie nicht abstehe / eure väterliche Gn. hierumb kindlich zuersuchen; zum wenigsten /daß wir nur das Glük haben mögen / zuerfahren / was etwa ihrer Hocheit hochlöbliche Vorfahren davon denkwirdiges auffgezeichnet / und ihren Nachkommen zu gute / hinter sich verlassen haben. Meinem hochwerten Herrn Sohn / und dessen ruhmwirdigstem Gemahl / sagte er / bin ich viel ein mehres schuldig /wann ich mich selbst nur bereden dürfte / solches in dieser Hochköniglichen Versamlung vorzutragen. Und als so wol der Schwedische als der Dähnische König darumb anhielt / brachte er nach gebehtener verzeihung dieses vor. Unter andern meinen hochlöblichen Vorfahren / ist vor hochgedachter König Rather / und der fünfte nach ihm / König Klodomir (welcher vor 64 Jahren diese Eitelkeit verlassen) vor andern / wegen ihrer Weißheit und klüglich geführeten Herschaft hochbenahmet; und weil ich mirs nicht vor ein geringes Glük schätze / daß ihre eigenhändige Auffzeichnungen geerbet / habe dieselben ich fleissig gegen einander gehalten / nach vermögen erwogen /und daraus diesen Nachricht angemerket: Nehmlich /wann ein grosser Fürst oder König seine Herschaft wol und glüklich führen wil / mus er sich vor allen dingen nach guten nüzlichen Rähten / und anderen hohen Bedieneten umbtuhn / welche Gottfürchtig /wolerfahren / ihrer eigenen Bewägungen Meister /dem Geiz abhold / dem Lande und Untertahnen von herzen gewogen / ihrem Herrn geträu und ergeben /und untereinander selbst einig als Brüder sind. Dann ein Mensch / der die Götter nicht ehret noch fürchtet /gibt dadurch an den Tag / daß er allerdinge Gewissen-loß sey / und man sich zu ihm durchaus keiner Träue versehen dürfe. Und wie kan derselbe Menschen träue beweisen / welcher der grossen Götter spottet? Wer dann selbst keine erfahrung hat / wie sol der anderen vorstehen? was ich selbst nicht habe / kan ich ja anderen nicht mitteilen. Es wird ein unerfahrner Raht nicht anders zuplatzen / als ein Blinder / der aus vorwiz ohn einen Führer dahin springet; und mus nohtwendig ein solcher blinder Leiter / die armen Untertahnen[847] auch wol / die besser sehen als er / in die Grube stürtzen. Wird er aber überdas noch von seinen eigenen Bewägungen oder Begierden übernommen und beherschet / dann wird weder sein Gehirn geschikt seyn /die wahre Klugheit zubegreiffen; noch seyn Herz / die Gerechtigkeit zu handhaben / sondern durch Liebe und Haß / wird er sich lassen zwingen / auff nichts /als auff seinen Willen / alles sein vornehmen zu gründen. Komt dann der schändliche Geiz noch dazu /dann ist der unerfahrneste Baur zur Rahtsbedienung geschikter / weder der aller gelehrteste Geizhalß; dann jener wird so weit recht tuhn / als ers verstehet; dieser aber umb Geschenke willen auch das bekanteste und nöhtigste Recht unterdrücken. Uberdas müssen hohe Fürst- und Königliche Bedinete nichts überal heftiger lieben / als ihres Herrn Land und Leute. Dann umb derer Wolfahrt willen werden sie bestellet / so gar /daß wann die hohe Obrigkeit sich denen unmilde und grausam bezeigen wolte / sie gehalten sind / ihnen einzureden / und alles verderbliche von dem Lande abzuwenden. Und wie hochnöhtig dieses mannichmahl bey Fürsten und Königen sey / lasset uns die Erfahrung auff beyden Blättern lesen. Massen / wann die hohe Obrigkeit mehr auff ihren nutzen / als des Landes Wolfahrt sihet / und die hohen Rähte / umb Gunst zuverdienen / oder des Vortels mit zugeniessen / nicht allein gar nicht wiederrahten / sondern noch wol mit zustimmen / und / welches so viel schänd-und schädlicher / der Obrigkeit solche Landes-verderbliche Vorschläge tuhn; O so weh den armen Untertahnen! bey wem sollen sie sich Rahts erhohlen? wem sollen sie ihre noht klagen / und nur erinnerung tuhn / was vor Unheil solches nach sich zihe? Wolte Gott! daß die hohen Häupter und Könige ihnen nur dieses stets liessen vor ihrem Gedächtnis schweben /daß nicht die Untertahnen umb des Königes willen /sondern der König umb der Untertahnen willen gesetzt ist. Weil ja Untertahnen noch wol seyn können /ob sie gleich keinen König haben; dann sie können ihnen eine wilkührliche Obrigkeit wählen. Aber was ist ein König ohn Untertahnen anders / als ein Bild ohn Leib? Nun achte ichs aber einem Könige gleiche verweißlich / ob er gar keine Untertahnen / oder aber solche Untertahnen habe / die wegen seiner Grausamkeit und ungerechten Verfahrungen ihn im Herzen verfluchen. Dann jenes Römischen Käysers Sprichwort: O derint dum metuant: Laß die Untertahnen mich nur immerhin hassen und im Herzen anfeinden /wann sie mich nur fürchten; halte ich vor das allergewisseste Kennezeichen eines allerdinge volkommenen Wüterichs. Gleichwol müssen die Rähte der Untertahnen bestes also befodern / daß sie zugleich auch ihrem Herrn / der sie bestellet hat / geträu seyn; welches sie alsdann leisten / wann sie dessen fürstliche Ehre und guten Nahmen zuerhalten bemühet sind; auch demselben / da er etwa unrecht vornehmen / oder ein unfürstliches Leben führen wolte / geherzt / wiewol mit gebührlicher Ehrerbietung einreden / und sonsten seine Wolfahrt nach vermögen fortzusetzen / seinen Schaden aber abzuwenden / nimmer aus der Acht lassen; ist auch nicht ihre geringste Schuldigkeit / daß bey den Untertahnen sie ihren Fürsten in gutem vertrauen erhalten. Wann mirs nun nicht möchte verarget werden / sagte alhie König Hilderich / könte ich hiebey mit wenigen anführen; wie dann ein ruhmwirdiger Fürst vor sich selbst / gegen seine Untertahnen sich müsse verhalten / daß er in deren Liebe verbleiben möge / als welches ich vor die gröste Kunst / und vornehmstes Stük einer löblichen Herschaft achte. Und als Valiska mit wenigen zuvernehmen gab / wie sehr angenehm ihnen allen solche zwischen eingeschlossene Lehre seyn würde /[848] fuhr er also fort: Ihr setze dieses zum grunde / daß ein jeder Fürst oder König /krafft seines Amts und Gewissens gehalten sey / sich dessen allemahl zuerinnern / daß alle seine Untertahnen / auch die allergeringsten / ja so wol Menschen sind / als er selbst; dann wird er sich schon zugleich mit erinnern / daß er sie auch menschlich handeln und ansehen müsse. Hierbey sol er bedenken / was ein Haußvater in seiner engen Wohnung bey seinen Kindern ist / eben daß sey ein Fürst oder König in seinem grossen Hause bey seinen Untertahnen. Darumb so mus er auch seine Untertahnen wie ein Vater seine Kinder / lieben / und deren Heyl und Wolfahrt ihm lassen angelegen seyn. Ist er dann seiner Untertahnen Vater / so mus er ihnen auch freundlich seyn; doch also / das sein Ansehen nicht geschmälert werde /sondern die kindliche Furcht jene in stetem untertähnigen Gehorsam erhalte. Und weil unter so grosser menge Volks sich viel mutwillige befinden / wie dann wol eines Vaters Kinder nicht alle gleiche from sind /so erfodert es des Landes Wolfahrt / daß solche frevelmühtige durch scharffe Gesetze von der Bosheit abgeschrecket / uñ durch Furcht der Straffe in den Schranken des Gehorsams gehalten werden: wiewol eine Obrigkeit billich dahin zusehen hat / daß der Gesetze anzahl nicht überhäuffet / noch den Untertahnen der Gehorsam unmöglich gemacht werde. Zu wünschen währe es / daß die Obrigkeit allemahl mit dem Gehorsam könte zufrieden und vergnüget seyn / welchen die Götter im Himmel / und die Ehrbarkeit auff Erden erfodert; aber weil ein König und Fürst so wol wegen des gemeinen besten / als seines Königlichen Standes erhaltung viel anzuwenden hat / ist es billich und recht / daß die Untertahnen die erträglichen Schatzungen und andere unpflichte gerne und willig ausrichten; wozu die vernunftlosen Bienen sie anweisen / welche ihrẽ König reichlich ernähren. Doch mus solches alles / oder ja der gröste teil zu des Landes besten angewendet werdẽ; und währe sehr gut und löblich / daß grosse Fürsten alle üppige kosten einzögen / wañ sie mit der Untertahnen beschwerung geführet werdẽ. Was aber zur erhaltung Fürstlicher Hochheit und Würde erfodert wird / solches müssen die Untertahnẽ gerne herschiessen / weil es zugleich mit zu ihrẽ besten angesehẽ ist. Da auch einige sich nit scheuhen würden / an ihrer hohen Obrigkeit /durch schmähung oder tähtligkeit sich zuvergreiffen /als dann mus man mit solchen verwägenen trauen nicht durch die Finger sehen / sondern andern zum Beyspiel uñ Schrecken / harte und peinliche Straffen ergehen lassen / inbetrachtung / daß mannicher Bube sich nicht vor dem Tode / aber gleichwol vor peinlicher hinrichtung fürchtet; daher die Obrigkeit durch solche schärffe ihr selbst gute sicherheit schaffen mus. Wie stränge man nun wieder solche Auffrührer sich bezeigen sol / so gnädig hat man sich hingegen bey denen finden zulassen / welche durch eine sonderliche Träue sich umb uns verdienet machen; und tuht eine Obrigkeit wol / wann sie solche gehorsame Untertahnen hervorzeuhet / und durch sonderliche Ehre und milde Schenkungen sie groß machet / weil dadurch andere zu gleichmässigem wolverhalten veranlasset werden. Der Stände und Städte / von unsern Vorfahren durch wolverhalten erlangete Freiheiten und begnadigungen / sollen wir Nachfolger in der Herschaft nicht suchen zuverringern / oder wol gar ungültig zu machen / sondern ihnen dieselbe gnädigst bestätigen /oder wol gar vermehren / wann sie dessen wert sind. Dañ es ist Fürstlich / daß man Woltahten austeilet /nicht / daß man sie ohn wichtige Ursachen einzeuhet oder abschneidet. Wiewol eine hohe Obrigkeit billich darauff zusehen hat / daß sie[849] den verbundenen Vntertahnen nicht zu grosse Freiheiten schenke /durch welche sie / oder ihre Nachkommen könten veranlasset werden / sich ihrer Obrigkeit gar zu entreissen / insonderheit / wann ihre Macht ohndaß groß und zu fürchten ist. Vnd damit ich zum Ende eile /mus die hohe Obrigkeit ein wachendes Auge auff ihre Vntertahnen haben / daß dieselben nicht durch Reichtuhm und Frecheit in verschwendung und wüstes Leben gerahten / sondern dieselben vielmehr zur Mässigkeit und Sparsamkeit angehalten werden. Dann jenes bringet das gewisse Verderben des Landes; dieses aber die ungezweifelte Auffnahme desselben mit sich. Hat dann unser Land die Gnade der Fruchtbarkeit von Gott / und einen geschlachten Boden / alsdann müssen des Landes Inwohner zum Ackerbau und zur Viehzucht fleissig angehalten werden / damit das Land seine Leute speisen uñ ernähren könne / und man solche nöhtige Lebensmittel nicht aus der ferne hohlen und an sich käuffen dürfe / wodurch ein Land nohtwendig in armut und verderben gerahten mus. Hat aber der Himmel unser Landschaft eine und andere nohtwendigkeit versaget / deren wir nicht entrahten können / als da sind / Salz / Korn / Holz / Wein / Gewürtz / Zeug zur Kleidung / und dergleichen / (dann dz unnöhtige ist besser gemieden als gekauft) so sol zwar die Obrigkeit hieselbst Handel und Wandel gerne gestatten / und denselben durch unerträgliche Zolsteigerung nicht zu schwer machen; aber dabey doch / so viel möglich / verhüten / daß die fremden /sonderlich die unnöhtigen Waaren / nicht durch lautere Baarschaft erkauft werden / sondern man dieselben umb des Landes überfluß / (es sey Korn / Vieh /Leder / Handarbeit und dergleichen) durch einen Tausch oder Wechsel an sich bringe. Dann wo die Inwohner des Landes die Freyheit haben / ihr Geld vor allerhand Waaren ausser Landes hinzugeben / da mus nohtwendig ein solches Land endlich an Silber und Gold erschöpfet werden / insonderheit / wañ den Kauffleuten auch die unnöhtigen Waaren / die nur zur befoderung der Vppigkeit dienen / umbs Geld zu käuffen gegönnet wird. Zwar man findet etliche Landschaften / deren Obrigkeit dieses Stük gar nicht zu Herzen nimt; aber sie werden es zu spät bereuen /wann sie ihr Land von allen baaren Mitteln werden entblösset sehen. Hingegen gibt es die Erfahrung /wie reich dieselben Königreiche an Silber und Golde bleiben / welche dessen nichts / als vor die nohtwendigsten Waaren / weder heimlich noch offentlich / bey scharffer Lebensstraffe lassen hinaus führen. Es währe dann / daß ein Inwohner umb seiner Wolfahrt willen sein Vaterland verlassen / und in einem anderen Lande sich besetzen würde / dem daß seine billich abgefolget wird / nur daß er einen erträglichen teil /wo es die Satzungen also erheischen / wird hinter sich verlassen müssen. Noch dieses wird nöhtig zubeobachten seyn / daß wann unsers Landes Inwohner Gelegenheit haben / auff grossen Wassern / oder wol auff dem Meer Schiffart zu treiben / sollen sie ein solches köstliches Mittel zur Vaterlandes Wolfahrt ja nicht verabseumen / oder liederlich schätzen / sondern sich dieser Gabe der gütigen Götter fleissig gebrauchen / und nicht fremden Völkern einräumen / solches herliche Gewerbe an sich zuzihen / und die Inwohner dadurch auszusaugen / sondern / wessen sie bedürfen sollen sie selbst einhohlen / und was sie überflüssig haben / andern zuführen. Dann was vor ein grosser Vortel hierunter stecket / habe ich bey meines hochseel. H. Vaters Königes Hunno / und bey meiner funffzehnjährigen Herschaft nicht ohn verwunderung befunden. Aber gnug von solcher Nahrhandelung /welche in Friedeszeiten der Inwohner Glükstopf[850] ist. Es wil aber dannoch mit pflügen / Vieherzihen und Kauffmanschaft treiben nicht allemahl ausgerichtet seyn / sondern weil ein Land / daß vor andern haabselig ist / auch so viel mehr Feinde hat / die dessen Wolfahrt an sich zuzihen bemühet sind / so müssen trauen die Inwohner auff solchen Fal sich auch zu schützen wissen. Vnd wil sich gleichwol nicht alzeit tuhn lassen / daß man immerzu eine grosse Kriegsmacht bey auffgerichteten und fliegenden Fähnlein unterhält und besoldet / dann solches würde den Vntertahnen gar zu schwer fallen; und stecket noch viel eine grössere Gefahr darunter. Massen wann solche Kriegsverfassung zu mächtig wird / daß bey des Königes absterben / die Inwohner derselben nicht gewachsen sind / so pflegen die hohen Kriegsbeamten muhtig zu werden / enttzihen den Ständen (da sie das Recht haben) die freie Wahl / oder der Erbherr mus ihnen wol gute Worte geben / und die Herrschaft ihnen abkäuffen / wie solches die Römer mit ihrem grossen Schaden bey ihres Käysers absterben erfahren müssen. Welchem Vnheil vorzubauen / ist hochnöhtig / daß des Landes Inwohner selbst bey Friedeszeiten zum Krige angewehnet / uñ in ritterlichen übungen getrillet werden; nicht allein / wie sie ein Lager oder Festung handhaben und beschützen / sondern auch der Feinde Schanzen und Mauren stürmen / ja / eine offentliche Feldschlacht antreten / und auff allerhand weise dem Feinde Wiederstand leisten sollen. Da dann der Adel im Reiten / Rennen und Stechen sich üben; Bürger und Bauren aber zum schiessen und andern Kriegerischen Betreibungen sollen angeführet werden; so gar / daß die / so sich wegern wolten / in der Jugend die Waffen anzulegen / als nichts werte oder wol gar als ehrlose zuzeichnen sind. Ja es sol kein Inwohner des Landes seyn / der nicht sein nöhtiges Gewehr in seinem Hause habe. Dann diese vorsichtige Anstellung versichert das Land / schrecket alle muhtwillige Feinde ab / und machet den König unüberwindlich; insonderheit / wann mans fein anordnet / dz durch ein gegebenes Rauch- oder Feurzeichen alle Inwohner in wenig Stunden können ins Gewehr gebracht werden. Noch eins und anders ist übrig / mit wenigen hiebey anzudeuten; daß bey solcher Kriegerischen Zubereitung / Recht und Gerechtigkeit nicht verabseumet / oder auf die lange Bank geschoben werde / sondern die / so darzu bestellet sind / allen Rechtfertigungen schleunigst abhelffen / und den geizigen Vorsprachen nicht gönnen / umb ihres Nutzen willen / weitläufftiges Schmierment auffzusetzen /und die RechtsZänkerey unsterblich zumachen / sondern sie sollen solche Zanksüchtige anhalten / daß sie ihre Klage und Verantwortung auffs kürzeste verfassen / ihren Beweißtuhm dabey klärlich führen / und durch Zeugen ( wann solche verhanden sind) alles fest machen / oder sonst auff gebührliche Mittel sich schicken / dann wird es die Erfahrung geben / daß nicht bald einiger Rechtsstreit so wichtig und schwer ist / welcher nicht solte können vermittels drey oder vier Satzen und Verhörungen / inwendig drey Viertel Jahrsfrist gehoben und erörtert werden. Da man aber den Vorsprachen gönnet / daß sie eine Sache oft vier /zehn / zwanzig / und mehr Jahr aufhalten / oder der Richter durch Schenkungen sich verblenden lässet /vor das meiste Geld das beste Recht zuverkäuffen / da muß endlich der Himmel ein Einsehen tuhn / und wegen solcher Ungerechtigkeit das ganze Land abstraffen / weil die Götter der Unrecht-leidenden Trähnen nicht ungerochen lassen. Schließlich hat die hohe LandesObrigkeit auch dahin zusehen / daß die Untertahnen ihnen nicht die freche Freiheit nehmen / ausländische leichtfertige Sitten und[851] Kleidungen einzuführen / sondern der üblichen Landesart sich gemäß zubezeigen; dann es gibts die Erfahrung / daß man bald hernach deren Joch und Herschafft hat müssen über sich nehmen / deren Sitten und Trachten man wider Landesgebrauch sich hat gelüsten lassen. Verzeihet mirs / bitte ich / ihr gewaltige Könige und andere hohe Anwesende / daß in dieser Frage / wie die hohe Obrigkeit gegen ihre Untertahnen sich bezeigen / und des Landes beste beobachten sol / ich etwas weitläufftig / (muß wol bekennen) gewesen bin / da doch /umb dasselbe zuerklären / nit bin ersuchet worden; dann weil hochgedachte meine Vorfahren dieses in ihren schrifftlichen Anmerkungen ganz fleissig untersuchet und auffgezeichnet habẽ / so habe solches zugleich mit anzuführen / kein bedenken getragen. In Bestellung aber der König und Fürstlichen Rähte und hohen Bedieneten / ist noch übrig / daß die Obrigkeit bestes fleisses verhüte und hindere / damit unter ihren Rähten ja keine Mißhelligkeit oder Zwietracht entstehe; weil daher entweder dem Lande / oder dem Könige Unheil zuwachsen kan. Dann hat der eine etwas gutes und nüzliches vor / wodurch er ihm suchet Ruhm und Ehr zuerwerben / wird sein neidischer bemühet seyn / solches zuhindern / nur daß jener sich nicht möge umb das gemeine Wesen oder den König verdienter machen / als er. Zwar es stehen etliche Weltweise in den Gedanken / es könne der Obrigkeit vielfältig zuträglich seyn / wann die hohen Bedieneten Mißverstände untereinander haben; dann da müsse der eine sich vor dem andern fürchten / ichtwas vorzunehmen / was ihm einigen Verdacht könte zuzihen. Es werde auch ein jeder sich befleissigen / durch woltuhn des Herrn Gnade zuerhalten; und sey dieser Zwietracht ein gewünschtes Mittel / durch welches ein Fürst seinen Rähten hinter ihre Heimligkeit kommen könne. Ich aber weiß dieser Meinung nicht beyzupflichten; Ursach / die Gefahr solcher Uneinigkeit ist grösser / als der verhoffete ungewisse Nutzen. Und wer seinem Herrn durch Verleumdung anderer seiner Mitgesellen gefallen / oder dessen Gunst suchen wil /den achte ich des Nahmens eines redlichen Mannes unwirdig seyn. Dann er gebrauchet sich unredlicher Mittel zu seinem Vortel / und suchet seine Auffnahme durch eines andern Unterdruckung / wodurch er sich in Verdacht setzet / man ihm im grunde nicht trauen darff. Zugeschweigen / daß wann ein Fürst solchen Verleumdungen das Gehör leihen wolte / er durch falsches angeben leicht könte dahin verleitet werden /daß er den schädlichen Schmeichlern trauete / und die Unschuldigen zu seinem grossen Schaden beleidigte. Mit wenigem zusagen: Ich setze in allen Handlungen /(auff gut auffrichtig Teutsch) die redliche Auffrichtigkeit zum Grunde / und verfluche dagegen allen Vortel / welcher mit eines andern unbefugter Unterdrückung oder Schadẽ erlanget wird. Auff mein Vorhaben wieder zukommen / so wollen hieselbst etliche einsträuen; die gar zu grosse Freundschafft und Einigkeit der Fürstlichen Rähte / könne dem Herrn und seinem Lande schaden bringen / und sie in Gefahr setzen /wann sie sich unterstehen dürfften / wider dieselben allerhand nachteilige Rahtschläge zuschmieden. Denen ich zur Antwort gebe: Es müste ein Fürst die allerschlimmesten Buben seines Landes zu Rähten angetroffen oder erwählet haben / wann nicht ein einziger frommer Mann unter ihnen seyn solte / welcher sich der übrigen verrähterischen Boßheit dürffte oder wolte entgegen setzen. Aber es ist eine vergebliche Furcht; massen solche Bedienete ihre Schelmstücken nimmermehr so heimlich treiben können / daß von dem Fürsten selbst / oder von etlichen seinen Leuten es nit[852] solte können gemerket werden. Welchem allen nach ein Fürst seine Rähte zur Einigkeit vermahne und anhalte / und da unter ihnen ein reudiges Schaff sich darzu nicht wolte bequehmen / gebe man ihm ehrlichen Abscheid. Dann was jener Römischer Geschichtschreiber sehr nach denklich einführet / Concordia res parvæ crescunt, etc Durch Einigkeit nehmen kleine Dinge zu / aber durch Uneinigkeit zerfallen auch die allergrösten; dasselbe findet trauen auch hieselbst stat; uñ kan ein Fünklein der Uneinigkeit zwischẽ den Rähten ein grosses verzehrendes Feur bey den Untertahnen anzünden / welches zu löschen der Fürst selber nit mächtig gnug währe. Möchte jemand sprechen: Ich vernehme zur gnüge / was vor Leute zu Fürst- und Königlichen Rahtsbedienungen tüchtig und geschikt sind; aber wer stecket dem Menschen beym Herzen / oder wer kan einem andern es vor der Stirn lesen / was er im Gemühts Schilde führet? es ist nicht alles Gold was da scheinet / und die abgefeimteste Buben wissen durch Gleißnerey sich am Tugendmildesten zustellen. Ist alles wahr / und erscheinet daher / wie sorgfältig ein Fürst in Bestellung seiner Rähte verfahren müsse; nehmlich / daß / wo möglich /man keine fremde und unbekante / noch junge unerfahrne Leute aus blosser unbedachtsamer und blinder Gunst zu solchen Aemptern erhebe / sondern die beydes ihrer Geschikligkeit und auffrichtigen Wandels bey andern ein gutes Zeugniß haben. Und handelt ein Fürst sehr klüglich / wann er einem neubestelleten Raht / eine oder andere Sachen klar zumachen auffträget / da man aus dessen Vornehmen und Bezeigung guter massen wird abnehmen können / wie weit solches Mannes Vermögen und Aufrichtigkeit sich erstrecket. Wil man dañ einen bestelleten Raht zugleich prüfen / ob er verschwiegen sey / und eine anvertrauete Heimligkeit unter dem Schlosse des Herzen behalten köñe / so rede der Fürst ein und anders mit ihm allein / als im höchsten Vertrauen (obs gleich nit viel auff sich hat) / und sage keinem andern ichtswas davon; dann wird sichs finden / wie weit ihm zutrauen sey. Da ich dann allen verständigen Rähten und Bedieneten die geträue Warnung erteilen wil / daß niemand sein Weib / oder Kinder / oder Anverwanten so lieb habe / ihnen dasselbe zuoffenbahren / was sein Herr bey ihm / als in geheimer Verwahrung nidergesetzet hat; dann was drey wissen / das bleibet nimmer heimlich. Schließlich hat ein Fürst sich wol vorzusehen / daß seiner hohen Bedienten keinem es eingeräumet werde / Rähte und andere Amtleute nach seinem Gefallen zubestellen / damit der Befoderer von seinen Geschöpffen oder Befoderten nicht zu grossen Anhang bekomme / und der Herr selber sich vor ihm fürchten müsse. (Dieses als Mnata es hörete / ließ er einen tieffen Seuffzer aus dem innersten seines Herzen; und König Hilderich fuhr also fort:) Ich vor mein Häupt pflege es also zuhalten: Wann einige vornehme Bedienung durch tödlichen Abgang meines Dieners erlediget wird / lasse ich mir von meinẽ Rähten unterschiedliche vorschlagen / nach deren Leben und Wandel ich mich unvermerkt erkündige / auch mit ihnen wol selbst Unterredung pflege; da dann die blödesten / und die eine auffgegebene wichtige Frage aufzulösen / Bedenkzeit begehren / mir nicht allemahl die unangenehmsten sind. Hingegen die / so mit ihrer Antwort zuplatzen / und ohn Bedacht vor geschikt gnug wollen angesehen seyn / kommen mir sehr verdächtig vor / daß es ihnen entweder am Verstande / oder gebührlicher Ehrerbietigkeit mangele. Ist nun einer unter den vorgeschlagenen / der mir wol anstehet / so bestelle ich denselben / und gebiete / daß ein jeder ihn erkennen und halten solle /[853] vor den ich ihn gesetz habe. Kan ich aber die Wahl unter den vorgestelleten selber nicht machen; dann trage ich meinen Leuten auff /einen davon auszulesen / und mit einhelliger Stimme mir ihn zunennen; und wann solches geschiehet / behalte ich mir dannoch die Freyheit / ihn anzunehmen /oder eine andere Wahl von ihnen zuheischen. Können sie aber der Sache unter ihnen nicht eins werden / so lasse ich die / an welchen keiner etwas zutadeln hat /zusammen treten / und die Wahl durchs Loß ausrichten. Da dann bey Bestellung ich meinen Leuten ehrlichen und gnugsamen Unterhalt vermache / davon sie nicht allein leben und ihren Stand führen / sondern auch den ihren einen Noht- und Ehrenpfennig ersparen können; jedoch nebest dieser ernstlichen Warschauung / daß wo ich an ihnen einige Unträue oder Ungerechtigkeit spüren würde / daß umb Geschenk oder Gunst willen sie das Recht verkehreten /müste solches an ihnen / andern zum Beyspiel / ohn alle Gnade gestraffet werden. Und bey Angelobung ihrer Träue erinnere ich sie zum überfluß / daß diese meine Warnung sie ja nimmer aus ihrem Gedächtniß sollen kommen lassen / sondern bey allem ihren Vornehmen daran gedenken. Doch untersuche ich hernach ihr verhalten auch nicht auffs genaueste / dann ich weiß / daß wir alle der Schwacheit unterworffen sind /und man zuzeiten einen Fehltrit tuht / der nicht aus Boßheit vorgenommen wird. Wiewol ich denẽ zum fleissigsten auff die Hände acht gebe / die mit dem Königlichen Schatze / und gemeinen Einnahmen und Außgaben umgehen. Dann wo diese nicht ehrliches Gemühts / sondern dem Geiz zugetahn sind / können sie zu des Fürsten und Landes Nachteil sehr schli e Händel machen. Stehet einem und andern etwz aus bey dem Fürstẽ / oder bey der Landschafft / können sie tausend Anschläge machen / daß ihr Anteil daran /der gröste wird / ob gleich ihnẽ kein Heller davon mit Recht zukomt. Ich habs erlebet / daß meines Reichs Rentmeister / unter schiedlicher Leute rechtmässige Foderung / umb ein gewisses Geld an sich gekaufft /uñ mir / als währe es richtig bezahlet / in Rechnung gebracht haben / da auff fleissige Nachforschung ich ihnen zimlicher massen hinter die Künste kam / und ihnen den Strik zum Lohn erteilet habe. Daß ich mich aber solte rühmen können / ich hätte aller Diebsgriffe / welche hiebey vorgehen können / völlige Erkäntniß /ist weit gefehlet; dann ich muß bekennen / daß mir zuzeiten / von einem und andern ein solcher blinder und unsichtbahrer Ohksbohks vor die Augen gemacht wird / daß ich zwar merke / es sey nicht richtig / kan aber den eigentlichen Betrug nicht finden / und muß also sehend blind seyn. Zum Beschluß währe noch übrig / mit wenigen anzufügen / wie mannicherley nöhtige Rahtsbedienungen anzuordnen sind / als da man Reichs- oder LandRähte / HofRähte und GerichtsRähte zubestellen hat; was eines jeden Ampt und Verrichtung sey / und wie man einen Rahtsbedieneten nicht mit gar zu vielen ämptern überladen solle / noch solche unterschiedliche Bedienungen vermischen. Weil aber der späte Abend uns vermahnet / die Ruhe zunehmen / damit man der morgenden Königlichen Krönung beyzuwohnen desto geschikter sey / wil meiner ohndas schon zu weitläufftiger und verdrießlicher Rede ich vor dißmahl anstand geben / nebest freundlicher Bitte / alles was von mir vorgetragen ist / im besten zuvermerken / sampt angefügeter ausdrüklicher Bedingung / daß zu keines Menschen Unterweisung / sondern bloß meiner Durchl. Fr. Tochter zu wilfahren / ich solches alles angeführet habe. Dieselbe nun bedankete sich kind-uñ demühtig vor diese heilsame Unterrichtung / nebest anzeige / sie würde[854] wol keinen Schlaff in ihre Augen kommen lassen / ehe sie das angehörete / so viel ihr zufallen würde / in ihr Gedächtniß-Büchlein auffgezeichnet hätte / welches sie bey besserer Mueß etwas fleissiger und nachdenklicher überzulegen /wolte bemühet seyn. Des folgenden Morgens ging es allenthalben an ein zubereiten / so wol zu Ladisla und seiner Gemahl Krönung / welche umb 10 Uhr geschehen solte / als zu Arbianes HochzeitFest. Königin Valiska wahr über ihre Gewohnheit sehr frölich / und rühmete ihrer Libussen / daß sider ihres Herkules erstẽ Verlust ihr Herz nie so leicht uñ vergnügig gewesen währe. Worauf diese aus Kurzweil zur Antwort gab: Sie würde ohn zweifel heut einen guten Fund tuhn. Nach verrichtetẽ Gebeht schmückete sie sich Königlich / uñ wz sonderlich anzuordnẽ war / hatte sie über sich geno en / damit man bey dẽ fremdẽ ja keinen Schimpf einlegen möchte. Zwo Stunden vor der angesetzeten Krönung kam ein junger Ritter in den Königlichen Saal / mit Anzeige / es würde Herr Pribisla freundlich ersuchet und gebehten / biß in das zunähst gelegene Wirtshaus zukommen / woselbst ein fremder unbekanter sein wartete; uñ als er darzu willig wahr / empfing ihn ein alter eißgrauer Mann in schlechter bürgerlicher Kleidung / dessen Bart schien in etlichen Jahren nicht abgeschnitten seyn. Die Wangen und Augen wahren ihm tieff eingefallen / die Hände hart / und inwendig vol Schwelle / aussen aber von schwerer Arbeit auffgesprungen und geborsten /und ging gar krum gebücket. Pribisla wunderte sich /daß ein solcher ungestalter elender Mensch ihn hätte zu sich fodern lassen dürffen / insonderheit / da er mit diesen Worten von ihm angeredet ward; mein Herr es zweifelt mir nit / ihn werde sehr befremden / daß ich unachtsamer denselben zu mir fodern dürffen / angesehen / er nicht allein mit hohen Geschäfften beladen ist / sondern dem ansehen nach / ich demselben viel billicher hätte auffwarten sollen. Es versichere sich aber mein Herr als mir sehr wolbekanter Freund / daß nichts von mir aus Frecheit oder Unverstand vorgenommen ist / sondern ich ermahne ihn bey der Pflicht und Träue / damit er seinem Könige Herrn Ladisla /und seiner Fr. Mutter / der alten Königin verpflichtet ist / daß er mir nicht versage / warum ich ihn bitten werde / und da er etwa gleich jezt / oder nach diesem mich kennen würde / er mich doch ungemeldet lasse /biß ich mich selbst kund gebe / und wird ihm solcher Dienst in kurzem vergolten werden. Pribisla sahe diesen Alten starre an / und dauchte ihn / denselben mehr gesehen haben; weil er sich aber keiner Gewißheit erinnern kunte / antwortete er ihm; guter Freund / ohnzweifel Vornehmer / wiewol noch zur Zeit mir unbekanter Herr; es ist ein gefährliches Ding / jemande sein begehren vor dessen Erklärung zuverheissen; jedoch / wann er mich versichern kan / daß solches weder diesem Königreiche / noch einigem anwesenden Könige und Herrn schädlich und zuwieder ist /wil ich in sein Ansuchẽ so viel an mir ist / gerne einwilligen. Dieses gelobe ich bey allen Göttern / sagete der Alte / und ist meine Bitte / daß ihr nach eurer mir sehr wolbekanten Weißheit verschaffen wollet / daß die junge Teutsche Königin Fr. Valiska und Herr Krokus in den vörder- oder Mittelplaz des Schlosses kommen mögen / dahin ihr mich in Betlers Kleidern zuführen unbeschweret seyn werdet. Pribisla wahr voller Verwunderung und argwönischer Gedanken /als dieser Alte sein neues überzogenes Kleid ablegete / und inzurissenen Lumpen vor ihm stund / daher er dieser Antwort sich nicht enthalten kunte: Guter Alter ich weiß nicht / ob ich euch wilfahren sol oder nicht /weil mir dadurch ein grosses Unglük könte auffgebürdet[855] werden; zwar ich halte euch vor redlich / aber wann je ein Meuchelmörder sein Blut vor eines andern Leben verkäuffet hätte / wie könte derselbe auff bessere Gelegenheit bedacht seyn / die Mordtaht zuvolstrecken? Der alte gedachte schon vorhin / daß Pribisla sich dessen befahren würde / und gab ihm zur Antwort; mein lieber Herr und Freund / nicht unbillich befürchtet ihr hoher Leute unvermutlichen Anfal /weil deren unterschiedliche vorgehen / und ich davon zu seiner Zeit Zeugniß gnug geben werde; aber dafern ich euch diesen Wahn nie benehmen kan / so lasset diese meine BetlersKleider fleissig und genau durchsuchen / und wann ihr einiges Gewehr oder schädlich Ding bey mir antreffet / sollet ihr mich alsbald dem Henker zur grausamen Straffe übergeben; ist dann auch dieses Erbieten zuwenig / so bindet mir die Hände nur fest genug / wiewol ich ungleich lieber ungebunden vor der jungen Königin erscheinen möchte /nachdem ich lange gnug sehr harte Fesseln in meiner Unschuld tragen müssen. Pribisla nahm das willige Erbieten gerne an / und durchsuchete ihn selbst hin und wieder; weil er aber nichts bey ihm fand / auch nicht außsinnen kundte / wer dieser Alte seyn möchte / und ihm doch sein Herz etwas sonderliches zutrug /sagete er ihm zu / allen Fleiß anzuwenden / daß nach gehaltener Krönung / deren er beiwohnen müste / seinem Willen ein genügen geschehen solte. Aber der Alte antwortete; O nein mein Herr wann mein Vorhaben (welches wichtiger ist als ihr nicht gedenket) Auffschueb haben könte / wolte ich hernach wol ohn euer zutuhn die junge Königin zusprechen bekommen; seyd ihr nun eurem Könige gewogen und träu /wie ich wol weiß / so werdet ihr mir straks Angesichts zuwillen seyn. Es gedauchte Pribisla je länger jemehr / das Angesicht auch die Stimme zukennen /ob sie gleich heiserich wahr / und kunte doch die eigene Warheit nicht außsinnen / endlich hielt er ihn vor etwa einen guten Freund seines Kömges / der aus weit abgelegenen Landschafften kähme / und auff der Reise in Ungelegenheit gerahten währe / daher nam er ihn zu sich / und ließ ihn hinter sich hergehen. Die erste Schildwache hätte des elenden Betlers Eingang gerne verhindert / wie dañ ernstlich befohlen wahr /aber seines Führers Ansehen wahr zu groß / auff dessen begehren sich niemand sträuben durffte. Derselbe nun gedachte im hingehen darauff / wie er Königin Valisken und Herr Krokus in den Vorhoff bringen möchte / weil der Alte gar nicht wolte / daß man seiner einige Meldung tähte; endlich foderte er seine SchwiegerTochter Libussen zu sich / welche sein begehren ins Werk zustellen ihm verhieß / auch alsbald in den grossen Saal zu der Königlichen Geselschafft ging / und unter dem Schein ihrer Königin auffzuwarten / baht sie dieselbe / ein wenig mit ihr hinaus zugehen / welche etwas sonderliches zu seyn vermeinend ihr geschwinde folgete / und vor ihr hörete / der Schwedischen Fräulein Leibdienerin hätte deroselben Schwacheit geklaget / und würde ihr vielleicht eine Ohmacht zugestossen seyn / als sie hingangen währe /das Wendische Fräulein in ihrem Gemache zubesuchen. Das wolle Gott nicht / antwortete die Königin /darum lauff geschwinde hin / es eigentlich zuerfahren. Von Herzen gerne / sagete sie / aber kan eurer Hocheit nicht gnädigst gefallen / mit mir zugehen / umzubesichtigen / wie im VörderPlatze / wodurch wir gehen müssen / alles so artig angestellet sey? Du schleppest dich allemahl gerne mit mir / antwortete die Königin / und wie woltestu es machen / wann du dich von mir scheiden soltest? Ehe wird meine Seele sich von ihrem Leibe trennen lassen / sagete sie / ehe ich das Leben meiner Seele mit willen[856] wissen werde. Nun so kom dann / sagte die Königin / ob das Fräulein unser Hülffe dürftig währe. In dem sie die Steige in den innern Plaz hinunter gingen / sahen sie Krokus vor sich hertreten / welchen Valiska herzu rieff / ihn fragend / wohin er so eilig gedächte; und als er zur Antwort gab / Herr Pribisla hätte ihn zu sich in den Vörderplaz fodern lassen / sagete sie; so gehen wir mit einander / dann mein Weg ist auch dahin. Der alte Fremde / die Königin ersehend / empfand überaus heftige bewägung in seinem Herzen / und als Pribisla ihr ehrenhalben mit entblössetem Häupte entgegen trat / folgete ihm der Alte / kehrete sich an niemand /sondern mit gebogenen Knien redete er sie also an: Großmächtigste Königin; ihrer Königl. Hocheit glükliches wolergehen ist mir von Herzen angenehm / als die ich lange Zeit her nicht gesehen; und ob gleich dieselbe in diesem elenden Kleide / welches ich etliche Jahr ihretwegen getragen / mich nicht kennet / so versichere ich dannoch dieselbe / daß ihr Herr Vater höchstseligen andenkens / mir nie ungnädig / sondern allemahl mit grosser Hulde zugetahn gewesen ist /bitte auch eure Hocheit umb dessen willen / mir eine Gabe mit zu teilen. Als Valiska ihres allerliebsten Herr Vaters Gedächtnis hörete / schossen ihr die Trähnen häuffig aus den Augen / daß sie sich auff Pribisla lehnen muste / welcher den Alten mit unverwendeten Augen ansahe / und ihn endlich kennete / daher er so grosse Herzensprast empfand / daß er mit diesen Worten (O ihr Götter / ich wil nun gerne sterben!) zur Erden nidersank. Valiska und Krokus entsetzeten sich hierüber nicht wenig / und in dem sie mit Libussen Hülffe ihn auffrichten wolten / fiel der Alte gleichergestalt in tieffe Ohmacht nider / dann die Zähren so Valiska vergoß / belieffen ihm das Herz / daß er meinete seinen Geist auffzugeben. Niemand kehrete sich an ihn / biß Pribisla wieder zu sich selber kam / und den Alten gestrecket liegen sahe / dessen rechte Hand er mit grosser Ehrerbietung küssete / hernach zu Krokus / der ihn vor unsinnig schalt / sagete: Wie nun mein Bruder; keñestu dieses ehrwirdige Angesicht nicht mehr / welches niemand im ganzen Königreiche besser / als du / gekennet hat? Krokus erschrak der Rede / besahe den Ohmächtigen und gleichsam erstarreten Alten gar genaue / streich ihm den linken wolzulappeten Ermel auff / fand das begehrete Zeichen /und rieff: O unser König Notesterich / unser wahrhaftiger König Notesterich! mit welchen Worten ihm die Sprache und alle Kraft entging. Valiska hatte der Rede nicht acht / und fragete Pribisla / was diese grosse Verenderung über diesen armen alten Mann doch bedeutete / und wer er währe; beschauete ihn auch zugleich / da Pribisla zu ihr sagete: O gnädigste Königin / ich meine gänzlich / und zweifele nicht / dieser arme Mensch sey euer Königl. Hocheit Herr Vater /unser König Notesterich / wovor ihn Krokus auch hält. Sie erkennete ihn darauff alsbald / und in dem sie überlaut rieff: O mein HErr JEsus / wie gnädig bistu! bestarb gleichsam ihre Seele vor freuden / daß sie auff ihren allerliebsten Vater niderfiel. Libussa wuste nicht / was sie vor Angst beginnen solte / rieff nach frischem Wasser / und bemühete sich / die Königin zu laben / da inzwischen ein Königlicher ädelknabe nach dem Königlichen Saale lieff / und daselbst anmeldete / es währe ein alter Betler im Vörderplaz ankommen / über dessen Gegenwart /Herr Pribisla / Krokus / und Königin Valiska selbst in harte Ohmacht gefallen währen. Daß mus eine sonderliche Wichtigkeit auff sich haben / sagete Herkules / lieff mit Ladisla in Königlichem Pracht hinunter /und folgeten ihnen die anderen so schleunig nach /daß die Besatzung nicht anders meinete / es hätten die[857] Könige einen Unwillen unter sich angefangen / daß sie sich rauffen wolten. Als die beyde Helden in den Plaz kahmen / sahen sie Krokus sich wieder erheben /und daß er nebest Pribisla den alten Betler auffrichteten / auch ihn als einen König ehreten. Valiska kam auch zu sich selbst / stund auff / fiel dem alten umb den Hals / herzete und drückete ihn auch so inbrünstig / daß alle Anwesende / denen es unbewust wahr /meineten / ob währe sie bezaubert / daher Herkules hinzutrat sie hinweg zureissen; woran sie sich doch nicht kehrete / sondern zu dem alten mit heissen Trähnen sagete: Ach mein herzallerliebster Herr und Vater / an was unseligem Orte hat eure Hocheit sich so lange auffgehalten? O wie schwere Rache mus demselben vorbehalten seyn / der euch in diesen Stand gestürtzet hat! Der Alte antwortete ihr: Herzallerliebstes Kind / ich danke dem gütigen Himmel / der mich aus meiner elenden Gefängnis und schmählichen Dienstbarkeit erlöset / und mich daher geführet hat / meine lieben Kinder noch vor meinem ende zu sehen. Und ihr mein herzgeliebter Sohn Herkules / sagete er weiter / verwundert euch nicht über eures geliebten Gemahls Bezeigung / dann ihr werdet euren Vater Notesterich den unseligen an mir gar bald erkennen. Ladisla hörete diese Worte auch / und fiel nebest Herkules ihm umb den Hals / dann die Zeichen des Angesichts gaben ihm bald kundschafft / daher sagete er zu ihm: Gnädiger Herr und Vater; mein Herr JEsus ist mein Zeuge / daß mir angenehmers in dieser Welt nicht begegnen könte / als daß ich euch lebendig vor mir sehen sol; aber lasset euch doch erbitten / und kehret mit mir auff das näheste Gemach / daß man euch daselbst Königlich ziere / dann ich schwöre zu Gott im Himmel / daß bey eurer Lebezeit / welche Gott lange fristen wolle / ich dieses Reich nicht beherschen wil. Nicht also / mein allerliebster Sohn / antwortete sein Vater; dann wie solte dieser mein krumgebogener Rücken solche schwere Last nach diesem ertragen können; beschaue mich nur in dieser meiner Schwacheit / und betrachte / ob es möglich sey / daß ein solcher durch allerhand Unglük und Elend abgemengelter Mensch / der seine Knochen kaum fortschleppen kan / ein Königreich solte verwalten können? daher ist mir dein äidschwur sehr hart zuwieder. Vor dismahl aber wil ich dir zu Willen seyn / und auff das näheste Gemach welches mir vor diesen zu Lust dienete / mich verfügen / damit ich diese Betlers-Kleider ablegen möge. Sonsten wundert mich nicht wenig / daß noch einiger Mensch mein durch Sonnenbrand /Hunger und Unglük verstelletes Angesicht hat erkennen mögen / daher ich mich auch nicht wenig befürchtet / ich dürffte anfangs vor einen Betrieger gehalten werden / aber Gott Lob / daß die Buben noch im Leben sind / welche mich in dieses Elend gestürzet /und von mir Zeugniß werden geben müssen. Bald ward ein Feld-Scherer herzugefodert / der ihn putzen und waschen muste / nachgehends brachte man ihm Königliche Kleider / und ward inzwischen seinem Gemahl kund getahn / daß ihr Gemahl und König lebendig zu Lande geschlagen währe / und gleich jetzo auff dem Saale sich finden würde; über welche Zeitung sie vor unsäglicher Freude als eine Leiche dahin fiel / und bey allen fremdẽ eine grosse Verwunderung entstund. Nachdem er gebührlich angetahn war / kanten ihn alle / die vorhin viel mit ihm umgangen wahren / ward von seinem Schwager König Henrich brüderlich empfangen und bey der Hand auff den grossen Saal geführet / da gleich sein Gemahl wieder zu Kräfften kommen wahr. Als sie eines des andern ansichtig wurden /kunte keines einigen Fuß aus der stelle setzen / biß endlich die alte Königin zu[858] ihm hingeleitet ward / die sich straks an ihn lehnete / endlich zu ihm sagete: O mein werter Schaz und König; sol ich dann noch vor meinem Ende euch wieder sehen / und des Glückes volle Gunst geniessen? Ja mein hochgeliebtes Gemahl / antwortete er; die Götter haben nach ihrem vollendeten Zorn mich wiederumb begnadet / und nicht allein mein Königreich / sondern auch mein Gemahl / Kinder / Anverwanten und Freunde mich sehen und umfahen lassen / wovor ich schuldig bin / allen SchuzGöttern dieses Landes mich dankbar zubezeigen. Die fremden Könige traten auch herzu / und wünscheten ihm wegen seiner unversehenen glüklichen Ankunfft alle Wolfahrt; so wolten Herkules / Ladisla und Baldrich nicht von ihm weichen / aber sein Gemahl und Tochter fasseten ihn stets in die Mitte. Sophia und Klara drungen auch herzu / und erkühneten sich die Römischen Herren mit bey der Freude zuseyn / wie auch die Böhmischen Grossen / die mit Thränen beklageten / daß ihres KönigesLeben und Elende ihnen so gar unwissend gewesen / und sie ihm nicht beyspringen können. König Notesterich vergaß nicht / alsbald zubefehlen / daß ja seine Ankunft ausser dem Schlosse nicht erschallen möchte / dann es währen etliche wenige seiner Untertahnen / die ihn in dieses sein bißher geführetes Elende ganz verrähterischer boßhaffter weise gestürzet hätten / wovor ihnen der gebührliche Lohn werden müste; rieff Herkules zu sich / und baht ihn / etliche Teutsche Reuter unter Neklams und Grozemisla Anführung (weil diese am nähesten stunden) auszusenden / und einen Böhmischen Herrn / nahmens Ninisla samt seinen Sohn Urisla / ohn Meldung anderer Ursachen / hohlen zulassen / als daß ihr König Ladisla sie nach Hofe fodern liesse / so daß / wann sie willig mitzihen würdẽ / man ihnen keine Gewalt anlegete / aber doch auff dem ganzen Wege ihrer zum fleissigsten acht hätte / damit sie von keinem Menschen / wegen seiner Wiederkunfft Nachricht bekähmen / noch auszureissen Gelegenheit hätten; würden sie sich aber wegern mitzuzihen / solte man sich ihrer / wie man best könte / lebendig bemächtigen / weil ihm zum allerhöchsten daran gelegen währe. Es wahr schon zimlich weit auff den Tag / aber des zulauffens der Glükwünschenden noch kein Ende / daher befoderte Valiska / daß man sich zu Tische setzete. An einer Seite muste König Notesterich mit seinem Gemahl die Oberstelle nehmen; neben ihm König Henrich / König Haron / Ladisla und Mnata / alle mit ihren Gemahlen; und weil dieser keine hatte / ward ihm Frl. Vanda die Wendin (des ehmaligen Krito Bruders Tochter) an die Seite gesetzet. An der andern Seite des langen Königlichen Tisches sassen die jungen Eheleute / Arbianes und Klara / weil es ihr HochzeitFest wahr / oben an; nähest ihnen König Hilderich / der Dähnische König /und Herkules mit ihren Gemahlen. Oben vor dem Tische muste König Baldrich mit seinem Gemahl den Siz nehmen / und an der andern Setten vor dem Tische Herr Fabius mit seiner Pompejin / als Käyserlicher Stathalter und Böhmischer Schwiegervater. Der andere Tisch ward also besetzet / daß an der langen OberSeite Herr Pompejus / der junge Fabius / Kornelius / Emilius und Zezilius Antenor mit ihren Gemahlen; an der andern Seite / nach langer nöhtigung /Fürst Siegward mit seinem Gemahl / Fürst Olaff mit dem schönen Schwedischen Fräulein / Fürst Markomir mit einem jungen Sikambrischen Fräulein zwölffjähriges Alters / seines Herr Vaters Bruders Tochter / Herr Pribisla / Herr Bretisla der Böhmische Kanzler und Herr Krokus; vorne Stanisla und Mastyes / und gegen über Agis und Opimius[859] ihre Stelle hatten. Am dritten Tische sassen Wolffgang mit seiner Braut / und Reichard mit seiner Adelheid oben an /weil ihre Hochzeit zugleich gehalten ward / und wurden die vornehmsten Franken / Schweden / Dähnen und Wenden gesetzet mit adelichem Böhmischen Frauenzimmer. Die übrigen Tische noch zwölffe an der Zahl wurden alle vol. Leches / Klodius und Neda mit ihren Eheliebesten warteten bey dem Königlichen; Markus / Prinsla und Gallus mit ihren Liebesten bey dem Fürstlichen Tische auff / wie hart ihnen gleich befohlen ward / sich niderzusetzen; und wahr kein Mensch zugegen / der seine Freude über des alten Königes Wiederkunfft hätte recht ausdrücken oder an den Tag geben können / weil man ihn bißher nicht allein vor gewiß tod geschätzet / sondern auch seine vermeynete Leiche schon längst zur Erde bestätiget hatte; welche Gedächtniß algemach bey vielen Anwesenden einen Zweifel verursachete / ob er auch der wahrhaffte König / und nit vielmehr ein Landbetrieger / oder wol gar ein Schwarzkünstler währe / dem vorigen Könige in etwas ähnlich / dessen Untergang er sich etwa erkündiget hätte / und auff den Königlichen Stuel sich setzen wolte. Ja die alte Königin selbst geriet in Argwohn / welches ihre zu unterschiedenen mahlen ausgelassene Seuffzer gnugsam an den Tag legeten / und der König ihr Anliegen leicht merkete /deßwegen er zu ihr sagete: Herzgeliebetes Gemahl /wie auch Kinder und andere ehmahls bekante Herren und Freunde; es nimt mich noch immerzu höchlich wunder / daß kein Mensch zugegen an mir zweifelt /ob ich König Notesterich sey oder nicht / nachdem mein Tod schon so lange gegläubet / und meine vermeinete Leiche (die man wol hätte mögen etwas eigentlicher besehen) zur Erden bestattet ist; ja weil ich eben zu dieser Stunde ankomme / da mein geliebter Sohn zum Könige sol gekrönet werden; solte aber einer oder ander in mir einiges Mißtrauen setzen /hoffe ich / dieselben werden sich eine kurze Zeit gedulden / biß der Gottlose verrähterische Bube Ninisla und sein Sohn Urisla ankommen werden / welche mein Herr Sohn König Herkules einhohlen lässet; dieselben sollen durch Folterzwang schon dahin gebracht werden / im falle sie nit gütlich bekennen wollen / wie verrähterisch sie mit mir ihrem Könige umgangen /und mit was unaussprechlichem Jammer und Elende sie mich eine geraume Zeit belastet / biß endlich der gütige Himmel durch einen fal mich loß gemacht /daß ich gefangen als ein Leibeigener in Pannonien geführet bin / woselbst ich gegenwärtigem Könige und allen seinen Hofeleuten unwissend / über zwey Jahr ein GänseHirte / auch ein Holz-Wasser- und Leimen-Träger / und dabey doch ein Spielman uñ Unflaht-Reiniger gewesen bin (hier schosschen ihm die hellen Zähren aus den Augen) / wovon ich heut diesen Tag weiters nicht melden wil / damit nicht die frölichen Herzen an diesem HochzeitFeste zu hoch betrübet /und ihre Lust in Trähnen-Bäche verwandelt werden. Das Frauenzimmer (denen hiedurch ihr Argwohn fast gar benommen ward) huben auff diese Worte an überlaut zuweinen / daß König Notesterich selbst gereuete / daß er hierzu ursach gegeben hatte / ungeachtet er selbst seine Trähnen nicht so bald einzwingen kunte /und gab der Pannonische König mit bewäglichen Worten sein Mitleiden an den Tag / in dem er bey seinen Ritterlichen Ehren schwuhr / so bald er in sein Land kommen würde / das Haus / in welchem ihre Liebe solch Elend überstanden / zur Einöde zu machen / daß Hecken und Dornen drauff wachsen / und ein geheiligter Ort seyn solte / daß / so ein übeltähter sich dahin verbergen würde / er völlige[860] Vergebung haben solte; wolte auch seinen unbarmherzigen Haußwirt ihm gefänglich zuschicken / oder ans Kreuz hefften lassen / damit er sich nicht berühmen könte /daß ein herschender König ihm vor leibeigen gedienet hätte. Welches erbieten den unsern sehr wolgefiel /daß kein Widerwille gegen ihn in ihrem Herzen über blieb. Nach auffgehobenen Speisen ward ein zierlicher Tanz gehalten / und entstund zwischen König Mnata und Frl. Vanda eine inbrünstige Liebe / wie auch zwischen Fürst Olaff und Frl. Schulda / welches aber vor dißmahl ingeheim verblieb / weil jeder sich scheuhete / dem andern sein Anliegen zu offenbahren. Die alten Könige / Henrich und Notesterich führeten den ganzen Abend ihr Geschwätze von allerhand längstverlauffenen Dingen / welches dieser zu dem Ende taht / dz an seiner Wahrhafftigkeit nicht möchte gezweifelt werden; insonderheit begehrete er zu wissen / wie sichs mit Herkules zugetragen / auff was weise er wieder gefunden / und mit seiner Frl. Tochter sich verehlichet hätte / welches sagte er / ihm von ganzen Herzen lieb währe / weil er diese Heyraht von langen Jahren her gewünschet und vorgehabt. Aber König Henrich wolte ihm solches noch zur Zeit nicht erzählen / einwendend / weil er ihm seines Elendes Ursach auch noch nicht hätte wollen kund machen. Nun wahr niemand über der unvermuhtlichen Ankunfft des verlohrnen Königes verwirreter / als Libussa / dann ob sie ihn gleich kennete / blieben ihr doch die Gedanken / es könte ein Mensch dem andern ähnlich seyn / wie man dessen manniche Begebenheit hätte / insonderheit / weil an der vermeyneten Königlichen Leiche (daran das Gesicht zerhauen / und mit Pferde Füssen zutreten wahr) sie zu der Zeit vermeinete etliche Wahrzeichen gesehen zuhaben / daß sie des Königes währe; daher suchete sie Gelegenheit /mit ihm zureden / und durch Erinnerung etlicher verlauffener Geschichten / die sonst niemand kund wahren ihn zubewehren / und als ihr darzu gute Bequemligkeit zuhanden stieß / sagete sie zu ihm: Gnädigster König; Euer Hocheit ich unwirdigste Magd erfreue mich ihrer glüklichen Wiederkunfft von Herzen /deren sich kein Mensch vermuhten wahr; daß aber Ihrer Hocheit Gedächtniß ich aus meinem Herzen nicht hinweg geräumet habe / sol mein Eheliebster mir Zeugniß geben / und daß an unserm Hochzeitlichen Ehrentage / ohngeachtet wir auff der Eile Beylager hielten / ihrer Hocheit ehmals in der neuen Läuben mir gnädigst getahne Verheissung ich ihn wissen lassen / auch schmerzlich beseuffzet / daß wegen ihres vermeineten Todesfalles ich dessen nicht geniessen könte. Der König hörete sie wolgehen / und wie hoch er sich ihrer Listigkeit verwunderte / so wahr ihm doch solche unfehlbahre Bewehrung sehr angenehm /daher er ihr zur Antwort gab: Geliebte Tochter / ich habe in meinem uberschwenglichen Elende auff der gleichen Sachen zugedenken wenig mues gehabt / erinnere mich aber anjetzo sehr wol / daß da ihr mein herzen Töchterchen Valisken auff der Schoß führetet /und wegen meiner Ankunfft euch dessen schämetet /ich euch Königlich versprach / allen Fleiß anzuwenden / daß ihr nach Standes Gebühr soltet verheirahtet werden / da ich dann nicht allein euch euren Bräutigam zur Träue / sondern auch ins Ehebette zuzuführen und die Hocheit kosten abzutragen / ihn auch mit einem Reichs Lehn anzusehen / mich gnädig anerboht / welches ihr dazumahl mit einem untertähnigsten Handkusse vorbekant annahmet / uñ euch zu allen geträuen Diensten / die insonderheit meiner Frl. Tochter könten geleistet werden / darstelletet; weil ich dañ keinen Zweiffel trage / ihr werdet solches zur Gnüge erfüllet haben / wil ich das verseumete[861] in andere Wege zuersetzen schon Gelegenheit finden / wofern ich leben sol. Libussa küssete ihm die Hand untertähnigst / und mit einem Herzfreudigen Lachen sagete sie zu der alten Königin; ihre Hocheit haben nunmehr Zeugniß gnug / daß sie ihren wahrhafften Herrn und König von Gott wieder bekommen / und müssen wir alle miteinander uns billich schämen / daß wir so leichtgläubig gewesen / und eine unkentliche Leiche vor unsern König zur Erden bestattet / nur weil derselben des Königes Kleider angelegt / und dabey sein bekantes Seiten-Gewehr gefunden wahr. Und /gnädigste Königin / rieff sie Fr. Valisken zu / hat Eure Hocheit / meiner heutigen Ausdeutung nach /nicht einen herlichen Fund / an ihrem Herr Vater getahn? Geliebte Tochter / antwortete ihr der alte König; ich halte keinem Menschen den Zweiffel wegen meiner warhafften Gegenwart vor übel / kan und wil ihn auch jederman gönnen / biß die boßhafften Schelmen und Verrähter öffentlich bekennen werden / wie schändlich sie mit mir verfahren. Herkules mengete sich mit ein / und führete Libussen zum Tantze / die sich der hohen Ehr entschuldigte / wiewol er mit ihr als mit einer seines gleichen ümzugehen pflegete; hernach brachte er sie Baldrichen / da inzwischen König Mnata und Valiska ein Gespräch hielten / darinnen er ihr zuverstehen gab / er hätte eine Bitte bey ihr abzulegen / und da sie ihm selbige einwilligen würde / hätte er zeit seines Lebens Ursach / sich der Vergeltung zubemühen; jedoch wolte er diese Nacht zur Nachsinnung ihm vorbehalten haben / und folgenden morgen damit einkommen. Sie hingegen erboht sich aller möglichen Ehren-Wilfahrung / ohn einiges bedingen; Und wahr in Warheit dieser König keiner bösen oder gräulichen Art / sondern die Gewohnheiten und vorige böse Geselschafft hatten ihn verderbet / und hatte er diese wenige Zeit über sich dergestalt geendert / daß er unter die redlichen und Tugendhafften wol kunte mit gerechnet werden / daher er seine erlittene Niderlage vielmehr vor ein Glük als Unfal schätzete / weil er durch dieses Mittel nicht allein auff die Tugend-Bahn geleitet / sondern auch seiner boßhafften ungeträuen Rähte und Beamten / denen er gehorsamen muste / abkommen wahr. Als diese Königliche Geselschafft bey später Nacht zu Ruhe ging /wolte König Nosterich bey seinem Gemahl nicht schlaffen / biß die Volstreckung der Straffe an den Uhrhebern seines Elendes verrichtet währe / und hatte er diesen Abend mit Könige Henrich / Herkules und Ladisla Abrede genommen / etliche ReichsBeamten und Diener wegen ihres wolverhaltens / folgendes Tages in höhern Stand zuerheben / und dadurch andere zugleichmässiger Träue anzureizen / deßwegen / so bald die Sonne hervorbrach / wurden Herr Pribisla /Bretisla / Wlodimir / Vorich / Bela / Bugesla / Krokus / Wratisla / Stanisla / Leches / Klodius / Neda /Markus / Prinsla / Gallus / Mardus und Timokles /diese siebenzehn / vor die Königliche Geselschafft gefodert / und nachdem Herkules der ersten neune ihre träugeleistete ReichsDienste / und der anderen Ritterliche Tahten und unverdrossene Auffwartung erzählet und hoch gerühmet hatte / wie sie / hindan gesetzet ihrer Wolfahrt und Lebens / alles das überflüssig geleistet / was redlichen tapfferen und geträuen Helden und Dienern obliegen könte / meldete er ihnen an /daß ihnen davor Standes-Erhöhung / und darzu gehörige Güter solten erteilet werden. Worauff König Notesterich die neun erstgedachten zu ReichsGrafen in Böhmen machete / und ihnen auff Königes Mnata Anhalten / die ReichsLehn über die abgetretene Pannonische Landschafften erteilete. Die fünf folgende wurden von König Henrich[862] zu Teutsche Grafen an der Weser gemacht / und ihnen die Herschafften zugeeignet / wo jezt die Fürstlichen Schlösser und Städte /Petershagen / Rinteln (woselbst Herr Ernst / Fürst des heiligen Römischen Reichs Graff zu Holstein /Schaumburg und Sterneberg eine hohe Schuel gestifftet / da diese Geschichte an des TagesLicht kommen ist) Hameln / Holzminden / Höxar und Münden belegen sind. Herkules nam Gallus und Timokles / Ladisla seinen Mardus in den FreyHerrn Stand / zu welcher Ehre der alte Wenzesla schon vorhin erhaben wahr. Nach solcher Verrichtung stelleten König Baldrich und Großfürst Arbianes ein Freystechen an / von daran über zwo Wochen zuhalten / und zwar unten am weissen Berge / und nachgehends ein Ringelrennen und freyschiessen / liessen solches bey schleuniger Bohtschafft außblasen / und macheten auff alles gute Anordnung. Unterdessen begab sich Mnata hin zu Königin Valisken / erinnerte sie der gestrigen Zusage / und zeigete ihr an / daß er schon ins dritte Jahr Witwer gelebet / und keine Erben von seinem Gemahl übrig hätte / würde auch berichtet / daß der gotlose Dropion an ihrem zeitlichen hinsterben Schuld trüge /welcher ihm das heyrahten biß daher gehindert hätte /müste aber dabey bekennen / daß er selbst kein grosses Belieben darzu getragen / ungeachtet er erst das 42ste Jahr hinter sich gelegt hätte. Es währen aber seine fast erloschene liebes Begierden durch die Zucht und Schönheit des Wendischen Fräulein dergestalt entzündet / daß ohn deren Liebe er hinfort nicht würde können glükselig seyn / wiewol er noch zur Zeit unwissend währe / ob dieselbe seine Huld zuersetzen / und ihn vor ihren Gemahl anzunehmen / sich wolle finden lassen. Weil er nun nit zweifelte / sie /Königin Valiska könte ihm deren Gewogenheit sehr wol erwerbẽ / hätte er die Kühnheit gebrauchẽ / uñ ihre Liebe darüber begrüssẽ wollẽ / mit demühtiger Bitte / ihm solches nit abzuschlagẽ uñ allemahl seine hochgewogene volgewaltige Gebieterin zuverbleiben. Valiska vernam sein Begehren mit guter Lust / weil sie ohndz mit Heirahtsachen und freiwerbungen gerne umbging / erboht sich auch / allen möglichen fleiß anzuwenden / nebest guter vertröstung daß alles nach seinem Wunsch ergehen könte / dafern dieses Fräulein annoch unversaget oder unverliebet währe / welches zuerforschen ihre erste Arbeit seyn solte. Solches nun ins Werk zurichten / machte sie sich an Olaf /welchen sie folgender gestalt anredete: Durchl. Herr Oheim / vertrauter Freund / mir zweifelt nicht / eure Liebe werde bißher meine Ehrengewogenheit gegen ihn in etwas verspüret haben / da ich sonst düchtig bin / selbige erscheinen zu lassen; so machet mich überdas seine Auffrichtigkeit dermassen kühn und verwägen / daß ich seiner Liebe mich in einer wichtigen Sache zugebrauchen / unternehmen darf / in dem ich anfangs bitte / da es ihrer Liebe wissend / mich zuberichten / ob das Wendische Fräulein annoch frey und ausser verliebetem Stande lebe / auff welchen fal ich derselben mit einer zweifels ohn angenehmen Heiraht an die Hand gehen wolte. Der Fürst seufzete über dieser Rede / daß er eine Zeitlang gar stille schwieg /daher sie vor gewiß hielt / er würde in sie verliebet seyn / und taht ihr sehr leid / daß sie ihn mit dieser Rede in solche bewägung gestürzet hatte / deswegen tröstete sie ihn also: Ich bitte sehr / mein Oheim wolle mir verzeihen / daß aus blosser unwissenheit / die gar von keiner Arglist begleitet wird / ich ihn in diese traurige schwermühtigkeit setze / da seine Geberden mich fast versichern wollen / daß er an diesem Orte selbst müsse gefesselt seyn / auff welchen fal ich viel mehr helffen werde ihn fester zubestricken / als einen andern an seine stelle zusetzẽ. Olaf bedankete[863] sich des hohen erbietens mit tieffer / ihr unangenehmer Demuht / uñ gab diese Antwort: Unvergleichliche Königin / volwaltige Beherscherin alles meines vermögens; meine weit hervorgehohlete Seufzer gehen nicht aus einiger liebes / sondern tieffster Leidensquelle hervor / welche zu unterdrücken ich nicht vermocht / als ihre Hocheit von diesem Fräulein zu reden angefangen; solte ich nun dessen die Ursach dartuhn /würden wir die Mahlzeit drüber verseumen / wie früh es gleich annoch am Tage ist. Königin Valiska hätte gerne etwas mehr hierumb gewust / und baht sehr /dafern es keine sonderliche heimligkeit hinter sich hätte / ihr solches zuerzählen; da sie ihm dann gerne eine oder etliche Stunden zuhören wolte; worauff er sich erboht / in die kürtze zugehen / und fing also an: Ich gestehe / Großmächtigste Königin / daß mein Herr Vater nun schon etliche Jahr damit ümgangen ist / daß ich dieses Fräulein / von der ich in Warheit nichts als alle Fürstliche Ehr und Tugend weiß / heirahten / und nach seinem Todesfall die Dänische Kron tragen solte: Ich weiß aber nicht / welcher innerliche Wiederwille und Ekel mich von dieser Heyraht so gar abgezwungen hat / daß ich tausendmahl lieber den Tod anzugehen entschlossen bin / und mag wol sagen / oder vielmehr klagen / daß mirs in diesem Falle gehet / als denen / die keinen Kähse oder Butter riechen noch schmäcken mögen / ungeachtet daran nichts zu tadeln ist. Mein Herr Vater / so bald er mein wegern vernommen / ist mir fast gehässig darüber worden / und hat durch bedrauung der Enterbung mich nöhtigen wollen / hochgedachtes Fräulein zu ehelichen; worauff ich heimlich in Frießland gewiechen / und mich schriftlich gegen ihn erkläret habe /er sey mein Vater und König / auch daher wol bemächtiget nach gefallen mit mir zuschalten; dafern er auch gesonnen / mich zuenterben / und das Dänische Reich darein gehehlete / müste ich gedultig seyn / und ihm gehorsamen / daß ich aber das Wendische Fräulein heirahten solte / währe mir schlechter dinge unmöglich / weil eine gar zuheftige Abneigung von derselben / ich in meiner Seele empfünde / so daß ich lieber hundertmahl die Folter ausstehen / als diese Ehe antreten wolte. Mein Herr Vater aber wolte sich hiemit nicht begütigen lassen / sondern schrieb an meinen Oheim den damahligen Friesischen König; er solte mich von seinem Hofe schaffen / und aus seinem Lande verbañen / weil ich ihm aus frevelhaftem Muhtwillen ungehorsam währe / und wie er vor gewiß berichtet würde (welches doch nie in mein Herz kommen wahr) mit einer unzüchtigen Metze / geringes herkommens mich ehelich solte versprochen haben /die ich nach seinem Tode der Königlichen Kron teilhaftig zu machen / entschlossen währe. So bald der Friesen König mir solches zeigete / und ich am Ende die Bedräuung fand (wo ich länger von ihm auffgehalten würde / wolte er Frießland mit Feur und Schwert verfolgen) / nam ich mir vor / alsbald nach Däñenmark zu sägeln / und mich meinem Herr Vater zur Straffe darzustellen; welches mir aber dieser mein Oheim höchlich wiederriet / und mit einem ansehnlichen stük Geldes mich versahe / womit ich zu Schiffe ging und nach Spanien fuhr / auch daselbst ein Jahr mich vor einen schlechten Ritter hielt / und der Ritterlichen übung mit geringschätzung meines Lebens fleissig oblag; ich werde aber mein daselbst unvermuhtlich gefundenes Unglük mit stilschweigen vorbey gehen. Nein / fiel ihm Königin Valiska in die Rede /sondern wil eure Liebe mir einen gefallen tuhn / wird sie mir alles fein umbständlich erzählen. Wie es ihrer Hocheit gefället / antwortete er: Und melde demnach /daß ich etliche Schreiben / den Ort wo ich lebete / ungenennet / an meinen[864] Herr Vater abgehen ließ / ihm ausserhalb der einigen Heirahtsache allen kindlichen gehorsam versprechend / und ihn zuversöhnen allerhand bewägligkeiten einführend; worauff ich doch nie keine Antwort empfing / ungeachtet ihm alle Brieffe wol sind geliefert worden. Nun trug sichs zu / daß in Spanien ein Freystechen und Ringelrennen an des Käyserlichen Stathalters Hofe angestellet ward / welcher ein ansehnlicher Römer von 68 Jahren wahr /und ein junges Römisches Fräulein / nahmens Kornelia Balba / vor weniger Zeit geheyrahtet hatte. Diese ohnzweiffel der Leichtfertigkeit ergeben / hätte ihren alten Kajus Pupius Mela (so hieß der Stathalter) lieber auff der Todten Bahr / als im Ehebette gesehen /wiewol mir davon nicht das geringste bewust wahr. Sie mochte zu meinem Unglük meiner bey dem Speerbrechen wahrnehmen / und an mir ein mehrers / als ich wahr oder leistete / ihr einbilden / daher sie anfangs / ihren Begierden Raum und Gelegenheit zu ma chen / von ihrem Gemahl begehrete / mich an seinen Hoff zunehmen; welches er / als schon mit Argwohn erfüllet / ihr nicht versagen wolte; bestellete aber etliche des Frauenzimmers / die genau acht auff ihr tuhn und lassen geben musten. Ich wahr kaum 16 Tage zu Hofe gewesen / da ward mir von einem alten Weibe ein Schreiben eingeliefert / welches ich erbrach / und der Stathalterin Nahmen darunter gezeichnet fand /dessen ich höchlich erschrak / und nach verlesung nicht wuste / wessen ich mich erklären solte. Mit der Stathalterin hatte ich noch kein Wort gewechselt /auch ihre Anblicke stets gemieden; noch dannoch erklärete sie mir in diesem Schreiben ihre Liebe so rund und offenherzig / daß ich ihrer Leichtsinnigkeit daher gnugsame Merkzeichen nahm. Die alte Bübin hielt inständig bey mir an / gewierige Antwort von mir zu geben / und der jungen schönen Stathalterin Gunst und Liebe nicht zu verachten / dafern ich nicht vor einen undankbahren und kleinmühtigen wolte gehalten seyn; ob mir nicht bewust währe / daß allein ihre Gewogenheit es dahin gebracht / daß ich an den Hoff währe aufgenommen und in hohem Ansehen schwebete; welches mich der gestalt verwirrete / daß ich mir selbst weder zu rahten noch zu helffen wuste; endlich erklärete ich mich / sie möchte der Fr. Stathalterin meinen untertähnigen Gehorsam anmeldet / und daß innerhalb 24 Stunden ich ihr genehme Antwort (also muste ich wieder meinen Willen reden) zuschreiben wolte. Nun hatte der Stathalter diesen mir eingehändigten Brieff schon gelesen / und drang das alte Weib bloß zu dem ende auff meine schriftliche Antwort /daß der Stathalter in Fäusten haben möchte / wodurch er mich überzeugen / und andern zum abschäulichen Beispiel mich bestraffen könte. Er hatte aber einen unehlichen Sohn / der ein handfester Ritter / und mir überaus wol gewogen wahr / derselbe hatte vor seines Vaters Gemache den mit diesem Weibe über mich gemacheten Anschlag angehöret / und wessen ich mich erkläret hätte; und weil ihm mein Verderben sehr zu Herzen ging / schrieb er mir in höchstem vertrauen diese Worte bey seinem Knaben zu: Geehrter Herr Bruder Nauzius (also nennete ich mich) hastu ein verdächtiges Schreiben gelesen / und genehme Antwort darauff versprochen / so mache dich aus dem Staube /und warte keine Stunde mehr / doch so unvermerket und einsam / als möglich ist; und daß du wegen meiner Träue mich nicht in Gefahr stürzest / so verbrenne dieses Brieflein alsbald; auch wann du ausserhalb Landes in Sicherheit seyn wirst / laß michs unter dem verdecketen Nahmen Markus Salius wissen. Die Götter geleiten dich /weil ich dich vor unschuldig halte. Es gedauchte mich jedes Wort ein Donnerschlag seyn / dagegen dieses Ritters[865] Warnung ein erquiklicher Regen / und ließ ich mich gegen den Uberbringer nichts merken / sondern befahl seinen Herrn zu grüssen / und daß ich bald wolte bey ihm seyn / wie er begehrete; nam etliche Kleinot und 300 Dukaten zu mir / damit ging ich vor das Tohr hinaus als zur Lust / hieß meinen Diener wieder zurük gehen / und eilete nach dem nähesten Dorffe / da verbarg ich mich in einer Scheuren / biß es finster wahr / gab mich bey einem armẽ Bauren an /schenkete ihm 10 Dukaten / und baht ihn / daß er seinen Wagen anspannen / und mich nach dem nähesten Schiffhafen führen möchte / dann ich währe in höchster geheim von einem vornehmen Herrn aufs schleunigste fort geschicket / eine Sache zuverrichten /daran dem Stathalter sehr viel gelegen währe. Ich erhielt mein Ansuchen leicht / und rollete mich dieser hin / da ich ihm zuvor sein bestes / wiewol geringes TuchenKleid vor meines abgetauschet hatte; kam gegen morgen bey dem Meer an / und fand ein Schiff /welches gleich nach Dänenmark zusägeln fertig war. Anfangs zweifelte ich / ob ich mich dahin begeben dürfte / endlich dauchte mich die Spanische Gefahr grösser als die Inheimische seyn / und verdingete mich auff dasselbe / vorgebend / ich hätte in Dänenmark nöhtige Sachen zuverrichten. Wir fuhren mit sehr gutem Winde etliche Tage glüklich fort / biß wir von einem ganz unvermuhtlichen Ungewitter überfallen wurden / und Schiffbruch erlitten / da ich ein Stük vom Brete ergriff / und auff demselben mich 36 Stunden mit grossem Kummer und Ungemach auffhielt /biß mir ein Friesisches Schiff zu gutem Glük ins Gesichte kam / welches auff mich ansegelte / und die Schiffleute nach geschehener Labung mir allen guten Willen erzeigeten. Der Schiffherr hatte seine Handlung hin und wieder getrieben / und wahr willens in Engeland zufahren / uñ weil es ihm an Ruderknechten mangelte / muste ich mich mit gebrauchen lassen; da ich dann meine Stelle so fleissig vertrat / daß der SchiffHerr mich durchaus nicht verlassen wolte / mit Einwendung / weil er mir das Leben erhalten / währe ich schuldig ihm zudienen; welches mir aber ungelegen war / hätte auch lieber meinen Geist mitten in den Wellen zugesetzet / als bey dem Ruder gefristet; dannoch durffte ich mich nicht wegern damit er mich nicht anschmieden / und unter die Zahl seiner Leibeigenẽ / die nimmer vom Schiffe kahmen / verstecken liesse; und nicht desto weniger urteilete er aus meiner Traurigkeit / ich würde ihm / wann ich zu Lande kähme / nicht lange aushalten; daher er dreyen andern ernstlich befahl / daß sie mich nicht vom Schiffe gehen liessen / so lange er mit seinen Leuten ins Land reisete / seine Kauffmanschafft fortzusetzen. Dieses hörete ich selbst an / und beantwortete es mit frölichem Angesichte: mir währe alhie besser als anders wo / und solte er sich meinetwegen nur unbekümmert lassen / massen wann ich in seinem Dienste nicht währe / wolte ich mich bemühen / darein zukommen; machte auch nach seinem Abzuge mit meinen Hütern bessere Kundschafft / zog einen Dukaten hervor / als hätte ich denselben von alle meinem Zehrgelde übrig behalten / und erboht mich / denselben zum besten zugeben / da ihrer einer in die Stad gehen / und uns guten Spanischen Wein hohlen wolte. Diese dem Trunk ohndas sehr zugetahn / danketen mir vor solchen Schmauß / liessen den Wein eintragen / und soffen in kurzer Zeit einen starken Rausch / daß sie wie die Ratzen fest einschlieffen; welche gute Gelegenheit ich nicht verabseumete / band den eingeschlaffenen Hände und Füsse / machte mich aus dem Schiffe / und ließ mich von einem Bohten zu Fusse nach des Römischen Stathalters Schloß bringen / schaffete mir daselbst in der[866] Stad Ritterliche Kleider und Waffen /und legete mich in eine Herberge / da ich aus vielen Ländern neuer Zeitung berichtet werden kunte. Bald des ersten Tages funden sich bey der Mahlzeit zween Spanische Kaufleute / welche auff des WirtsNachfrage berichteten / ihrem Stathalter währe sein junges Weib / eine vornehme Römerin von einem fremden unbekanten Ritter / nahmens Nauzius / entführet /welches kein Mensch erfahren könte / wohin sie kommen währen / und ginge die gemeine Sage / der Stathalter währe ihrer Buhlerey wenig Stunden vor ihrer Flucht inne worden / aber durch Nachlässigkeit hätte er sein bestes verseumet / welches er nun zu späht beklagete / jedoch den Schimpff höher als den Schaden rechnete. Ich wunderte mich der Zeitung hefftig / und kunte daher leicht muhtmassen / das Weib würde gewarnet seyn / und sich beyzeiten aus dem Staube gemacht haben / so daß man meynete / sie währe mit mir davon gezogen. Weil ich dann einen Schiff-Herrn antraff / der gleich nach Spanien fahren wolte /schrieb ich an des Stathalters Sohn und begehrete von ihm verständiget zuwerden / was nach meinem Abzuge sich zugetragen hätte / bezeugete daneben meine Unschuld / und daß ich keinen Gedanken gehabt /mich dergestalt an seinem H. Vater zuvergreiffen /und seinem Ehebette einigen Schandflek beyzubringen. Ich bekam in weniger Zeit Antwort von ihm / er hätte seine Stifmutter gleich wie mich gewarnet / worauff sie in MannesKleidern zu Lande durch Gallien /und also in Italien geflohen währe / würde ohn zweifel sich nach ihren Verwanten in Sizilien verfüget haben / und daselbst heimlich sich auffhalten. Zwar der Stathalter / wie er meiner uñ ihrer Flucht zugleich verständiget worden / hätte / wie auch jederman /nicht anders gemeynet / als daß wir mit einander davon gelauffen währen / hielte auch noch diese Stunde davor / ich würde sie in ein fremdes Land geführet haben / worüber er hin und wieder nachfragen liesse; hätte insonderheit Engeland / Schweden und Dänenmark in Verdacht / da wir uns etwa möchten nidergelassen haben. Ehe ich diese Antwort bekam / lebete ich in Engeland sicher / und meynete aller Gefahr entgangen seyn / da ich doch dem Verderben bald in Rachen gelauffen währe. Ich gab mich bey Hofe an / und wartete dem Stathalter auf / der mich in Dienste nam /und mich vor seinen HofJunker und Vorschneider bestellete / dessen Bruder Tochter / Frl. Etburg / ein trefliches Fräulein / mir ihre gute Gewogenheit unterschiedliche mahl zuverstehen gab / wiewol mit so höflicher Zucht / daß kein anwesender dessen einigen Argwohn schöpffen kunte. Sie ward von dem Fürstlichen Frauenzimmer etwas verächtlich gehalten / weil sie von der Mutter her nur adeliches Standes wahr /deßwegen sie auch selbst sich lieber mit einem ädlen Ritter / als grossem Herrn verehlichet hätte. Ich stellete mich einfältig / und wolte ihre Gunst nicht merken /daher sie sich entschloß / mir dieselbe etwas deutlicher vorzutragen / indem sie in einem Tanze mir ein Ringelein schenkete / mit begehren / es ihr zu liebe und Gedächtniß zutragen / welches dann / Unhöfligkeit zumeiden / ich ihr nicht versagen wolte / steckete es an meinen kleinen Finger / und bedankete mich der gar zu hohen Ehre / die in Betrachtung meiner Geringfügigkeit ich zuerkennen nicht bestand währe. Sie aber antwortete mir: Ein Ritter / welchen Tugend und Geschikligkeit begleiteten / hätte sich bey ihr keiner Unwirdigkeit anzuklagen; sie hielte mehr auff Sitten und Tapfferkeit als auff Blut / daher sie auch an vielen geringern Leuten die Tugend hoch schätzete. Ich hatte keine Gelegenheit / ihr zuantworten / und ward nach geendigtem[867] Tanze mir zu meinem Unglük des Stathalters Tochter / Frl. Pondizea zugeführet / welche jeztgedachter ihrer Wasen an Schönheit wenig nachgab / aber sehr boßhafftig / frech und unzüchtig wahr / welche Laster sie zuzeiten wol zuverbergen wuste / wann ihre Bewägungen nicht zu hefftig gingen. Im Tanze ward sie des jeztgedachten Ringes an meiner Hand gewahr / ließ sich doch nicht merken /daß sie ihn kennete / sondern fragete mich / von was lieber Hand mir eine so anmuhtige Gedächtniß kähme; zwar sie währe willens gewesen / mir ein Zeichen ihrer guten Gunst einzuhändigen / weil sie aber fürchtete / dz schon gelieferte würde das ihrige unwert machen / oder von diesem nicht können gelitten werden / wolte sie ihre hohe Gewogenheit so lange einzihen / biß sie von mir ihrer Furcht benommen währe /nöhtigte mich auch / nach geendigtem Tanze zu ihr niderzusitzen / weil sie auff solche Gelegenheit schon mehr gewartet / und mit mir von allerhand Sachen zureden hätte. Ich beantwortete ihre erste Frage: Ich trüge kein Gunstzeichen an meiner Hand / ohn welches meine leibliche Schwester am Tage meines Abscheides mir zum freund-brüderlichen Andenken eingereichet hätte; Ihr gnädiges erbieten betreffend /währe solches viel zu hoch / und mein Finger ihres Fürstlichen Ringes allerdinge unfähig; würde mir auch von den vornehmen Anwesenden / insonderheit von ihren Eltern sehr ungleich / und zum bäurischen Frevel ausgelegt werden / wann ich mich zu ihrer Gnaden würde nidersetzen; bähte demnach untertähnig / mir nicht zuverargen / dz ihrer gnädigen Anmuhtung / der ich sonst herzlich gerne in allem gehorsame folge leisten wolte / vor dißmahl mich ungehorsam erzeigen müste / und hielt schließlich umb ihre beharliche Gnade an. Sie hingegen ließ sich nicht merken /daß ihr solche Erklärung zuwider währe / setzete sich an ihre Stelle / und ließ sich als eine tieffsinnige eine halbe Stunde ansehen / daß niemand / der sie anredete einige Antwort von ihr bekam; endlich nach außgetichteter Boßheit / machete sie sich hin zu ihrer Fr. Mutter / und ungeachtet Frl. Etburg zugegen wahr /brachte sie diese Verleumdung vor: Es hat meine Fr. Mutter sich oft verwundert / warumb gegenwärtige meine Wase höher geehret und beliebet ist / als ich /da ich doch keines gemeinen ädelmans Tochter zur Mutter habe / sondern euch / die jederman weis von altem Königlichen Blute entsprossen seyn; aber lasset euch solches hinfüro nicht mehr befremden / dann Leichtfertigkeit findet leider heut zu Tage allenthalben Plaz / und machet diese Ungerahtene so angenehm / welche sich auch nit scheuhet / den Rittern von fremden geringen Adel / deren Ankunfft uns nicht eins wissend ist / die Ringe von ihren Fingern zuverschenken; wie ich dann eben denselben jetzo an unsers neuen Vorschneiders Finger gesehen / mit welchem ihr sie neulich angebunden habet. Frl. Etburg erschrak der Rede höchlich / daß sie darüber erblassete; doch wie sie sehr kluges Verstandes wahr / erdachte sie bald einen Fund / und gab diese Antwort: Ach meine Durchl. Frl. Wase / ists möglich / daß der fremde HofJunker meinen Ring haben sol / den ich vor einer Stunde verlohren / und aus Furcht und Schahm nicht habe nachfragen dürffen / ob er gefunden sey? ging darauff zu mir / und sagete: Herr Ritter / ich vernehme ungefehr von meiner Bekantin einer /daß bey ihm ein Ring gesehen sey / den ich vor einer Stunde verlohren habe; da er nun denselben gefunden / bitte ich freundlich / mir denselben wieder zuzustellen / damit ich darüber nicht in ungleichen Verdacht gerahten möge. Alsbald fiel mir ein / was die Ursach seyn würde / trat mit ihr nahe zu der Stathalterin / daß sie uñ Fr. Pondizea[868] meine Antwort wol vernehmen kunten / fassete den Ring zwischen zween Finger /und sagte: Hochgebohrnes Fräulein; ich habe ja einen Ring funden / unwissend wem er zustehet / und ist mir sehr lieb / daß ich ihn an gehörigen ort wieder einliefern kan / hätte auch alsbald solches gerne verrichten wollen / wann die Unwissenheit mich daran nicht verhindert hätte / und bitte untertähnig / mir ein solches nicht ungleich auszulegen. Sie bedankete sich vor die überlieferung mit kurzen Worten und schlechter Bezeigung / kehrete sich zu ihrer Frl. Wase / und sagte zu ihr: Ich bedanke mich billich / daß ihre Liebe mir befoderlich gewesen / meinen lieben Ring wieder zubekommen / bitte daneben von Grund meines Herzen / mich des ungleichen Verdachts zuerlassen / ob solte ich durch Geschenke und Verehrungen suchen /mich bey Mannesbildern beliebet zumachen / welches mir nie in den Sin gestiegen ist / wil auch / da ich dessen kan überzeuget werden / die gebührliche Straffe der leichtfertigen Unkeuscheit auszustehen mich nicht wegern; und solte ich von einigem Menschen höher als meine Frl. Wase geehret seyn / müste mir solches schmerzlich wehe tuhn / wolte auch nicht unterlassen / mich an solchem groben Menschen zurächen; dann ich erkenne meine Geringfügigkeit sehr wol / und daß Euer Liebe Vortrefligkeit ich nicht zuvergleichẽ bin /aber doch willens / meiner Ehren und guten Nahmens fleissige Hüterin zu seyn. Frl. Pondizea lief vol Zorn /daß sie dergestalt solte auffm fahlen Pferde ertappet werden / rief mich deswegen herzu / und fragete mich unwürsch gnug / ob ich nicht gestanden hätte / daß mir der Ring geschenket währe. Ich gab ihr zur Antwort: Ich hätte ja solches / aber nicht von diesem / an dessen Gegenwart ich nicht mehr gedacht / sondern von einem andern Ringe geredet / und da ihre Gn. einen andern gemeinet hätte / bähte ich meines Irtuhms üntertähnige Vergebung / welcher daher gnug könte erkennet werden / daß ich hinzu getahn / es währe mir dieser Ring / nehmlich der am Goldfinger /von meiner Schwester geschenket worden. Ihre Frau Mutter kam ins Mittel / und gab vor / es währe ein schlechter Verstoß / der sich leicht zutragen könte; aber die Tochter bezeigete sich so unsittig / daß man leicht zuschliessen hatte / sie ginge mit nichts gutes schwanger; wie sie dann alsbald einen Trabanten zu sich gefodert hatte / und ihm befehl getahn / mir /wann ich heimgehen würde / selb vierde auffzuwarten / und mich ungescheuhet hinzurichten / welches von ihrem Herr Vater also befohlen währe / und er samt seiner Geselschafft bey Leib und Leben heimlich halten solte. Dieser wahr willig / es ins Werk zurichten /als zu welchem Dienst sie ohn zweiffel seiner ehemahl muste gebrauchet haben; nur geschahe zu meinem Glük / daß mein Leibknabe unvermerket anhörete / da dieser sich mit andern beredete / auff was Weise / und an welcher Ecke sie mich ansprengen wolten / auch / daß sie dessen von dem Fräulein eine reiche Vergeltung hoffeten. Ich ward dessen alsbald berichtet / hieß meinen Knaben schweigen / und unser beide Pferde geschwinde fertig machen / wahr auch gleich willens mich unvermerket hinweg zustehlen /da sich ein klägliches Geschrey erhuhb / Frl. Etburg währe in ihr eigen Messer gefallen / und alsbald Todes verbliechen. Bald vergaß ich meines eigenen Unglüks / lieff dem Gemache zu / da der Unfal solte geschehen seyn / und fand es leider also / wiewol aus allen Umständen gnugsam erschien / daß Frl. Pondizea diesen Mord mit ihrer unbarmherzigen Faust selbst begangen hätte / gestaltsam der TodtenLeiche ein kleines Messerchen im Herzen steckete / welches ja nicht kunte hinein gefallen seyn /[869] auch ihre Leibdienerin geruffen hatte: O mein Gn. Fräulein wird erstochen; wahr aber von der Tähterin durch harte Dräuung bald gestillet. Mir wahr nit anders zumuhte /als währe der Scharffrichter hinter mir gestanden / mir den Schedel herunter zuschlagen / drehete mich bey dem grossen Getümmel artig hinweg / meidete die bestimmete Mordecke / und durch einen zimlichẽ Umweg kam ich an meine Herberge / woselbst mein Diener alles nach meinem Willen verfertiget hatte; setzeten uns zu Pferde / und weil ich mit dem Tohrhüter wol daran wahr / ward ich willig außgelassen; da seumete ich nun nicht / sondern ritte nach dem nähesten Hafen / da mein ehemaliger SchiffHerr mich in einer Herberge antraff / und wegen meiner ritterlichen Kleidung / die ich anhatte / auch daß schon eine gute Zeit meiner Entweichung entgangen wahr / mich / vor den er mich hielt / nicht anreden durffte / biß ich mich selbst meldete / und ihm zwar vor die Lebens Rettung dankete / aber zugleich ihn erinnerte / niemand sobald zur Ruderbank zuverdammen / er hätte dann dessen bessere Kundschaft; zwar ich wolte ihm den Streich verzeihen / aber wann sein König es wissen solte / bey dem ich in grossen Gnaden stünde /dürffte derselbe es ihm nit so leicht schenken / weil ohn Ruhm zumelden ich hohes und Fürstliches Adels währe / daß noch wol ein geringer ihm das Ruder zihen könte. Er wahr noch so bescheiden / daß er umb Verzeihung anhielt / welche ich ihm völlig zusagte; uñ von ihm erfuhr / die drey von mir gebundene hättẽ zur Straffe biß in den dritten Tag also verbleiben müssen; beteurete nachgehends hoch / dafern er meines Standes hätte sollen berichtet seyn / welchen er auß meiner Kleidung nicht muhtmassen können /wolte er mir lieber auffgewartet / als das Ruder anbefohlen haben. Ich schrieb hieselbst einen Brieff an den Stathalter / bedankete mich als ein gebohrner Fürst aller beschehenen Ehr / und baht um Vergebung meines stilschweigenden Abscheides / dessen Ursach keine andere währe / als daß man ohn alles mein verschulden mir nach Leib und Leben getrachtet / wie sein Trabant / wann er peinlich gefraget würde schon bekennen solte / rechnete es aber weiblicher Blödigkeit zu / und erboht mich zu allen Freundschafftdiensten. Was aber hierauff mag erfolget seyn / habe ich noch zur Zeit nicht können erfahren. Auch schrieb ich von dar ab an den Spanischen Stathalter unter meinem ehemaligen Nahmen Nauzius / gab ihm meine reine Unschuld zuerkennen / und daß Zeit meines Lebens ich keinen Gedanken gehabt / einem Manne sein ehelich Weib zuverführen / oder deren zumisbrauchen / und da er mich in den falschen Verdacht hätte / als währe sein Gemahl mit mir davon gezogẽ / möchte er sich dessen wol begeben / weil ich dieselbe weder gesprochen noch gesehen. Darauf trat ich zu Schiffe / in willens des geradesten Weges nach Frießland zugehen / schwebete aber sechs Wochen auff dem Meer in überaus grosser Gefahr / biß wir noch endlich / Frießland erreicheten / und ich samt meinen geträuen LeibKnaben nach Wunsch bey dem Könige anlangete /bey dem ich mich etliche Wochen heimlich auffhielt /und mit Freuden erfuhr / daß mein Herr Vater den Zorn etlicher massen gemildert hätte / und entschlossen währe / mich der ungenehmen Heiraht zuerlassen / nicht allein / weil er sahe / daß mir der Tod angenehmer als dieses Gemahl wahr / sondern auch die gesamten LandStände auff des FriesenKöniges heimliches angeben / an den König meinen Herr Vater außdrüklich begehret / mich dieser Heyraht wegen nicht zuverfolgen / viel weniger meine Enterbung vorzunehmen / weil das ganze Reich eine solche Zuneigung gegen mich trüge / daß[870] sie lieber sterben und verderben / als mich verlassen würden. Uber welcher Erklärung die Königin meine Fr. Stieffmutter mehr als mein Herr Vater sich entsetzet hatte / weil man sie beschuldigen wollen / es währe alles ihr Getrieb / um ihre Fr. Schwester zur Königin nach meines Herrn Vaters Tode zumachen / und ihres Vortels daher zuspielen; dessen sie sich aber hoch entschuldiget / sich auff des Königes Zeugniß beruffen / und den Ständen ein zimliches genügen getahn hatte. Es riet mir aber nicht desto weniger mein Oheim der Friesen König /nochmahls ein bewägliches Schreiben an meinen Herr Vater abgehen zulassen / umb gnädigste Verzeihung meines Ungehorsams anzuhalten / und des mit den Ständen ergangenen nicht zugedenken; worauff ich gleichwol eine ungütliche Antwort bekam / ob ich noch nicht gelernet hätte / dem väterlichen Willen Folge zuleisten / solte ich ihm nit unter die Augen kommen / und dannoch wissen / daß Frl. Vanda ihr ganzes Glük nicht eben auff mich unbesonnenen gebauet hätte / sondern meines gleichen allezeit finden würde; wañ ich aber ihm kindlichen Gehorsam erzeigen wolte / solte ich unter angeno enem fremden Nahmen mich zu Rom eine Zeitlang auffhalten / biß er mich abfodern würde; worzu ich dañ sehr geneigt wahr / und zur Reise mich schickete / weil ich aus Dänenmark Mittel gnug bekam. Aber das leidige Unglük trat zwischen ein dañ mein Vetter der FriesenKönig starb eines jähen Todes / nicht ohn glaubwirdige Zeichen eines beygebrachten Gifftes / dessen Anstiffter ausser allem Zweiffel der Wendische Krito gewesen / und von Gott zur rechtmässigen Straffe gezogẽ ist. So bald der König verschieden wahr / begehreten nit wenig von dẽ Landständẽ (wiewol Krito die meisten bestochẽ hatte) ich möchte im Reiche bleibẽ /biß wegẽ künftiger Herschung gewisse Anordnung gemacht währe; da auch bald ihrer eine zimliche Anzahl auff meine Wahl gingen / weil der König ohndaß mich vorgeschlagen und mich zum Nachfolger im Reich ernennet hatte / aber der Unglüksvogel Krito fidelte mir durch seine ergebenen den Tanz / daß ich nicht auffkommen kunte / und Gott lob dieses Königreich dem zu teil worden ist / dem ichs / wie mein Gott weiß / eben so gerne / ja lieber als mir selbst gönne. Nun habe ich in mehr als drey Jahren meinen Herr Vater nicht gesehen / als auff diesem Schlosse /und bezeiget er sich annoch nicht so gütig / daß ich ihm trauen darf: ja kriegen mich meine Gedancken nicht / dürffte er noch eins versuchen / mich zu dieser Heirath zu nöhtigen / wovon mich aber zum wenigsten der Tod befreien sol / und kan mirs so gut werden / wil ich mit Fürst Arbianes in Meden reisen / und mein angebohrnes Königreich / als lange mein Herr Vater lebet / aus dem Sinne setzen / es währe dann sache / daß eure Hochheit mir gnädigst befehlen wolte / ihr meine Flammen zu offenbahren / die mir kaum vor 20. Stunden in meiner Seele auffgangen sind; bitte daneben demühtigst üm Verzeihung / daß mit unlieblicher Erzehlung meines außgestandenen Unglüks dieselbe ich so lange auffgehalten / und ihrer Geduld mißbrauchet habe; welches eigentlich zu dem Ende geschehen ist / daß derselben ich die wiedrigen Gedancken benehmen möchte / ob trüge ich einiges beliben zu dem Wendischen Fräulein / da mir doch angenehmers nicht begegnen kan / als daß diese Ursach der Ungewogenheit meines Herrn Vaters solcher Gestalt aus dem Wege geräumet werden möge; worin Ihre Hochheit sich fleissigst bemühen wollen / ich demühtigst bitten wil. Eure Liebe hat mir in Warheit einen sehr angenehmen Dienst und Willen durch die Erzählung ihrer denkwürdigen Glückes-Fälle bezeiget / antwortete Königin[871] Valiska; sonsten gestehe ich /daß die erst ausgelassene Seuffzer bey mir allerhand Nachdencken verursacheten / und mein Vorhaben /die Heirath zwischen König Mnata und diesem Fräulein betreffend / schier rükstellig gemacht hätten /welche nunmehr mit gutem Verfolg zustiften / ich wenig zweifele. Hier bekam Fürst Olaff erst gute Hoffnung seiner Liebe / weil er in furchten stund /dieser König würde ihm an seinem Vorhaben hinderlich seyn / und den süssen Schwedischen Braten vor sich begehren; reizete deswegen Königin Valiska mit vielfältigem Bitten / diese Heirath eiferig zu treiben /welches sie ihm geträulich versprach; doch wil ich hierin nicht das allergeringste vornehmen / sagte sie /es sey dann / daß eure Liebe mir ihrer erstgedachten Liebes-Flammen bessere kundschafft gönne / ob ich dieselbe verhoffentlich nach ihrem Willen befodern könte. Ich sehe wol / fuhr sie auff sein stillschweigen fort daß eine unzeitige Schahm eure Zunge hemmet /massen der Liebe Eigenschafften mir auch zimlich bekant sind / aber mein Oheim hat sich schon zu weit bloß gegeben / und was gilts / ob diese Flammen nicht vom Schwedischen Schwefel angezündet sind /welche nicht als durch ein Wasser aus eben diesem Schwefel gebrennet / können gelöschet werden? dafern ich nun eine untriegliche Wahrsagerin bin / so lasse michs mein Oheim wissen / und gebe mir Gelegenheit / in der Taht dereins sehen zu lassen / wie gerne ich ihm zu dienen mich gebrauchẽ liesse / insonderheit / weil auf diese Heiraht ich gleich damahls bedacht gewesen bin / als eure Liebe ich das erstemahl gesprochen habe. Fürst Olaf bedankete sich mit sonderlicher Demuht / bekennete sein Anliegen willig / stellete ihr alles sein Glük uñ Wolfahrt / wie er sagete in ihre hülfreiche Hand / und gingen hiemit voneinander / Valiska aber alsbald nach dem Dänischen Könige und seinem Gemahl trug ihnen Königs Mnata Anwerbung vor / und rühmete ihn / daß er gnug wirdig währe / mit einem solchen Fräulein eine Heiraht zu treffen. Diese bedanketen sich sehr der getahnen Werbung / und daß sie es in bedenken zihen / mit dem Fräulein bereden / und deren Erklärung ihrer Liebe wieder hinterbringen wolten. Valiska begehrete von ihnen / daß ihr vergönnet seyn möchte / mit dem Fräulein selbst hievon zureden / und als ihnen solches sehr lieb wahr / ging sie zu ihr hin in ihr absonderliches Gemach / fand sie in dünnen Unterkleidern / welche ihr besser als der Fürstliche Schmuk anstunden /und nach freundlicher Begrüssung suchete sie gelegenheit mit ihr von Liebessachen zureden / welches dem frommen Fräulein nit eine geringe Schamröhte austrieb / insonderheit / als sie ihr des Pannonischen Königes Gruß und Dienst anmeldete / und seine inbrünstige Gewogenheit kund machete / auch daß er von ihr begehret hätte / ansuchung zu tuhn / ob sie ihn in ihre Hulde nehmen / und solche Heiraht ihr gefallen lassen könte; doch erholete sie sich endlich / bedankete sich der hohen Ehre / nicht allein / dz König Mnata ihr solche ehrliebende Gewogenheit trüge /sondern auch / daß sie solches selbst zubestellen auff sich genommen hätte / wante ihre Unwirdikeit ein /und baht umb verzeihung / daß sie völlige Antwort zugeben so ungeschikt als unvermögen währe / weil ihr gn. Herr Schwager der Großmächtigste König in Dännemark ihr an Vaters stat stünde / und in diesem falle ihr völlig zugebieten und verbieten hätte; sie vor ihr Häupt wolte hochgedachtem Pannonischen Könige vor diese hohe Zuneigung gebührlich gedanket haben / als welchen sie vor einen verständigen ehrliebenden König aus gestrigem Gespräch erkennete / und der mit ihrem unverstande mitleiden tragen würde / daß sie ihm nach gebühr nicht[872] hätte begegnen köñen. Valiska merkete hieraus / daß ihr solche Heiraht nicht unangenehm wahr / nam alles vor bekant an / machte sich wieder nach dem Dänischen Könige / und erhielt von ihm und seinem Gemahl diese Antwort; Dafern dem Pannonischen Könige das Fräulein zu ehren beliebete / solte sie ihm unversaget seyn; und wann sie /Königin Valiska der Anwerbung halben ausdrüklich abgeschikt währe / wolten sie ihrer Liebe gebührliche Antwort geben. Worauff sie anzeigete / es währe ihr zwar volmacht gegeben / die Handelung anzufahen /aber die ordentliche Anwerbung würde zweifels ohn durch ansehnliche Herren verrichtet werden; sie hätte an dieser Erklärung ein sattes Genügen / und bähte /ihr nicht zuverargen / daß sie mit dem Fräulein noch einmahl absonderlich reden wolte; ging zu ihr hinein /taht ihres Herrn Schwagers Erklärung ihr zu wissen /und baht / daß sie sich etwas besser heraus lassen /und mit ihr als mit einer vertraueten Freundin reden möchte; erhielt auch eine solche Antwort / daß sie gnug versichert wahr / daher sie mit ihr nach dem Dänischen Könige ging / und ohn Wortgepränge etliche trefliche Kleinot hervor zog / welche sie ihr im Nahmen und von wegen Königes Mnata überlieferte / bittend / solche als ein Zeichen ehrliebender Gewogenheit anzunehmen / und zu weiterer Handelung den verliebeten König zuverstatten. Frl. Vanda stund als ein gehauenes Bild / durfte die Schenkung weder ausschlagen noch annehmen / sondern baht ihre Fr. Schwester Rusila die Dänische Königin / ihr zubefehlen / wessen sie sich verhalten solte; die mit einem freundlichen Lachen zu ihr sagete: Ob sie nicht wüste / daß sie dieser treflichsten Königin der Teutschen /welche ihr aller Menschen Herzen verbindlich machete / zu gehorsamen schuldig währe / als die ihre Wolfahrt zubefodern / ihr so hoch liesse angelegen seyn; warumb sie dann erst fragete / ob sie ihre Schuldigkeit verrichten solte oder nicht? reichete ihr damit einen sehr köstlichẽ Ring / und daß sie solchen dem Könige zur Dankbarkeit wieder zusenden solte / dafern sie gegenwärtige Königin bewägen könte / die Mühe der Lieferung auff sich zunehmen. Worauff das Fräulein ein Herzfassete / und diese Erklärung von sich gab: Ich merke wol / daß meine Fr. Schwester /welche bißher noch allemahl Mutterstelle bey mir vertreten / sich nunmehr dessen begeben / und meiner Gn. Fr. Königin / Fr. Valisken / solche abtreten wil /daher dero Königl. Hocheit zu gehorsamen ich mich schuldigst erkenne / untertähnigst bittend / mit ihrer beharlichen Gunst und Gnade mir zugetahn zuverbleiben / auch mir gnädigst zuverzeihen / daß diese mir angebohtene Kleinot anzunehmen / mich so lange auffgehalten; nahm hiemit dieselben von ihrer Hand mit sonderlicher ehrerbietigkeit / und fuhr also in ihrer Rede fort: So empfahe ich nun / meine Schuldigkeit zu leisten / dieses ansehnliche Geschenk mit gebührlicher Untertähnigkeit / bedanke mich beydes gegen den Ubersender uñ die hochwirdigste Uberbringerin / und wolle ihre Hocheit nach anordnung meiner Fr. Schwester / diesen schlechten Ring höchstgedachtem Könige aus Pannonien hinwiederumb einzureichen unbeschweret seyn / mit solcher Erklärung / die meiner gnädigsten völlig-gebietenden Königin gefällig / und meiner jungfräulichen Zucht wolständig seyn wird; solte dann ein mehres von mehrgedachtem Könige an mich begehret werden / wird ihre Hocheit solches mit meiner Fr. Schwester und ihrem Königlichen Gemahl schon abhandeln / weil meine angebohrne Scham mir dergleichen teidungen nicht zulassen wil. Valiska erboht sich zu aller mögligkeit / und verfügete sich alsbald nach Mnata / ihn mit ihrer guten verrichtung[873] zuerfreuen. Nun hatte die Dänische Königin es freilich bißher bey ihrem Gemahl heftig getrieben /daß die Heiraht zwischen ihrem StiefSohn und dieser ihrer Frl. Schwester geschlossen würde / damit nach des Königes absterben / sie nach wie vor im Reiche mächtig bliebe / dann sie wahr Ehrsüchtig / und nam sich der Herschaft mehr an / als ihrem Wolstande gemäß wahr / wozu der König durch die Finger sahe /daß er als ein alter Herr ihre Gewogenheit behalten möchte; womit doch die Stände nicht allerdinge friedlich wahren / insonderheit daß sie nicht wenig Auffkünfte an sich zohe / welche von rechtswegen der Schazkammer hätten sollen einverleibet werden. Diese als sie vor gewiß sahe / daß Fürst Olaff sein Gemüht durchaus nicht zu ihrer Fräulein Schwester neigen wolte / und ihr die Pannonische Krohn zu bohte stund / welche zu den Zeiten in sehr grossem ansehen / und von jederman gefürchtet wahr / ließ sie ihren ersten Vorsaz schwinden / und lag ihrem Könige an / er solte seinen Sohn vor sich fodern / ihm den erzeigeten Ungehorsam gänzlich vergeben / und ihn zu vollen väterlichen Gnaden wieder annehmen / auch dabey vermelden / daß sie ihn hierzu ermahnet und vermocht hätte / damit er sie aus allem ungleichen Verdacht liesse / welcher nach des Vaters Tode ihn zur Rache antreiben dürfte; wie dann der König solches alsbald verrichtete / und das geschehene der ewigen Vergessenheit befehlend / ihm alle väterliche Hulde versprach; dessen Olaf sich von Herzen erfreuend / beyden Eltern allen möglichen Gehorsam /Liebe und Träue verhieß / und sich insonderheit gegen seine Stieffmutter höchlich bedankete / daß sie ihm seines Herr Vaters Gnade und Gewogenheit wieder erworben hätte. Unterdessen König Mnata von Königin Valisken hoch vergnüget / nam etliche Kleinot hervor / und baht inständig / sie dem Fräulein einzuhändigen; als er aber vernam / daß sie ein solches schon aus eigenem Getrieb ohn sein Vorwissen verrichtet hätte / und den überschikten Ring von dem Fräulein empfing / küssete er ihr die Hände / bedankete sich ihrer geträuen Vorsorge / und erboht sich /ihr zu Ehren und Gedächtniß ein trefliches Schloß mitten in seinem Königreiche auffzubauen / welches Valisken-Ehre solte genennet / und auff demselben nicht allein die Königlichen ReichsSchätze verwahret / sondern auch alle seine Nachfolger gekrönet werden. Ging hernach auff ihr gutdünken mit ihr nach Herkules und Ladisla / welche er vermochte / die Freywerbung bey dem Dänischen Könige und seinem Gemahl abzulegen / welches alsbald / noch vor der Mahlzeit verrichtet ward / und liessen sie nach empfangenem Jaworte ihn hinfodern / da er mit dem Fräulein sich selbst verlobete / und inwendig einer Stunde sich bey ihr durch viel Geschenke und andern liebkosen sehr beliebt machete / daß sie ihm des Beylagers Zeitbestimmung heimstellete. Also gingen sie miteinander zur Mahlzeit / woselbst ihnen von allen Anwesenden Glük und Heil gewünschet / und daneben beschlossen ward daß das Beylager auff das angesetzete Freystechen solte gehalten / und zu Prag hochfeyrlich begangen werden; welche kurze Zeit der Dänischen Königin schwehr fiel / einwenden / sie könte in solcher Eile /und darzu noch in der fremde / zu dem gebührlichen Hochzeit Schmuk nicht rahten. Valiska aber tröstete sie / mit Versprechung / weil sie die Königlichen Kleider in grosser Menge mit sich aus weitabgelegenen Ländern gebracht hätte / und es ihr an Kleinoten auch nicht mangelte / wolte sie Mutterstelle vertreten helffen. Bey der Speisung wahr Valiska voller Gedanken / daß Herkules wol sahe / sie währe mit Anschlägen beladen / wie sie dann emsig nachsinnete /[874] auff was weise sie noch heut den verliebeten Olaff befriedigen möchte; weil sie aber Frl. Schulda Willen und Meinung nicht wuste / wiewol sie am Fortgange gar nicht zweifelte / wolte sie doch dessen sich zuvor erkundigen / und nach geendigter Mahlzeit redete sie allererst mit Siegwarden / offenbahrete ihm ihr Vorhaben und Olaffs hefftige Verliebung / mit begehren /ihr sein Gutdünken zueröffnen; sie vor ihr Häupt könte nicht anders als solche Heyraht vor genehm halten / weil obgedachter Fürst nach seines Herr Vatern Hintrit das Königreich Dänenmark unstreitig beherschen würde / und hiedurch die Nordische Kronen treflich könten verbunden werden. Als nun Siegward sehr bitlich anhielt / daß sie dieses gute Werk fortsetzen möchte / suchte sie gelegenheit / mit dem Fräulein zusprechen / bezeugete ihr anfangs ihre schwesterliche Hulde / und daß sie nicht anders suchete / als dessen wirkliche Leistung sehen zulassen. Vor welche Gunst das Fräulein sich sehr bedankete / und umb beharliche Gewogenheit anhielt / auch hinwiederumb sich zu allem Gehorsam anerboht; daher Valiska ursach nam / ihr etwas näher zutreten / sagete / sie wolte sehẽ / ob ihr Erbieten mit der Taht überein stimmen würde / und fragete sie / ob ihr Herz annoch von der Liebe frey / oder albereit mit einem Schatze versehen währe; worauff sie mit einer ihr ohndas beywohnenden Schahm zur Antwort gab / daß ihr biß auff diese Stunde alle Liebreizungen fremde und unbekant währen / als einer / die noch zur Zeit / ausgenommen dißmahl / in keiner Geselschafft sich hätte finden lassen /da junge unverheyrahtete Fürsten gewesen; ja sie hätte nie keinen jungen Herrn ohn vor etlichen Jahren in ihrer Kindheit Fürst Herkules und Ladisla / und nachgehends Fürst Baldrichen / ihre Oheimben gesehen /und währe nun der fünffte (ihren Herr Bruder Siegward mitgerechnet) Fürst Olaf aus Dänenmark / welcher gleicher gestalt ihr mit Blutfreundschaft zugetahn währe. In Warheit / antwortete Valiska / kan ich wol bezeugen / daß dieser unser Oheim Fürst Olaff / einer solchen lieben Wasen / als ihr seyd / wol wert ist /und verdienet seine Königliche Tugend / die auff dem allerschönsten / aber auch bestendigsten Grunde (ich meyne die Demut) erbauet ist / daß er von jederman geliebet und geehret werde / möchte auch meines teils von herzen wünschen / daß mein Frl. Schwester ihr annoch unversagtes Herz diesem lieben Fürsten einräumen könte / massen ich ihre Liebe versichere / daß er nicht allein dessen wol wirdig / sondern mit so inbrünstiger Begierde zu euer Schönheit und Tugend gezogen wird / daß er tausendmahl lieber sterben / als von ihr sich trennen lassen wil; wie dann heut früh ihn die tausendmahl lieber sterben / als von ihr sich trennen lassen wil; wie dann heut früh ihn die überflüssige Liebe dahin getrieben hat / daß er mir sein ganzes Herz sehen lassen / mit inbrünstiger Bitte / ich möchte mich bemühen / ihm bey Euer Liebe Gnade zuerwerben / umb welche selbst mündlich anzuhalten / er seinem verliebeten vorgeben nach / unwirdig und ungeschikt währe; Wie dann / in betrachtung unserer vertraulichen Freundschafft / und wegen der Neigung / damit Euer Liebe ich verpflichtet bin / ihm solches nicht habe abschlagen können noch wollen; und erinnere ich zufoderst Eure Liebe herzträulich / nur dieses zubedenkẽ / daß wir Königliche Fräulein vor allen andern unser bevorstehendes Glük nicht übersehẽ / und mutwillig vorbey streichen lassen müssen / angesehen / Bürger- und ädle-Töchter ihres gleichen alle Tage und allenthalben finden / daß wann dieser sie nicht wil / oder er ihnen mißfället / sie bald einen andern aussehen und antreffen mögen / der sie zur Traue führe; aber Königliche junge Fürsten sind gar ein selzames Wildbrät / welche uns nur von Gott sonderlich[875] zugeführet werben / so daß manniches Königliche Fräulein / wil sie sonst im Ehestande leben / sich in etwas verringern / und unter ihren Königlichen Stand sich an einen nidrigen Fürsten verheyrahten muß. Weil dann der günstige Himmel Euer Liebe vor dißmahl seine hohe Gewogenheit scheinen lässet / zweifelt mir nicht / sie werde ohn mein erinnern schon wissen / wie sie sich dabey verhalten solle / nachdem ihr eigener Verstand sie dessen gnug berichten kan. Hiemit endigte sie ihre Rede / und mit einem schwesterlichen Kusse ließ sie ihre Gewogenheit spüren; welches das Fräulein nicht minder schamhafftig / als die angehöreten Reden annam / endlich noch fassete sie einen Muht / und gab diese Antwort: Großmächtigste Königin / Gn. Fr. Wase; es hat Eure Königl. Hocheit mir solche Sachen vorgetragen / welche ich weder zubeantworten / noch schweigend vorbey gehen zulassen weiß / nur daß ich daher die hohe unverdienete Gewogenheit erkenne / mit welcher ihre Vortrefligkeit mir zugetahn ist / dann eine Todsünde würde mirs seyn / wann an ihrer aufrichtigen Träue ich das allergeringste zweifeln solte; dafern nun gleichwol mir als einem jungen Fräulein nicht verarget würde /ihrer Hocheit vorgebrachtes in etwas zubeantworten /gestehe ich / daß ich meinen Fräulein-Stand annoch sehr weit hinaus gesetzet habe / und zwar eben aus den jezt eingeführten Ursachen / daß wir Fräulein wegen Mangel unsers gleichen / das Glük abwarten müssen / dessen ich mich noch nicht vermuhten kan /angesehen meine Jugend und andere Unvolkommenheiten deren ich mich unterworffen weiß / welche mich dann sehr zweifeln machen / daß der Königliche Fürst und einige Erbe der Dänischen Krone meiner groß achten / oder sonst Neigung zu mir fassen solte /es währe dann / daß meine Gn. Fr. Wase ihn darzu anreizete und beredete / welches ihm sonst sein eigen Herz nimmermehr eingeben würde. Ach nein / mein Schwesterchen / sagete Valiska; eine solche Beschaffenheit hat es trauen mit der Liebe nicht / daß sie durch eines andern Geboht in des Menschen Herzen könte gezeuget werden / sondern die innerlichen Bewägungen wirken und blasen diese Funken auff / welche durch Schönheit / Tugend und Freundligkeit geschüret / und in kurzer Zeit in volle über sich schlagende Flammen verkehret werden; und versichere sich meine Frl. Schwester nur kühnlich / daß hefftigere Liebes-brunst nicht bald mag gefunden werden / als welche in dieses auffrichtigen tapffermühtigen Fürsten Seele gegen ihre Vortrefligkeit brauset / so daß ihm unmöglich ist / selbe länger zuverbergen. Ob er nun Euer Liebe wert sey / oder nicht / wil ich vor dißmahl nicht berühren; einmahl ist gewiß / daß die beyde Kronen Dänenmark und Schweden / eine der andern nichts bevor gibt / und haben wol ehe durch Heyraht vertrauliche Freundschafft gestifftet; deßwegen wolle Eure Liebe sich etwas eigentlicher erklären / damit ich wissen möge / ob der Mann ihr beliebet seyn könne; dann wann die Gemühter sich nicht soltẽ vereinbaren wollen oder können / währe viel besser gelassen / als getahn. Ach meine Gn. Fr. Wase / antwortete Frl. Schulda / ich bitte zum höchsten / mir meine Blödigkeit nicht ungleich auszulegẽ / vielweniger mich in den Verdacht zu zihen / ob solte ich aus frevelmühtigem Stolze mich über diesen Königlichen Fürsten erheben / den Eure Hocheit als einen Bruder liebet; hat mir der Himmel dieses oder ein ander Glük ausersehen / wird sich mit der Zeit schon entdecken /welches ich aber so wenig wissen als sagen kan / in Betrachtung / daß ich unter meiner lieben Eltern Gewalt bin / und dieselbe / wie in allen andern / also auch in diesem falle mir[876] völlig zubefehlen haben. Königin Valiska wolte hierauff antworten / aber sie sahe Fürst Olaff herzutreten / daher foderte sie das Fräulein auff / und führete sie ihm mit diesen Worten zu: Memento tui, & desine latere. Das ist: Nehmet eurer selbst wahr / und höret auff / euch so verborgen zu halten. Wodurch ihm der Muht wuchs / daß er vornam /dem Fräulein seine Liebe zuerklären; wie er dann nach geendigtem Tanze sich zu ihr nidersetzete / und also anfing: Mein Fräulein wolle mir / bitte ich / diese Grobheit verzeihen / die mich kühn machet / einer so treflichen Königlichen Fräulein mein dienstergebenes Herz gehorsamst auffzutragen / nachdem ich nicht gläuben kan / daß einiger Fürst der Welt sich nicht schuldig erkennen solte / ihrer Vortrefligkeit sich zun Füssen zulegen / ungeachtet nur ein einziger unter diesen allen glükselig seyn / und die Gunst der Gefälligkeit davon bringen wird / da dann über den Römischen Käyser selbst ich mich schätzen würde / wann bey ihrer hohen Gewogenheit ich diesen Plaz erwerben / und von ihrer Liebe zum Diener könte auffgenommen werden. Zwar ich kan mich meiner Unwirdigkeit sehr wol erinnern / und daß an das minste ihrer Volkommenheit ich nit reichen mag / es währe dañ / daß mein gebietendes Fräulein bloß aus Gunst mich vor etwas schätzen / und meine Geringfügigkeit gnädig übersehen wolte / welches Zeit meines Lebens zuerkennen / ich mich befleissigen würde / mit dem unbrüchigen versprechen / daß viel ehe der Tod meine Seele dämpffen / als einiges Ding der Welt meine ehrliebende Gewogenheit und dienstbegierigen Willen von meinem Fräulein abwenden solte; und ob ich meines ansuchens genügliche Erklärung zu empfahen nicht wirdig bin / so bitte ich nur zum demütigsten /mein Fräulein wolle mein unwirdiges Herz nicht alsbald mit Füssen treten / noch meinem Verdienste nach mich hinausstossen / sondern mir gnädig vergönnen /dasselbe zulieben / welches mich mehr als aller Welt Hocheit vergnüget / womit mein inbrünstiges Ansuchen ich schliessen / und ihrer ungemässenen Gewalt mich ohn alle Bedingung untergeben wil. Küssete darauff ihre zarte Hand / und erwartete der genüglichen Erklärung / welche sie folgender Gestalt außließ: Durchleuchtigster Fürst; wie ungeschickt ein säugendes Kind ist / geputzete Reden vorzubringen / so wenig befinde ich einiges Vermögen oder Kühnheit bey mir / ihrer Liebe Vorbringen zubeantworten /welches ohndas wegen des mir noch zur Zeit unverständlichen uñ biß daher aller Dinge unerhöreten Vortrages / sich aus meiner sehr kurzen Gedächtniß schon hinweg gestolen hat; dafern aber mein kindischer Verstand mich nicht betreuget / wil eure Liebe entweder mich prüfen / ob ich könne hochmühtig seyn / und ein mehres / als ich nicht bin / von mir halten; oder aber /sie hält um etwas bey mir an / welches zubeantworten nicht mir / sondern meinen lieben Eltern geziemen wil; im übrigen weiß euer Liebe Erfahrenheit und meine kindische Jugend ich sehr wol gegen einander zuhalten / uñ wie schlecht ich bestehen würde / wann mit euer Liebe ich mich in ein Streit Gespräche einlassen wolte. Jedoch bedanke ich mich gebührlich der hohen Ehre / die ohn meine Wirdigkeit mir angelegt wird / und wie ich mich nicht bereden kan / dz ein Fürst Königliches Geblüts und nähester Erbe der Großmächtigen Dänischen Kron / ein unwitziges Fräulein auffzuzihen Lust haben solte / also wil hingegen ihre Liebe ich freundlich gebehten haben / meiner mit so hoher ganz unverdieneter Lobrede und niderträchtiger Bezeigung / die ich durchaus nicht ersetzẽ kan / freundlich zuverschonen / auch eine weitere Erklärung von mir nicht zufodern / biß dahin[877] solches von meinen lieben Eltern mir wird zugelassen und befohlen seyn. Diß wahr ihre gegebene Antwort auff des Fürsten Vorbringen / und dauchte ihr unmöglich /sich weiter heraus zulassen; jedoch ihren guten Willen zubezeugen / meldete sie ihm an / wie ihre liebe Eltern sich so hoch erfreuet hätten / als ihr Herr Bruder Siegward ihnen die geträue brüderliche Freundschafft zugeschriebẽ / welche sie beide miteinander so fest gelegt / dz nichts als der Tod sie würde trennen können / weil hierinnen / ihrer Eltern Meinung nach /beider Nordischen Reiche Wolfahrt und Sicherheit bestünde. Fürst Olaff ward bald nach diesem Vorbringen von Königin Sophien zum Tanze gefodert / da inzwischen Siegward sich zu seiner Frl. Schwester nidersetzete / und sie zum Schimpff fragete / was vor ernstliche Sachen sie mit dem Dänischen Fürsten berahtschlagete; er vor sein Häupt wolte sie brüderlich ersucht haben / ihm ihrer Gewohnheit nach /freundlich zubegegnen / und ihm nicht zuverargen /ob er gleich der jungen unverheirahteten Fürsten Gebrauch nach / sich etwas kühn im Reden erzeigen würde; sie ihm aber zur Antwort gab; der Fürst hätte nach seiner Höfligkeit mit ihr gescherzet / uñ sich im geringsten keiner Ungebühr verlauten lassen / schätzete ihn auch der Zucht und Erbarkeit / daß er mit ihr weiters nicht reden würde / als was ihr Unwiz zubeantworten tüchtig währe. Königin Valiska hatte sich inzwischen zu der Schwedischen Königin Fr. Hedith gesetzet / uñ nach Bezeugung ihres guten Willen / weitschweiffend zuverstehen geben / daß sie an dem Dähnischen Fürsten eine sonderliche ehrliebende Gewogenheit gegen ihre Frl. Tochter gespüret; da sie nun wissen solte / ob ihr und ihrem Gemahl dem Könige diese Heyraht gefallen könte / währe nichts dienlichers / als daß man zur Sache tähte / massen ihr schon unfehlbahr bewust währe / daß der Fürst darzu heftiges Belieben trüge / dessen hohen Verstand und unerschrockenen Muht / nebest anderen Fürstlichen Tugenden sie hoch rühmete / als welcher in künfftig der Dänischen Kron wol anstehen würde. Königin Hedith bedankete sich der fleissigen Vorsorge und geneigeten Willens / baht den Sachen einen geringen Anstand zugeben / biß sie mit ihrem Könige davon geredet hätte / welcher ohn Zweiffel diese gute gewünschete Gelegenheit / beide Kronen in Friede und Ruhe zuerhalten / nicht aus der acht lassen / noch einem so mächtigen Fürsten und künfftigen Könige sein Fräulein versagen würde. Nun hatte die Dänische Königin eine aberwitzige Auffwärterin / nahmens Heta / welche viel närrischer Auffzüge zumachen /sonderliche Einfälle hatte / und daneben doch sehr einfältig wahr. Diese trat in dem offenẽ Saal zu ihrer Frauen / und baht überlaut / sie möchte fleiß anwenden / dz das schöne Schwedische Fräulein ihrem Fürsten verheyrahtet / und noch diesen Abend beygelegt würde; und ob ihr gleich von der Königin hart und bedraulich zugeredet ward / ließ sie doch nicht nach /sondern ging zu der Königin in Schweden / und hielt umb eben dieses bey ihr an / rühmete was vor schöne Kleider der Fürst annoch in Dänenmark zurük gelassen hätte / und wie zierlich ihm dieselben anstünden; so währe er from / hätte sie offt der Ruhte entrissen /und ihrer gn. Frauen Zorn abgewendet / welches zuvergelten / sie ihm das Fräulein zufreyen wolte / dann allein dieser und keiner anderen wolte sie den Fürsten ihren Bräutigam abstehen / welcher ihr schon vor etlichen Jahren die Ehe versprochen hätte. Fr. Rusila die Dänische Königin dieses hörend / ließ die Närrin hinweg reissen / und baht die Schwedische Königin / dieser Unsinnigen zuverzeihen; welche aber bald wieder kam / und kurzumb[878] gewisse Erklärung haben wolte; daher die Schwedische Königin lachend zu ihr sagete: Ihre Frl. Tochter währe heßlich / und würde der Königliche Fürst keine Anmuhtigkeit zu ihr haben können / sonsten solte sie ihm unversaget seyn. Was? ist sie heßlich? sagte die Närrin; zog Fürst Olaff herbey /und fragete ihn / ob das Schwedische Fräulein nicht ein wunder-schönes Engelchen währe; und als er solches mit gnug verwirretem Gemühte bejahete / sagte die Närrin zu Königin Hedith: So höret ihr ja / daß sie unserm Fürsten schöne gnug ist / deßwegen saget sie ihm zu / daß wir bald zur Hochzeit gehen. Fürst Olaff wünschete / weit gnug davon zuseyn / aber die anwesende / auch die Eltern selbst nahmen es vor ein unfehlbares Zeichen der künfftigen Heyraht auff; wie dann Königin Valiska bald herzu trat / und also redete: Ich weiß nicht / ob das alberne Mensch einerley Gedanken mit mir führet / ohn daß sie ihre Meynung beherzter ausreden darff; zwar es würde kein fester Band diese NachbarKronen in bessere Einigkeit erhalten / als eben diese gewünschete Heiraht / wann es Gott also versehen hätte / und dürffte ich mich erkühnen / meine Herren Oheimbe / die Großmächtigsten Könige der beyden Nordischen Reiche / umb ihre Meynung zubegrüssen / hielte ich davor / der Fürst und das Fräulein könten eins an dem andern gewünschete Vergnügung haben. Herkules meynete / seine Valiska gebrauchte sich schier gar zu grosser Freyheit / und wolte ihr durch einen freundlichen Scherz einreden; aber der Dänische König kam ihm zuvor / stund auff von seinem Stuel / und antwortete ihr also: Großmächtigste Königin der Teutschen / höchstwerte Fr. Wase; nicht ohn Ursach hat das Gerücht ihren Preiß überal durch die Welt ausgebreitet / daß es fast in einem Nuh von einem Ende der Welt zum andern geflogen ist; massen Eure Liebe ihr nichts so hefftig lässet angelegen seyn / als wie sie der Könige Herzen mit beständiger Freundschafft verbindẽ / und alle Fehde gänzlich auffheben mögt; welches dann gleich an diesem Tage Eure Liebe mir so klärlich zu meinem besten sehen lässet / daß mein ganzes Königreich ihr davor zudanken schuldig ist / wovon ich doch vor dißmahl weiter nicht reden wil / sondern wende mich zu meinem Hn. Oheim und Nachbar-Freunde dem Großmächtigstẽ Könige aus Schwedẽ / Hn. Haron /und bitte von seiner Liebe verständiget zuwerden / ob dieselbe zugeben könne / dz das Durchleuchtigste Königl. Fräulein / Frl. Schulda / seiner Liebe herzgeliebte Frl. Tochter / nach meinẽ Tode zur gewaltigẽ Königin über Dänenmark möge gekrönet / uñ von meinem freundlichẽ lieben Sohn / ihrer hohẽ Tugend uñ Wirdigkeit nach / gebührlich geliebet und geehret werden; dann ich zweifele nit / es werde mein Sohn solche Glükseligkeit erkennen / und in diesem Stük seinem Stande nach sich zuverhalten wissen. König Haron wahr gleichergestalt von seiner stelle schon auffgestanden / uñ gab folgende Antwort: Großmächtigster König / Herr Oheim und Nachbar-Freund; nachdem mir gleichergestalt gebühren wil / der unvergleichlichen Heldin und ruhmwirdigsten Königin /meiner Fr. Wasen Fr. Valisken / wegen ihrer geträuen Vorsorge zu denken / in dem ihre Liebe sich bemühet / das allerbequemste Mittel zuersinnen und zubefodern / wodurch die Nordischen Reiche in bestendiger Einigkeit können erhalten werden / wie dann hiemit ihrer Liebe / meiner Fr. Wasen ich von Herzen danke / und zu ihrem Dienste mich mit alle meinem vermögen anerbiete; so bin ich ebenermassen auch schuldig / die grosse Gewogenheit zuerkennen / welche des Königs von Dännenmark seine Liebe / meiner Frl. Tochter spüren lässet / in dem sie ihren geliebten Herr[879] Sohn / den hochberümten Helden und treflichen Fürsten / Herrn Olaff / nähesten Erben Dännenmarks /gedachter meiner Frl. Tochter zum Gemahl und Herrn gönnen und geben wil; dafern nun der Durchl. Fürst /mein werter Oheim zu solcher Heiraht belieben tragen würde (massen die Heirahten aus freyem Gemüht gehen und geschlossen werden müssen) sol seiner Liebe meine Frl. Tochter erwähneter gestalt unversaget seyn / nachdem seine Liebe sich darüber gebührlich wird erkläret haben. Fürst Olaf stund zugegen /voller freunde und vergnügung / und als er sahe / daß ihm zu reden gebohten wahr / wendete er sich nach tieffer Neigung vor erst gegen Königin Valiska mit diesen Worten: Großmächtigste Königin der Teutschen / erwählete Fürstin des grossen Fürstentuhms Susiana in Asien / unvergleichliche Heldin / und auserlesenste Zier des menschlichen Geschlechts. Valiska stellete sich der gar zu hohen benahmung sehr unwillig / er aber fuhr dessen ungeachtet also fort: Wann ich alle die Gnaden und Gewogenheiten erzählen solte / die von ihrer Königl. Hocheit mir unwirdigen / auch da derselben Feind ich noch seyn durfte / erwiesen sind / müste ich dem berümten Griechischen Redener die Zunge / und dem gedächtnis-reichen Karthaginischen Abgesanten die Behaltnis abborgen / und würde dannoch so wenig in einem als anderm bestand seyn / auch das minste düchtig an den Tag zulegen; wiewol ich gerne gestehe / daß ihrer Königl. Hocheit heutiges Gnadenwerk die vorigen so gar überwieget /daß ich meinen Ohren fast nicht trauen darf / und billich umbfrage / obs dann möglich sey / daß einem Unwirdigen / wovor ich mich bekenne / so hohe Gunst und Glükseligkeit zufliessen mögen / mit welchen ich mich überschwe et befinde / in dem ihre Königl. Hocheit sich gnädigst bemühet / das treflichste Königl. Fräulein aus Schweden / die Zier und Ausbund jungfräulicher Zucht und Tugend mir zufreien / deren volkommenheit zuverehren meine Seele fertiger ist /als deren Lieb und Heiraht mir versprechen / weil der allerglükseligste ihm höheres Glük nicht wünschen noch einbilden kan. Was sol ich dann vor dißmahl vortragen / als daß gegen ihre Hocheit / die meines Tausend-glückes einige Ursach und Königin ist / ich mich demühtigst / und in wahrer Untergebenheit bedanke / von Herzen wünschend / ihr Gott / der allein wahre Gott / den sie ehret / wolle ihrer Hocheit solche Woltahten mit zeitlich- und ewiger Belohnung ersetzen / auch mir das vermögen geben / solches nicht allein zuerkennen / sondern in ihrer Hocheit Diensten mich können gebührlich finden zulassen / damit tähtlich erscheinen möge / daß ich dero selbschuldiger Knecht in wahrer ehrliebender Ergebenheit nichts suche / als mein Blut und Leben zu deren Wolfahrt anzuwenden / daneben zugleich bittend / ihre Hocheit wolle den erquiklichen Schein ihrer grossen Gewogenheit auff mich stets herunter schiessen / damit ich auff der höhesten Staffel meiner Glükseligkeit befestiget / dieser volkommenen Gaben dereins wirklich geniessen möge / welche durch ihren Vorschub mir anjezt bevorstehen. Es wahr Königin Valiska schon fertig / ihm sein hohes Lobsprechen verweißlich vorzuhalten; er aber kehrete sich daran nichts / sondern wendete sich gegen den Schwedischen König / und verfolgete seine Rede also: Großmächtigster unüberwindlicher König / Herr Haron / gnädigster Herr /Oheim und Vater; ich weiß ohn jemands erinnern sehr wol / daß nicht meine wirdigkeit / als deren ich wenig bey mir befinde / sondern der allervortreflichsten Königin / Fr. Valisken Gewogenheit bey euer Königl. Hocheit mir die Selle eines künftigen Aidams erwirbet; dann welcher König und Herscher[880] dieser Welt würde sich nicht glükselig schätzen / ihrer Hocheit Frl. Tochter / ein solches mit allen Fürstlichen Tugenden ausgeschmüktes Fräulein / auch mit seinem Blute zuerstreiten / welche von euer Hocheit mir aus überflissender Gunst und Gnade gegönnet und zugesprochen wird / und hätte inbetrachtung meiner wenigkeit ich mich nicht unterstehen dürffen / umb ein solches Gemahl anzusuchen / da mein erlegener Muht nicht durch solcher vermögenden Aerzte hülffe und Kraft gestärket und erhoben würde. So nehme ich nun das höchst gewünschte Glük mit begierigem Herzen an /umarme die Gelegenheit mit vergnügung / und verbleibe / weil ich lebe / euer Hocheit untertähniger Knecht und gehorsamer Sohn. Euch aber / gnädigster / herzlieber Herr Vater / danke ich in kindlicher Demuht vor diese väterliche Liebe und Hulde / von Herzen wünschend / dz euer Hocheit Häupt die Dänische Kron biß an mein graues Alter tragen / und dem Königreich mit heilsamer Raht und Schuz noch manniche Jahr vorstehen möge / alsdann wird mir keine Kron kein Königreich mangeln; bitte schließlich /mein Herr Vater wolle bevorstehende Ehe- uñ Ehrensache nach seinem väterlichen Wolgefallen handeln /ordnen und schliessen / dem ich mich zugehorsamen aus kindlicher Pflicht schuldig weiß. Sein Vater wahr sehr vergnüget über seinem Verstande und wolständiger Fürstlicher Beredsamkeit / deren er sich zu ihm nicht versehen hätte / stund auff und hielt bey der Schwedischen Königin um günstige Einwilligung freundlich an / die sich gewünscht erklärete / und ihre Frl. Tochter heran zutreten aufffoderte. Diese nun hatte alles gegenwärtig angehöret / saß wie ein Stein /und sahe vor sich nider / weil des ganzen Frauenzimmers Augen auff sie hingerichtet wahren. Die grosse Liebe des Fürsten hatte sie zur Gnüge vernommen /und alle Worte genau angemerket / und weil sie einwenig Bedenkzeit hatte / erhohlete sie sich / und ging mit ihrer Fr. Mutter hin / da der Dänische König ihr entgegen trat / und freundlich baht / sie möchte ihrer Eltern Willen / die Heyraht zwischen ihr und seinen Sohn betreffend / gutheissen / und die Dänische Kron inkünfftig zutragen sich unbeschweret finden lassen. Worauff sie sich schamhafftig erklärete; ihre Schuldigkeit erfoderte nichts anders / als alles das zutuhn und leisten / was von ihren lieben Eltern geordnet würde; bedankete sich der hohen Gnade / und Gewogenheit / gegen den König / mit Bitte wegen ihres Unverstandes und kindischen Gebrechligkeiten Geduld zutragen / und mit väterlicher Hulde ihr allemahl gewogen zuverbleiben; dessen der Dähnische König sich überaus hoch erfreuete / und dem herzunahenden Schwedischen Könige Raum gab / der seine Frl. Tochter dem Dänischen Fürsten mit diesen Worten an die Hand boht: Sehet da / Durchleuchtigster Fürst /hochgeliebter künftiger Herr Sohn / nachdem Euer Liebe meine Frl. Tochter zum Gemahl hat gefallen wollen / sol sie derselben hiemit zugeschlagen / und als eine Braut übergeben seyn / die dann verhoffentlich gegen ihren Herrn und Gemahl sich gebührlich verhalten wird / wie sie darzu ist unterwiesen worden; Ich vor mein Häupt wünsche euch den Himlischen Segen / der sich über euch ausgiessen wolle / mit aller gedeylichen Wolfahrt; umfing sie hiemit beyde nacheinander / und befahl seinem Gemahl / einen köstlichen Ring zuverschaffen / weil die Dänische Königin umb eben der Ursach willen schon einen Abtrit genommen hatte. Inzwischen ward den Verliebeten von allen anwesenden Glük und Segen gewünschet / und da Königin Valiska solches mit einer sonderlichen liebreichen Bewägung leistete / sagete[881] sie hernach zu dem Fürsten: Eure Liebe hat bloß dem Glücke zudanken / daß mir Zeit und Gelegenheit benommen wird /mich an ihr zurächen; jedoch ernstlich davon zureden / wolle Eure Liebe hinfüro sich des unbillichen Ruhms enthalten / und mit solchen unverdienten /oder recht zusagen / un- und übermenschlichẽ preisen mich verschonen / dafern er sonst mich zu einer steten Freundin haben wil. Vor dißmahl wollen wir die anjezt glüklich bestetigte Heyraht besser zuordnen vor uns nehmen / und weiß Eure Liebe sich wol zuerinnern / welcher gestalt dieselbe sich bißher gewegert hat / das Wendische Fürstentuhm anzunehmen / ungeachtet die Durchleuchtigste Fürstin der Wenden / Fr. Bochild / auff unsern Vorschlag Eure Liebe zum Nachfolger in der Herschafft schon erkläret hat; solte nun dieselbe sich dessen noch weiter zuwegern gesinnet seyn / wil ich die jezt hochgedachte Wendische Fürstin / Euer Liebe Herrn Vaters leibliche Fr. Schwester hiemit bitlich ersuchet haben / sie wolle Euer Liebe solches Fürstentuhm entzihen / und dem Durchleuchtigsten Schwedischen Fräulein es nach ihrem Tode (welchen Gott lange verhüten wolle) als zur Heimsteur zuwenden. Ja / fing Fürstin Bochild an / weil mein Herr Sohn mein Mutterherz bißdaher nicht hat wollen erkennen / noch der Wendischen Herschafft sich mit annehmen / welche mir und ihm aus Königlicher Teutscher Mildigkeit gegebẽ ist sol hinfüro das Durchläuchtigste Fräulein / Frl. Schulda die Erbin seyn / also und dergestalt / daß ihr künfftiger Ander-gebohrner Sohn dereins herschender Fürst in Wendland gesetzet werde; welches sie alle gut hiessen. Valiska ließ darauff die verwahreten Pannonischen 10 Tonnen Goldes / nebest den ehmahls versprochenen fünff Tonnen auch herzu tragen / und stellete sie dem Fräulein hin zun Füssen / mit anmeldung / wie sie ihr zum besten solche bißher in Verwahrung gehabt hätte; Vor welches alles so wol die Braut als ihre Eltern sich sehr bedanketen. Des Bräutigams Stiefmutter kam gleich dazu / brachte unter andern Kleinoten einen treflichen Ring / und entschuldigte sich / sie hätte sich nicht darauff geschicket / daß in dieser weit abgelegenen fremde sie einen Sohn und eine Schwester zugleich und auff einmahl ehelich versprechen solte; sonsten würde sie sich ihrer Schuldigkeit besser erinnert haben. Er aber nach gebührlicher Danksagung nam die Kleinot zu sich / vermehrete sie mit einer zimlichen Anzahl von seinen eigenen / und lieferte sie seinem geliebeten Fräulein; empfing auch hinwieder von ihr einen köstlichen Ring / welchen ihre Fr. Mutter ihr zugestellet hatte / und wahr keine des vornehmen Frauenzimmers zugegen / welche dieser Braut zur Glükwünschung nicht solte ein oder etliche Kleinot verehret haben / deren Königin Valiska und Fürstin Sibylla / als künfftige Schwester / ihr ganze Schachteln vol einlieferten / und ward die übrige Tageszeit in aller Fröligkeit zugebracht / auch des folgenden Tages die Verlöbniß gehalten / da die beyden Bräutigambe ihren Liebsten das Königliche Leibgedinge vermacheten / auch Fürstin Sibyllen und Königin Lukrezien ihres zugleich mit bekräfftiget ward.

Desselben Abends kahmen Herkules und Arbianes mit ihren Gemahlen ohngefehr bey einander zusitzen /da Valiska den Fürsten erinnerte / er möchte ihnen die Anfechtung erzählen / welche er zeit seines Bettelstandes von dem leidigen Teuffel in BettlersGestalt ausgestanden hätte; worzu er willig wahr / und zur Antwort gab: Ob ich gleich hievon lieber schweige /als viel Worte mache / weil durch Gottes sonderbahre Krafft ich diese Versuchung überstanden habe / so tuhe ichs doch nicht ungerne / unter der Hoffnung /mein Herr[882] Bruder König Herkules / oder sie meine Fr. Schwester werden mich fein unterrichten / da ich den Einwürffen dieses verführischen Betlers nicht aus dem Grunde zubegegnen gewust: Es wahr eine Stunde nach des zimlich helle scheinen den Monden Aufgange / da ich hinter einer dicken finstern Hecke saß /und wol tausenderley Gedanken in meinem Gehirn umlieffen / welche alle mit einander auff meiner liebsten Fräulein Leben und Zustand hinzieleten / als ich gleich einen Menschen von ferne hörete in sich selber reden / der mir je länger je mehr nahete / biß ich ihn ins Gesichte bekam / groß und ansehnlich von Gestalt / aber in Betlers Kleidern / gleich als ich; Er stellete sich / als sähe er mich nicht / und fing in Lateinischer Sprache an: O du blindes Menschliche Geschlecht /wie lässestu dich doch von so mannichem falschen Irtuhms-Winde umtreiben / und deine arme Seele zuplagen / da du doch wol in Ruhe leben köntest / so lange dir solches von dem unvermeidlichen Verhängniß zugelassen ist; O daß doch einverständiger sich unterfinge / die mannicherley Tohrheiten den Menschen aus dem Kopffe zubringen / damit sie aller Unruhe und Furcht entrissen / dereins auffhöreten / dasselbe zuscheuhen / was nichts / als ein ertichtetes Fündlein ist. Ich schloß aus diesen Worten / es müste dieser etwas mehr als ein gemeiner Betler seyn / ging zu ihm hin / und nach Wünschung eines guten Abends / fragete ich ihn / was er bey Nachtzeit an diesem wüsten Orte suchen ginge. Dieser stellete sich /als entsetzete er sich über meiner unvermuhtlichen Gegenwart / und gab zur Antwort: Mein Freund / wer ihr seid / ich hätte nicht gemeynet / daß jemand anders als ich / hieselbst bey Nachtzeit sich finden würde /sonst hätte ich meiner Zungen gebieten wollen / zwischen ihrem Zähn-gemäure sich stille zuhalten; jedoch eure freundliche Frage zubeantworten / gebe ich euch zuvernehmen / daß ich wegen eines unglüklichen Falles gezwungen bin / meine Heimat zuverlassen / und umb meines Lebens Rettung mich in die unbekante wild-fremde zubegeben / da ich schon 12 Jahr und länger das Elend gebauet / und zwischen solcher Zeit nicht allein viel Landschafften in Asien / Afrik und Europa gesehen / sondern auch mannicher Menschen wunderliche Gemühter und Einbildungen erkennet habe / insonderheit was den Glauben und den Gottesdienst betrifft worüber ich mich nicht gnug habe verwundern köñen / in betrachtung / daß sie fast alle miteinander ihr höchstes Gut auff einen blossen Wahn bauen / welcher keinen Grund hat. Hiemit schwieg er stille / umb daß ich durch Nachfrage ihm Ursach geben solte / sich weiter heraus zulassen / wie mich dann der Vorwiz trieb / welches ich hernach bereuete / und lieber gewolt / daß ich gar geschwiegen hätte; Ich fing aber also an: Ob ich zwar annoch jung und unerfahren bin / so habe ich gleichwol auff der Menschen tuhn und lassen / den Glauben und Gottesdienst betreffend / auch etwas acht gegeben / uñ ist zwar nicht ohn / daß viel / ja wol der gröste Teil hieselbst in grossem Irtuhm stecken / aber das würde zu beklagen seyn / wann sie alle miteinander des rechtschaffenen Grundes verfehlen solten. Des rechtschaffenen Grundes verfehlen? fragete dieser; Je was vor ein Glaube ist dann wol zufinden / der auff tüchtigem Grunde bestehen solte? Die / so man Heyden nennet /werden von den Juden und Christen beschuldiget /daß ihr Glaube und Gottesdienst falsch und nichtig sey / und gleichwol bauen dieselben darauff ihr höchstes Gut. Die Judẽ lauren auff einen versprochenen Heyland / der sie aus allen Ländern / dahin sie verstossen sind / wieder samlen / und ihr Reich zu Jerusalem auffrichten solle; Die Heyden verachten[883] sie deswegen / und die Christen dürffen gar behäupten und schwören / daß sie sich selbst betriegen. Was sol ich aber von den Christen sagen? hat jemand irgend auf schli en Grund gebauet / so tuhn es diese / wovon ich aber zureden vor unnöhtig halte / weil solcher Aberglaube in diesen Ländern annoch unbekant ist /und ihr davon wol niemahls möget gehöret haben. Ich gab ihm zur Antwort / das wolte ich nicht gerne / daß ich von diesem herlichen uñ allein seligmachenden Glauben nicht solte gehöret haben. Aber ihr müsset in Warheit wol eines wunderlichen Glaubens seyn /wann ihr den Heydnischen / Judischen und Christlichẽ zugleich und auff einmahl übern Tölpel werffet / wo ihr nicht allen Glauben und allen Gottesdienst auffheben / und gar ein Ohn-Gott seyn wollet. Ein Ohn-Gott? antwortete dieser. Ja seyd ihr dann nicht auch ein Ohn-Gott? ja sind dann nicht alle Menschen miteinander Ohn-Gott? oder habt ihr einen Gott / so lasset mir ihn sehen / daß ich auch ein Nicht-Ohn-Gott werde. Er wird schon können gesehen werden / obs gleich anjetzo dunkel ist / wo er sonst ein Gott ist. Ich erzürnete mich über dieser Gotteslästerung / wie ichs dann billich vor die allergröste Gotteslästerung mit rechne / wann man Gottes Wesen ganz und gar verleugnet. Freylich ist dieses eine schändliche Gotteslästerung / sagte Herkules / wann man Gottes Wesen selbst auffzuheben sich erkühnen darff; Aber was gabet ihr ihm auff solches anfodern / ihm Gott zuzeigen / vor eine Antwort? Ich sagete anfangs / meldete Arbianes / es würde unvonnöhten seyn / mich mit ihm oder jemand anders über diese Frage / ob Gott wäre /oder nit / einzulassen / nachdem alle welt solches vor wahr hielte / uñ aus der Welt Erhaltung klar genug erschiene / dz notwendig ein Gott seyn müste / der solches alles leistete / uñ so wol den Lauff der Sternẽ /als den Zustand dieser Unterwelt in seinẽ Wesen und Wirkung fest erhielte; und währe wol lächerlich / Gottes Wesen darum zuleugnen / dz man denselben mit Fingern nit zeigen / noch sagẽ könte / hier stehet er; da vielmehr zuschliessen währe / es müste Gott nit seyn / wann mans sehẽ oder zeigen könnte. Dieser fragete mich darauf / wz es dann eigentlich währe / das ich GOtt hiesse. Und ob ich meinete daß die Erhaltung der Welt nohtwendig einen GOtt erfoderte; gab mir doch nicht Zeit / ihm diese Fragen zubeantworten / sondern fuhr fort in seiner Plauderey; GOtt währe zwar / aber die Menschen / wenig außgenommen /kenneten / ihn nicht / und wollte er mir GOtt zeigen /weil ich ihn nicht zeigen könte; nehmlich / die Krafft und das Vermögen / welches in der Welt und in allen Stücken derselben sich befünde / dasselbe währe GOtt / da dann die Ober Welt oder vielmehr deren Kräfte / verstehe / Soñe und Sternen / die höchste Gotheit oder Kraft ist / sagte er / welche den irdischen Dingen von ihrer Kraft oder Gotheit mitteilen / als viel ihnen dienet / und ihr Wesen zulässet. Und also sehet ihr / sagete er weiter / daß aus der Erhaltung der Welt nicht mag geschlossen werden / daß nohtwendig ein ander GOtt / als ihre selbst eigene Krafft sey. Ich antwortete ihm mit wenigen; wann er mir dartuhn könte / daß seine Worte Warheiten währen / würde ich ihm bald müssen gewonnen geben / aber so bloß hin könte ich seinem Vorgeben nit trauen / weil ich viel ein fester Wort der Warheit hätte / welches auch der Hellen Pforten wol müsten stehen und unüberwältiget lassen / das lehrete mich / dz ein GOtt von alle Ewigkeit her währe / welcher die Welt / Himmel und Erden / und alles was drinnen ist / gemacht und erschaffen / auch jedem Dinge seine Krafft mitgeteilet hätte. Ja / antwortete dieser; eben das ist der blosse grundlose Wahn / auff welchen ihr und[884] eures gleichen euren Glauben bauet / welcher von der Vernunfft selbst umgestossen wird; wollet ihr nun meine Rede die mit der Vernunfft fein zutrifft / nicht zulassen /und sie durch diß vermeinete andere Wort umstossen; je so müsset ihr mir ja zuvor bescheinigen / das dasselbe ein unbetriegliches Wort sey / sonst werden wir unsers Dinges in Ewigkeit nit eins werden. Ob ich auch dieses Dinges mit euch einig werde oder nicht /gab ich zur Antwort / muß mir endlich gleiche viel seyn / aber durch euren Vernunfft Possen lasse ich mich nicht bereden / Gottes Wort in Zweiffel zuzihen. Nun begehret ihr über das / ich solle erweisen / dz dieses Wort die Warheit und Gottes Wort sey. Ja / ich wil euch solches beweisen / wann ihr nur Augen habet / die es sehen können. Wann ihr mich anjetzo fragen würdet / wie ichs beweisen wolte / daß die Schrifften /welche dem Homerus zugeschrieben werden / eigentlich seine seyn; würde ich solches nicht anders behäupten können / als daß solche Schrifften von Homerus Zeiten an biß hieher allemahl vor dessen Schrifften sind gehalten worden / und solche Wissenschafft von einem Gelehrten immerzu auff den andern kommen ist. Eben also mache ichs auch mit dem Beweißtuhm / daß die heilige Schrifft Gottes Wort sey; weil ja die Gläubigen von Anfang biß hieher die Bücher des Mose vor Gottes Wort gehalten / und dessen so gewiß gewesen sind / daß sie lieber Leib und Leben einbüssen / als solchẽ Glauben sich nehmen lassen wollen; daß ich nicht sage / wie wunderbarlich der almächtige Gott dieses sein Wort wieder alles toben und verfolgen der Feinde dieser himlischen Warheit erhalten hat. Dieser ersetzete solches mit einer höhnischen Antwort / und wahr über die massen verschlagen / von einer Frage / die er weiters nicht behäupten kunte / auff die andere zufallen / da er auff unsern Heiland zureden kam / und anfing die leicht gläubigen Christen auffzuzihen / welche sich hätten können bereden lassen / daß derselbe ein Gott währe /den man hätte am Kreuz getödtet. Aber ich redete ihm ein / er solte sich mässigen / denselben zulästern welchen er nicht kennete / oder vielleicht aus teuflischer Boßheit nit wolte kennen / weil ich verstünde / daß die Christliche Lehre ihm nicht so gar unbekant währe. Ich vor mein Häupt wüste Gott Lob so viel /daß derselbe Gottes warhafftiger Sohn / und der versprochene Heiland der Welt währe / weil er nicht allein durch kräfftige Zeichen und Wunder sich also erwiesen / sondern nachgehends auch seine Jünger mit solcher Krafft hätte außgerüstet / dz sie in seinem Nahmen grosse Tahten verrichtet / und über die Teuffel Macht und Gewalt gehabt hätten; wie dann in Italien / Griechenland und Asien annoch Menschen lebeten / deren Eltern ihnen hoch beteurlich erzählet / was ihre Groß Eltern vor Zeichen und Wundertahten von den Jüngern des Herrn gesehen hätten; ja es geschähen noch heut zu Tage von unterschiedlichen gläubigen Lehrern dergleichen Wunder im Nahmen und durch Anruffung des HErrn JEsus; und währen trauen dieselben Gläubigen nicht so gar ihres Witzes beraubet gewesen / welche lieber hätten durch tausenderley Pein sich lassen hinrichten / als daß sie die wahre Gotheit ihres Heilandes wollen in Zweiffel zihen. Daß ihr aber einwendet / dieser mein Erlöser sey am Kreuz getödtet / und daher kein wahrer Gott / so werdet ihr Zweiffels ohn wissen / daß dessen Wunder-Person aus zwoen Naturen (wie man redet) bestehe / der götlichen und menschlichen / und derselbe nicht an seiner Gotheit sondern an seiner Menscheit solchen Tod / uns armen Sündern zum besten / außgestanden habe. Leugnet ihr aber dieses / so bringet gültige Ursachen hervor / dann mit lästern und hohnlachen[885] ists in solchen Sachen nicht getahn. Wir wolten zur Widerlegung solcher Einbildung leicht gelangen / gab mir dieser zur Antwort / wann ihr nur euch köntet weisen lassen / daß ihr dem vermeineten Worte Gottes nicht zuviel trauetet; aber wie ists möglich / daß man euch die Warheit beybringe / wann ihr wieder euren gefasseten Irre-Wahn nichts wollet geredet haben? sehet /dieses Buch / wie alt es gleich ist (dann nichts ist eben darüm wahr daß es alt ist) hat solche ungläubliche / und eigen zusagen / solche unwarhaffte Dinge in sich / die ein jeder vernünfftiger Mensch besser weiß. Sehet den ertichteten Simson an / der sol mit gewalt tausend starke Kriegs Leute mit einem faulen Esels-Kinnebacken zu tode geschlagen haben / und nachgehends auß demselben Kinnebacken / ja nur aus einem Zahn desselben getränket seyn. Stünde es beym Homerus oder Naso / so müste es ein lächerliches Getichte heissen / aber in diesem Buche wird alles zur Warheit. Sehet weiter die eingebildete Lehre an von den Engeln und Teuffeln; wie kan ein vernünfftiger Mensch ihm lassen einpredigen / sich vor solche ertichtete Geister zufürchten oder Schuz von ihnen zu hoffen? Nichts sind solche Geister / als der Menschen Träume / und was eines Menschen verrüktes Gehirn in ihm leistet daß mus alsbald einem Geiste zugeschrieben werden / der in ihm wohne. Sehet an die Lehre von der verstorbenen Menschen ertichteter Aufferstehung zum ewigen Leben. Mein / wie könte ich doch meine Sinnen dergestalt gar fressen / dz ich gläuben solte / ein Leib / welcher verweset ist / ja welcher teils von Hunden und wilden Tihren / teils von Vögeln / teils von Würmen / teils von der Sonnen verzehret ist / und in der fressenden Tihre ihr Wesen verendert / ganz wieder solte hervorkommen / und nach etlichen tausend Jahren mit seiner ehemaligen Seele wieder vereiniget uñ unaufflößlich verknüpfet werden? ist aber dieses noch nicht gnug / solchen Glauben auffzuheben / mein so sage ich euch ein mehres: Ich bin ja in einem Lande gewesen / woselbst die Menschen einander fressen und verzehren / so daß sie oft ihre ganze Lebens Zeit nichts als Menschen Fleisch geniessen; davon wachsen sie und bekommen daher ihr Fleisch / ihren Leib; saget mir doch nun /wie es möglich sey / daß diese auffgefressene Menschen / ein jedweder seinen eigenen ganzen Leib wieder bekommen möge / der schon eines andern Menschen sein Leib worden ist? noch muß euch Christen solches alles wahr / und ein Glaubens-Stük seyn. Ich wil noch mehr sagen: Wann ein Mann mit einem Weibe / die ihm getrauet ist / der Lust pfleget / das ist bey euch ja noch leidlich / aber wann er mit mehr Weibern solche Kundschafft machet / das muß eine Tod-Sünde seyn. Ey warüm dann? Sündiget dann auch wol der Ochse und der Bok / daß er einer ganzen Heerde vorstehet? in diesem Falle sind die Juden ungleich witziger als ihr Christen. Uber das machet ihr oft etwas zur Sünde oder zum Laster / das an sich selbst kein Laster ist / sondern ihr plaget und naget euch selbst mit solchen unnöhtigen Gesetzen / welche eure Fröligkeit und Wollust hindern / und euch lebendig in den Sarg hinein legen. Mensch / was bistu mehr / als ein ander Tihr? ohn daß du bessern Verstand hast; O wie närrisch bistu / daß du nach diesem Leben dir noch ein anders lässest einbilden; daß du umb des zukünfftigen ertichteten willen / das gegenwärtige warhaffte Gut von dir stossest / und dich selbst bestreitest / peinigest und narrest. Wollet ihr aber wissen / sagete dieser Lästerer zu mir / was die Menschen betöhret / solches Plage-Leben zuführen? nichts als das äusserliche Ansehen deren / die ihnen solche Fratzen einbilden / welches sie zu ihrem besten tuhn /[886] auff dass sie groß geachtet / und vor andern hochgeehret werden. Es begunte nunmehr mir die Geduld zuvergehen / das ich ihm also in die Rede fiel: Es wird schier Zeit seyn / daß ihr euch im reden / und ich mich im zuhören mässige / in betrachtung / der Almächtige Gott uns alle beyde wegen eurer Lästerung straffen möchte; so zweifele ich auch / ob ich alles euer unnützes Vorbringen werde behalten haben; es gehet aber alles dahin / daß ihr die Heilige Schrifft / Altes und Neues Bundes / bey mir in Verdacht bringen möget / ob fünden sich darinnen Lügen und unwarhaffte Dinge / welches doch unmöglich ist / angesehen / daß unmöglich der warhaffte Gott in seinem Heiligen Worte solte lügen können / und ich mir von dem Teuffel selbst es nicht werde einbilden lassen /daß dieses nicht Gottes Wort sey / welches mein Heyland mich und alle Menschen hat heissen hören / und darinnen fleissig nachsuchen / weil wir das ewige Leben darinnen haben; Zwar ihr führet ein und anders ein aus Gottes Wort / als kundbahre Unwarheiten; erstlich den starken Simson und sein verhalten; solte aber dem Almächtigen Gott wol unmöglich seyn / ein solches Ding durch einen Menschen zuleisten / da es ihm nicht unmöglich ist / mit einem einzigen Strohalm den ganzen Himmel herunter zuschlagen? O ihr vermässener und elender Urteiler der hohen unendlichen Almacht! Ihr saget aber: Wann solches beym Homerus oder Ovidius stünde / müste es ein Getichte seyn. Ich sage nein darzu; ein solches Ding könte ich ihnen noch wol gläuben / wiewol mirs frey stünde; Aber meinem wahren GOtte nicht gläuben wollen / ist eine mehr als teuflische Boßheit / dann derselbe Feind GOttes gläubet es / ob er gleich den Menschen gerne diesen Glauben hinweg rauben wolte. Aber wz höre ich? ihr leugnet es / daß Engel und Teufel seyn /köñet auch nit anders / weil ihr Gott selbst verleugnet; aber was dünket euch? solte ich euch trauen /oder beyfal geben / wann ihr mir vortragen würdet /der Monde / welcher dort am Himmel scheinet /währe nichts als ein eingebildetes Geticht / so aus verrüktem Gehirn entstehet? euer verrüktes Gehirn /(wo ihr sonst noch eins habet) gibt euch solches ein. Ich sehe ja vor Augen / daß Engel oder Geister sind /in dem ich höre / daß besessene Menschen wol fremde Sprachen reden / welche sie nicht gelernet haben; solches kömt ja nicht aus einem mangel des Gehirns /sondern von einer neben Ursach her / welche solches in dem Menschen wirket / und aus dem Menschen hervor gibt; und der solches leugnet / dem mus man mit Nießwurz zu hülffe kommen. Zu geschweigen der vielen Gespenste / welche sich oft und an mannichem Orte hören und vernehmen lassen. Aber diese werden auch / eurem tichten nach / blosse einbildungen seyn. Schämẽ soltet ihr euch in euer Herz und Blut / wo ihr euch sonst nicht gar ausgeschämet habet / daß ihr mit solchen Zoten die göttliche Warheit zubestreiten dürffet auffgezogen kommen; doch leugnet ihr nur immerhin / daß Teuffel seyn / ich gedenke / es werde eine Zeit kommen / da ihr sie hart und heftig gnug empfinden werdet / es sey dann daß ihr diese Bosheit noch in der Gnadenzeit bereuet. In dem Glaubensstük von unserer Leiber aufferstehung / machet ihr euch gewaltig mausig / ob hättet ihr die Warheit der heiligen Schrift gar zu grunde gerichtet / da ihr doch bloß nur erwiesen habt / dz die blinde Vernunft in dieser göttlichen Warheit nichts erkennet; aber solches gestehe ich ohndaß gerne / gebe aber zugleich meinem Gott die Ehre / daß er alles tuhn und schaffen kan was er wil. Und wollet ihr unstreitig behäupten / daß der Almacht Gottes solches zu leisten unmöglich sey / so musset ihr zuvor beweisen /[887] daß es leichter und möglicher gewesen sey / diß grosse rund der Welt aus nichts hervor zu bringen; mangelts euch aber alhie an Häuptgründen / so habt ihr mit allen euren vorigen Einwürffen bey mir ein mehres nicht erhalten / als daß ich daher erkenne / ihr suchet nur Gottes Almacht zu umbschranken / und ihn einer Unmacht zu zeihen; welches ich nicht anders zu beantworten schuldig bin / als daß ich sage; hebe dich weg von mir Satan. Das übrige ist ganz keiner Antwort wirdig. Dann was Sünde oder nicht Sünde sey / werde ich euch nicht zum Richter leiden / sondern die gesunde Vernunft kan hieselbst in etwas / Gottes Wort aber den völligen Ausschlag geben. Und ist wol ein rechter Ochsen-verstand und eine stinkend Boks-Urtel / daß ihr eines Menschen tuhn mit der Ochsen und Böcke verhalten dürffet vermischen. Das Vieh sündiget nicht / und kan nicht sündigen / dann es ist vernunftloß / wie solches auch die Heiden erkennen; so hat auch Gott denselben keine Gesetze vor geschrieben / sondern den vernünftigen Geschöpfen / so daß alles daß Sünde ist / was wieder Gottes Willen und Geboht streitet; dieses aber eine Tugend / was der Mensch nach Gottes Willen und Befehl verrichtet. Endlich stosset ihr dem Fasse gar den Bodem aus / in dem ihr der Seelen unsterbligkeit / und das künftige ewige Leben leugnet / welches beydes doch die klugen Heyden selbst aus vernünftigen gründen zur gnüge erwiesen haben / und ich aus diesem eurem Vorgeben nicht anders schliessen mus /als daß ihr der Warheit ganz abgesaget / und den Lügen und Lästerungen euch mit Leib und Seele gewidmet habet / daher ihr solches alles vor eine Erfindung deren Menschen angebet / welche dadurch suchen / ihnen einen Nahmen und sonderliches Ansehen bey andern zu machen. Solches aber müsset ihr keinem verständigen / sondern den unwitzigen vorschwätzen. Ich bleibe dabey / dz Gott warhaftig ist in allen seinen Worten und Werken / und daß alle dieselben von dem Erzlügener getrieben werden / die solches wieder ihr Gewissen leugnen dürfen. Ihr vermässet euch ein grosses / fing jener hierauff an; aber was dünket euch / wann ich alles mein Vorgeben mit einem grossen Wunderwerk bestätigte? Solches Wunderwerk würde euer eigenes Vorbringen ja grossenteils zu Lügen machen / antwortete ich; dann Wunderwerke kan kein Mensch aus eigener Kraft verrichten /sondern es mus durch hülffe eines Geistes geschehen /die ihr alle miteinander vor ein Geticht haltet. Jedoch / wann ihr gleich die Sonne würdet machen vom Himmel steigen / wolte ich euch nicht umb ein Häärlein in diesen stücken mehr gläuben / als vorhin. Als dieser hörete / daß ich ihn so verächtlich hielt / kunte er sich länger nit verbergen / der stolze hoffarts Geist / sondern sagete mit einer erschreklichen brüllenden Stimme: Je so mustu armer Medischer Betler dannoch wissen mit wem du bißher gestritten hast; verwandelte sich auch augenbliklich in einẽ grausamẽ Drachen /so groß als zehn Elefanten aneinander nicht seyn mögen / und sperrete den Rachen weit auff / als wolte er mich alsbald / wie ein Sandkörnlein verschlingen; mus auch bekennen / daß mir der kalte Angstschweiß ausbrach / und ich anfangs nicht wuste / wie mir wahr; Aber Gottes Kraft / welche in den Schwachen (solches habe ich erfahren) mächtig ist / stärkete mich / daß ich endlich in diese Worte loßbrach: Ich fürchte mich nicht vor viel hundert tausend / die sich umdher wieder mich legen. Auff HErr und hilff mir mein Gott / dann du schlägest alle meine Feinde auff den Backen / und zerschmetterst der gottlosen Zähne. Hierzu behtete ich den Christlichen Glauben und das heilige Vater Unser; worauff mir nicht allein alle Furcht sondern zugleich[888] auch dieses Gespenst verschwand / daß ich endlich sagete: O du elender lügen Geist / woltestu Gottes Almacht leugnen / welche du so hart empfunden hast / indem dieselbe dich aus dem Himmel in die Helle gestürzet / und deine Macht dergestalt gebrochen hat / daß du mir nicht ein einziges Häärlein auff meinem Häupte ohn Gottes verhängnis kränken kast. Ich empfand aber einen schlimmen Stank / mit welchem dieser unsaubere Gast räumete / und ich Ursach nam / ihn noch weiter hönisch zu halten; dankete hernach meinem Gott vor seinen väterlichen Gnaden Schuz / und baht ihn / daß er sich meiner und des verlohrnen Fräuleins gnädig annehmen / und nach diesem Leben uns in die himlische Seligkeit versetzen wolte / welcher Bitte ich dann festiglich hoffe und gläube / von meinem Gott gewehret zu werden. Und diß ist die Anfechtung welche ich ausgestanden / und durch Gottes Kraft überwundẽ habe. Herkules und Valiska wunderten sich der Erzählung zum höchsten /umbfingen ihn beyderseits / und sageten: Sie könten sich nicht gnug darüber verwundern / daß er die Glaubens Lehre so wol gefasset / und solches doch vor allen Menschen so verborgen gehalten hätte / danketen Gott neben ihn / und wünscheten ihm beständigkeit des Glaubens biß an sein ende.

Des nähst folgenden Tages wurden die verrähterische Buben / Ninisla und Urisla / Vater und Sohn in freier gewahrsam zu Prag eingebracht / und alsbald vor die ganze Konigl- und Fürstliche Versamlung (ohn daß König Notesterich abwesend wahr) gestellet. Sie traten mit gnug frevelhaften Geberden hinein /aber das zuschlagene Gewissen kunte man ihnen wol anmerken / wie wol sie ihnen nicht einbildeten / daß ihre verübete Bosheit hätte mögen kund werden. Der Vater fing alsbald an / die Versamlung zu grüssen /uñ sich dabey zubeschweren / was gestalt die beyden groben Gesellen (auff Neklam und Grozemisla zeigend) ihn und seinen Sohn / ungeachtet ihres Freiherrn Standes / nicht allein mit hochtrabender Verächtligkeit / ohn auffweisung einiges schriftlichen Befehls nach Hofe gefodert / sondern auff seine rechtmässige Wegerung ihn gezwungen / mitzureiten / und ihm nit gönnen wollen / auff der ganzen Reise mit einigem Menschen Sprache zuhalten / welches in diesem Königreiche bißher unerhöret / und dem freien Adelstande höchst schimpflich währe / hoffete / man würde solchem Frevelnach diesem steuren / und denselben an diesen beyden unachtsamen Tropfen nicht ungestraffet lassen. Ladisla erkennete hieraus seinen Hochmut / unterdrückete seinen Zorn aufs beste / und befahl Neklam die Warheit zu sagen / wie alles sich zugetragen hätte; welcher dann nach gebehtener Verzeihung andeutete: Er hätte in beyseyn seines Gesellen Grozemisla / den Königlichen Befehl mit gebührender Ehrerbietigkeit bey Vater und Sohn abgeleget /nemlich / daß ihr allerseits gnädigster König an beyde begehrete / straks angesichts mit ihnen zureiten / und zu Prag zuerscheinen / auch nichts / ausser Gottes gewalt sich abhalten zulassen / weil man wichtige Sachen mit ihnen zuhandeln hätte; welches der Vater mit dem Sohn im Brete spielend / vor endigung des Spiels mit keinem Worte beantworten wollen / währe auch alles ungeachtet / auff seinem Stuel ohn Häuptes entblössung sitzen blieben / und nach verlauff einer halben Viertelstunde / hätte er als unwissend gefraget /was sein Begehren währe. Worauff er / Neklam / den Befehl zum andernmahle vorgetragen / aber zur hönischen Antwort bekommen; Auff solche Weise könte ein jeder Landstreicher oder Mörder einen Herrn von seinem Schlosse abfoderen; man solte ihm schriftlichen Befehl auflegen / oder sich alsbald packen; er vor sein Häupt[889] wüste nicht / daß er zu Hofe ichtwas zu schaffen hätte / und würde ohnzweifel / da solches ja befohlen währe / ein Irtuhm begangen seyn / nachdem man ihn bißdaher / ungeachtet seines ansehens und erfahrenheit / zu keinen Reichsgeschäften gezogen hätte; worauff er Grozemisla angesehen / und ihn gefraget wer er währe / weil ihn däuchte / das Angesicht zu kennen. Derselbe nun hätte weder seinen Nahmen / noch ehmaligen Stand leugnen wollen / uñ zur Antwort gegeben: Er währe eben derselbe Grozemisla / welcher ihm vor diesen als ein Seiler Geselle zum oftern Stricke zu kauffe gebracht / hätte aber nunmehr von seinem aller gnädigsten Könige den ädlen Ritterstand erlanget. Welches Ninisla also beantwortet: Wie nun zum Henker / machet man nun in Böhmen die Seiler Buben zu Rittern / so müssen andere redliche Ritter bey zeiten sich davon machen /damit sie nicht gezwungen werden / sich mit diesem Kohte zubesudeln. Welches aber Grozemisla beantwortet: Er wolte diesen Schimpff in seinem Herzen vergraben / biß er Gelegenheit haben würde / es gebührlich zu ahnen. Hieselbst nun hielt derselbe bey seinem Könige demühtigst an / ihm zuerlauben / daß er nach Ritters art / ungeachtet er an der linken Seite zimlich gelähmet währe / es mit diesem Schänder Ninisla austragen möchte / weil er den auff der ganzen Reise erlittenen Spot sonst nimmermehr würde vergessen können. König Ladisla aber sagete ihm mit guter Freundligkeit / er solte sich gedulden / und nicht zweifeln / daß man ihm Recht wolte wiederfahren lassen; befahl zugleich Neklam / in seiner Erzählung fortzuschreiten; welcher dañ anzeigete; er hätte noch einmahl angehalten / daß dem ernstlichen Königlichen Befehl gelebet würde / damit er nicht Gewalt brauchen dürfte / wie ihm solches auff den unverhoffeten Fall gebohten währe; welche Bedräuung dann so viel gewirket / daß sie beyde nähern Kauffs gegeben /aber mit Troz geantwortet hätten / er solte seinen Frevel sparen / und anwenden / da er geachtet würde; sie wolten in wenig Tagen folgen / und vernehmen / wz man mit ihnen zuhandeln hätte; weil aber der Königliche Befehl ein anders mit sich gebracht / hätte er / Neklam / zehn Teutsche Reuter hinein geruffen / und ihnen beyden frey gestellet / ob sie zur Stund und willig mitreiten / oder aber gebunden sich fortschleppen lassen wolten; wodurch sie eingetrieben / sich zu Pferde gesetzet / und mit fortgeritten währen / aber auf der Reise immerhin in murrender Widersezligkeit verhartet / hätten alle Reisende auffhaltẽ / und nach neuen Zeitungen fragen wollen / auch / wie man gemerket / etliche mahl Gelegenheit gesuchet / auszureissen / daß man sie als einen Aug Apfel verwahren müssen. Er hätte auch der Verspottung ja so wenig als Grozemisla können entfreyet seyn / indem ihn Ninisla mit seinem neugebackenen Adel auffgezogen / welches auff Begebenheit zurächen / er ihm vorbehalten wolte. Ninisla fiel hart auffs leugnen; es währe alles ertichtet / und könte nicht anders wähnen / als daß seine Wiederwärtigen / die am Hofe hoch dran währen / diese beyden mutwilligen Verleumder (welche die Lügen ohn eine Schreibtaffel im Kopfe behalten könten) nicht allein angestifftet / sondern auch ausgeschikt hätten / ihn in Unglük zubringen / da sie doch vielmehr wegen seines erlittenen Feurschadens /Mitleiden mit ihm tragen solten. Aber König Ladisla gab zur Antwort / er währe ganz unrecht daran; dann bloß allein durch sein Geheiß währe er so ernstlich nach Hofe gefodert / weil man allerhand mit ihm und seinem Sohn zureden hätte / da er sie anfangs fragen wolte / aus was ursachẽ sie im neulichsten Kriege keinen einzigen Lehn Reuter geschikt / noch mit ihrer Hand dem[890] Vaterlande Beystand geleistet / ja wegen des aussebleibens sich nicht eins entschuldiget hätten; Hernach / warumb sie auff den angesezten Tag der Krönung / darauff sie geladen währen / sich nicht eingestellet / noch ihres aussenbleibens einige Enschuldigung eingeschicket. Der Alte gab verwägen gnug zur Antwort: Er währe durch Brand und Raub in kundbahre Armuht gerahten / daß er keinen Reuter ausrüsten können / hätte auch Leibesschwacheit wegen das Vermögen nicht gehabt / sich zu Pferde zubehelffen / und währe sein Sohn etliche Zeit verreiset gewesen / und daher wol zuentschuldigen. Seine eigene Entschuldigung hätte er nach Hofe geschikt / und weil sein Diener / welcher nicht wieder kommen auff der Reise müste erschlagen / oder ausgerissen seyn /währe hierin die Gebühr auch geleistet. Bey der Krönung zuerscheinen / hätte ihn der Kleider- und Geldmangel gehindert / daß er nach seinem Stande sich nicht ausrüsten können. Ladisla fragete Neklam / wie ers auff seinem Schlosse befunden hätte; welcher antwortete: Alles vol auff / ein neugebauetes prächtiges Schloß / eine grosse Menge Reit- und Wagenpferde; einen Saal mit statlichen Kleidern umhänget / und bey dem Spiel hätte ein jeder über 3000 Kronen vor sich liegen gehabt. Ninisla baht / der König möchte den ertichteten Lügen nicht Glauben beymässen / weil sichs in der Taht viel anders verhielte. Welcher zur Antwort gab: Wir wollen diese Frage biß auff bessere Mueß aussetzen; nur kan ich nicht umhin / euch beyden / Vater und Sohn vorzuhalten / daß man mich berichten wil / ob traget ihr nicht allein gute Wissenschafft umb den erbärmlichen Tod und Mord meines Hochseel. Herrn Vaters / eures frommen Königes /sondern kennet auch die Tähter gar wol; da nun dem also / müste mir sehr verdächtig vorkommen / daß ihr davon meiner Fr. Mutter nicht die allergeringste Anzeige getahn habt; welches / wie ihrs gedenket zuentschuldigen / ich gerne vernehmen wil. Sie erblasseten beyde über dieser Frage / deren sie sich schon anfangs fürchteten / stelleten sich sehr traurig / und bahten untertähnigst / man möchte sie des ungleichen Verdachts gnädigst erlassen / und ihren den oder die boßhafften Verleumder kund tuhn / gegen welche sie ihren Fuß setzen / und auff alle gebührliche Mittel und Weise ihre Unschuld hand haben und vertähtigen wolten; sie währen des freyen Reichs Adels / und hätten ihrem Könige den Geträu äid abgeleget / welchen zubrechen / und ihren uhralten Ritterstand zuschänden / sie bißher noch nie gemeynet gewesen. Ladisla fing schon an / vor Zorn auffzuschwellen; welches Herkules ersehend / ihnen an dessen stat zur Antwort gab: Es währe sehr gut / wann sie dieser Bezichtigung allerdinge unschuldig währen / wolte auch nicht hoffen /daß sie dessen könten überbracht werden; solten sie aber in ihrem Gewissen ein anders befinden / währe noch Zeit / umb Gnade und Vergebung zubitten /sonst da sie so hart auffs Recht drügen / und vielleicht dereins überzeuget würden / dürffte hernach die Gnaden Tühr ihnen gar versperret werden. Diese boßhafften Buben aber stelleten sich sehr freudig / und sagte Minisla: die Unschuld bedürffte keiner Gnade / so wenig Verrähterey ungestrafft hingehen könte; und weil ihr Gewissen sie loß spräche / wolten sie nichts als das aller gesträngeste Recht begehren / nur bähten sie ihren König untertähnigst / er wolte den unbillichen Verleumdern die Ohren nicht leihen; währe aber einer oder ander / welcher sie dieser Untaht beschuldigen dürffte / wolten sie anhalten / daß derselbe hervor treten möchte / damit ihm gebührlich könte geantwortet werden. Ist dieses eure auffrichtige Meynung /sagte Herkules / so darff[891] es nicht viel zankens; solte aber euer Herz euch des widrigen anklagen / daß ihr etwan aus Rachgier oder Feindschafft / oder unbillicher Begierde euren alten frommẽ König hintergangen / und euch an ihm vergriffen hättet / möchte ich zu eurem besten wünschen / ihr hieltet umb Vergebung an; dann der gerechte Gott lässet keine verdeckete Boßheit ungestraffet / ob gleich anfangs die Ubeltähter vermeynen in Sicherheit zuseyn. Hier fing Ninisla an / sich unnütze zumachen; er wüste nicht / mit wes Standes Herren er redete / nur daß er muhtmassete / es geschähe mit einem jungen Fürsten / weil er seinem Könige allernähest sässe / und vor demselben das Wort tähte. Dafern ihn aber ein ander nidriges Standes dessen zeihen würde / wolte er ihm der Gebühr antworten / und könte anders nicht urteilen / als ob man einen Unschuldigen in gute bereden wolte /sich einer Missetaht / vielleicht einem andern zugefallen / schuldig zugeben / wo vor er lieber zehnmahl sterben wolte; wie er auch / wañ er schuldig erfunden würde / den aller grausamesten Tod ohn Anruffung einiger Barmherzigkeit über sich nehmen wolte. Wolan / sagte König Ladisla / euer Frevel ist groß / und der Troz verwägen / darumb sey hiemit der strängen Gerechtigkeit alles übergeben / und die Gnaden-Tühr gänzlich verriegelt. Hieß sie darauff abtreten / und eines Bescheides erwarten. Sein Herr Vater / welcher im Neben Gemache alles gehöret hatte / setzete sich oben an / nähest bey König Hilderich / und wurden die Tähter wieder hinein geruffen / welche mit gar verwirretem Gemüht sich darstelleten / so daß sie des alten Königes auff dem Königlichen Stuel nicht eins gewahr wurden / dann sie sahen sich nach der Seite umb / was vor Gezeugen sich wider sie wolten finden lassen; biß König Notesterich sie mit gewöhnlicher Sanfftmuht also anredete: Lieber sage mir doch / Ninisla / was habe ich dir jemahls zuwider getahn / daß du mich drey ganze Viertel Jahr mit dem Brodte der unaussprechlichen Angst gespeiset / und mit dem Wasser der unerhörten Trübsaal getränket hast / dessen dieser mein krummer Rücken / weil ich lebe / mir wol stete Erinnerung tuhn wird? Als diese Verrähter den alten König reden höreten / und sein Angesicht eigentlich kennten / erstarreten sie anfangs vor grossem entsetzen / daß sie weder reden noch sich bewägen kunten / erhohleten sich aber / zücketen ihre Brodmesser / und wolten sich damit selbst entleiben; aber die umstehende Auffwarter / welche scharffen Befehl hatten / ihnen wol auff die Hände zu sehen /wurden dessen zeitig inne / und fielen ihnen in die Arme / daß ihrer drey drüber verwundet wurden / fesselten ihnen darauff die Hände / und fragete sie Herkules / ob sie nunmehr Gottes Rache schier sehen könten / und was vor Entschuldigung ihre erzeigete Vermässenheit führete. Da Ninisla zur Antwort gab: Er könte nicht außsinnen / was vor Unglük diesen Alten wieder aus dem Grabe hervor geruffen hätte /dahin man ihn schon vorlängst geleget / und er von rechtswegen schon halb solte vermodert seyn; merkete aber wol / daß das unbilliche Verhängniß keine geträue Vorsteher des Vaterlandes leiden wolte / und welche bemühet währen / den Untertahnen die angebohrne Freyheit zuwege zubringẽ; daher er sich dann willig in den Tod geben wolte / und da er gesündiget hätte / welches doch nicht böser Meinung geschehen /währe er bereit / mit dem Halse zubezahlen. Sein Sohn Urisla schweig stokstille / stund und sahe Königin Valisken mit starren unverwendeten Augen an; welches sein Vater merkend / zu ihm sagete: Lieber Sohn / das anschauen ist nunmehr zuspäht und vergeblich / weil wir sie auff unserm Schlosse nicht haben sehen mögen.[892] Es ist gut / sagete König Notesterich / daß du die Beichte so früh und ohn Folterung anfähest / damit du desto leichter vor einen Erz Verrähter / und ich vor den ungezweifelten König Notesterich erkennet werde. Ladisla eiferte sich über des Buben getahne Spotrede / dz er schier nicht bey sich selber wahr / und mehrete ihm den Zorn nicht umb ein geringes / als er den gottlosen Buben auff diese seines Herrn Vaters Rede also antworten hörete: Wolte Glük / daß ich ehe wissen mögen / daß man an Notesterichs warhaffter Gegenwart gezweifelt / müsten wir beyde uns noch lange darüber zanken / ob du derselbe / oder ein Betrieger währest; daß du mir aber die Folter dräuest / da ich ein Hochädler Herr bin / ist mir der aller gröste Schimpff; fing hierauff an / so wol Ladisla uñ Valisken als den Vater selbst zuschänden / in Meynung / sie zur eitzen / daß er aus Zorn alsbald getödten würde. Aber niemand kehrete sich daran / ohn Gallus gedauchte die Stimme zukennen / trat zu ihm /und nach genauer Besichtigung sagete er: Wie nun Bruder Victor / treffen wir uns alhie so unvermuhtlich und in solchem Stande? Dieser kennete ihn bald / und gab zur Antwort: Hat dich dann der Teuffel auch noch zu dieser unseligen Stunde hergeführet / daß du mein Unglük vermehren must? Hilff Gott! sagete Gallus /sich gegen Königin Balisken wendend / wie schicket es die himlische Versehung / daß der Uhrstiffter Ihrer Hocheit ehemaligen Gefängniß in dem unseligen Flecken vor Padua / alhie auff diesem Schlosse muß gefesselt / und wegen seines Verbrechens abgestraffet werden. Ihr werdet euch irren / antwortete die Königin / massen dieser ein Böhmischer Landsasse ist / und Zeit meiner Reise nach Padua auff seinem Schlosse sich finden ließ. Ich versichere eure Hocheit / sagte Gallus / daß er der eigentliche Uhrheber solches Unglüks ist / wie er schon gnugsam gestanden hat / und meine Kundschafft nicht leugnen kan. Wolan / sagte die Königin / so gehet mit hin / und bey der Folterung befraget ihn auch dieses Glückes wegen auffs allergenaueste und schärffeste / daß ich recht hinter meine Verfolger komme / vielleicht ist er eben derselbe /welcher mich aus Angst in die Moldau hat springen machen. Ja ihr Wunderschöne / antwortete der Bube /währe ich selbst dabey gewesen / und hätte meinen Leuten es nicht allein vertrauet / wolte ich sie von der Moldau weit gnug abgeführet / und allen meinen Begierden ein glükliches Ende gemacht haben. Je bistu doch unser aller Teuffel gewesen / sagte sie / wolte weiter nicht mit ihm reden / und befahl / mit ihm hinweg zueilen.

König Notesterich hielt nunmehr Zeit seyn / sein ausgestandenes Elend zuerzählen / damit aus der übereinstimmung mit der peinlichen Bekäntnis alles desto gewisser dargelegt würde; ließ alle anwesende Landstände in grosser anzahl auf den Saal fodern /und hielt diese Rede zu ihnen: Großmächtige Könige und Königinnen / Durchleuchtige Fürsten / Fürstinnen und Fräulein; Hoch und Wolgebohrne / auch ädle / Grafen / Ritter / Herren und Frauen / sämtliche gegenwärtige Freunde und Freundinnen / teils herzgeliebete Kinder und Anverwanten / teils gehorsame Untertahnen und sonst liebe Geträue. Wann des Himmels sonderliche gütigkeit mir nicht Schuz gehalten /und in meiner Gefängnis und schweren Dienstbarkeit sich meiner gnädig hätte angenommen / währe kein Wunder / daß ich schon tausendmahl verzweifelt /und mir selbst gewaltsame Hand angelegt hätte. Ich kan nicht ersinnen / warumb die Götter mir eben /grösser Elend auflegen wollen / als nie keinem Könige vor mir geschehen ist / nachdem ich ja der groben Laster mich nicht habe teilhaftig[893] gemacht / noch gegen meine Untertahnen mich grausam und unbarmherzig erzeiget. Wie dann etliche von meinen Lands Rähten / hier anwesend / mir werden Zeugnis geben /daß jener wolergehen ich über mein eigenes gesuchet habe. Die schweren Schatzungen uñ Frohndienste habe ich nicht vermehret / sondern gemindert / und mich wol nie keinmahl über ichtwas so geeifert / als da ein Schmeichler einsmahls sagen durfte: Die Untertahnen blieben dannoch Untertahnen / wañ sie gleich ihrem Herrn alles hergeben müsten. Doch mus ich nicht zweifeln / es müssen die Götter freylich etwas an mir wissen / daß so harter Züchtigung wert sey / dann wer wolte dieselben vor ungerecht schelten? Aber diese höchstansehnliche Versamlung nicht übergebühr auffzuhalten / mus ich meiner Erzählung den Anfang machen. Es wird annoch vielen von den meinen unvergessen seyn / was gestalt ich vor drey Jahren und sechs Wochen mit wenigen Dienern etliche Meilen auff die leidige Jagd geritten (meine Fr. Tochter wird sich erinnern / was kurz vorher sie mir aus eines Pfaffen Munde vor eine Warnung erteilet) als der Verrähter Ninisla mir bey seinem Sohn zuentboht / es liessen sich etliche sehr grosse Uhrochsen in seinem Gehölze spüren / und weil ich ein Geboht (O des leidigen Gebohts!) ergehen lassen /daß kein Mensch ohn mein Vorbewust und einwilligung selbigen nachstellen oder leid anfügen solte /hätte er mir deren Anwesenheit untertähnigst verstendigen wollen / ob mir gnädigst gefallen möchte /durch derselben fahung mich zuerlustigen; und erinnere ich mich sehr wohl / daß mein geliebtes Gemahl mich zwar wegen eines gehabten Traumes davon abriet / welches ich aber leider in den Wind schlug / und solche Verachtung rechtschaffen büssen müssen. Ich wahr behende auff / das Wild zuerhaschen / da der Lecker Urisla mich und meine Diener einen wunderlich-verwirreten Weg führete / biß wir von acht Gewapneten uns umgeben sahen / die auff uns zudrungen / meine vier Diener vor meinen Augen nidersäbelten / und mich gefangen hin auff Ninisla Schloß führeten / woselbst ich wilkommen geheissen / und zur Mahlzeit geführet ward; ich aber mich erklärete /keinen Bissen anzurühren / biß ich zuvor wüste / ob ich verrahten / oder unter Freunden währe. Ninisla antwortete mir gar trotzig; ich währe in guter Sicherheit und Ruhe / wolte auch nach geendeter Mahlzeit mir alles Verlaufs gnugsame Rechenschaft geben /daß ich verhoffentlich wol zufriede seyn würde. Ich dagegen wendete ein / der Mörderische überfal / und daß meine Diener straks Angesichts erschlagen / ich aber gefänglich angenommen wähte / könte mich keiner Sicherheit bereden / wüste vielweniger / wie sich eine solche Taht verantworten liesse; welches er aber mit einem höhnischen Gelächter beantwortete: Der Verlust vier Diener währe sehr geringe bey einem Könige / und könte mit leichter Mühe eingebracht werden; mich betreffend / währe ich kein Gefangener /sondern ein gebietender König / es währe dann / daß ich mich selbst darzu machen wolte. Da schlage Unglük zu / sagete ich; Heisset daß ein gebietender König / der / wie ich verstehe / nach eines andern Pfeiffe tanzen sol? wegerte mich auch / Speise zu nehmen / biß er mit etwas pochen mich ermahnete / ihm seine Wirtschaft nicht zu schmähen; dann ob er gleich kein König / so währe er doch Herr und Gebieter auff dem seinen. Ich muste mich bequemen / und aß / wiewol mit schlechter Begierde; aber die Gesundheiten muste ich so viel stärker bescheid tuhn / da meiner Frl. Tochter / die erste; seines Sohns Urisla die andere; meine die dritte; und Ninisla (welche der Sohn anfing) die vierde wahr. Ich begunte[894] schon zu merken /wohin dieses Beginnen zielete / wiewol ich nicht desgleichen taht / sondern als ein Unachtsamer mich stellete / biß Ninisla mich fragen durfte / wessen ich wegen meines Königreichs gesinnet währe / nachdem mein Sohn / welcher ohndas zur Beherschung undüchtig gewesen / erschlagen währe / dessen er gute und gewisse nachrichtung hätte / und nur eine Spil Erbin Frl. Valiska übrig / die nunmehr Mannes-düchtig würde / und mit einem wirdigen Gemahl /auch auf den Fal / künftigen Könige müste versehen werden. Mein Sohn Ladisla / antwortete ich / welchen die Götter mit Königlichen Tugenden zur gnüge versehen / wird sich bald wieder einstellen / von dem ich vor wenig Wochen Schreiben erhalten; und wann er gleich dahin währe / müste das Königreich nicht desto weniger nach meinem Tode ein Häupt haben / würde auch meine Tochter den Landständen wieder ihren Willen nicht auffdringen / deren vielleicht schon in der Fremde ein wirdiges Gemahl versehen währe. Daß währe zubeklagen / gab der Bube zur Antwort / daß ein eingebohrnes Fräulein des Landes müssig gehen /oder ein Ausländischer über die freien Böhmen die Beherschung nehmen solte. O nein! die Stände leiden solches nicht / und mus freilich das Fräulein einem des vornehmsten Bömischen Adels verheirahtet werden / wo sonst Unruhe und des Reichs gänzliche Verwüstung sol vermieden bleiben. Weil ich dann ohn Ruhm zu melden / der gewaltigste Landsasse dieses Königreichs bin / und mein Sohn Urisla zur Kron scheinet gebohren seyn / wie ihm ja alles Königlich anstehet / so wird König Notesterich sich gefallen lassen / daß wir zwischen dem Fräulein und ihm eine glükliche Heiraht schliessen / und der wirdigen Kindes Kinder mit fröligkeit erwarten. Ein solches / sagte ich / wird von uns solcher gestalt nicht können / als auff der Jagd / verrichtet werden / weil uns der andstände Wille und Meynung unwissend ist; werden demnach gemach fahren / und der Zeit erwarten / daß uns die Eile nicht schier heut oder Morgen gereue. Solches nun wahr ihm eine unangenehme Antwort /fassete den Becher und sagete: Er söffe den Tod daraus / wofern diese Heiraht vor meinem Abzuge nicht solte und müste volzogen / und das heimliche Beilager auff diesem Schlosse gehalten werden; müste mich demnach kurz bedenken / und vernehmen lassen / wessen ich gesinnet währe. Er taht mir überdas den Vorschlag / daß ich mit eigener Hand und untergedruktem Pitschaft an mein Gemahl und Tochter schriebe / daß sie mit dem Kanzler Bretisla / Herrn Pribisla und Krokus / ohn alle andere Geselschaft herüber kähmen / weil sehr geheime Sachen zuberahtschlagen vorfielen. Aber zu meinem Glük hatte ich bald anfangs bey dem mördlichen Anfal meinen Daumen Ring in eine Hecke geworffen / dz er zu meinem Schaden nicht mißbrauchet würde, uñ kunte ich diß schändliche anmuhten ohn Zorn nicht beantworten /wiewol mirs vielleicht so gar schädlich nicht hätte seyn mögen / nachdem ich Zeit gehabt / es bey mir besser überzulegen; dißmahl aber verwies ich ihm seinen Frevel ernstlich / er solte wol bedenken / was er anfinge / uñ sich durch Ehrsucht nicht zu hoch aufftreiben lassen; er könte leicht erachten / was vor einen Ausschlag solche unbesonnenheit gewinnen dürfte /wiewol ich ihm äid- und Königlich versprechen uñ halten wolte / alles bißher ergangene / ihm als ungeschehen / gänzlich zuverzeihen / dafern er in sich gehen / sein Vorhaben endern / und mich in Sicherheit nach Prag zihen lassen würde. Welcher Anmuhtung er vor Eifer zu bersten meinete / sprang von dem Tische auff / und schwur bey allen himlisch- und hellischen Göttern / ich müste ihm hierin zu willen seyn / und[895] den Vorschlag mir gefallen lassen / oder dessen erwarten / was mir und ihm unangenehm seyn würde; der Wurf währe geschehen / und das Spiel gewaget /es müste gewonnen oder verlohren seyn / nachdem es durchaus nicht könte auffgeruffen werden; der Gewin würde uns allerseits ergetzen und befriedigen / der Verlust aber / mich oder ihn / oder alle beyde in dz äusserste Verderben stürzen. Bald darauff / wie ich gar nicht antwortete / sondern als ginge michs nicht an / freimühtig hinsaß / fing er an gelinder zuverfahren: Ich möchte mich doch eines bessern bedenken /und seinem Ansuchen stat geben; sein Sohn währe nicht so sehr durch Begierde der Herschaft / als Liebe gegen das schönste Fräulein / zu diesem Vornehmen gezwungen; er währe ein einiger Sohn / und hätte vor sich Güter gnug / Herrenstand zuführen / nur weil das Königreich dem Fräulein nohtwendig folgen müste /würde beydes zugleich gesucht / und was sonsten des süssen pfeiffens mehr wahr. Ich gedachte / es währe nunmehr Zeit / meine Ernsthaftigkeit recht sehen zu lassen / stellete ihn zu rede / fragend / ob etwa er und sein Sohn ihren Wiz gefressen / und durch garzuheftige Begierde nach lautern unmögligkeiten / an ihrem verstande gar verblendet währen; alles ihr tichten und trachten in dieser Sache / währe vergebens und umsonst / wie bund sie es auch karten und kehren würden / solten demnach diese nichtige Einbildung bald ablegen / und die angebohtene Gnadenzeit nicht vorbey gehen lassen / auff daß ihnen die Reue nicht zu spät kähme; es währe ja von einem Knaben zuerkennen / das ihr Vornehmen nohtwendig zum ärgesten ausschlagen müste / welches ihnen leicht vor Augen stehen könte / wann sie es nur wolten zu Herzen fassen. Aber diese Warnung kunte der Vater nicht verdäuen / sondern dräuete mir / mit blossem Gewehr /das begehrete Schreiben alsbald zuverfertigen / oder eines schnöden Todes zugewarten. Welches ich ihm also beantwortete: Es möchte nach der Götter versehung ergehen / so schriebe ich doch einen solchen Brieff nicht / und würde er viel klüglicher handeln /wann er durch andere mittel solches an mich begehrete; ich währe bißher nicht gewohnet / mich durch Dräuung oder den Tod schreckẽ zulassen / währe auch wol versichert / daß mein Gemahl und Frl. Tochter auff ein blosses Schreiben ohn starke Kriegsbegleitung nicht ko en würden / da nicht einer von meinen mit ausgeno enen Dienern ihnen solches mündlich anbrächte / und sie aller Gefahr / die man sich einbilden könte / benehmen würde; zugeschweigen /mein Kanzler Bretisla / wie ihm wol bewust / ein verständiger bedachsamer Mañ währe / uñ in solche Reise ni ermehr gehehlen würde; daß er also / ob ich gleich schriebe / seinẽ Zweg nit erreichen könte; währe demnach añoch mein geträuer Raht / daß er die angebohtene Gnade erkeñete / und nicht in verderbliche Gefahr sich stürzete / welche ihm lauter schaden und keinen Vortel bringen könte. Aber dieses alles wahr den Taubẽ geprediget; das Fräulein solte und müste daselbst sich einstellen / und seinem Sohn beygelegt werden; würde ich mich dann weiter sperren /solte ich mein Ungemach zu spät bereuen. Ey so habe ich nur einen Hals / antwortete ich / welchen du meinäidiger mir nit ohn Straffe brechen wirst / wo sonsten noch Gerechtigkeit bey den Göttern zufinden ist. So habe ich und mein Sohn jeder auch nur einen /sagte Ninisla / aber so liderlich wollen wir ihn nicht in die Schanze setzen / sondern zuvor alles versuchen / was uns möglich und dienlich seyn kan / das liebe Fräulein zuerhaschen / und sie auff dieses Schloß zubringen; wirst dann du (also beschimpffete er mich) und auch sie / in diese begehrete Heyraht nicht einwilligen /[896] als dann wollen wir sie vor deinen Augen mißbrauchen / und nach etlicher Zeit sie unsern Leibeigenen zum Muhtwillen übergeben; dann wirstu gräulicher Bluthund zu späte bereuen und beklagen / daß du zu dieser Schande Ursach und Anlaß gegeben hast. Die Götter werden dieses dein schändliches Vorhaben schon zuhindern wissen / sagte ich; daß du mich aber vor einen Bluthund schiltest / redestu deinen Muhtwillen / weil kein Mensch mich bißher einiger Grausamkeit mit Fuge beschuldigen kan / müste aber in diese Zunft gerahten / wann ich in dein gotloses Vorhaben würde einwilligen. Als ich mich solcher Gestalt verantwortete / fragete er mich zum Beschluß / ob dieses mein beständiger Versaz währe / uñ ich mich keines andern erklären wolte; und auff meine freymühtige Bejahung foderte er zween Leibeigene in die Stube / mich zuentkleiden / und mein zuspotten; welche / auff meine Frage / ob sie an ihrem Könige sich vergreiffen wolten / sich dessen mit Ehrerbietigkeit enthielten. Dieses verdroß ihrẽ Herrn so hefftig / daß er sie alsbald niderhieb / und zween andere herzurieff / die durch der vorigen Straffe gewahrschauet / seinem Befehl nachkahmen / mich entkleideten / hin und herstiessen / und meines Mutter-nacketen Leiben spotteten / hernach mit einem knechtischen Kittel mich bekleideten / und in ein enges Gewölbe einsperreten / in welchem ich weder auffrecht stehen / noch außgestrekt liegen kunte / dann es wahr nur vier und einer halben Spannen hoch und lang. Ich bedingete mich von solcher Gewaltsamkeit auffs beste / und wünschete ihm aller Götter Zorn und Rache; welches er nur verachtete / einwendend / er währe Gott auff seinem Schlosse / in dessen Straffe ich gefallen währe / und nicht loß kommen würde / biß das Fräulein mit meinem guten Willen sich herzufügete / und die Heyraht einginge. Damit ward mein Gefängnis verschlossen /und hörete ich in 24 Stunden keinen einigen Menschen / nach deren Verlauff ein Leibdiener die Tühr öffnete / vorgebend / sein Herr liesse mich fragen / ob ich der engen Herberge nicht schier überdrüssig währe; welcher Schimpff mich herzlich schmerzete /durffte ihn doch nicht beantworten / sondern baht den Diener / daß er mich außliesse / biß ich meines Leibes Notturft abgelegt hätte; bekam aber zur Antwort; ich hätte raum gnug es in meinem Gemache zuverrichten. Also ward mir ein wenig grob Brod / und trübe Wasser zwischen die Beine gesetzet / welches meine Mahlzeit seyn solte. Ich begehrete / daß sein Herr auff ein Wort zu mir kommen möchte / welcher sich bald einstellete / und mit Ungestüm mich fragete / was mein Begehren währe; da ich zur Antwort gab; wann er nicht bedacht währe mich loß zulassen / möchte er mich auff ein raumes Gemach versperren / da ich mich auff richten / außstrecken / und bewägen könte. Aber er antwortete; dafern mit dergleichen Anmuhtungen ich ihn ferner bemühen würde / solten mir Peitschen und Ruhten mitgeteilet werden; fing auch an /sich auffs höchste zuverfluchen / ich solte weder des Tages Licht sehen / noch aus diesem Loche kommen /biß Frl Valiska in seinen Händen währe / als dann solte der Tod aus sonderlicher Gnade die Endschafft meiner Gefängniß seyn / weil ich bessere Gnadenzeit nit hätte erkennen wollen. Jedoch gab man mir ein kleines Gefäß zur Leibes Noturfft / welches die Knechte allemahl mit Unwillen reinigten. Was ich nun dreyviertel Jahr lang (die mir tausend Jahr dauchten) in diesem elenden Gefängniß erdulden müssen /ist mir unmöglich außzusprechen. Ich nam mir offt vor / mich durch Hunger zutödten / aber des Brods uñ Wassers stete Gegenwart / erweckete die Begierde zuessen und trinken / daß ich mein Vornehmen[897] nicht volstrecken kunte. Ja wann die Knechte merketen /daß ich meinen Anteil nicht verzehret hatte / zwungen sie mich darzu / und trieben ihr stetes Gespötte mit mir. Einsmahls erkühnete ich mich / den Diener durch statliche Verheissung zubereden / daß er mir davon hülffe / aber Ninisla stund mir unwissend hinter der Tühr / und dräuete mir die allerschändlichste Unfläterey / dafern ich mich noch einmahl unterstehen würde / sein Gesinde zuverführen. Ich kunte nichts anders /als ihm Gottes schwere Hand zur Straffe wünschen; woran er sich durchaus nit kehrete / sondern mich zutrösten pflag / ich solte meine Frl. Tochter gar bald zusehen beko en / und als dann außgelassen werden /auch mit Augen anschauen / wie geschikt sie solte gemacht werden / einen Mann zulieben / ungeachtet sie noch zur Zeit lieber mit Geschoß und Pferden umginge. Nach Verlauff sechs Wochen / hatte mich das Unzieffer / welches aus meinem Leibe wuchs / fast durch und durch wund gefressen / welches ich einem Leibeigenen klagete / der mich mit den Füssen zur Tühr hinaus legete (dann mit dem Häupte durffte ich aus dem stokfinstern Loche nicht hervor kucken / des Tages Licht zusehen) zog mir die Kleider abe / und schmierete mich an allen Gliedmassen mit einer stinkenden Salbe / wovon ich nicht allein geheilet ward /sondern es weich auch alles Unzieffer hinweg von mir / daß ich nach der Zeit keines mehr spürete / welches mir ja noch eine Linderung der stetswehrenden Pein gab. Wie offt erboht ich mich / mein Königreich und alle meiner Bekanten und Freunde Landschafften zuverschwören / und an die abgelegenste örter der Welt mich zubegeben / daß kein Mensch ichtwas von mir erfahren solte / dafern er mich nur aus Barmherzigkeit loß lassen würde; aber alles wahr vergebens / und bekam ich stets diese Antwort: Ob ich annoch im Leben vermeinete zu seyn / und weite Reisen über mich zunehmen? hätte man mich doch zu Prag schon Königlich begraben / daher müste ich an keine Freyheit mehr gedenken / sondern in dieser Hölle mich fein gedulden / weil in der Gnadenzeit ich nicht hätte glükselig leben wollen. Wann ich dann fragete / aus was Ursachen er mich doch so lange peinigte / und nicht alsbald tödtete / da ich ihn die ganze Zeit meines Lebens nie beleidiget hätte; sagete er; ich müste zuvor meine Tochter in Mannes Armen sehen / und wie zierlich er sich mit ihr begehen könte. Ich erboht mich / ihm oder seinem Sohn meine Tochter gerne zugeben; aber er wendete ein / es währe nun zu lange geharret / und aus meinen Händen; am ersten Abend /am ersten Abend / sagte er / währe es Zeit gewesen /nun aber ist das Spiel versehen / und muß das liebe Häsichen zum Wildbrät auf andere Weise gefangen werden. Als ich diesen seinen endlichen Willen vernam fing ich an / ihn zu schänden und schmähen / in Meinung / ihn zureitzen / daß er mich erschlagen solte / aber er hatte nur seine Lust und Kurzweile dran / nit anders / ob hätte ich ihn vor einen Ehrwirdigen Herrn außgeruffen; wiewol ich dieses zu Lohn bekam / daß man mir das grobe Brod mit abscheulicher Unfläterey beschmierete / welches ich gezwungen verschlingen und auffressen muste; dann wañ ich michs zuessen wegerte / dräueten sie mir eine solche unmenschliche Schande / welche zumeiden / ich in allem gerne gehorchete. Zeitwehrender solcher Erzählung / lieffen dem ganzen Frauenzimmer die häuffigen Trähnen aus den Augen / biß dz Herz das Mitleiden nicht länger unterdrücken kunte / daher sie auff diese des Königes leztgeredete Worte ein so hefftiges weinen anfingen /daß es unten im Platze gehöret ward / uñ bekeñete Valiska / daß ihre ehmalige eigene Noht ihr nicht so sehr zu Herzen gangen / noch[898] mit diesem Jammer zuvergleichen währe. Die alte Königin währe schier von Trähnen zerflossen / und musten fast alle anwesende Mannes Bilder ihr im weinen Geselschafft leisten /daß man auch an König Mnata die Backen Trähnen rinnen sahe / und einer den andern fragete / mit was wirdiger Straffe ein solcher verzweifelter Erz Bube zu belegen währe / der an seinem herschenden Könige ein solches zubegehen sich nicht gescheuhet hätte. Das Frauenzimmer wünschete / der König möchte seiner Erzählung die Endschafft geben / damit sie in den Trähnen nicht gar ersticketen; er aber sobald sich das starke Geheule gestillet hatte / fuhr also fort; versichert euch / meine liebe Anwesende / daß ich gerne alle Tage zwanzigmahl den Tod erlitten hätte / wann mir nur hätte mögen gegönnet werden / mich des Tages ein Stündichen außzustrecken; ich muste stets sitzen / und die Knie schier vorm Maule halten / oder so gekrü et mich auff die Seite legen; bißweilen lag ich auff Knien und Händen; bißweilen wand ich den Leib wunderlich und mit grossen Schmerzen / nur dz ich die Beine außstrecken möchte / welche mir anfingen krum zuwachsen / weil die Sehnadern sich kürzeten / und wahr mein höchster Wunsch / nur allein zuwissen / wie lange ich diesen unsäglichen Jammer noch treiben solte / ehe die Seele aus der beschwerlichen Herberge des Leibes Abscheid nehmen würde. Noch rieff ich täglich alle Götter an / sie möchten gnädig abwenden / daß meine liebe Tochter / die von dem Himmel selbst zu aller Tugend gezogen würde /dem boßhafften Menschen nicht in die Hände fiele; worin ich von den gütigen Götter ohn Zweiffel erhöret bin. Als ich nun dieses Elend die drey viertel Jahr durch in der engen Finsterniß gebauet hatte / und die liebe Sonne mich wiedersehen wolte / trug sich zu /daß Ninisla mit seinem Sohn außgeritten wahr / und eine starke Schaar Pannonischer Räuber sein Schloß überfielen / welche alle Menschen / groß und klein erschlugen / die verschlossenen Tühren und Kasten öffneten / und allen Raub auff Wagen luden. Ich hörete den Ja er und das Klagen der sterbenden / auch dz die Pannonische Sprache überal ging / daß sie auch endlich mein Loch mit einer Axt auffschlugen / der Meinung / einen verborgenen Schaz daselbst anzutreffen. Sie funden mit bald / und frageten / wer ich währe. Da gab ich zur Antwort: Ich währe ein armer Mann / Bürger-Standes / und hätte der Herr dieses Schlosses mich vor drey viertel Jahr in diß Loch geworffen / sint der Zeit ich keines Tages Licht gesehen / mich auch nicht auffrichten oder außstrecken können; bähte sie demnach um aller Götter Willen / sie möchten sich meines Elendes erbarmen / und daß ich hieselbst nit gar verdürbe / mich heraus und mit sich davon nehmen. Diesen Räubern / wie grausam sie sonst wahren / ging mein Elend zu Herzen / weil ich meiner Trähnen nicht sparete / und zogen mich bey den Füssen hervor; aber da ich an die Lufft kam / und meine Augen des Sonnen-scheins empfunden / wuste ich nicht zubleiben / kunte auch auff keinen Fuß treten / noch auffrechts stehen / sondern lag auff der Erden als ein sterbender; sie schleppeten mich aber hinaus / und legeten mich auff einen Wagen / da ich das Angesicht unterwärz kehrete / und meine Glieder fein gemach dehnete und lenkete / auch durch die zugetahnen Finger / die ich vor die Augen hielt / des Tages Liecht gar ein wenig durchscheinen ließ / damit ich nicht gar erblendete. So bald die Beute zusammen getragen und auffgeladen war / zündeten sie das Schloß an allen Ecken und Enden an / daß es ohn zweifel in kurzer frist wird eingeäschert seyn / wovon ich eigentlich nicht zusagen weiß / weil die Räuber nicht lange[899] seumeten / und ich mich in der Lufft nicht umsehen kunte. Die erste Nacht hatten wir unser Lager in einem dicken Gesträuche / daselbst speiseten sie / und teileten mir reichlich mit / zeigeten mir auch an / ich müste mit ihnen / und könte vielleicht noch zur täglichen Hausarbeit wieder angewehnet werden; wogegen ich nicht das allergeringste sagen durffte /und baht sie nur / sie möchten mir erläuben / diese Nacht zwischen ihnen ein wenig umher zugehen / daß meine erstarreten Glieder wieder gelenk würden; welches ich nicht allein erhielt / sondern weil ein Wund Arzt bey ihnen wahr / schmierete mich derselbe an den Gelenken uñ am Rücken / gab mir auch Oel /damit ich mich am ganzen Leibe bestreichen muste /welches mir grosse Hülffe taht / so daß ich am dritten Tage etliche Stunden aneinander mit forthinken kunte / welches mir die höchste Freude wahr / ob wol der Rükgrad mir nicht wieder gerade werden wolte / wie er dann wol biß an mein Ende mich der Gedächtniß meines Elendes erinnern wird. Ich scheuhete mich /einiges Lösegeldes gegen sie zugedenken / und gelebete der tröstlichen Hoffnung / wann ich bey einem Herrn in Dienst getreten währe / wolte ich meine Freyheit desto besser zu werk richten / ward aber heßlich betrogen / weil durch ganz Pannonien bey Leib-und Lebensstraffe gebohten ward / keinen Böhmischen Leibeigenẽ oder Gefangenen loßzugeben / ober umbs Geld sich lösen zulassen / wie dann gegenwärtiger König / Herr Mnata bezeugen wird. Bey Teilung der Beute / ward ich einem verwägenẽ Menschen zugeloset / der aus Spot fragete / was er mit dem alten Krüppel vor Vogel sahẽ solte / der nirgend besser /als auff der Schindgrube läge; trat auch mit dem Worte zu mir ein / und wolte mich mit einer schweren Hacke niderschlagen; aber der mich aus dem Loche gezogen hatte / wehrete ihm / und erlegete vor mich den dritten Teil einer Krone; So teur ward der Böhmische König dazumahl geschätzet / und auff seinem eigenen Grund und Boden verkaufft. Ich bedankete mich gegen meinẽ Käuffer höchlich / versprach alle mögliche Arbeit gerne zuverrichten / und mit gar geringer Speise vorlieb zunehmen. O mein herzgeliebeter Herr und Gemahl / fing hieselbst die alte Königin an zuruffen; ich bitte durch Gott / Eure Liebe wolle mein Herz nicht weiter mit Erzählung dieses gar zu grossen Jammers quählen / sondern vielmehr gedenken / daß der heutige Tag zur sonderlichen Ergetzung des Frauenzimmers bestimmet ist / daß wir demnach ihn nicht gar mit heulen und weinen zum Ende bringen mögen / und lasset uns vielmehr Gottes Barmherzigkeit danken / durch welche Eure Liebe wunderlich errettet ist; solte aber noch etwas zuerzählen übrig seyn / kan solches auff bequemere Gelegenheit verschoben werden. Das sämtliche Frauenzimmer halff mit bitten / daher der König seiner Rede die Endschafft gab / weil er ohn das sahe und wuste / daß kein einiger Mensch an seiner warhafftigen Gegen wart Zweifel trug. Die Gefangenen wurden in Leches /Neda und Gallus bey wesen / jeder absonderlich sehr scharff befraget / da der Sohn bald anfangs alles willig bekennete / und umb einen gnädigen Tod anhielt; der Vater aber gar hart gefoltert ward / welches er beständig erlitte / unter der Hofnung / hiedurch das Leben einzubüssen; als er aber die hefftige Pein länger nicht erdulden kunte / begehrete er Erlassung /und daß er alles aussagen wolte; wie er solches auch umbständlich vorbrachte / insonderheit / daß er selbst gegen das wunder-schöne Fräulein sich hefftig verliebet befunden / und ihr hin und wieder auff dem Gejägde / und wann sie ausgeritten währe / nachgetrachtet hätte / wiewol allemahl vergebens / so dz er mit Händen greiffen[900] mögen / die Götter währen ihre Beschützer gewesen / welches sich nie augenscheinlicher hätte sehen lassen / als da seine Knechte sie schon in ihrer Gewalt gehabt / und sie durch den starken Strohm schwimmend entrunnen währe / wenig Wochen hernach / da sein Schloß verbrunnen / und der König gerettet worden; noch hätte er sich ihrer nicht begeben könnẽ / sondern währe ihr auff der Reise nach Padua stets eine Viertelmeile gefolget /hätte gemeiniglich in einem Dorffe oder Flecken mit ihr und ihrer Geselschafft Herberge genommen / und die Räuber / welche sie erstmahls geraubet / angestränget / nicht nachzulassen / biß sie ertappet währe /einwendend / sie währe ein junger ädler Herr und von grossen Mitteln / der sich mit etlichen Tonnen Goldes loßkäuffen könte / welches sie unfehlbar zugewarten hätten. Ja als sie in der Räuber Händen gewesen /hätte er sich wollen zu ihr hin verfügen / umb zuversuchen / ob er sie durch Auslobung grosser Gelder lösen / und mit sich auff sein Schloß bringen könte; aber die Räuber / insonderheit Gallus / mit dem er unter dem Nahmen Victor / des Abends Brüderschafft gemacht / währen wegen des grossen Verlustes ihrer Völker über ihn unwillig worden / daß er mit genauer Noht sein Leben davon gebracht hätte. Als der Königlichen Geselschafft diese Uhrgicht vorgelesen ward /erblassete Valiska vor Zorn / und fing also an: O du grundgütiger Gott / wie grosse Barmherzigkeit hastu mir erzeiget / indem du mich vor dieses boßhafften Menschen Frevel beschützet; Wie hohe Gnade hastu mir sehen lassen / und noch in meiner blinden Heydnischen Unwissenheit / daß ich nicht umb Ehr / Leben und Seltgkeit kommen bin; davor sage ich dir von Herzen Dank / mein Schöpffer; davor preise ich dich inbrünstig mein Heyland. Hernach erzählete sie den ganzen Verlauff / wie sichs mit ihrer Rettung / da sie durch die Mulda geschwummen / zugetragen hätte /wie solches im Ersten Buche dieser Geschichte ausführlich beschrieben ist. Die anwesende / denen solches mehrenteils unbewust wahr / verwunderten sich zum höchsten über dieses boßhafften Menschẽ verwägener blinder Kühnheit / welche ihm biß daher so wol geglücket / daß er nie verrahtẽ worden / und begehreten zuwissen / was er doch wegen des Königes vor Gedanken gehabt / als er sein abgebrantes Schloß angetroffen / und keinen Menschen gefunden hätte; worüber er befraget ward / und ungezwungen bekennete: Er währe in den festen Wahn gerahtẽ / der König würde mit verbrant seyn / weil vorerst er versichert gewesen / daß er weder der Sonnen Strahlen hätte ertragen / noch seine krumgewachsene Beine zum gehen oder entlauffen gebrauchen können; und ob er gleich seinen Leichnam oder Knochen im Gefängniß nicht funden / währe er doch in den Gedanken gestanden /die Räuber würden selbe geöffnet / und ihn heraus genommmen haben / da er entweder wegen seiner Undüchtigkeit von den Räubern erschlagen / oder sonst im Feur umkommen währe / weil sie mehr verbrante unkentliche Menschen-Leiber gefunden / auch kein einiger Mensch von ihrem Gesinde lebendig blieben / und man in so langer Zeit nicht das allergeringste von ihm gehöret hätte. Zwar sein Sohn Urisla hätte sich stets gefürchtet / es würde ihre Taht endlich ausbrechen / daher er unablässig angehalten / das Schloß nicht wieder aufzubauen / sondern sich in Pannonien unter Königes Mnata Schuz zubegeben /und in dessen Dienste sich einzulassen; möchte nun mehr von Herzen wünschen / daß er diesem heilsamen Raht gefolget hätte; aber die Götter müsten ihm ja seine Sinnen verrücket haben / sonst wolte er diesem heutigen Unglük / und was ihm noch bevor stünde /zuentgehen / Wege gnug gewust haben. Schließlich[901] baht er Gallus / er möchte bey der Königlichen Geselschafft umb Gnade eines schleunigen Todes anhalten /welchen er willig ausstehen wolte / weil er denselben wol verdienet hätte. Was Urisla seinen Sohn beträffe /währe derselbe von ihm genöhtiget / in diese Taht zugehehlen / daher er ohn zweifel mit gelinderer Straffe würde zubelegen seyn. Wie aber / fragete Gallus /wann dein Sohn dir deine Unzucht mit dem Fräulein zutreiben / nicht hätte gestatten wollen / weil sie ihm zum Gemahl außersehen wahr? gewißlich würdet ihr über dieser Beute unter euch selbst uneins worden seyn. Ninisla antwortete mit einem Gelächter: Ja /mein Sohn solte mir wol keinen Teil an dem Fräulein gehabt haben; Zwar ich gebrauchte ihn zum Deckel /und bildete ihm diese Heyraht feste ein / dann wie wolte ich ihn sonst auff meine Seite gebracht haben? Aber mir selbst hatte ich sie ausgesehen / sonst würde ich mich seinetwegen so tieff nicht gewaget haben. Hätte er mir aber Eintrag tuhn wollen / solte er mir alsbald mit dem Leben bezahlt haben. Der böse Muhtwil-Teufel muß dein Herz ganz in seinen Stricken fuhren / sagete Gallus / sonst währe unmöglich /daß du einer solchen Boßheit dich hättest unternehmen dürffen; ging hin / und hinterbrachte alles der Königlichen Geselschafft. Worauff Valiska ihren Herr Vater fragete / mit was vor Straffe er diesen Erz Verrähter zubelegen willens währe / dessen Boßheit alle überträffe / so von Anfang der Welt möchte begangen seyn. Hiemit rante eine kleine Trähnen Bach aus ihren Augen / und fuhr gegen ihn also fort: Gn. Herr Vater /ich muß gestehen / daß leider ich selbst alles des grossen Jammers Ursach bin / welcher euch angeleget ist; dann mich / und nicht euch hat der gotvergessene Bösewicht fahen / und seinen unzüchtigen Willen an mir erfüllen wollen; daher bin ich schuldig / eurem Vater herzen solches kindlich und demühtig abzubitten / ob ich gleich weder Raht noch Taht / noch Willen darzu gegeben habe; hätte ich aber euer Elend wissen sollen / würde ich unerschrocken mich selbst in dieses Verrähters Hände eingestellet haben / umb euch zuerlösen / der ungezweiffelten Hoffnung und Zuversicht zu Gott / er würde mir Krafft und Stärke verliehen haben / seinen boßhafften Begierden zuwiederstehen / und solte mein erstes gewesen seyn / den Sohn auff den Vater anzuhetzen / dem ich würde geträuen Beistand geleistet / und ihn auch nach des Vaters Hinrichtung mit falscher Hoffnung erfüllet haben / biß ihr und ich der Gefahr währen entrissen worden; doch sind dieses menschliche Gedanken / und hätten vielleicht keinen Verfolg haben köñen / deßwegen auch Gott es anders geschicket hat / dessen Gerichte und Werke uns Menschen zwar heimlich und verborgen / und doch allemahl gut und gerecht sind. Herzgeliebte Fr. Tochter /antwortete der König / warumb woltet ihr euch dessen beschuldigen / an dem ihr aller Dinge unschuldig seyd? euer kindlicher Gehorsam ist nie wieder mich außgetreten / zweifele auch nicht / die Gotter würden eure Ehr und Leben auch unter dieses unzüchtigen Menschen Zwange wol gerettet haben; aber dannoch sage ich dem Himmel Dank / daß ihr unter seine Gewalt nicht gerahten seyd. Ich bin zwar scharff gezüchtiget / als nie kein König vor mir in der ganzen Welt; dañ was achte ich / daß ehmahls Könige sich von einem grösseren Könige haben müssen lassen vor den Wagen spannen? was rechne ich solches / daß Könige von den Römern erschlagen und hingerichtet sind? jedoch / wer weiß / womit ichs an den Göttern verschuldet / daß ich der ganzen Welt ein Beispiel seyn / und von meinem eigenen Untertahn mich dergestalt[902] quälen / höhnen und peinigen lassen müssen? welches ich aber alles vergessen wil / nachdem die gütigen Götter mich mein liebes Vaterland und Königreich / ja mein herzliebes Gemahl / Kinder und Anverwanten wiederumb haben sehen lassen; daher ruffe ich den Himmel zu Zeugen / daß ichs wenig achte / ob / und auff waß Weise der Gott- und Ehr-vergessene Bube gestraffet werde / wil auch das Gericht keinesweges über mich nehmen / sondern den anwesenden Großmächtigen Königen heimstellen / in sonderheit ihren Liebden /König Hilderich aus Gallien und König Haron aus Schweden / mit Bitte eine solche Urtel zufellen die weder aus Haß noch Rachgier herrühre. Großmächtiger König / antwortete Hilderich / eure Liebde tuht wol und löblich / daß dieselbe diese Sache bloß der Gerecht und Billigkeit anbefehlen wil / wie dann allemahl ein Richter / wann er beleidiget ist / nicht sein eigen Richter seyn / sondern andere darüber urteilen lassen sol. Jedoch ist die an eurer Liebe begangene Boßheit so groß und übermacht / daß wann dieselbe nicht ernstlich gnug gestraffet würde / könte es einem und andern Anlaß gegeben / eines gleichmässigen (dann ärger wird ers nicht leicht machen) sich zuunterfahen. Dann gleichwie nähest Beleidigung der Götter / dieses Verbrechen das gröbeste ist / wann man der höchsten Obrigkeit wirklich wehe tuht / also muß man solchen Frevelern die schwere Hand aufflegen / und hiedurch den hohen Häuptern Freiheit schaffen. Daß ich aber vor mein Häupt mir nicht unternehme / den Ubelthätern die Urtel zu sprechen in einem Königreiche / darüber ich nicht zu gebieten habe / wird weder eure Liebe / noch jemand anders mir verübeln / gelebe auch der Zuversicht zu meiner allerwerdesten Fr. Tochter und grossen Freundin / Fr. Valisken / sie werde mein Anmuhten ihr nicht lassen zuwider seyn / und an meine Statt das Recht über die Boßhaftestẽ der Welt außsprechen / da ich dann schon weiß / daß sie den Mittel-Weg wol treffen / und den Verbrechern die gebührliche Straffe aufflegen werde. Großmächtiger König / Gn. Herr als Vater /antwortete sie ihm: Ich würde dieses Amt über mich zunehmen / von einem andern mich nicht bereden lassen / weil ich unzähliche Entschuldigungen einzuführen hätte; nachdem aber ich über mein Herz es nicht bringen kan / eurer Hocheit als meinem recht-gewogenen Herren und Vater einige Mögligkeit zu versagen /bin derselben ich demütig-gehorsam / und wil mich hüten / daß meine Urtel nicht aus Rache / sondern aus Recht herfliesse / wie dann ohn das Ihre Hocheit / der König aus Schweden / mein Herr Oheim und Vater /als Mit-Richter mich schon wird zu führen wissen /daß ich weder zur Rechten noch zur Lincken außweiche. Großmächtige Königin / hochwerte Fr. Wase /und nicht minder-geliebete als Tochter / sagte darauff König Haron; Ich gelebe der Zuversicht zu eurer Liebe / daß wann meine auch herzliebe Fr. Tochter /Fr. Sibyllen ich an meine Statt derselben zur Mitrichterin zugeben werde / wird euer Liebe solches nicht ungenehm / noch jetzt gedachter meiner Fr. Tochter zuwider seyn / welche ich Kraft dieses darzu erbitte und bevollmächtige. Die fro e demütige Sibylla rechnete dieses nit unbillich vor ein gewisses Zeichen sonderlicher väterlicher Gewogenheit / damit der König ihr zugetahn wahr / daher sie / ihren Gehorsam sehen zulassen / auffstund / sich anfangs gegen ihn neigete /und bald zu ihm hintrat / ihm die Hand zuküssen / an dessen Stat sie aber von ihm freundlich umfangen /und an die Stirn geküsset ward. Worauff Valiska also antwortete: Gn. Herr Vater / Herr König Haron; es hat Eure Hocheit mir eine solche Mit Richterin[903] zugeben wollen / welche wegen ihrer volkommenen Frömmigkeit / Tugend und Verstand ich von dem ersten Tage unser Kundschafft her / so herzlich liebe / als ob wir zugleich und auf einmal unter einem Herzen gelegen hättẽ / weiß auch schon / dz dieselbe mein Herzẽ-Schwesterchen mich schon wird einhalten köñen / daß ich nirgend zu weit gehe; daher vor diese mir zugegebene Mit Richterin ich mich untertähnig bebanke. Für stin Sibylla erröhtete wegẽ des gesprochenen Lobes /als derẽ wahre Demut sie nit beredẽ kunte / dessen wert zu seyn / wolte auch ihre Entschuldigung vortragen / aber Herkules kam ihr vor / und ließ eine Frage an die Königl. Geselschaft abgehẽ / obs nicht könte gewilliget werden / daß das ganze Königl. und Fürstliche Frauenzimmer das Richteramt über sich genommen hätten; welches dann beliebet ward / jedoch also / daß die alten Königinnen keine Stimme mit geben /sondern der jüngeren abgefassete Urtel ihnen vorgetragen werden solte / ehe sie den Königen und Fürsten zubekräftigen übergeben würde. Valiska wendete ein / es dürfte ihr Gericht / als ein Weibliches von schlechter gültigkeit seyn / wann gar kein Mannesbilde unter ihnen sich finden solte / hielt demnach an /ihr die Macht zuerteilen / einen zuerwählen; nach dessen erhaltung sie anfing: Durchleuchtigster Groß Fürst / Herr Markomir / ehrengeliebter Herr Bruder und Oheim; eure Liebe werden vor dißmahl sich nicht wegern / unser Auffseher und Schrankhalter zu seyn /damit wir nicht nach unser angebohrnen Art / den Zank unter uns zu lange führen / sondern zur beschleunigung des Schlusses angehalten werden / und solches begehre von euer Liebe ich im Nahmen aller meiner Amt Schwesteren / dessen eure Liebe sich weder wegern noch davor danken sol. Dieser erschrak der unvermuhtlichen Anmuhtung / stund auff / und sahe seinen Herr Vater an / als voller zweifelmuht /ob er reden oder schweigen / sich entschuldigen oder gehorsamen solte; daher sein Herr Vater zu ihm sagete: Lieber Sohn / du hättest wol Ursachen dich von diesem Amte loß zu bitten; weil ich aber weis / daß deine allergrösseste Ehren-Freundin dir völlig zubefehlen hat / wirstu nach deren Willen dich zu schicken wissen. Gn. Herr und Vater / antwortete Valiska / dieses sol auff bessere Gelegenheit beantwortet werden; vor dißmahl ists uns gnug / dz mein Durchl. Herr Bruder und volkommener wahrer Freund meiner Bitte / wie ich sehe / stat zu geben willens ist. Ja / Großmächtige Königin und volkommene Gebieterin / antwortete Markomir ich sehe hieselbst nicht an / weder meine unwirdigkeit noch ungeschikligkeit / sondern bloß meine Schuldigkeit / und schätze mirs vor eine hohe Gnade / bey solcher Rahtsversamlung / dergleichen in der Welt wol niemahls vorgangen / geheimter Diener und Schreiber zu seyn; trat damit zu ihr hin /ihr die Hand zu küssen / an dessen stat er von ihr freimühtig und ehrliebend umbfangen und mit einem züchtigen Kusse begabet ward / dessen sein Herz vor Wollust auffwallete. Dieser Raht nun nam einen Abtrit ins Nebengemach / wurden ihrer Sachen bald eins / weil Valiska und Sibylla ihr gutdünken sagen musten / welches die übrigen / als Königin Sophia / Königin Lukrezie / Groß Fürstin Klara / Fräulein Schulda / Frl. Vanda / und das junge Frankische Fräulein /Frl. Künegund / ohn wiedersprechen vor genehm hielten / daher Markomir es den alten Königinnen vortrug / und weil auch dieselben daran nichts zuverbesseren wusten / gingen sie miteinander wieder hin in das grosse Gemach zu der Versamlung / da Markomir den Königen die Urtel / wie er sie aus Valiskẽ Munde in die Feder gefasset hatte / vorlase / also lautend: Es lehret uns die Vernunft und[904] Erbarkeit / daß Untertahnen ihrer Oberkeit / Ehre und Gehorsam geben sollen / wie sie darzu Kraft ihrer geschwornen Träue verbunden sind. Weil dann Ninisla und Urisla / Vater und Sohn / ihren König und höchste Obrigkeit (von dem sie nie keinmahl sind beleidiget worden) bößlich hintergangen / geschändet / gefangen genommen / geängstet / und ärger als einen Hund / vorsezlicher bedachter Weise gehalten / wie solches ihre eigene Aussage und beständige Bekäntnis ausweiset; Gott aber solche Beschimpff- und Beleidigung der Obrigkeit an den Untertahnen nicht wil ungestraffet lassen / damit den Ubeltähtern gebührlich vergolten / und andere ihres gleichen von solchem vornehmen abgeschrecket werden; Als sprechen wir darzu insonderheit erwählete und bestetigte Richterinnen (jedoch auf verbesserung unserer Gn. Herren Väter / Gemahlen und Anverwanten) vor recht / daß gedachte muhtwillige Beleidiger der höchster Wirde auff Erden / Ninisla und Urisla ihr Leben verwirket und peinliche Straffe wol verdienet haben / welche ihnen dergestalt und also sol angetahn werden; daß Vater und Sohn nach gerichtlicher Bejahung ihrer Uhrgicht / von allen anwesenden Zusehern / sonderlich von Gott im Himmel und ihrem hochbeleidigten Könige mit einem demühtigen Fußfalle verzeihung bitten / nachgehends beyde zugleich an eine Seule auff offenem Markte angebunden werden / zwo Stundenlang zur beschauung und zum Fluch allen Anwesenden; nach deren verlauffe sollen sie von dem Büttel am ganzen Leibe mit scharffen Ruhten gestrichen werden / und weiters der Sohn / weil er in des Vaters Bosheit gehehlet / und seinen König nit gewarnet / sondern selbst ihn den Räubern in die Hände geführet / an vier Ecken des Marktplatzes mit zwo glüenden Zangen gezwacket / ihm das Herz lebendig aus dem Leibe gerissen und den Hunden vorgeworffen /der Leib aber in vier Stücke geschnitten / und auff die vier Grenzen des Pragischen Ackers zu ewiger Gedächtnis / neben angehefteter Schrift und bezeigung der Ursach seines Todes auffgehenket werden / da dañ der Vater mit umbher gehen sol / daß er eigentlich alles sehe / als ein Büttelknecht mit Hand anlege /und ihm den ersten Zwak mit der glüenden Zangen gebe. Demselben aber sol eine stokfinstere bewägliche Gefängnis / vier guter Spañen hoch und weit zugerichtet / und er in derselben anderthalb Jahr mit grobem Brodte und trüben Wasser ernähret / aber mit kräftigen sachen täglich gestärket werden / daß er bey Leben und Gesundheit bleibe; nach geendeter solcher Zeit / sol er an allen Gliedern seines Leibes zerstümmelt / mit glüenden Pfriemen zustochen / und endlich als sein Sohn / vom Leben zum Tode gebracht / auch an die vier Grenzen des Bömischen Königreichs samt hinzugeschriebener Ursach seines Todes auffgehenket werden. Alle seine unter und übersich steigende Verwanten biß ins dritte Glied / sollen des Reichs ewig verbannet / und ihre Güter der Königlichen Kammer heimgefallen / des Verrähters Schloß aber / nebest aller zubehörigen Erbschaft sol (da es kan beliebet werden) dem alten geträuen Wenzesla Zeit seines lebens geschenket seyn. Diese Urtel ward von allen Anwesenden gebillichet / bestätiget / und folgendes Tages in gegenwart der Landstände und einer ungläublichen Menge des Volkes volstrecket; wobey die erbärmlichste Schauung wahr / daß der Sohn seinen Vater aufs äusserste verfluchete / offentlich beteurend / er hätte ihn durch bedrauung des Todes mit auff die Brust gesetzetem blossen Schwerte gezwungen / daß er äidlich angeloben müssen / seinem Willen beyzupflichten; hingegen wahr das aller abscheuhlichste /daß der Vater bey des[905] Sohns schmerzlicher Pein sich als mit freuden finden ließ / auch ohn wegern ihn mit der glüenden Zange angriff / da er zugleich sagete: Es wird dir wol gleiche viel gelten / ob hierzu meine oder eines andern Hände gebrauchet werden; welches aber dem Sohn dergestalt zu Herzen ging / dz er in der ersten Zwackung todes verbliech. Sonsten zuvor bey der Geisselung trieb der Sohn ein grosses Geschrey / aber der Vater unterdrückete das Geheule / stellete sich doch über alle masse ungeberdig / ob wäre er seines Witzes beraubet. Er ward alsbald mit einer Heilsalbe geschmieret / welche ihm doch / weil sie beizend war / grosse schmerzen verursachete / und nach seines Sohns hinrichtung / sperrete man ihn in die enge Gefängnis als in einen Tragekorb / da er des Tages über am offenen Markte stund / und von allen vorübergehenden als ein Fluch angespeiet ward / worüber er in solche Ungeduld geriet / daß er nur stets den Göttern und seinen Königen fluchete / ungeachtet er darüber fast täglich mit Peitschen gestrichen ward; endlich bezeigete er sich gleich einem wütigen Hunde / muste aber die bestimmete Zeit aushalten / und die lezten drey viertel Jahr in einem tieffen tunkelen Keller zubringen / wiewol in seinem engen verschlossenen Kefig / da er krum ineinander wuchs / und nach Ausgang derselben Zeit durch die ausgesprochene Straffe hingerichtet ward / da er grossen Jammer trieb / und die gottlose Seele nicht so leicht von dem verfluchten Leibe abscheid nehmen wolte / so daß er auch / nachdem ihm das Herz schon ausgerissen / und damit aufs Maul geschlagen wahr / sich noch mit Händen und Füssen bewägete. Unsere Königliche Geselschaft aber lebete in herzlichen ehrliebenden freuden / da Valiska aus kindlicher Liebe nicht lange von ihrem Herr Vater seyn kunte / und verlangete den beyden verliebeten Bräutigams nicht wenig nach dem angesezten Tage ihres Beylagers / welches eine Woche vor der Hochzeit und dem Freistechen bestimmet wahr / unter welcher Zeit Valiska und Ladisla sich bemüheten / ihrem lieben Herr Vater den Christlichen Glauben beyzu bringen / worzu er anfangs schwer zubereden wahr /insonderheit / weil auff seiner Heimreise aus Pañonien ihm die Teutsche Göttin Freia (wie er bestendig vorgab) des Nachtes erschienen währe / hätte ihn seines ihr getahnen Gelübdes / da er in Teutschland geheirahtet / erinnert / und dabey angedeutet / das durch ihren Schuz und Beystand er unter so mannicher Gefahr währe erhalten worden / darumb solte er zur dankbarkeit ihr mitten auf seinem innern Schloßplatze einen sonderlichen Gottes dienst und wöchentliches Opfer anrichten / und zugleich bey seinen alten Landgöttern steiff und beständig verbleiben / sonst würde er in grösser Elend gerahten als vorhin; drang diesem nach stark darauff / daß er dieses sein Gelübde erfüllen wolte. Seine Kinder zeigeten ihm an / sie könten sich endlich diesem seinen Vorhaben nicht wiedersetzen / aber dieses wolten und könten sie ihm unangezeiget nicht lassen / daß auff solchen fall sie das Pragische Schloß verreden / und hinfüro Zeit ihres lebens keinen Fuß darauf setzen wolten; worüber er sehr betrübet ward / endlich noch wirkete Gott durch Herkules vielfältige vermahnung / (dessen Worte am meisten bey ihm golten) daß er gewonnen ward / und die Häuptstük der Christlichen Lehre / von schöpfung der Welt / von des Menschen Fal / von dem einigen göttlichen Wesen / von Gottes Gnade gegen die gefallene Menschen / von der Menschwerdung des Sohns Gottes / von seinem Leiden / Aufferstehung und Himmelfahrt / von der Busse und Glauben / von vergebung der Sünden und göttlichem Wandel / vom jüngsten Gericht und ewigen Leben / auch andere zum Christentuhm[906] gehörige Unterrichtung fein annam /und in kurzer Zeit begriff; und nam der Geist in ihm je mehr und mehr zu / daß inwendig Monatsfrist er mit seinem Schwager Könige Henrich so geschiklich von Geistlichen Dingen reden kunte / daß man seine Gottesfurcht daher wol merkete. Auch feyreten Valiska und Siegward nicht / Fräulein Schulda den Christlichen Glauben beyzubringen / wozu sie sich gerne bereden ließ / da sie vernam / daß ihr Bräutigam Fürst Olaff desselben Glaubens wahr; aber ihre Eltern kunten noch zur Zeit sich darzu nicht erklären / vielweniger der Pannonische König und sein Fräulein Vanda /liessen sich doch nichts Gotteslästeriches merken /sondern wendeten ein / (insonderheit Mnata) sie dürfften eine solche Verenderung der Götter wegen ihrer Untertahnen nicht vornehmen / wolten sich darauff bedenken / und nachgehends Erklärung von sich geben; worauff man weiter nicht in sie dringen wolte /weil man spürete / daß sie des Heiligen Geistes Gnade zuzulassen nicht willens wahren; wiewol Mnata Königin Valisken auff ihr ansuchen beteurlich verhieß / daß in seinem Reiche den Christen freye Wohnung und Aufenthalt gegönnet / und sie wegen des Glaubens nicht gehasset noch verfolget oder beschimpfet werden solten. Groß Fürst Markomir hielt sonderliche Kundschafft mit Leches und Libussen /welche den ersten Grund zum Christentuhm bey ihm legeten / worauff Valiska uñ Herkules bald hernach so fest baueten / daß er ein eiferiger und gläubiger Christ ward / und gegen sie beyde sich vertraulich heraus ließ / was gestalt er in seinem Herzen die künfftige Beherschung seines Erb Reiches verschworen hätte / welches er seinem neugebohrnen Bruder abzutreten bedacht währe / hoffete / König Herkules würde ihm gönnen / etwa ein zimliches Schloß nicht weit von seiner Königlichen Burg auffzubauen / daselbst in enger Geselschafft sich auffzuhalten / und ihn nach gefallen offt zubesuchen; Welches ihm nach seinem Willen beantwortet / doch daneben erinnert ward / mit solcher Reichs-Abdankung sich nicht zuübereilen / damit es ihn nicht dereins gereuen möchte. Aber er blieb beständig in seinem Vorhaben / nam auch Richarden vor seinen Hofmeister an / und hielt sich eine geraume Zeit bey den unsern auff / ehe er sein Vaterland wieder besuchete. Sein Herr Vater hatte schon 14 Jahr die Herschafft verwaltet / lebete hernach noch 25 Jahr / so dz Markomir ein Jahr vor ihm her starb / und also die Herschafft auff seinen Bruder sie / welcher ein weidlicher Herr und tapfferer Held wahr / nahmens Barther.

Die Zeit des Beylagers kam herzu / und wurden die beiden Bräute treflich außgeputzet / wiewol Frl. Schulda mehr als Frl. Vanda / wie sie überdas an Leibes Schönheit und zierlicher Höfligkeit dieser weit vorging / daß der Dänische König selbst sagete; er entschuldigte nunmehr seinen Sohn / daß er Frl. Vanda nicht heyrahten wollen / da er sonst einige Hoffnung lolcher Verbesserung gehabt hätte. König Mnata hatte imgleichen seinen Königlichen Schmuk herzuhohlen lassen / auch Fürst Olaff grosse Kosten an seine Kleidung gelegt / deren ihm doch manniche aus den besten Persichen Stücken von Valisken und Sophien geschenket wurden / die er wieder seinen Willen annehmen muste. Es ward unter ihnen berahtschlaget / wie mans mit der Träue halten wolte / uñ wurden König Baldrich und Fürst Siegward an den Dänischen und Schwedischen König abgeschicket /im Nahmen ihrer Kinder bitlich anzuhalten / daß die Eltern ihnen göñen möchten / daß sie absonderlich nach Christlichen Brauche eingesegnet würden / weil sie diesen Glauben angenommen[907] und darinnen beständig zuverharren gesinnet währen; welches ihnen dann gerne eingewilliget ward; da hingegen Mnata sich nach heidnischer Pannonischer Weise trauen ließ / dem kein Christ beywohnen wolte / die Gästerey dieses Beylagers wahr gar eingezogen / aber acht Tage hernach / da das Hochzeit Fest gehalten ward / wurden über 5000 Menschen acht Tage lang Fürstlich /und an die 20000 sonsten gar köstlich gespeiset / welche Kosten jeder Bräutigam zum vierten Teil / die andere helffte König Baldrich und Großfürst Arbianes abtrugen / weil sie das dabey gehaltene Ritterspiel außgeschrieben uñ angestellet hatten / welche diese acht Tage über täglich von sieben biß zu zehnen des morgens und des Nachmittages von eins bis viere gehalten ward; Ringel rennen / weite rennen / lauffen /fechten / ringen / schiessen / werffen / Lastheben / gerade Bäume anklimmen / mit Ochsen und Bähren streiten / und was sonst zur Kurzveil erdacht werden kunte / als Kegelschieben und desgleichen / wobey über 40000 Kronen zum Gewin außgeteilet wurden. Als diese Tage vorbey wahren / und nicht allein die Bauren und Bürger / sondern auch der gemeine Adel und die junge Ritterschafft ihre Ubungen zum Ende gebracht hatten / da die Teutschen und Franken im stechen / die Schweden im Wetterennen / und Lauffen / die Böhmen im Werffen / die Friesen im Lastheben /die Pannonier und Parther im Ringen / die Dänen und Wenden im Ochsen- und Bähren Streit / auch im Fechten / die Meder und Parther aber im schiessen den höchsten Preiß davon trugen; wurden drey Tage angestzet / auff welchen nur die Herren Standes und in Waffen wolgeübete Ritter zugelassen werden solten; alle übrige wurden davon außgeschlossen / sie könten dann behäupten / daß sie gutes Adels / und in vier Häuptschlachten sich hätten finden lassen. Die Könige und Fürstliche Zuseher hatten je zween und zween / auch zwo uñ zwo ihren eigenen Schausiz auff der Bühne / welche ümher behänget / und mit Persischen Tüchern verdecket wurden / da forne ein enges Gegitter auffgelichtet stund / durch welches die Schauer zwar alles sehen / aber von den Anwesenden nicht erkennet werden kunten / und wahren vor jede Stelle die Nahmen der Einsitzenden daran geschrieben / daß ihnen dannoch die gebührliche Ehre geleistet würde. Gegen Morgen stunden die Mannes- gegen Abend die Frauenbilder. Unter jenen hatten König Henrich und König Hilderich / die erste; Der Schwedische und der alte Böhmische / die andere; Der Dänische und Pannonische König / die dritte; Herr Stathalter Fabius und Pompejus / die vierde; König Herkules und Ladisla / die fünffte; Fürst Siegward und der junge Fabius / die sechste; Fürst Olaff und Markomir / die siebende; König Baldrich aber und Fürst Arbianes / als Stiffter dieses Spiels / die achte und lezte. Bey dem Frauenzimmer hatten Königin Vanda / und Fürstin Schulda / als Bräute / den ersten; Königin Waldburg aus Franken / und Königin Hedith aus Schweden / den andern; Königen Rusila aus Dänenmark / und Königin Gertrud aus Teutschland / den dritten; Königin Hedewieg und Fürstin Bochild aus Wendland / den vierden; Fr. Sabina Pompeja und Fr. Terenzia / den fünfften; Königin Valiska und Sophia den sechsten; Königin Lukrezie und Fürstin Sibylla den siebenden; Fürstin Klara Fr. Ursula / uñ das Frankische junge Fräulein / Frl. Kunegund den achten; Fr. Fausta und Fr. Julia / den neunden; Fr. Konstanzia Herrn Antenors Gemahl / und Fr. Florida /Gallus Schwieger / den zehnden Siz. Das übrige Frauenzimmer hatten ihre Stellen etwas niedriger /doch[908] an eben der Seiten. Herr Kornelius / Emilius /Antenor und Opimius / nebest Grafen Pribisla / Bretisla / Krokus und Stanisla / wurden zu Richtern gesetzet / derhalben sie eine offene Stelle gegen Mittag oder Suden hatten / so daß gegen Norden die Stechebahn unbebauet / und nur mit Schranken verschlossen wahr. Des ersten Tages hatten sich acht Teutsche Herren vergeselschafftet / wider alle ankommende zurennen / erschienen in einerley Rüstung / glänzend schwarz / mit güldenen Striemen durchzogen / und führeten im Schilde einen Löuen / welcher in der Rechten Tatzen ein Speer / in der Linken ein Schwert hielt / mit dieser ümschrifft: Alles dem Vaterlande zum besten. Auff dem Helm hatten sie ein Schneeweisses Lamb / an dessen Halse ein Täflein hing / mit dieser güldenen Schrifft: Auch Schimpff bringet Ehre. So funden sich auch 9 Franken und Sikambrer in glänzendweissen Harnischen / mit güldenem Blumwerk; Auff den Schilden / welche grün / wahren drey silberne Lilien mit dieser Unterschrifft: Flos perpetuo florens & fragrans, Diese Blume blühet und riechet immerzu. Auff dem Helme stund ein gekrümmeter Arm mit einem blossen Degen. Weiter stelleten sich 8 Böhmen mit einträchtiger Rüstung / unter denen Leches / Neda und Prinsla wahren; Ihre Harnische gülden mit schwarzem Laubwerk; Im Schilde stunden zween auffrechte Bähren / mit einander ringend / und diese Worte umher: Auffs minste zween zu einem Kampffe. Auff dem Helm führeten sie eine schneeweisse Taube / mit ausgedehneten Flügeln / im Schnabel ein Lorbersträuchlein haltend. Acht Römer gaben sich auch an in gleichen Harnischen / versilbert mit güldenen Schlängelein / bey denen Klodius und Markus sich finden liessen; Der glänzend-schwarze Adler stund im weißsilbernen Schilde / mit dieser Umschrifft: Nullum ex quiete lucrum: Das ist: Ruhen gewinnet nichts. Auff dem Helme ein Hecht / in dessen Maul ein Täflein mit diesen Worten: Devoro & Devoror. Ich fresse und werde gefressen. Auch ritten 10 Pannonier mit gleichmässiger Rüstung herzu; Die Harnische blau angelauffen / und als mit Blutstropffen besprenget. Die Schilde grün und in der mitte eine erloschene Kerze / welche sich bey einem Sonnenstrahl wieder anzünden wolte / dabey diese Worte: Verwundet seyn / ist noch nicht tod. Auff den Helmen kroch eine Schlange unter einem Steine hervor / auff welchem diese Worte stunden: Unterdrücket / nicht ersticket. Darauff liessen sich nicht weit von ihnen neun Dähnen sehen / in gleicher wasserfarbiger Rüstung / mit güldenen Rösichen besträuet. Im Felde ihres Schildes sägelte ein Schiff auff dem Meer / welches von dem Winde nach der Seite gebogen ward /mit dieser Umschrifft: Niemand fähret stets wie er wil. Auff dem Helme flatterte ein zusa en gewickeltes Sägel gar artig / und stunden diese Worte dabey: Richte dich nach dem Winde. Acht Schweden und Gothen kahmen auch heran / als Vögel einerley Federn; Ihre Harnische wahren Kupfferfarbe mit silbern Puckeln beschlagen; hatten / wie die Dänen / ein Schiff im Schilde / welches aber mit gutem Winde fortlieff / und wahren diese Worte umher geschrieben: Mit vollem Winde ist gut / ob gleich gefährlich / sägeln. Oben auff dem Helme stund ein Löue / der ein Buch in der Hand hiet / an welchem diese Worte zulesen wahren: Nicht stärker als recht ist. Von den Friesen hatten sich acht in gleicher Art zusammen gesetzet; Die Harnische wahren als lauter Graß und Blumen allerhand Farben durcheinander. Am Schilde stund ein Ochs /welcher einen Hund mit Füssen trat / und diese Worte dabey: Auffrichtigkett dämpffet den Buetrug. Auff dem Helm[909] hatten sie ein Kälbichen / welches unter eines Banms Schatten lag / mit dieser schrifftlichẽ Andeutung: Im Schatten nähert sichs wol. Sechs Parther und vier Meden kahmen in einer Geselschafft mit Feur-rohten Harnischen voller silbernen Vögel / die sich mit einander bissen. Im Schilde stund ein Baum / welcher zuoberst eine güldene Kron hatte / und unten umb denselben etliche Männer mit Axten / welche ihn umhieben / mit dieser Umschrifft: Ruinam metuo fortis. Ich starker fürchte mich vor dem Fal. Auff dem Helme hieb ein Reuter ein Bündlein Pfeile mit dem Säbel in stücken / dabey diese Worte stunden: A cinaces Sagittas domat. Der Medische Säbel zähmet die Pfeile. Endlich sprengete die zehnde Geselschafft /von 8 Wenden versamlet / auch herzu / mit schwarzgelbichten Harnischen voller leibfarben Rosen. Im Schilde lag ein blutiger abgehauener Büffels Kopff /mit dieser Umschrifft: Zu hefftig machet rasend. Den Helm zierete ein geflügelter Drache / auff dessen Brust diese Worte stunden: Schleunigkeit machet den Eifer glüklich. Diese zehn Geselschafften stelleten sich kurz eine nach der andern vor die annoch verschlossene Schranken / und macheten ingesamt 86 Ritter / deren etliche wol 30 Feldschlachten und Scharmützeln beygewohnet hatten / und ob sich gleich dazumahl etliche tausend Ritter in der Gegend auffhielten / wolte doch dißmahl sich keiner mehr stellen / weil sie mehrenteils argwohneten / die Königliche Helden würden mit stechen. Nun wolte kein Häuflein vor dem andern in die Schranken reiten / da sie geöffnet wurden / damit sie nicht vor hochmühtig angesehen würden / deßwegen ihnen von den Richtern gehohten ward in der Ordnung einzuziehen / wie sie nach einander ankommen wahren / und hatten dem nach die Teutschen den Vorzug / die sich gleich gegen ihren König Henrich über stelleten / und daselbst Stand fasseten. Ihnen folgeten die Pannonier / und setzeten sich diesen gerade entgegen. Die Franken stelleten sich hin zu den Sachsen Teutschen / und nahmen die Römer nähest denen ihren Stand. Die Dähnen geselleten sich zu den Pannoniern / und blieben die Friesen auch bey denselben; aber die Böhmen stelleten sich den Römern an die Seite; da hingegen die Schweden sich zu den Friesen tahten. Die Parther und Meden blieben bey den Böhmen / und die Wenden liessen sich gefallen / die andere Seite nebest den Schweden zuschliessen. Nun wahr nicht allein die Gleicheit der Waffen in jeder absonderlicher Geselschaft lustig anzusehen / sondern es stund sehr artig /daß ein jeder Ritter eine Feldbinde sonderlicher art /und teils einfältiger / teils gemengeter Farben führete /dabey er kunte vor andern erkennet werden. Weil dann niemand mehr zu den Schranken hinein begehrete / ward drey mahl auffgeklopffet / und folgende Gesetze abgelesen:

I. So jemand unter den Stechern gefunden würde / der nicht entweber Herrn Standes / oder auffs minste gutes gebohrnen oder gemacheten Adels (der gleichwol in vier Felbschlachten gewest währe) solte er Harnisch / Gewehr und Pferd verlohren haben / und zu Fusse aus den Schranken gehen / wiewol ohn Verletzung seiner Ehren.

II. Wer eines Ehebruchs / Mordes / Diebstahls / Meinäides / Verleumdung / Verrähterey oder Jungfern- Schändung könte überzeuget werden / und bey diesem Ritterspiel sich finden liesse / solte des Ritterordens als Ehrloß entsetzet seyn / und sechs Streiche leiden.

III. Wer hinterlistig stechen / oder verbohtene Zäubersachen bey sich haben oder seines Gegeners Pferd vorsezlich treffen und beschädigen würde / solte wilkührlich / und nach Befindung / sehr hart gestraffet werden.

[910] IV. Ein jeder Stecher solte gehalten seyn / vor dem Stechen den Richtern seinen Nahmen / Stand und Vaterland anzumelden.

V. So aber jemand aus gewissen Ursachen solches vor dem Treffen gerne hinterhielte / solte er entweder einen am Hofe bekanten Ritter zum Bürgen seiner Rittermässigkeit anmelden / oder Königin Valisken seinen Nahmen / Stand und Vaterland auff einem Zettel einreichen lassen / oder mit der rechten Hand die auffgehenkten Gesetze als äidlich berühren / daß er hierzu Rittermässig währe /und vor dem Außzuge aus den Schranken seinen Nahmen melden wolte.

VI. Vor einer Fürstin oder Fürstlichen Fräulein (und geringer nit) ihre Schönheit / möchte gestochen werden /doch nur mit einem Speer / so lange es unzubrochen bliebe.

VII. Kein scharff Rennen / noch Schwertschlag / noch Ringen zu Fusse solte zugelassen seyn.

IIX. Niemand solte alhie icht was aus Feindseligkeit begiñen / wie es möchte Nahmen haben / bey Lebens Straffe.

IX. Keiner solte einigen Wiederwillen gegen den andern aus den Schranken mit sich nehmẽ.

X. Ob zwischen zween Kämpffern einiger Span vor fiele / solte derselbe alsbald den hochweisen Herren Richtern vorgetragen / und durch dieselben entschieden wer den.

XI. Ein jeder Stecher möchte unter den Mitstechern außfodern / welchen er wolte / doch ohn Neid und Feindschafft / auch nicht weiter als zu dreyen Ritten / dann der vierde solte gänzlich werbohten seyn / und durch kein anhalten gesucht werden.

XII. Wer mit zwölff unterschiedlichen Rittern in diesem Spiel vor Wiederöffnung der Schranken getroffen hätte / und ungefellet blieben währe / solte seinen Nahmen den hochweisen Herren Richtern anmelden / und solte kein Ritter bemächtiget seyn / denselben außzufodern / er hätte dann mit neun Rittern sich schon versuchet.

XIII. Würden alle Ritter biß auff zehne gefellet / solten diese zehne einer den andern weiters nicht außfodern / es geschehe dann mit Königin Valisken vergünstigung /welche in diesem Stük masse geben würde.

XIV. Welcher abgestochen würde / daß er zugleich sein Speer auff seinem Bestreiter ritterlich gebrochen /oder denselben herunter geworffen hätte / solte weiter zustechen berechtiget seyn / aber nicht mit diesem.

XV. Wessen Pferd im Treffen fiele / und er im Sattel bliebe / solte vor ungefellet gehalten werden.

XVI. Wer abfiele und bräche sein Speer nicht / solte ferners ruhig seyn / oder Vergünstigung / weiter zustechen / von Königin Valisken erwarten.

XVII. Wer beide Stegreiffe und den Zaum verlieren würde / solte vor gefellet geschätzet werden.

XIIX. Wer zum andernmahl abgestochen würde (verstehe / daß er schon einmahl abgestochen währe) / so daß er beidesmahl sein Speer unzerbrochen behielte oder fallen liesse / solte um weitere Vergünstigung zusiechen nicht anhalten.

XIX. Ob etliche Ritter einer gewissen Landschaft Geselschafts Weise stechen / und sich nicht sonderlich wol verhalten würden / solte niemand der ganzen Landes Art ein solches ungleich oder schimpflich auffrücken oder außlegen / bey Ehr- und Lebens Straffe.

XX. Dafern ganze Geselschafften groß oder klein /wieder ganze Geselschaften stechen würden / solte ihnen über zween gemeine Ritte nicht vergönnet / auch der Fal im Geselschaft-Rennen niemande am absonderlichen stechen verbinderlich seyn / doch solte des Obsiegers Wolverhalten gerechnet / und wer beidesmahl ohn Zerbrechung seines Speers stürzete / nach der 16den Satzung geurteilet werden.

Nach verlesung dieser zwanzig Bedingungen (welche schon vor fünff Tagen wahre angeschlagen) wurdẽ sie öffentlich in den Schranken aufgehenket /da alsbald ein zierlicher[911] ädelknabe auff der Steche-Bahn erschien / und nach erzeigeter Höfligkeit / mit heller Stimme dieses vorbrachte: Königin Valiska /entbeut allen hieselbst versamleten Rittern / nach Standes Gebühr ihren Gruß und Gnade / und weil sie zwo gleiche Schaaren / jede 43 stark / gegen einander halten sihet / lässet ihre Hocheit dieselben fragen / ob ihnen belieben könne / also Schaars weise auffeinander zutreffen / daß ein jeder ihm einen Mañ / der gegen ihn hält / wähle / und mit demselben einen oder zween Ritte wage / als dann sol keinem gefelleten der Fall am künftigen Stechen / es geschehe in kleineren Schaaren / oder einzelner weise / schädlich seyn / wiewol jeder Uberwinder von ihr einen sonderlichen Dank empfahen sol. Dieser Vorschlag gefiel beydes den Stechern und Zusehern / und leisteten jene zuvor den Richtern den vierden Saz / gaben sich in Ordnung / wie sie hinein geritten wahren / und empfing ein jeder die Hofnung / den Sieg zuerhalten / welches doch unmöglich wahr. So bald in die Trometen gestossen ward / ranten sie in zierlicher Ordnung auffeinander loß / legeten ein / und traffen so wol / daß alle Speer bey stücken in die Luft flogen / auch kein einziger den Sattel räumete / ungeachtet ihrer etliche sich mit den Leibern dergestalt rühreten / daß ihnẽ sehen und hören verging; wiewol drey Pannonier / ein Teutscher / zween Römer / drey Franken / zween Böhmen / ein Parther / zween Meden / so viel Friesen / Schweden und Dähnen / und drey Wenden schier den kürzern gezogen hätten. Jederman muste gestehen / daß sie nie kein zierlicher Treffen in so grosser Geselschaft gesehen hätten. Sie schicketen sich zum andern Ritte / aber an der einen Seite musten auff Valisken anordnung die Ritter einer jeglichen Geselschaft ihre Stelle verendern / damit keiner mit seinem ersten Wiedersacher zutreffen kähme; dieser Saz nun wahr ernstlicher als der vorige / aber auch von mehrer Wirkung; dann ein Teutscher fiel mit samt dem Pferde /nach wol gebrochenem Speer übern hauffen; fünff Pannonier / drey Franken / vier Dänen / drey Römer /drey Friesen / zween Böhmen / vier Schweden /zween Parther / ein Mede / und vier Wenden musten herunter / denen etlichen ihre Pferde im fallen Geselschaft leisteten; die übrigen / unter denen die neugemachte junge Böhmische Grafen wahren / hielten sich sehr wol. Königin Valiska begehrete von den Obsiegern ein Pfand / aber die ganze Ritterschaft hielt an /daß ihnen das dritte Treffen möchte gegönnet werden; welches sie dann leicht erhielten / da von ihnen alle Kraft angewendet ward / so daß drey Teutsche / fünff Franken / sechs Römer / vier Böhmen / vier Parther und zween Meden an einer; an der andern Seite aber sieben Pannonier / sechs Dänen / fünff Friesen / fünff Schweden und sechs Wenden die Erde küssen musten / und wahr ein solches ungestümes Treffen / daß der mehrerteil seinen Gegener zugleich mit erlegete / aber doch keiner / daß zu verwundern / sonderlichen Schaden nam. Leches / Neda / Prinsla / Klodius und Markus wahren mit unter den Obsiegern / und hatten in allen dreiẽ Treffen keinen Wank getahn / dessen sie sehr geruhmet wurden; welchen Preiß auch zween Teutschen / ein Pannonier / ein Römer / zween Franken / zween Schweden / ein Dähne zween Parther /und ein Wende erhielten / und diese alle und jede von Königin Valisken einen güldenen Ring auff 500 Kronen gerechnet / bekahmen. Nach diesem Treffen fand sich ein jeder bey seiner Geselschaft / und foderten die Teutschen ihre Gegener die Pannonier aus / da ein Teutscher Herr von der Oker / da jezt die berühmte Stad Braunschweig lieget / nahmens Wilhelm / in zehn ritten sechs Pannonier mit grossem Ruhm erlegete / deren zween[912] doch zuvor drey Teutsche Sattel-loß gemacht hatten. Die acht Römer traffen mit den acht Schweden / da alle Römer biß auff Klodius und Markus abgestochen wurden / und hingegen fünff Schweden absattelten / drey aber sich sehr wol hielten. Die neun Franken wähleten die neun Dänen / legeten mit ihnen an / und hielten im ersten und andern Treffen einander die Stange redlich / aber im dritten fielen sechs Dähnen und sieben Franken / zu Bodem /und hielt Ritter Farabert sich hieselbst am besten. Die acht Böhmen bekahmens mit den acht Friesen zu tuhn / da vier Böhmen / aber auch alle Friesen den unwilligen Sprung tuhn musten. Die Parther und Meden rieben sich an die Wenden / da ein Parther vier Wenden / jeden im andern ritte herunter sties / nur der lezte stürzete im dritten gange / hingegen huhben zween Wenden drey Parther und einen Meden aus / daß gleichwol der eine im falle Geselschaft leistete / weil ihm die Sattelgurt zubrach. Das einzelne Rennen ging hierauff an / welches ein Schwedischer Herr / nahmens Haldan / anfing und sich tapfer tummelte / in dem er einen festen Römer im andern ritte; einen Böhmen im ersten / zween Pannonier / jeden im ersten /und einen Dähnen im dritten / herunter warff; aber als er sich an Leches rieb / ward er im dritten Treffen der gestalt abgefertiget / daß er den linken Arm im falle zubrach. Ein ander Schwede / nahmens Schwercher /wolte diesen rächen / muste aber im andern satze dem vorigen Geselschaft leisten. Worauff der bißher sieghafte Pannonier sich an Markus machete / und ihn im dritten gange unsauber gnug zur Erden warff / wiewol der Uberwundene sein Speer auff dem Uberwinder brach. Klodius verdroß dieser Unfall nicht wenig /stellete sich an seines lieben Gesellen Plaz / aber den Sieg kunte er nicht behäupten / ob er gleich alle drey Püffe redlich aushielt und bezahlete / und doch im lezten etwas zu wanken gezwungen ward; dessen Prinsla wahr nam / und diesem Pannonier / der ihn gleich ausfoderte / begegnete; im ersten Treffen sassen sie beyde fest; aber im andern purzelten sie beyde mit ihren Pferden über und über / so daß der Pannonier das rechte Bein im falle in etwas zuknirschete. Der Teutsche Herr von der Weser / Herr Betram setzete sich nachdem auff die Bahn / hatte seinen Siz /da anjezt die Stad und Festung Hameln lieget / (von welcher ehmahls ein müssiger Kopf getichtet / ob solte ein Ratzenfänger vor etlichen hundert Jahren eine grosse Anzahl minderjähriger Kinder in einen Berg geführet haben / welche unter der Erden hingangen / und in Siebenbürgen wieder hervor gesprungen währen) dieser trefliche Ritter erlangete vor dißmahl grosse Ehre / gestaltsam er acht handfeste Ritter herunterwarff / daß er unbewäget im Sattel sitzen blieb /biß ers mit Leches wagete / der ihn zwar im dritten Treffen schwanken machete / aber ihn doch nicht fellen kunte. Neda hielt sich auch wol / doch hielt ihm ein Dähne die Stange zimlich / daß er ihm nichts anhaben mochte. Farabert bekam das Glük / daß er drey Pañonier / zween Böhmen / einen Dänen / und zween Friesen aushuhb / aber unter Leches seinem Speer muste er erliegen / welches auch den nähstgedachten starken Dähnen in den Sand nidersetzete. Als nun das Stechen vor dißmahl über die gesetzete Zeit angehalten / und die Sonne das mittages Ziel schon hinter sich geleget hatte / ward der übung vor dißmahl anstand gegeben / und stellete sich Valiska / Lukrezie und Klara ein / den Uberwindern nach der Richter einhelliger Urtel / den Preiß auszuteilen. Wegen des Stechens da eine Landes-art Geselschaft mit der andern getroffen hatte / bekam Graff Leches / Herr Betram und Graff Neda den höchsten Gewin /[913] jeder eine Speer Spitze von klammern Golde mit Demanten außgesetzet / deren jede 1000 Kronen außtrug; den andern empfingen Graff Prinsla / Herr Wilhelm / und Graff Klodius / jeder ein Kleinot von 900 Kronen; den dritten Graff Markus / Herr Farabert und ein Parther; jeder eine Huhtschnur zu 400 Kronen. Aber wegen des absonderlichen Treffens musten Leches /Bertram / und der frische Pannonier den ersten Preiß nehmen / jeder ein köstliches Pferd mit Silbern Hueffeisen und gestiktem Sattel / am Wert 1500 Kronen /den andern Preiß bekam Neda / Farabert und Wilhelm / ein herliches Schwert auf 1000 Kronen. Den dritten Prinsla / der Schwede Haldan / so den Arm zubrach /und der Däne / welcher mit Neda so tapffer getroffen hatte; jeder ein Par güldener Sporen mit Rubinen außgelegt / 600 Kronen am Preiß. Und damit gleichwol der ansehnlichsten Manheit ein Vorzug gegeben würde / setzete Königin Valiska ihrem geträuen Leches und Bertram einen grünen Roßmarien Kranz auff / und erinnerte sie / daß in Beschützung der unschuldig-unterdrükten / sie ihre Stärke anwenden solten; vor welche sonderliche Gnade sie sich untertähnigst bedanketen. Nach auffgehobenen Speisen bereiteten sich die jungen Könige und Fürsten zum Ringel Rennen / bey welchem Valiska sich in Amazonischer Kleidung mit finden lassen wolte / und ward sonst niemand ohn der junge Fabius in diese Geselschafft genommen / weil Leches und die anderen jungen Grafen sich dessen aus Untertähnigkeit wegerten / und unter der Ritterlichen Geselschafft mit stechen wolten / welche ihre eigene Bahn hatten. Ladisla machete an jener Seite / Leches an dieser den Anfang / und hielten sich sehr wol. Herkules dort / und Neda hier /machtens gleich also / wie auch Valiska und Kodius; König Mnata aber (der in dieser Ubung schlechte Erfahrenheit hatte) taht den ersten Fehlrit / wie auch Prinsla an jenem Orte. Baldrich und Olaff wahren gleiche eiferig / nicht weniger Siegward und Arbianes / denen Markomir und der junge Fabius nichts nachgaben / aber niemand taht es Herkules und Valisken gleich / und wahr eine Luft anzusehen / wie zierlich diese aller schönste Königin den ädlen Blänken unter der Zeit tummelte / wann die anderen in der Ubung des rennens wahren. Die Königlichen Zuseher hatten sich vordismahl anders verwechselt / so daß der Schwedische und Böhmische König den ersten; der Teutsche und Dänische den andern; der Fränkische und Herr Fabius den dritten Stand hielten / und der Däne König Henrichen glükselig preisete / daß der Himmel ihm nicht allein einen so volko enen Sohn /sondern auch gleichmässige und in allen Tugenden vortrefliche Schwieger Tochter gegeben hätte / welche sonder einige Schmeicheley der ganzen Welt Beherschung wirdig währen. Worauff er zur Antwort gab; er dankete dem wahren Gott billich / daß er diesen seinen Kindern eine Tugend begierige Seele eingegossen hätte / hoffete auch / sie würden biß an ihr Ende dabey beständig verharren; jedoch rechnete er dieses noch nicht vor seine oder auch ihre höchste Glükseligkeit / sondern dz sie neben ihm zur seligmachenden Erkäntniß des einigen wahren Gottes / und zur ungezweiffelten Hoffnung des ewigen Lebens kommen währen / als welches ihrer aller Gewissen / Geist und Seele inniglich erlüstigte / daß sie nach dieser mühseligen Vergengligkeit / die billich einem Schatten und Traum vergliechen würde / eine ewig bestendige und aller Dinge unvergängliche Himmels-Freude von ihrem Heylande JEsus zugewarten hätten / deren kein irdischer Pracht / keine weltliche Ehr und Wollust möchte verglichen werden / ob[914] man gleich über hundert Königreiche die Kronen auff dem Häupte trüge. Der Dänische König hatte dieser Christlichen Rede keine Empfindligkeit / sondern schätzete es vor einen eingebildeten Wahn / dessen rechten Grund zuerforschen ihm dannoch etlicher massen anlag; wolte aber sichs gegen König Henrich nicht merken lassen / sondern nahm vor / von seinem Sohn sich hernähst dessen zuerkunden / welches doch etliche Jahr verbliebe /uñ er kurz vor seinem Lebens Ende von demselben zum Christentuhm gebracht ward. Unter diesem und anderen Gesprächen ging das Ringelrennen beiderseits eiferig fort / und zwar an der Ritter Seite so viel hefftiger / weil daselbst ein dreydoppeltes Gestelle neben einander auffgerichtet / und drey Ringe zugleich angehänget wahren / daß allemahl ihrer drey zugleich rennen kunten / und funden sich über hundert und sechzig Ritter / mehrenteils Grafen und Herrn Standes bey dieser Ubung / welche biß an den späten Abend anhielt. An Fürstlicher Seite schämete sich König Mnata sehr / daß er in der Jugend dieser Ubung nit fleissiger obgelegen wahr / dann er wahr gegen die anderen kaum ein Lehr Schüler zurechnen /daß er endlich das Stechen gar angab / und auff sich selbst zürnete / daß er als ein unerfahrner sich darzu hatte bereden lassen. Als der Sonnen Untergang dem Spiel sein Ende gab / traten die jungen Fürstinnen /Klara und Schulda an Fürstlicher Seite hervor / lieferten Herkules und Valisken den höchsten Preiß / jedem ein Perlen Krönichen von treflicher Zierde und Kostbarkeit / welche sie auch von ihrer Hand annahmen /aber Herkules das seine Fürstin Schulda / und Valiska das ihre Fürstin Klara auff das Häupt setzeten / mit bitte / ihrer stets babey zugedenken. Die Königiñen Lukrezie uñ Vanda teileten den Rittern den erworbenen Preiß aus / als Leches und Klodius / die vor andern sich wol gehalten hatten / und bekam jeder eine Halßkeite von 2000 Kronen. Der Abend ward nach gehaltener Mahlzeit mit tanzen und anderer Lust zugebracht / da Baldrich seinem Bruder anzeigete / er hätte mit Siegward abrede genommen / auff morgenden Tag in fremder Gestalt beym Stechen sich finden zulassen / und auff ihre Schau Bühne andere zustellẽ /damit sie daselbst nicht vermisset würden. Ladisla dieses hörend / erboht sich / den dritten Mann zugeben; so kunte Herkules von ihm nicht bleiben / trat mit ein / und wurden eins / in ganz gleicher Rüstung auffzuzihen / und sonst keinen in ihre Geselschafft zunehmen. Die Ritterschafft stellete sich frühzeitig gnug bey den Schranken ein / aber keiner wolte vor den andern hinein reiten / biß die nähesten darzu von den Richtern angemahnet wurden; Und als die meiste Ritterschafft sich eingestellet hatte / ließ Herkules einen verstelleten Römischen Knaben hineinreiten / welcher den Richtern diese Werbung vortrug: Hochweise und Großansehnliche Herren; es sind vier fremde Ritter /Gebrüder / gestern Abend spät zu ihrem Ebenteur alhie ankommen / gutes ungeschwächten Adels / die ohn Ruhm zumelden / zum Schimpff und Ernst sich ehmahls haben gebrauchen lassen / uñ nach Begebenheit stärkere und schwächere angetroffen; Diese meine Herren melden allen anwesenden Königen und Fürsten / ihre untertähnigste gehorsamste Dienste / den Herren Richtern ihren Gruß / und alle Freundwilligkeit an / und lassen durch mich vernehme / ob ihnen mit gänzlicher Hinterhaltung ihres Nahmens / ein oder etliche Speere zubrechen / könne erlaubet seyn /welches sie weder aus Hochmuht noch Widersezligkeit / sondern aus andern hoch dringenden Ursachẽ begehren. Sie stelleten zwar gerne einen Bürgen / aber in der fremde mißtrauen sie denselben[915] anzutreffen /und hoffen dannoch alhie so viel Glauben zufinden /daß man sie vor redlich halten und erkennen wird /solle auch nach geendigtem Stechen ihr Stand und Nahme gebührlich angemeldet werden / und erbieten sich im übrigen / den Gesetzen sich gemäß zu verhalten. Die Richter gaben nach gehaltener Unterredung zur Antwort: Wann die Großmächtigste Königin / Fr. Valiska sich hierzu gnädigst verstehen würde / könte ihnen solches gleich gelten / deren Antwort zuerwarten stünde. Weil nun diese alles angehöret hatte / ließ sie durch einen Knaben anzeigen / sie bedankete sich wegen des angetragenen Grusses gnädigst / und daß die vier tapffere Ritter Gebrüdere diesem Stechen beywohnen wolten; weil dann ihnen noch zur Zeit nicht geliebete / sich kund zugeben / solte ihnen ihr ansuchen eingewilliget seyn / mit Vorbehalt ihres getahnen Erbietens. Auff welche Erklärung diese viere auff Apfelgrauen Rossen in so gar einträchtigen Waffen den Einrit hielten / daß einiger Unterscheid an ihnen nicht zuspüren wahr / ohn daß Herkules einen weissen / Ladisla einen gelben / Baldrich einen rohten / und Siegward einen grünen Federbusch / auch gleich solche Feldbinden führeten. Die Harnische wahren blau angelauffen / mit kleinen güldenen Striemen; jeder hatte im Schilde vier neben einander stehende Löuen / mit dieser Umschrifft: Fratrum Concordiâ nihil fortius. Nichts ist so stark / als die brüdeliche Einigkeit. Sie sprengeten so freudig / und mit so höflicher Art zu den Schranken ein / daß jederman die Augen auff sie warff / und ihre geschikliche Rittermässigkeit nicht gnug loben kunte. Gegen Königin Baliska über nahmen sie Stand / und erzeigeten sich überaus ehrerbietig gegen dieselbe / mit halbverschlossenen Helmen / daß sie nicht unterlassen kunte / ihr Guk Fenster auffzumachen / und mit Neigung des Häuptes ihnen ihre gute Gewogenheit erkennen zugeben; welches auch Königin Sophia / die neben ihr stund / mit verrichtete. Auff ihren Einzug fand sich noch mannicher Ritter in den Schranken an / die sonst nicht willens waren / mit zustechen / daß ihre Anzahl sich auff 250 belief. König Mnata / Olaff / Arbianes / Markomir und Fabius eiferten über diese vier Brüder / liessen ihre guten Reitharnische holen / und begaben sich in die Schranken; und weil sie nicht wolten erkennet seyn / liessen sie Königin Valisken ihre Nahmen schrifftlich einreichen. Herkules sahe sie hinein zihen / zeigete es seinen Gesellen an / und erkennete sie / ausser Mnata und Markomir / bey ihrem reiten / wünschete auch daß sie vor dißmahl ihren Ehrgeiz gesparet hätten / und beredete sich mit den seinen / ihnen keine Ursach der Ausfoderung zugeben / und alle Gelegenheit ihrer Handwechselung zumeiden. Anfangs tahten sich vier ansehnliche Pannonier hervor / liessen die vier Gebrüder auff ein Speerbrechen ersuchen / und musten die mit Herkules und Ladisla traffen / im ersten Ritte die Erde küssen; Baldrich aber und Siegward wurden mit den ihren im andern Satze fertig. Mnata wunderte sich zum höchsten / daß der / so mit Herkules stach / so leicht gesellet wahr / massen er gegen Olaff bekennete / er würde unter die Handfestesten Ritter gerechnet /als der mannichem Ritter angesieget hätte. Vier andere setzeten sich auff die Bahn / den Unfal ihrer Landsleute zuverbessern / und traff der / so gestriges Tages den ersten Preiß mit davon gebracht / auff Herkules /hielt auch den Stoß redlich aus / und brachte den seinen sehr wol und geschiklich an / dz Herkules gestund / ihm währe die gestrige Ehre nicht unbillich zu teile worden; aber im andern Gange muste er / wie ungerne auch / herunter springen / welches ihn über die masse hefftig verdroß; dann er sahe /[916] daß sein Obsieger dessen von jedermännig gepreiset ward. Ladisla hatte seinen schon im ersten Treffen nidergeworffen /aber Baldrich und Siegward musten den dritten Saz wagen / da es ihnen nach Willen fugete. Noch kunten sie nicht unangefochten bleiben / dann ein sehr starker Dähne / der sich gestern nicht hatte brauchen wollen /foderte Herkules auff ein Speer / setzete auch mit solcher Krafft auff ihn / daß Olaff / der ihn kennete / zu seiner Geselschafft sagete: Dafern dieser des Streits erliegen würde / wüste er dem Obsieger keinen festeren Stecher entgegen zustellen; nicht desto weniger warff ihn Herkules mit samt dem Pferde über und über; weil er aber im Sattel sich fest hielt / ward ihm auff begehren der ander Rit gerne verwilliget / in welchem er dergestalt ausgehoben ward / daß ihm im falle die Waffenriemen zersprungen / und er ohmächtig von dem Platze getragen ward. Ladisla bekam einen Teutschen zum Ausfoderer / der ihm zween Stösse aushielt / und im dritten rüklings absitzen muste /wie dann Baldrich und Siegward mit gleichmässigem Verfolge obsiegeten / jener einem Schweden / und dieser einem Wenden. Alle Zuseher verwundertẽ sich der treflichen Manheit dieser vier Brüder / welche alle mahl die Ordnung hielten / daß der mit der weissen Feder / oben an / nähest ihm der mit der gelben / drittens mit der rohten / und unterst mit der grünen sich stellete / und meyneten die Zuseher / es geschähe ihres unterschiedlichen Alters halben. Fabius begunte seine Geselschafft schon zuvermahnen / ob nit schier Zeit währe / sich mit diesen tapfferen Brüdern zuversuchen; aber Olaff hielt vor rahtsam / daß mans vorerst mit andern wagete / damit sie auch zuvor einen Nahmen erhielten da es irgend gegen diese mißglücken solte; stelleten sich demnach auff die Bahn / und traffen mit vier Böhmen und einem Wenden / da Olaff mit seinem Manne im ersten; Fabius im andern; Markomir auch im andern; Arbianes und Mnata im dritten Stosse fertig wurden / welches den vier Brüdern nicht unangenehm wahr / insonderheit als sie bald darauff zween Friesen / einen Schweden und zween Dänen /im andern Treffen niderwurffen. Drittens wurden sie aber ausgefodert von zween Teutschen und dreyen Franken / da Fabius und ein Teutscher in dreyen Treffen sich umsonst bemüheten / den Sieg zuerhaltẽ /wiewol sie im lezten schier beyde absatteln müssen. Arbianes enthielt sich des Falles bloß durch Behendigkeit / da er seinen Gegener einen Franken herunter warff. Mnata ward von einem Teutschen im dritten Satze mit samt dem Pferde in den Sand gelegt. Markomir erlegete seinen Gegenstecher einen Franken im dritten Treffen. Aber Olaff ward mit den seinen bald anfangs fertig. Die vermeyneten vier Brüder fingen von neuen an / ihre Pferde zu tummeln / ehe dieser Streit geendiget war / damit sie von diesen ihren Freunden nicht angegriffen würden / und stellete Herr Bertram nebest Leches / Neda und Klodius sich gegen sie / hatten sich auch verbunden / alle Krafft anzuwenden / ob ihnen gelingen möchte. Unsern vieren wahr dieses zwar nicht so gar angenehm / jedoch musten sie ehrenhalben sich finden lassen. Es traff aber Herkules zweymahl auff Bertram / und machete ihn im andern Angriffe Stegereiffloß / der Hoffnung / er würde sich des dritten enthalten; weil er aber auff denselben drang / ward er gewehret / und mit samt dem Pferde unsanfft genug nidergeworffen; welches König Henrich sehend / sich verwunderte / wer diesen Handfesten Ritter gestürzet hätte. Ladisla muste seinem geträuen Leches begegnen / der ihm den ersten Stoß ritterlich aushielt / und weil ihm sein König im vorüberrennen einen[917] Wink gab / kante er ihn / und wolte weiter nicht treffen. Baldrich aber hatte Mühe gnug / den festen Neda im dritten ritte zu fellen / welcher doch sein Speer ritterlich brach / also taht auch Klodius seyn äusserste / daß Siegward ihn rühmen must / ging aber auch von dem dritten Stosse über und über. Als Fabius solchen Unfal sahe / und daß Leches weiter nicht anhielt / geriet er in zweifel / ob nicht Herkules und Ladisla unter diesen Stechern währen / durfte sich doch dessen gegen seine Mitgesellen nicht merken lassen / aus Furcht / er würde ihnen verdrieß erzeigen / weil er leicht zu urteilen hatte / sie wolten unerkennet seyn; Olaf aber reizete gewaltig zu / es währe hohe Zeit / ihnen das Speer zu bieten / weil der Sieg löblich / und die Niederlage nicht schimpflich seyn könte / angesehen der grossen Mannheit / welche diese Brüder hätten spüren lassen. Mnata hatte wenig belieben darzu / und ob gleich Arbianes sagete / er hätte sich schon auff eine Wagnis geschikt / auch Markomir sich vernehmen ließ / er wolte nicht länger zu Pferde bleiben / als dieser Brüder einer es ihm gönnen würde / so suchete doch Fabius Ursach / es aufzuschieben / einwendend / er trüge belieben / erst noch einmahl seine Arme gegen andere zugebrauchen; aber es fiel ganz unverhoffet eine gewünschete Verhinderung dazwischen / gleich als Bertram und Neda ihren Gesellen Leches zu Rede stelleten / warumb er das Stechen nicht fortgesetzet hätte / welches ihm von mannichẽ zur Zagheit dürfte gerechnet werden; er aber zur Antwort gab / wann nach des Stechens endigung er dessen nicht gnug gültige Ursachen würde einführen können / welche sie selbst billichen müsten / alsdann wolte er Zeit seines lebens vor einen Verzageten gehalten seyn. Bey dieser Unterredung / sage ich / kam ein ansehnlicher Ritter eilend herzu gerennet / der sich mit acht Rittern vergeselschaftet hatte / schickete auch behende einen zierlichen Römischen Knaben auff einem kleinen Zelter in die Schranken / welcher in güldenem Gewande gekleidet wahr / und mit artiger Ausrede dieses in Lateinischer Sprache vortrug: Hochweise ansehnliche Herren Richter dieses treflichen Speer brechens; mein gnädiger / dieses Orts unbekanter Herr / nähst anerbietung seiner Dienste / Grusses und Freund willigkeit / hoffet nicht allein eure gute Gewogenheit / sondern vorab der gegenwärtigen Großmächtigsten Königen und Königinnen / dann auch der Durchleuchtigsten Fürsten und Fürstinnen / und zugleich der hochansehnlichen sämtlichen Ritterschaft / nach gebühr gnädigste und günstige Vergebung / seines fast unzeitigen und späten vornehmens / und lässet durch mich nachfragen / ob ihm und seinen acht Gefärten gutes Adels vergönnet seyn könne / in die Schranken zu reiten /mit der Bedingung / daß vor endigung des Speerbrechens sie nicht genöhtiget werden / ihren Nahmen zu melden / als dann geloben sie / den übrigen Satzungen gemäß zu leben. Die Richter bedanketen sich des angetragenen Grusses / und verwiesen dz übrige an Königin Valisken / welche nicht anders meinete / als daß ihr Herkules vor den Schranken hielte / welches sie zwar ungerne sahe / und ihm solches doch nicht wegern durfte; ließ demnach durch einen Knaben diese Antwort geben; Dem fremden Herrn und seinen Gefärten solten auff ansuchen und erbieten / die Schranken ungewegert seyn / wiewol man lieber gesehen hätte / daß sie etwas zeitiger währen zugegen gewesen. Worauff der Fremde sich bedachte / ob er einzihen oder zurük bleiben solte; doch weil die seinen /als welche Ehre zuerwerben hoffeten / ihn fleissig anmahneten / ritte er in seiner Pracht hinein. Er hatte einen ganz vergüldeten Harnisch an; sein Pferd wahr schneweiß / mit einer kostbaren Decke[918] von der aller reinesten Seide gelber farbe behänget / auff welcher eine gute anzahl Morgenländischer Perlen geheftet wahren; das Gebiß wahr von klarem Golde / und der Zaum starrete von Demanten; die Steifbügel wahren ganz gülden / mit Rubinen und Schmaragden eingeleget / und der Sattel gelbe / mit gleichen Steinen gezieret; das Schwert führete er in einem gelben Feldzeichen / mit Perlen gesticket. Im Schilde stund Königin Valisken Ebenbild / die einen nidergeworffenen Löuen mit Füssen trat / dabey diese Umbschrifft: Virgo Bohemica Leonem Parthicum domuit. Das Böhmische Fräulein hat den Parthischen Löuen gezähmet. Auff dem Helme stund dieses gekrönete 8. und Leztes Buch Königin Balisken ehemahlige Zeichen / in Gold schwarz eingeetzet /und ein Täflein daneben / darauff diese Worte: Post Luctum Gaudia. Freude nach Leid. Er sprengete vor seinen Gefärten her / neigete sich gegen Königin Valisken sehr demütig / und durch seine herzhafte Geberden gab er gnug zuverstehen / daß er noch wol ein Treffen mit wagen dürfte; ritte hernach zu der auffgehengten Taffel / und durch deren berührung gab er zuvernehmẽ / daß er sich den Satzungen gemäß verhalten wolte. Seine acht Gefärten folgeten ihm von ferne / und setzeten sich mit ihm an einen absonderlichen Ort / wehrete auch nicht lange / daß neun Pannonier sich ihm entgegen stelleten / deren der fremde Herr seinen Mann im ersten Treffen niderlegete / und ging es den übrigen im andern und dritten ritte gleich also. Neun andere / teils Böhmen / teils Friesen / funden sich an der gefelleten Plaz / aber sie wurden mehrenteils im ersten gange abgestossen / und die übrigen im anderen / so daß Herkules an diesem Wolverhalten grosses belieben trug / taht auch seinen Gesellen den Vorschlag / er wolte Leches Neda / Bertram / Prinsla und Wilhelm in seine Geselschaft nehmen / und alsdañ mit diesen fremden es wagen. Diese fünffe wurden alsbald herzu gefodert / und hermeten sich nicht wenig / daß sie wieder ihre Herren das Speer gerichtet hätten / wahren dannoch sehr froh / daß sie von keinen andern gefället wahren / preiseten Leches wegen der frühzeitigen Erkäntnis glükselig / und stelleten sich als ohngefehr hinter Herkules / da inzwischen drey Teutsche / zween Franken / drey Schweden und ein Dähne sich an die Fremden macheten / und im ersten Treffen sich alle miteinander wolhielten / wiewol sie im andern gange alle neun herunter musten / da von den Fremden ihrer drey mit absattelten / wiewol sie alle ihre Speer redlich gebrochen hatten / daher Herkules die seinen vermahnete / gute Aufsicht auff sich selbst zuhaben / weil sie vor Augen sähen / daß sie es nicht mit Kindern würden zu tuhn bekommen. Valiska hielt den fremden nunmehr eigentlich vor ihren Herkules / und wahr in ihrem Herzen fast gewiß / daß er wegen der vier Brüder Wolverhalten sich hätte bewägen lassen / ihre Kräfte zu prüfen / da dieser Fremde sich noch mit etlichen einzelnen versuchete / und sie glüklich herunter warff / daher wolte Herkules sich auch sehen lassen / und foderte einen ansehnlichen starken Gothen aus / der sich schon wol gebraucht hatte / und dieser Ehre sich hoch erfreuete /ihm auch zween gewaltige Püffe aushielt / aber doch zum drittenmahl einen / wiewol sehr unwilligẽ Sprung nehmen muste; und ob zwar ein ander handfester Gohte es zu rächen meinete / lief doch dessen Pferd im andern Satze ohn seinen Reuter davon. Der Fremde hatte inzwischen ein wenig geruhet / und wahr von den seinen verständiget / was gestalt die vier Brüder ihre Anzahl ihnen gleich gemacht hätten /ohnzweifel mit ihnen anzubinden / welches er gerne hörete / und sich ihnen als bald entgegen setzete. Aller anwesenden Augen wahren auff diese[919] beyde Häuflein gerichtet / die sich in Ordnung stelleten /und durch hurtige sprengung ihrer Pferde zuverstehen gaben / daß sie zum Treffen unerschrocken währen. Herkules bekam den Vornehmsten zum Gegener / und traff mit ihm sehr ernstlich / so daß dieser schon im erstenmahl zu wanken begunte; dessen Valiska nicht wenig erschrak / welche diesen Fremden sich so gar vor Herkules eingebildet hatte / daß sie zu keinen anderen Gedanken greiffen kunte / insonderheit / als sie sein Schild und Helm-Zeichen sahe / deswegen sie des andern rittes sich sehr bekümmerte / und wenig fehlete / sie hätte überlaut geschrihen / als sie gewahr ward / daß er von jenem vier Bruder dergestalt getroffen ward / daß er das übrige seines zubrochenen Speers fallen ließ / und an seines Pferdes Mähne sich halten muste / dessen er sich nicht wenig schämete /und wünschete / er währe über hundert Meile davon /dann er meinete nicht anders / als Herkules stünde auff seiner Schau-Bühne / und würde ihn nach erkennung vor einen ohmächtigen Ritter halten / daher er den dritten Strauß wagete / und sein Verbrechen einbringen / oder gar verspielen wolte; welches lezte auch erfolgete / dañ er ward dergestalt getroffen / daß er über und über ging / und doch keinen Schaden nam / wiewol Herkules Pferd wegen grosser bemühung schier auff den Kopf gestürzet währe / wie es dann durch verrenkung eines Hinter-schenkels zum weitern Gebrauch undüchtig ward / daß er ihm ein anders muste zuführen lassen. Des Fremden Gefärten hielten sich sehr wol; dann Ladisla erlegete seinen Mañ im dritten Treffen / mit solcher Mühe / daß er selbstschier hätte mit springen müssen. Baldrich muste seinen Gegener in allen dreien Treffen fest sitzen lassen /und hätte er selbst im lezten schier den kürzern gezogen. Siegward stürzete mit seinem Pferde / als er seinen Gegenkämpfer durch den dritten Stoß hatte herunter geworffen. Leches und sein Mañ gingen beyderseits im andern ritte zu Bodem; Neda verlohr im dritten beyde Stegreiff / aber sein Bestreiter muste mit samt dem Pferde stürzen. Prinsla ward im dritten gange gefellet / und blieb der so ihn herunter stach /fest sitzen. Bertram und sein Gegener hielten einer dem andern die Stange redlich; aber Wilhelm und sein Gegenstecher stissen sich mit den Leibern / daß sie beyde das Maß auff der Erde nahmen. Herkules verwunderte sich dieser ritterlichen Geselschaft dergleichen ihm nie vorkommen wahr / Fabius kunte nicht aussiñen / wer sie seyn möchten / uñ merkete an des vornehmsten Schilde doch / daß sie bekante wahren. Dieser hatte sich schon wieder zu Pferde gesetzet /des Vorhabens / mit dem andern vier-Bruder es auch zu wagen; aber Olaf / dem sein Herz brante / Ehre an ihm zuerstreiten / setzete sich ihm entgegen / traff auch dergestalt mit ihm / daß ihnen beyderseits das Herz puffete / wiewol sie unbewäglich sitzen blieben /und den Wahn geriet / es würde Leches seyn. Im andern Satze gebrauchten sie sich gewaltiger / daß nicht allein ihre Speere in die Luft flogen / sonder sie beiderseits zimlich wanketen / und der Dänische König seines Sohns Rittermässigkeit (welchen er doch dazumahl nicht kennete) sehr lobete. Im dritten Treffen aber gingen sie beide mit samt den Pferden in den Sand liegen / und wahr zuverwundern / daß der fremde das Genik nicht zubrach / massen seine Gefärten ihm daß Pferd vom Leibe heben musten / welchem der linke hinter-Schenkel rein abgebrochen wahr. Nun wolte Fabius seiner Gesellen einen auch prüffen / und foderte den ansehnlichsten aus; aber im dritten Gange muste er springen; des Herkules leidig wahr / und seinen Fal dergestalt rächete / daß diesem Obsieger im andern Treffen /[920] da er zur Erden stürzete / der rechte Arm verrenket ward. Die anderen Anwesende Ritter wolten nicht müssige Zuseher seyn / und fingen in so grosser Menge das Stechen an / daß ihnen die sehr weite Bahn kaum Raum genug gab / und ließ Arbianes sich hieselbst dergestalt gebrauchen / daß er in 15 Ritten / neun ansehnliche Ritter niderlegete. Baldrich und Siegward / wie auch Fabius / gebraucheten sich nicht minder / aber Herkules und Ladisla wolten weiter ungefodert nicht stechen / darum hielt sich auch König Mnata ein; aber der fremde Herr tummelte sich weidlich / traff auch mit Siegward / und musten ein ander sitzen lassen. Das Stechen verzog sich über die bestimmete Zeit / und ging so krauß und bund durcheinander / daß fast keine Ordnung mehr zusehen wahr / daher auch die Richter zum Abzuge auffblasen liessen. Valiska (welche nicht anders meinete / als daß ihr Herkules herunter gestochen währe) und mit ihr Sophia / Lukrezie und Klara / traten herzu / die Gewinn außzuteilen / und liessen anfangs die beiden ersten vier-Brüder herzuruffen / deren jedem sie ihr Brustbild an einer Demant Ketchen / von 4000 Kronen wert um den Hals warff / und sie also anredete: Sehet da ihr trefliche uñ unüberwindliche sie greiche Ritter / nehmet hin den Dank eures wolverhaltens /welcher ohn einiges Richters Zweiffel euch gebühret uñ fahret fort / allen beleidigten zu gute / eure Waffen zugebrauchen / mit welchen ümzugehen ihr so wol gelehret seyd; ich zweifele nicht / sie nebest ihren Brüdern / werden von ihrem Abzuge / wie eilig er auch seyn möchte / ihren Nahmen und Stand uns wissen zulassen / unbeschweret seyn. Herkules sahe / daß er vor ihr nicht länger kunte verborgen seyn / und sagete zu ihr auf Medisch: Wie mein Schaz? kennet ihr mich und euren Bruder nicht mehr? es ist aber noch nicht Zeit daß man uns kenne / sonst würden meine Mit Brüder / Siegward und Baldrich sich bald melden. Ging hierauff mit Ladisla davon / und ließ sie in lachender Freude und Verwunderung stehen. Nach ihrem Abscheide wurden die anderen beide vier Brüder / auch der ansehnliche fremde / und Fürst Olaff gefodert / denen Königin Sophia den andern Dank mit diesen Worten einhändigte: Weil eure herzhaffte Tugend ihr Herrn Ritter / sich im heutigen Stechẽ vor vielen andern hat hervorgetahn / muß ihr der gebührliche Preiß billich bleiben; legete ihnen darauff eine güldene Kette mit ihrem Brustbilde an / welches mit Demanten um setzet wahr / auff 2300 Kronen wert. Den dritten Dank ordente man Arbianes / Fabius / Leches / Betram / und zween aus des fremden Herrn Geselschafft zu; nehmlich den ersten dreyen eine güldene Kette / mit Königin Lukrezien Bilde / welche sie ihnen selber um den Hals warff / und jede 1800 Kronen außtrug. Den andern dreyen gad Fürstin Klara ein gleichmässiges Geschenk mit ihrem Brustbilde / und erinnerte sie die Fremden ihrer Schuldigkeit eingedenk zuseyn / uñ vor dem Abzuge sich zunennen. Worauff der fremde Herr sich gegen Königin Valisken tieff neigete / zog seinen Helm ab / und setzete sich vor ihr auff ein Knie / in Meinung / nach geleistetem Hand Kusse seinen Gruß abzulegen; weil sie ihn aber alsbald vor Fürst Pharnabazus von Susa kennete / hub sie ihn geschwinde auff / umfing ihn mit beiden Armen auffs freundlichste / und sagete zu ihm: Mein in Ehren herzgeliebeter Herr Bruder und wahrer Freund / hat eure Liebe die beschwerliche Reise auff sich genommen / uns zubesuchen / so gibt er dadurch seine hohe Gewogenheit mehr als zu viel an den Tag; wil ja nicht hoffen / daß einige Noht oder Gefahr denselben hieher getrieben hat / auff welchen Fall wir dann weder Mühe noch Völker zu der[921] der Hochfürstlichen Verbündniß Dienste sparen werden. Er aber gab zur Antwort; seine Ankunfft währe auß keiner andern Ursach / als bloß aus Getrieb seiner herzlichen und untertähnigen Neigung geschehen / mit welcher er ihrer Königl. Hocheit / auch dero Herren Gemahl und Bruder zugetahn uñ verbunden währe. Die vermeinete Gefahr hätte nichts auff sich / massen des Feindes Macht dergestalt geschwächet währe / daß er sich in seinen Festungen einschliessen müste / wovon er zu gelegener Zeit Bericht tuhn wolte. Nun erblickete Fabius ohn gefehr dieses bekante Angesicht / sprengete hin zu Arbianes / und sagete; Herr Bruder sein Oheim Fürst Pharnabazus ist der fremde Herr mit Königin Valisken Bildniß / welchen ohn Zweiffel die hohe Begierde nach den beiden Helden hieher getrieben hat. Dieser wolte es vor Freuden kaum gläuben; weil aber Ladisla seinen geträuen Tyriotes / Obristen Bubazes und den Teutschen Wedekind mit entblösseten Häuptern stehen sahe / gedachte er alsobald / Pharnabazus würde verhanden seyn / daher er zu Herkules sagete; gilt Bruder / du hast heut mit unserm Freunde Pharnabazus gestochen. Mit diesem Worte kam Fabius herzu / und machte Leches / was er gesehen hatte / zuwissen; welches Herkules bewågete / sich diesem nicht allein zuerkennen zugeben / sondern ritte mit seiner ganzen Geselschafft hinzu / fand die Warheit / vergaß seiner Verstellung / und nach abgezogenem Helme trat er hin / und hieß ihn mit einem brüderlichen umfahen sehr wilkommen seyn; hernach baht er umb Verzeihung / daß er / wiewol unwissend / wider ihn gestochen hätte. Dieser freuete sich von ganzem Herzen / daß kein ander als Herkules sein Obsieger wahr / erzeigete ihm grosse Ehre / und entschuldigte sich /dz er ihn an seinem ritterlichen und unvergleichlichen Verhalten nicht bald anfangs erkennet hätte / welches nur die gemeine Sage verhindert / daß die Könige Herkules und Ladisla auff ihrer SchauBühne sich hielten; legete sichs hernach zum sonderlichen Glük aus / daß er noch die Ehre gehabt / mit dem trefflichen Ritter der Welt ein Speer zubrechen / von dem jeder man überwunden zuwerden / sich fast schuldig erkennete. Herkules wolte seiner Höfligkeit länger nicht zuhören / ließ Ladisla hinzu treten / ihn zuempfahen /und hieß inzwischen Bubazes und die übrigen / unter dem Nahmen seiner Freunde und Spießgesellen sehr wilkommen seyn / mit dem erbieten / ihnen die Mühe ihrer getahnen Reise nach Vermögen zuersetzen; hernach begab er sich wieder zu Pferde / ritten des Weges nach dem Schlosse zu / und muste Pharnabazus wider seinen Willen zwischen Herkules und Ladisla reiten. Valiska folgete mit dem andern Frauenzimmer ihnen auff dem Fusse nach in ihrer schönen Gutsche / welche sie zu Persepolis empfangen hatte / und als sie nicht weit geritten wahren / begegnete ihnen Mazeus mit 50 Reutern / welchem Herkules entgegen sprengete / ihn zu Pferde umfing / und zu ihm sagete: Mein allerliebster Herr und wahrer Freund / ich weiß fast nicht / ob ich zu Prag oder zu Persepolis mich befinde / so unvermuhtlich ist wir die Gegenwart meiner geliebten Herren und Freunde. Mazeus wolte mit vielen Umschweiffen / seiner Wolberedsamkeit nach /antworten / aber Herkules sagete / nach gehaltener Mahlzeit würde es gelegener seyn; ritten demnach mit einander fort / und sahen zur Seiten einen treflichen ausgeputzeten Elefanten / dessen Valiska zu allererst gewahr wurde / und leicht gedachte / es würden etliche Morgenländische grosse Freundinnen sich darauff befinden / daher sie ihre Gutsche dahin wendete / und die Medische Großfürstin Saptina; Roxanen / Mazeus Gemahl; Barsenen /[922] Pharnabazus Gemahl / uñ ihre geträue Kleofis herunter steigen sahe / deren samt und sonders sie sich nit wenig freuete / und mit Fürstin Klaren alsbald aus der Gutsche sprang / sie zuumfahen. Ihre Unterredung wegen Mangel der Zeit /wahr kurz / und daß sie solches gleichwol gebührlich verrichten möchten / stiegen sie mit einander auff den Elefanten / da Saptina ihre Schnuhr Fürstin Klaren herzlich umfing / und sich aller mütterlichen Liebe und Freundschafft erboht. Diese bedankete sich kindlich / trug ihr allen möglichen Gehorsam hinwiederumb auff / und ließ Valiska sich zwischen ihnen als eins Dolmetscherin gebrauchen; vernam auch mit höchster Vergnügung / daß nach Ableben des Erblosen Fürsten in Assyrien Herrn Armametres / nunmehr Herr Mazeus mit selbigen Fürstentuhm angesehen währe / auff dessen Todesfal / weil er keine LeibesErben hätte / Arbianes in der Herschafft folgen solte. Auff dem grossen Saal ging das empfahen von neuen an / und wurden die höflichen Grüsse von Artaxerxes / Phraortes / und den sämtlichen Bundsverwanten gebührlich abgeleget; auch erzählete Pharnabazus nach gehaltener Mahizeit die unterschiedlichen kleinen Schlachten / welche sider der Unsern Abzuge vorgangen wahren / in welchen der Feinde über 60000 er schlagen / und 40000 gefangen / auch alle Parthische Besatzungen aus Kaspien / Hirkanien und anderen Landschafften der Fürstlichen Verbündniß ausgejagt währen; kurz vor seinem Abreisen hätten die Teutschen / Böhmen und Römer einen Streiff biß jenseit Charas gewaget / daß sie 480 Kauffmans-Wagen / so aus Indien nach derselben Stad gewolt / angetroffen /ihre Begleitung / 5000 stark / niedergemacht / und die Beute zu Persepolis glüklich eingebracht; und ob ihnen zwar unterschiedliche Völker nachgesetzet /hätten sie doch / als zu schwach / keinen Anfal wagen dürffen; der Raub / an Baarschafft / ädelsteinen / Perlen und anderen köstlichen Waaren / hätte sich auf die 15 Million erstrecket / wovon sie dem Persen Könige Artaxerxes den dritten Teil eingeliefert das übrige unter sich brüderlich geteilet / und sich wol beraspelt hätten. Betreffend des Parthischen Wüterichs Zustand / hätte derselbe über das falsche Geschrey ihres Unterganges auff dem Syrischen Meer / sich hoch belustiget / biß ihm andere Zeitung zukommen / und stünde es umb denselben nunmehr ganz schlecht / würde ohn Zweifel gerne einen billichen Vertrag eingehen / wann man wegen seiner begangenen Grausamkeiten ihm verzeihen wolte. Fürsten Pakorus hätte ers zudanken /daß er noch eines Königes Nahmen und Ansehen trüge / da er zuzeiten annoch seinen auffgeblasenen Stolz und Hochmuht zimlicher massen solte blicken lassen. Vologeses währe bey ihm in schlechtem Ansehen / welcher sich auch des Kriegs hätte abgetahn /und zweifelte man nicht / Pakorus würde auch endlich den Lohn des Undanks davon tragen. Unter diesem Gespräch ward der grosse Gamaxus (welchen sie bißher verborgen gehalten) im gewöhnlichen NarrenKleide auf den Saal geführet / welchẽ Herkules ersehend /zu ihm sagete: Sihe da mein Kerl / so hastu auch noch deine Dräuungen erfüllen / und mich biß in Teutschland verfolgen wollen / ungeachtet ich dir den ReuterSaz nach deiner Ausfoderung gehalten habe. Die anwesende so ihn vormahls nicht gesehen / erschraken über diesem Ungeheur / und liessen sich von Valisken berichten / wer dieser Unmensch währe; welcher auff Herkules Rede nichts antwortete / nur daß er einen tieffen Seuffzen gehen ließ / nachdem er schon zimlich mürbe gemacht wahr. Auff der Reise wahr er kärglich gnug gespeiset / und als Leches ihm etliche grobe Speisen[923] vorsetzen ließ / fraß er dieselben geitzig in sich / und sagete zu ihm: Mein Herr / ihr tuht mir hieselbst bessere Freundschafft als in Persen / und O wolte Gott / dz ich alhie entweder gnädigere Herren / oder den schleunigen Tod / wie hart er immer währe / antreffen möchte; worüber Herkules zu Mitleiden bewäget ward / daß er ihm von den besten Speisen aufftragen / und so viel er sauffen mochte / des guten Weins einschenken ließ; da er dann übermenschlicher weise in die 25 Pfund allerhand niedlicher Speise /und daneben 6 Stübichẽ Wein einschluckete; wodurch er die bißher geführete Schwermühtigkeit in etwas ablegete / und Herkules also anredete: Unüberwindlicher grosser Fürst und Herr; ich bin zwar mit harten Streichen genöhtiget worden / mich auff diese Reise zubegeben / welches mir sehr unwillig eingangen / in Betrachtung des Spottes / der mir von unbekanten /wegen meines ehemaligen sehr groben und unverantwortlichen Verbrechens / auffs neue möchte angeleget werden / daher ich dann mein Leben auff dem Meer gerne würde geendiget haben / wann man mich nicht so fest an die Ruderbank geschlossen hätte; Nachdem ich aber viel eine grössere Gnade alhier antreffe / als ich mir einbilden können / so zweiffele ich nicht /Eure Hocheit werde den über mich gefasseten hefftigen und gerechten Zorn gnädigst miltern / und durch mein Elende sich bewägen lassen / ihre so hochgepreisete Barmherzigkeit mir mitzuteilen; bitte demnach durch denselben starken Gott / welcher Eurer Hocheit mich überliefert hat / demühtig und unterlähnigst / dieselbe wolle mir ferner Gnade erzeigen / uñ der Beschimpffung der nicht-werten Knaben mich entreissen / alsdann bin ich erböhtig / alles dasselbe gehorsamst zuleisten / was Eure Gn. von mir begehret und haben wil. Herkules antwortete ihm: Ich hätte dir diesen Geist / der dich anjezt unterrichtet / wol zu jener Zeit wünschen mögen / welches dir sehr vorträglich würde gewesen seyn / und ist mir lieb / dz du nicht allein in der DemuhtSchuele schon zimlich zugenommen / sondern auch meines Gottes Almacht erkennet hast / weiß dir aber auff deine Bitte nichts gewisses zuversprechẽ / ohn daß ich an den Medischen GroßFürsten schreiben / und eine Vorbitte vor dich einlegẽ wil / weil ich über dich nicht zugebieten habe. Großfürstin Saptina zeigete an / ihr Gemahl hätte ihn ausdrüklich mit übergeschikt / daß er seiner Hocheit vor leibeigen wieder solte eingeliefert werden / als eine Gedächtniß ihrer herlichen überwindung. Als Königin Valiska solches vernam / fragete sie Gamaxus / ob ihm dann vorerst seine Gotteslästerung / hernach sein begangener Frevel von ganzem Herzen leid währe. Worauff er antwortete: Es währe ihm beydes von Herzen leid / bähte auch untertähnigst / ihre Hocheit wolten ihm ein kräftiges Wort zum besten verleihen; Er hätte bißher so viel Spot und Streiche erduldet / dz ihm der Hochmuht allerdinge ausgetrieben währe. Ich weiß nicht / sagete Valiska / ob du nach diesem so standhafftig dich im guten / als ehmahls im bösen erzeigen könnest / und nach meiner Vorbitte es mir nicht ginge / als jenem frommen einfältigen Bauren / welcher einer in der Höhle versperreten Schlange / durch Mitleiden bewogen / aushalff /die ihn hernach umbringen wolte. Solche Falscheit /antwortete Gamaxus / hat nie in meinem Herzen Raum finden können / sonsten wolte ich mich des Schmeichels frühzeitig beflissen / und mannichem Elende mich entzogen haben; Versichere demnach Eure Hocheit bey der höchsten Krafft des Himmels /daß ich mich aller Untugend enthalten / und in bäurischer Arbeit mein Brod gerne verdienen wil / als viel meine gekrümmeten Arme und Beine es[924] vermögen. Ich werde es mit dir versuchen / sagte Herkules / und nach Befindung deines Verhaltens mich wissen zubezeigen; welches der elende Mensch mit grosser Herzensfreude annam / und vor dem Tische als einer der geringsten Diener auffwartete. Des folgenden Tages kahmen 124 beladene Wagen an mit allerhand herlichen Sachen und Baarschafften / welche Pharnabazus folgender gestalt austeilete: Königin Valiska empfing im Nahmen der vereinigten Fürsten 30 Wagen / auff welchen 40 Tonnen Goldes an ädeln Steinen / Perlen /Golde / Gewürz und köstlichen Tüchern wahren; und noch 20 Wagen von den Persischen / Teutschen und Böhmischen KriegsObersten / welche 20 Tonnen Schaz an Geld und Gut geladen hatten. Könige Herkules und Ladisla lieferte er 60 Wagen von den vereinigten Fürsten / beladen mit köstlichem Gewehr /Harnischen / Schwertern / Hand Bogen / Pferde Zeuge / güldenen Huefeisen / Steiffbügeln und Gebissen /gestikten Satteln / und jedem ein sehr grosses Trinkgeschir aus klarem Golde / mit Demanten besetzet /alles geschätzet auff 40 Tonnen Goldes. Und endlich Valisken noch 12 Wagen / welche 15 Tonnen Goldes / als fünffjährige Schatzung wegen des Fürstentuhms Susiana brachten; Uber welche vielfältige Schenkungen die unsern sich höchlich beschwereten. Auch lieferte Fürstin Saptina ihrer Schwieger Tochter den treflich geschmükten Elefanten / im Nahmen ihres Gemahls Phraortes / und von wegen Königes Artaxerxes von Waaren / Kleinoten / Perlen / Gewürz und Baarschafften auff 10 Tonnen Goldes. Hernach kam die Geselschafft auff das ergangene Stechen zureden / und gelobete Valiska ihrem Herkules / weil er sie dergestalt auffgetrieben hätte / und seinen Nahmen ihr nicht melden wollen / würde sie nicht ruhen / ehe und bevor ihm ein gleiches angebracht währe / worzu sie dann schon gute Mittel wüste / wie lange sichs auch verzihen würde. Unter dieser Beredung empfing König Mnata ein Schreiben von Mastyes seinem hinetrlassenen Stathalter / wie daß des erhenketen Dropions Bruder Pines / sich seiner Leibeigenschaft loßgemacht / und in elender Gestalt auff den Grenzen des Königreichs angelanget währe; hätte sich aber daselbst ritterlich ausgerüstet / und wie man sagete /nach erfahrung des schmälichen Todes seines Bruders / etliche Schmachreden wieder den König und dessen jetzige Bedieneten ausgestossen / worüber er ihn beim Kopfe nehmen lassen / und ihrer Königl. Hocheit zusenden wollen; zweifelte nit / dafern er loßkommen und im Königreiche geduldet werden solte / würde er nicht unterlassen / Dropions überbliebene wieder auffzuwecken / und das Reich in neue Unruhe zustürzen. Mnata verwunderte sich dieser Zeittung sehr / so dz er unter dem lesen die Farbe etlichemahl verenderte / daher des Schreibens wichtigkeit wol vernommen ward / und Valiska sich nicht erhalten kunte nachzufragẽ / ob es auch in seinem Königreiche wol stünde /deren er zur Antwort gab: Er bedankete sich gegen ihre Liebe der geträuen Vorsorge / und ginge daheim noch alles wol zu / nur daß man ein unvermuhtliches selzames Wild in seinem Lande gefangen / und ihm zugeschicket hätte / welches er König Herkules als eigen übergeben und zuführen lassen wolte / ob ers vielleicht kennen möchte / weil ihrer Liebe der Königin damit gar nicht gedienet währe. Erteilete darauff den Befehl / und ließ alle Anwesende in verwunderlicher Begierde / was Wild dieses seyn möchte. So bald der Unhold an seinen schweren Ketten in den Saal geführet ward / und Herkules ihn sahe / sagte er zu ihm: Wie nun zum Henker? wie schmäcket dir verwägenen[925] das Brod nicht so wol auff der See / als auff dem Troknen / daß du / wie ich gänzlich muhtmasse /durch eine frische Untaht dich von der Ruderbank hinweg gestohlen / und Pannonien wieder gesuchet hast? erkeñe doch nun dereins / daß des allerhöchsten Gottes Rache allenthalben hinter dir her ist / so daß du von neuen in deiner eigenen Heimat mit Ketten must belegt werden / woselbst du am allersichersten zu seyn / dir eingebildet hattest. So bekenne mir nun gutwillig / auff was Weise du loß kommen bist / weil ich ohndas die Warheit von Rom alsbald erfahren /und da ich dich auff Lügen betreffe / gebührlich straffen werde. Der Gefangene / nach ausgehohletem schweren Seufzen / antwortete ihm: Ich unseliger mag wol klagen / daß das verfluchte Glük mir den Rücken zugekehret / und nach ehemaligem wolergehen mich in die tiefste Pfütze aller Wiederwertigkeit gestürzet hat; und rechne mir nicht vor das schlechteste Unglük / daß mein ehemahls gnädigst-gewogener König und Landes Herr / ohn alles mein Verbrechen mir Ungnade zugeworffen / ungeachtet vor seine Hocheit und des Landes Wolfahrt ich mich willig gewaget / und in diesen leidigen Stand gerahten bin / dem ich durch meine Vorsichtigkeit allerdinge meinete entgangen seyn. Warumb trage ich diese Ketten? König Mnata /eure Hocheit frage ich; warumb schleppet man mich als einen Ubeltähter gefangen? geschihets irgend meines Bruders wegen? je hat derselbe mißgehandelt /mus ja mir unschuldigen solches nicht zugeleget werden; und hat er / meine ich / durch einen zuvor unerhörten schändlichen Tod sein Verbrechen bezahlen können. Zwar König Herkules hat Ursach / mich zu rechtfärtigen / aber nicht König Mnata / mich ihm zu übergeben / wo er sonst nicht das Ziel der billichen Belohnung übertreten wil. Man leget mir zu / ich habe wieder den König geredet. Ich leugne es beständig /und ist allerdinge unerweißlich / nur etliche Worte sind mir aus hohem mitleiden entfahren / als ich den elenden Zustand meines geliebeten Vaterlandes gesehen habe / welche meine Wiederwertigen / so vielleicht eine falsche Sorge tragen / durch ungleiche Auslegung mir verkehren / und dadurch meinen König wieder mich auffmachen. Ich bin in mein Vaterland verstohlner weise kommen / habe gemeinet dasselbe in seinem ehemaligen guten Zustande wieder zu finden / aber leider da ich kaum den ersten Fuß hinein gesezt hatte / solch klagen / seufzen / winseln und jammern gehöret / daß ich vor Angst meinete zuvergehen. Ich fragete / ob dann alle wehrhafte Mañschaft durch den Donner vom Himmel herab erschlagen / oder durch eine algemeine Seuche nidergefallen währe; und vernam aus der Antwort / daß eben der Bliz meinen König / und seine drey grosse Kriegsheer getroffen / durch welchen ich und meine kleine Geselschaft vor Padua versenget sind / ehe wirs noch recht empfunden. Nun sehe ich aber / den Göttern sey dank / daß mein König alhie Königlich gehalten wird / welches mich in diesem meinem Unglük ja noch ergetzet / weil Königliche Pannonische Hocheit noch nicht gar unter die Füsse getreten ist. Ey so mag dann mein Bruder immerhin am Galgen verdorren / wann nur mein König lebendig und ein König bleibet. Ja ich wil diese meine Ketten lieber tragen /weil mein König ein König bleibet / als ohn Ketten in Freiheit ansehen / daß mein König solte verächtlich gehalten werden; und wann mich jemand eines andern überzeugen wird / wil ich gerne und willig grössere Straffen über mich nehmen / als ich eine geraume Zeit auff dem Schiffe schon erduldet habe; ja man zureiffe mich alsdann mit eben den glüenden Zangen / welche meinem Bruder sind[926] angelegt. Und O Dropion O Dropion / was vor ein Unglük hat mich nach Padua getrieben / daß ich nicht bey dir bleiben können / deinen verfluchten Ehrgeiz und Hochmuht einzuhalten / welcher dich / deinem eigenen Könige ungeträu zu werden / leider verführet hat? Ich beschliesse aber dieses alles in den Leidens Kasten meines Herzen / weil es nicht zuendern stehet / und damit der Sieges-Fürst über alle seine Feinde / König Herkules sehen möge /daß ich ihm die reine und lautere Warheit vortragen wil / lasse ich seine Königl. Hocheit wissen / daß die tägliche / mehr als hundische Straffen / welche der Käyser mir dortmahls andräuete / mir verdoppelt worden sind; keine einzige Mahlzeit / die doch sehr schlecht und geringe wahr / reichete man mir / ohn vorher angelegte Geisselung / das mein Fleisch schon zu faulen begunte / und ich in eine beschwerliche Krankheit fiel; daher man mich der Bande erlassen muste / und legte der Arzt allen fleiß an / mich zuheilen / nur daß ich umb so viel länger könte verwundet werden. So bald ich besserung äusserlich befand /überfiel mich ein starkes Fieber / welches mich schwach uñ ohmächtig gnug machete / aber doch bald verging / da ich wünschete mein lebenlang damit behaftet zu seyn / weil mirs ungleich erträglicher als die Gesundheit wahr. Ich stellete mich Zeit der Besserung je länger je schwächer / daher kein Mensch acht auff mein Vorhaben gab. Unser Schiff lag eine gute Viertelmeile vom Lande zu Anker / dann es wahr kein Anfurt des Orts / welches mich kühn machete / einen blinden Glückes fall / der mir wol ehmahls gerahten wahr / zu wagen / weil ich sahe / daß zum wenigsten ich zu sterben Gelegenheit haben würde; legete als ein Schwacher meine Niderkleider an / als wolte ich das Gehen wieder lernen / sahe mich umb nach dem Ufer /ergriffe ein Schwert / und schlug den Schiff Herrn mit acht andern (so viel freye Leute wahren nur dazumahl verhandẽ) zu bodem; redete hernach sechs Teutsche an die Ruder geschmiedete Leibeigene mit mir auff /zubrach ihre Bande / setzete mich mit ihnen in den Kahn (nach dem ich etliche der anderen angeschmiedeten loßgemacht / und sie / mit dem Schiffe davon zufliehen / ermahnet hatte) / und fuhren frölich zu Lande. Des Tages lagen wir mehrenteils in Püschen und Felsen verborgen; des Nachts nahmen wir den nähesten Weg nach Pannonien vor uns / kaufften auff den Dörffern nöhtige Speise / dann wir hatten Geldes gnug vom Schiffe mit uns genommen / und kahmen ohn einige Widerwärtigkeit in Pannonien an / da ich dann wie schon gesagt / des Königs und Vaterlandes Unglük erfahren / und diese Ketten / ehe ich michs versehen / an meinen Gliedmassen empfunden habe. Ist es nun / daß mein gnädigster König Mnata meiner geträuen Dienste ehmahls genossen hat; bitte ich untertähnigst / ihre Hocheit wolle bey König Herkules durch ihre kräftige Vorbitte anhalten / daß ich den Römern nicht wieder überliefert werde / nachdem die günstigen Götter mich von denselben loßgewirket haben; kan aber solche meine Freyheit auff andere weise nicht erhalten werden / so bitte ich umb den Tod / bin auch wol zu frieden / und bereit / daß ich bey meinem Bruder auffgeknüpffet werde. Diese lezten Worte bewägeten die ganze Geselschafft zur Erbarmung / aber sein König gab ihm zur Antwort: Was du bey nur suchest / stehet nicht in meiner Gewalt; so hastu ohn mein Vorwissen und Befehl zu jener Zeit den Kampff unter der Bedingung begehret / daß entweder dein Feind oder du / leibeigen seyn woltest /welches ich an dir als an einem verwägenen mutwilligen Menschen billich tadele / und nicht zuendern weiß / was du vorsezlich dir über den Halß gezogen hast. Sonsten gestehe[927] ich / daß du mir vor diesem mannichen guten Dienst geleistet / und sich keiner gefunden / der deines Bruders Verrähterey dich mit beschuldiget hätte / daher ich / in Ansehung deines hitzigen Jach Zorns / dir deine außgestossene Reden /weil du sie bereuest / wol verzeihen könte / aber das übrige / wie du hörest / ist nicht in meinen Händen. Dieser sahe betrübt vor sich nider / durffte auch bey Herkules wegen seines gar zu starken Verbrechens umb keine andere Gnade anhalten / als daß er untertähnigst baht / seine Hocheit möchte an den schon ausgestandenen herben Straffen seinen Zorn gnädigst brechen / und ihm einen schleunigen Tod / es währe gleich mit dem Schwerte oder Strange / wiederfahren lassen / nur daß er den Römern nicht übergeben würde. Worauff ihm Herkules zur Antwort gab: Ich möchte dir diesen demühtigen Geist / Zeit unsers Kampffs / oder kurz hernach / wol gegönnet haben /alsdann würdestu mehr Güte und Barmherzigkeit bey mir haben gefunden / als du dir irgend magst einbilden können; Zwar mein Zorn hat nie kein mahl von einigem Menschen schwerere Rache begehret / als die Busse / geschweige / daß ich ihm den Tod anzulegen solte getrachtet haben / welchen du jezt als eine sonderliche Gnade suchest; aber bedenke nur selber / ob ich ohn Verletzung meiner Redligkeit anders könne /als dem Römischen Käyser dich wieder zusenden; dann unterliesse ich solches / würde dessen Hocheit von mir halten / ich billichte deinen Mord / welchen du selbst eigener Bekäntniß nach / an neun unschuldigen Menschen begangen hast. Jedoch / daß du meine Gnade und Gewogenheit die du nicht verdienet / erkennen mögest / wil ich dich so lange in gewarsamer Hafft behalten / und an Römische Käyserl. Hocheit schreiben / ob dieselbe dich mir lassen könne; alsdann solstu auff Besserung deines Lebens erfahren /daß ich ja so bereit und willig bin zuverzeihẽ / als du ehmals zubeleidigen. Dieser durch Unglük gezähmeter Mesch hatte sich dieser Gnade nicht versehen /taht einen wehmühtigen Fußfal vor der ganzen Geselschafft / und nach getahner herzlichen Danksagung vor angebohtene Gnade / hielt er bey Königin Valisken an / wie auch bey König Ladisla / und den anwesenden Römischen Herren / ihm bey Kayserl. Hocheit mit ihrer kräfftigen Vorbitte zu hülffe zukommen; welches ihm allerseits versprochen ward / und ließ ihm Herkules auff Königes Mnata Einwilligung die Ketten abnehmen / und Ritterliche Kleider anlegen /daß er neben Gamarus (dem das Narren Kleid auch schon abgenommen wahr) auffwartete. Weil auch nachgehends der Käyser ihn auff solche Vorbitte Herkules schenkete / sprach derselbe ihn nicht allein frey / sondern machete ihn zum Obersten über 2000 Pannonische Reuter / die mit Arbianes fortzogen / da er nach angenommenem Christlichen Glauben sich in Persien gegen die Parther sehr wol gehalten / und in einem Treffen / nach Erlegung einer grossen Menge Feinde / sein Leben ritterlich eingebüsset hat.

O wie eine herliche und Christliche Tugend ist die Versöhnligkeit / deren unser Herkules so gar ergeben wahr / daß er seinen grausamesten Feinden / ungeachtet alles schändlichen Wiederdriesses solcher gestalt vergeben kunte / als hätten sie ihm nie kein Leid getahn: welches ja an Gamaxus und diesem Pines Sonnenklar erscheinet. Seine Freunde hielten ihm offt vor / er überginge fast die Grenzen der Sanfftmuht / aber er pflag ihnen zuantworten; sein Heiland JEsus währe noch viel sanfftmühtiger gewesen / als welcher nicht allein seinen Feinden nach ergangener Busse gerne verzihen / sondern auch mitten in der[928] gewaltsamsten Ungerechtigkeit sich ihrer erbarmet / welches er am herben Kreuz augenscheinlich dargeleget / als er vor seine Feinde gedehten / da er gesprochen: Vater vergib ihnẽ / sie wissen nicht was sie tuhn Ja der hocherleuchtete Paulus in seinem Sende Brieffe an die Römer zeugete / daß der Sohn Gottes nit allein seinen damahligen Verfolgern und Mördern diese Gnade erzeiget / sondern gleicher Gestalt das ganze menschliche Geschlecht geliebet / und vor dieselben sich in den abscheulichsten Tod dahin gegeben hätte / da sie annoch seine Feinde / teils in heidnischer Blindheit /teils im judischen Unglauben / teils in gotlosem Wandel wahren. Und daß wir Menschen ihm solches albernen solten / geböhte er selber mit diesen Worten; Lernet von mir / dann ich bin sanftmühtig und von Herzen demühtig / so werdet ihr Ruhe finden vor eure Seele. Daneben hätte er gnugsam wissen lassen / daß ein unbarmherziges Gerichte wieder die Unbarmherzigen ergehen solte / und der unversöhnliche Haß den Menschen nicht allein in den Augen Gottes unwert machete / sondern gar in die Hand der unbarmherzigen Teuffel zur schreklichen Verdamniß übergäbe; deßwegen wolte er Zeit seines Lebens sich insonderheit der versöhnlichen Gütigkeit befleissigen / und so oft ihn ein fleischlicher Stachel zur Rachgier antriebe /sich selbst zwingen / und seinen Feinden ja so viel gutes / als seinen Freunden erzeigen. Wann ihm dann eingeworffen ward / die Muhtwilligen würden dadurch nur frech / und verliessen sich auff seine Gütigkeit; sagete er; solches würde GOtt an denen schon zustraffen wissen / er wolte dasselbe so eigentlich nicht nachgrübeln / sondern sich nach CHristus Befehl richten / jedoch also / daß den boßhafftigen nicht Ursach zusündigen / viel weniger Freyheit darzu geben würde. O du allerschönste Sanftmuht / wie angenehm machestu den Menschen vor den Gnaden-Augen unsers Heylandes JEsus / des allersanftmühtigsten. Aber wie saur gehet es den Weltergebenen ein /daß sie ihren Feinden nicht allein vergeben / sondern auch wol tuhn sollen. Der teure Herkules wahr nicht so irdisch gesinnet / und rühmete dißmahl König Notesterich an ihm / daß er eines unglüklichen Menschen sein Elend so wol zu Herzen fassen könte; nicht / daß er dieses Pannoniers Verbrechen gut hieß / sondern /weil er in dessen Herzen eine wahre Reue seines begangenen Ubels spürete. Sonsten wahr diese Fürstliche Geselschaft nebest den morgenländischen Gästen in aller zugelassenen Lust sehr frölich / und begehrete einsmahls Valiska von ihrem Herr Vater / ihr den endlichen Verlauff seiner Leibeigenschaft zuerzählen /welchen sie vor diesem / wegen zu heftigen Mitleidens nicht anhören können; worin er ihr gerne zu willen wahr / und in beiseyn aller seiner Anverwanten und der Könige / also fortfuhr: Ob zwar meine jetzige Vergnügung / die ich an den lieben meinigen habe /mir den grösten Teil meines überstandenẽ Unglüks aus dem Gedächtniß entrissen / wil ich doch so viel möglich / mich wieder besinnen / damit die Nachkommen wissen / in was vor Elend ehmahls ein herschender König gerahten; auch meines gleichen gewaltige daher lernen / sich selbst zuerkennen / und daß / wann Gott straffen wil / er so leicht einem Könige als armen Betler die ZuchtRuhte binden kan. Und zwar muß ich nach erlangeten Christentuhm bekennen / daß mein damahl auffgeblasenes stolzes Herz solcher Züchtigung wol benöhtiget wahr; dann ich furchte mich vor niemand / verließ mich auff meine Macht / und auff meine Nachbar Freunde / und meinete nicht / daß mir ichtwas dergleichen hätte zustossen können; daher muste mein Gott mich zur Erkäntniß meiner selbst bringen / wie er dann (ihm sey Dank in[929] Ewigkeit) solches rechtschaffen getahn hat. Ich eriñere mich /schon gemeldet zuhaben / was gestalt der eine Räuber mich mit dem drittel einer Krone von Tode loßkauffte / worauff ich meinete / nunmehr aller Lebens Gefahr entgangen seyn / und fiel noch immer tieffer darein /wie ihr werdet zuvernehmen haben. Mein Herr / der mich gekaufft hatte / wahr seines Alters 54 Jahr /hatte ein junges / zwar nicht heßliches aber sehr freches Weib / die ihn nur zum Schanddeckel zur Ehe genommen hatte / und ohn alle Scheuh vielfältige Unzucht trieb / wozu dieser Geduldige durch die Finger zusehen gezwungen ward / wolte er sonst Gewogenheit im Hause / und raum am Tische haben. Ich hatte solches schon gemuhtmasset; massen da wir auff der Heimreise wahren / er von seiner Geselschafft zimlich auffgezogen / und befraget ward / ob er mich mit einnehmen / und seinem Weibe mich würde sehen lassen dürfen; wie es dann in Warheit nicht anders erging; dann als er seiner Wohnung nahete / geboht er mir /ich solte mich gegen niemand merken lassen / dz ich von ihm gekaüfft währe / sondern mich halten / als gehörete ich einem andern zu. Ich wahr gehorsam /und trat mit meiner knechtischen Kette hinter ihm her / welcher Stand mir dannoch / in Betrachtung der vorigen elenden Gefängniß / als eine sonderliche HimmelsGunst und Freyheit gedauchte. Das Hauß funden wir vol fremder Gäste / welche / weil die Frau eine offene Schenke hielt / weidlich umzecheten / und meinen Herrn nach schlechtem wilkommen zu sich sitzen hiessen. Sein Weib wahr halb beräuschet / und empfing ihn mit dieser Freundligkeit: Wie du altes unnützes Raben Vieh / sagete sie / hat dich alles Unglük schon wieder daher geführet? ich meine / du werdest dich deiner Haut gefürchtet / und deine Geselschaft verlassen haben / die in kurzem ihre Weiber mit reicher Beute erfreuen werden / da hingegen ich dich ernehren muß; O daß du im ersten Tritte den Hals gebrochen hättest / da du zu meiner HaußTühr eintratest / und mich freietest. Tuhe gemach liebes Kind / antwortete er / ich bin zu dem Ende nicht außgezogen /nur müde Beine zuholen / habe auch nicht etwa einem Hasen oder Fuchse nachgestellet / sondern an unsern ungeträuen Nachbarn den Böhmen mich zur Gnüge gerochẽ / und hat das Glük unserer Geselschafft so wol gewolt / daß jeder zu seinem Anteil 1800 Kronen Baarschafft / und 2000 Kronen an markfeilen Gütern erbeutet / welche inwendig einer Stunde alhie seyn werden. Das heist dich GOtt sprechen / sagete sie /ich hatte mir sonst schon vorgenommen / dein müssig zugehen / und vor mich allein zuleben / wie ich dann mein Brod ohn dich wol gewinnen kan; aber nun werde ich mich eines andern besinnen / jedoch dafern du bald wieder fort wandern / und diesem guten Glük weiter nachsetzen wirst. Laß mich zuvor wiederkommen / antwortete er / und etliche Wochen oder Tage außruhen; ich bin ja kein Hund / daß ich immerzu lauffen sol; so muß ich auch zuvor meine Beute anlegen / und gute Länderey davor käuffen. Darauff foderte er Essen / und ließ mir auch ein verworffenes Steinhartes Rindichen geben / dabey ich einen frischen Trunk Wasser bekam / und solche dürre Mahlzeit mir noch zimlich schmeckete. Kaum hatte ich solche Speise eingeschlukt / sahe mich sein Weib hinter der HaußTühr sitzen / und fragete ihn / wer ich währe. Er gab vor / ich währe ihm zum Leibeigenen geschenket / und hoffete er / ich würde mein Brod verdienen können. Worauff sie mich eigentlich besahe / und muste ich vor ihr hin und hergehen; weil mir dañ solches zimlich saur ward / auch der Rücken mir krum stund /die Haar auff dem Häupte und im Barte sehr verwirret wahren / und wenig seines an mir erschien;[930] gab sie mir mit dem Prügel / den sie stets in Händen trug /drey oder vier Streiche über den Rücken / daß ich vor Schmerzen meinete in Ohmacht zusinken; noch muste ich nicht eins saur darzu sehen / weil ich in Hoffnung lebete / sie würde mir Barmherzigkeit erweisen; worin ich mich sehr betrogen fand / gestaltsam sie mit diesen Worten heraus brach: was solte mir der unnütze Greise / der seinen halb tobten Leib kaum schleppen /ja das Haar nicht eins strählen kan? flugs daß man ihn niderschlage / und meine Teich-Hechte damit speise. Zu meinem Glük wahr niemand verhanden / welcher diesen Befehl leisten kunte / uñ setzete ich mich vor ihr auff die Knie / mit heissen Trähnen bittend / meines Lebens zuschonen / weil ja kein Fleisch an mir währe / davon die Fische zu zehren hätten; sie möchte mir bloß das Leben gönnen / und mit der allergeringsten Speise mich unterhalten; ich wüste mit auferzihung der Gänse und Hühner wol umzugehen / deren ich eine grosse Menge auff ihrem Hofe gesehen hätte /wolte ihrer dergestalt hüten / daß man meinen Fleiß rühmen solte. Das mag dir alten Huster den Hals fristen / antwortete sie / weil ich gleich diesen morgen meinen Gänse Hirten wegen seines Verbrechens erschlagen lassen; so lege dich nun dort in jenen Winkel (da gleichwol noch eine Handvol Stroh hingeworffen wahr) zur Ruhe; morgen früh wil ich dir die Gänse groß und klein lassen zuzählen / und dafern du mir die Zahl nicht wieder lieffern wirst / mustu es mit deinem Blute bezahlen. Ich gelobete alle Träue uñ Fleiß an / machete mich des morgens mit meiner Gänse-Heerde / 500 Stük / groß und klein / auff die Weide /bildete mir dabey meine ehemalige Herschafft über meine Untertahnen ein / und wie ich mich deren Schuz muste lassen angelegen seyn / also hatte ich noch grössere Mühe bey diesem Feder Vieh / es zuverteidigen / massen der Geier mir den jungen Gänßlein immer nachtrachtete / und wie fleissige Auffsicht ich gleich hatte / so entführete er mir doch zum offtern deren etliche / an welcher Stelle / mein Leben zuretten / ich mich des Diebstahls behelffen /und den andern / so neben mir hüteten / die ihren entwenden muste / welche ich daheim in meinem Stalle aufferzog. Nun befand ich mich diese Sommerzeit über zimlich wol auff / dann ich kunte mich an der Sonnen fein wärmen / ging zuzeiten umb mein Vieh her / bißweilen streckete ich mich im Grase aus / und fehlete mirs an Wasser und Brod auch nicht; und weil die AltFrau meinen Fleiß sahe / warff sie mir des Abends etliche Fleisch Brötlein zu / und begoß mir das dürre Brod mit der übergebliebenen Brühe /wovor ich ihr sehr dankete / und ihr das Holz in die Küche trug. Hingegen wahr der Frauen LeibMagd mir sehr gehässig / daß sie nie ohn stossen und schlagen neben mir her trat / welches mit Geduld zuverschmerzen / ich sehr wol gelehret wahr. Als der Herbst herantrat / und der gröste Teil meiner Gänse verkaufft wahr / da solte ich schwere Haußarbeit verrichten / Holz spalten / Korn dröschen / Futter schneiden / die Ställe misten / und mit zu Acker fahren / die Pferde vor dem Pfluge zutreiben / welches mir unmöglich wahr / nicht daß ich die Arbeit nicht hätte fassen können / sondern weil mein gebrechlicher Rücken es nicht ertragen wolte / daher ich sehr kärglich gespeiset ward / und schlug das Unglük mit darzu /daß meine gewogene AltFrau mit Tode abging / und obgedachte LeibMagd an ihre stelle geordnet ward; da ging erst mein Herzleid an / daß ich entweder zusterben / oder bey dem Könige mich zumelden / entschlossen wahr; dann wofern die anderen Knechte mir nicht ihrer Speise etwas mitgeteilet hätten / würde ich schon vorlängst des Hungers verschmachtet[931] seyn. Endlich besan ich mich eines andern / da einsmahl unterisch iedliche unzüchtige Buben in des Hauswirts Abwesen sich mit dem Weibe in unzimlicher Lust ergetzeten / und einen Spielman mit der Sakpfeiffe fodern liessen / gab ich mich an / ich hätte auch in meiner Jugend solches Spiel gelernet / foderte die Sakpfeiffe / und machete ein Liedlein auff / welches ihnen sämtlich so wol gefiel / daß ich hernach ihr täglicher Spielman seyn muste / und mit guter Kost gelabet ward. Aber diese güldene Zeit wehren kaum vier Monat / und verkehrete sich in jämmerliches Herzleid; dann es hatte mein Hauß Herr einen Bruder / der am Königlichen Hofe ein zimliches galt / und wegen seiner LeibesKräffte zum Oberstẽ über 2000 zu Fusse gesetzet wahr; dieser hatte in Erfahrung bracht / was gestalt seines einfältigen Bruders Weib Hauß hielte /und ihr Mann durch die Finger zusehen gezwungẽ würde; worüber er sich höchlich betrübete / und die Rache ihm vornam / die er sehr grausam volstreckete; massen / als wir einsmahls in meines Herrn Abwesen eine gute Geselschafft gemacht hatten / so daß fünff unzüchtige Buben bey ihr zecheten / und allen Muhtwillen mit ihr trieben / ich aber meiner Gewohnheit nach / auffspielen muste / höreten wir / dz die HaußTühr mit Gewalt auffgebrochen ward / worauff geschwinde zehn Gewapnete zu uns ins Gemach traten / unter denen obgedachter Oberster vorne an ging /und aus seinen fünkelnden Augen leicht spüren ließ /daß er nichts gutes im Sinne hatte. Es wahr eine Stunde vor Mitternacht / und hatte die Frau zu ihrem Unglük sich mit der Gäste einem in die Neben Kammer verfüget / woselbst ihr Schwager sie samt dem Buben fast gar ungekleidet antraff / und nach Verweisung ihrer Unzucht sie beyde nidersäbelte. Dazumahl erwog ich mich des Lebens / weil bald darauff die übrigen viere hinter dem Tische erschlagẽ wurden / und ich mich nicht hätte retten können / wann nicht der Oberste seinen Knechten zugeruffen / man solte den Spielman leben lassen / damit man aus demselben durch allerhand Peinigung die Warheit brächte; auff welchen Befehl ich ganz unwirsch gefesselt / und wol verwahret ward. Ich hingegen suchete auff allerhand weise mein Leben zufristen / baht den Obersten sehr /mich zuhören / mit dem Versprechen / daß ich von allem was ich wüste / geträulich erzählẽ wolte; beklagete anfangs meines lieben Herrn Unfal / dessen mich von Herzen gejammert hätte / als dessen leibeigener Knecht ich währe / der mich aus Böhmen gefangen hinweg geführet / und zu seinem Gänse Hirten bestellet / biß vor etlichen Monaten das unzüchtige Weib in Erfahrung gebracht / daß ich spielen könte / daher /grössere Kosten zumeiden / sie mich vor ihren Spielman gebrauchet; und als ich hierauff befehlichet ward / des Weibes Leben und Wandel zuerzählen / entschuldigte ich zuvor meinen Herrn / und daß er nicht vermocht hätte / des frechen Weibes Boßheit zuhintertreiben; hernach zeigete ich an / daß alle Leibeigene und ander Gesinde / wenig ausgenommen (die ich nahmhafftig machete) ihrem Herrn unträu gewesen /und es mit dem losen Weibe gehalten hätten / welche ihn nicht als einen Ehe Herrn / sondern recht hundisch gehalten; brachte auch ungescheuhet hervor / was ich mit meinen Augen selbst gesehen / und mit meinen Ohren angehöret hatte / und nennete acht abwesende /welche alle mit ihr Unzucht getrieben / ob sie gleich ihre Ehweiber hätten. Die Magd / welche zur Altfrau gesetzet wahr / widersprach mir hefftig: Ihre Frau währe ehrlich und from / und alles von mir schändlich erlogen. Ich dagegen zeigete an / daß eben diese die rechte Kuplerin währe / und an dem Verbrechen[932] die gröste Schuld trüge / daher man sie feste band / und biß auff ihres Herrn Wiederkunft verwahrete. So bald dieser zu Hause kam / und seines Bruders Rache (welcher noch gegenwärtig wahr) in Erfahrung brachte / wahr ihm solches sehr lieb / bekräfftigte meine Reden / und ließ die Magd peinlich fragen / welche dann alles gestund / und von dem Obersten seinen zehn Kriegsgurgeln den ganzen Tag preiß gegeben ward / hernach ließ er sie in die HaußTühr auffhenken / und die andern ungeträuen Dienstbohten nidermachen. Jezt / gedachte ich / währe es Zeit / umb meine Freyheit anzuhalten / hätte sie auch ohn zweifel erlanget / wann nicht der Oberste gar zu grosses belieben zu meinem elenden Spielwerk bekommen hätte; dann ich gab mich bey meinem Herrn an / und hielt ihm vor / weil wegen meiner Leibesschwacheit ich ihm wenig nützen könte / möchte er mich mit der Freyheit ansehen; ja / sagte ich / weil ich seine redliche Frömmigkeit nunmehr gnug erkennet hätte / wolte ich nicht unterlassen / ihm meinen eigentlichen Zustand zuentdecken / wie nehmlich ich kein Böhme / sondern ein Windischer Freyherr währe / von grossen Mitteln und Reichtuhm; wann er nun Lust hätte mit mir zuzihen /wolte ich ihn Zeit meines Lebens als einen Bruder halten / und ihm ein statliches LandGut verehren / ja alle meine Wolfahrt mit ihm gemein haben. Welches dieser ihm sehr wol gefallen ließ / und mir alles nach Willen versprach; jedoch fingen wirs leider nicht klüglich gnug an / weil ausser Zweifel mein frommer Gott / den ich dazumahl noch nicht kante / mich noch etwas besser in die Leidens Schuele führen wolte. Dann mein Herr meldete seinem Bruder an / daß er willens währe / mich einen gebohrnen Wenden mit der Freyheit zubegnaden / weil ich ihm so träulich gedienet hätte. Derselbe aber / wie er dann ein über alle masse verwägener frecher Mensch war / gab ihm mit grimmigen Geberden zur Antwort / Er solte das Maul halten / und solcher Gedanken sich begeben / oder er wolte uns alle beyde niderhauen. Ich hörete solches an / und flehete dem Obersten demühtig / sich nicht zueifern / massen ich willig und bereit währe / seines Willens zuleben. Das hieß dich dein Glük sprechen / antwortete er mir / und gedenke nur nicht / daß du aus meinem Dienst kommen werdest / weil ich lange nach einem solchen Spielmanne getrachtet habe; brach auch bald auff / und führete mich mit sich / hielt mich auch sehr unbarmherzig / daß ich mir offt den Tod wünschete / und es vor unmöglich achtete / mein Königreich wieder zu sehen / daher mir zuzeiten die Gedanken einfielen / ich wolte mich etwa vor einen vom Adel bey ihm angeben / ob ich etwas gelinder möchte gehalten werden; aber als ich gleich des vorhabens wahr / vernam ich ohngefehr aus seinen Reden / wie gehässig er dem Adelstand währe / würde mir also noch eine schärffere Ruhte zu meiner Straffe gebunden haben. Muste demnach in grosser Geduld und kleiner Hoffnung diesem frechen Menschen ein Jahr und 31 Wochen meine Dienste leisten / welche diese wahren: Die Mahrställe reinigen / Pferde und Ochsen tränken / und vor andern Knechten die unflätigste Arbeit verrichten; das wahr mein Tagewerk; hernach wann das andere Gesinde sich zur Ruhe legete / muste meine Sakpfeiffe wache und munter seyn; dann mein Oberster wahr ein Erz-Schwelger / schlief des Tages /und soff des Nachtes mit seinen Zech-Brüdern / daß ich offt in zehn Tagen die Kleider nicht vom Leibe zihen durffte. Es fand sich einsmahls ein ander Oberster seines gleichen bey ihm / welcher einen sonderlichen Grol auff mich warff / und mich mit meiner Sakpfeiffe vor seinen Augen nit leidẽ mochte /[933] begehrete demnach an meinen Herrn / mit ihm umb mich zu spielen / und gegen mein Häupt acht Kronen auffzusetzen; als nun mein Herr ihn fragete / ob er sonderliche beliebung zu nur trüge / und dieser freche Bube zur Antwort gab: Ja er hätte Lust / mich am Galgen bammeln zu sehen / wolte dannoch mein Herr / ohnzweifel durch Gottes sonderliche schickung / darein nicht willigen / sondern befahl seinem Leibdiener /mich hinweg zu schaffen / biß sein Gast seinen Abzug genommen hätte; also ward auch dißmahl mein Leben gerettet / welche Gnade meinem Herrn zuvergelten /ich auff diese Weise bedacht wahr.: Es hatte meiner Mitknechte einer / ein gebohrner Mantuaner und abgefeimter Dieb / meinem Herrn den Geldkasten heimlich auffgediedrichet / und einen guten Schaz daraus genommen / welchen er im Pferdestalle vergrub / der Meynung / ihn heimlich wegzubringen. Ich lag in einem finstern Winkel / und ward durch seine Arbeit vom Schlaffe erwecket / sahe seinem wesen zu / uñ gedachte mir solches zu nütze zu machen / deswegẽ ich zu meinem Obersten mich verfügete / und ihm den Diebstahl anzeigete / weil ich schuldig währe / sein bestes zuwissen / und seinen Schaden zuverhüten; möchte nur nachgraben aben lassen / und ferner nach seinem willen schaffen. Er lieff selbst mit mir hin /befahl alsbald den Dieb zu greiffen / und mich nachgraben / funden das gepregete Gold in zimlicher menge / und meinete ich nunmehr den Nahmẽ eines geträuen Knechtes verdienet zu haben / da ich umb ein Haar als ein Dieb hätte sterben müssen; dann dieser gottlose Tähter nach ausgestandener Peinigung /gab an; er und ich zugleich hätten diesen Diebstal verrichtet / so daß er das Gold gelanget / und ich auff der Huht gestanden / damit wir nicht dabey ertappet würden; und nachdem er mir auff mein begehren nicht hätte wollen die Halbscheid / sondern nur den Vierdenteil davon geben / hätte ich ihn des Diebstahls angeklaget. Ehe ich michs versahe / ward ich in Ketten und Banden gelegt / und als ich merkete / daß man die Folter zu meiner Peinigung fertig machete / begehrete ich mein Verbrechen zu wissen; welches mir alsbald vorgehalten ward / und ich meine Unschuld mit hohen beteurungen anzeigete / auch / daß ich solche klärlich dartuhn wolte / wann mir mein Herr der Oberste nur so viel Gnade erzeigen / und mich vor sich lassen würde. Die mich peinigen solten / wahren meine Mitknechte / und mir ganz ungewogen / aber doch durften sie mir solches begehren nicht versagen / und meldeten es dem Herrn / welcher mich vor sich bringen ließ / uñ im Zorn mich also anfuhr: Du alter krummer Schelm / du hast den Diebstahl verrahten / nicht aus träue gegen mich / sondern daß du dessen nicht so viel hast gemessen können / als du gewolt hast / darumb mustu mit deinem Gesellen gleiche Straffe ausstehen. Ich fing an / mich ganz demühtig zuentschuldigen / und baht durch alle Götter / mein Herr möchte mich unschuldigẽ nicht übereilen / ich wolte ihm meine Unschuld / und des Diebes falsche bezichtigung handgreiflich vor Augen stellen / oder die allergrausameste Straffe ohn einzige Gnade gerne über mich nehmen. Wo durch er sich dann in etwas besänftigen ließ / und mir Freiheit gab / mein bestes zu tuhn; ich aber darauff untertähnig baht / daß der Tähter von unverdächtigen Leuten möchte befraget werden / auff welche Zeit / und zu was Stunde er das Geld entwendet hätte; da schicken es nun Gott ganz gnädig / daß er eine solche Zeit uñ Stunde nahmhaftig machete / daß ich durch meines Herrn Zeugnis selbst darlegete / ich hätte ihm dazumahl zwölff Stunden aneinander auffgewartet / und keinen Fuß aus dem Gemache gesetzet. Der Dieb ward darauff zum andernmahle[934] gefoltert / da er seinen boshaften Anschlag bekennete / und meine Unschuld bekräftigte / ward deswegen ganz jä erlich getödtet / klein zerhacket / und den Fischen zur Speise in den Teich geworffen; mir aber gab der Haußverwalter (der mir gleichwol nicht sonderlich günstig wahr) auff befehl ein neues Kleid von groben Tuch / und etwas leichtere Dienstketten als die vorigen / mit der Erinnerung / ich solte fleissige Aufsicht haben / was die Knechte tåhten / und es meinem Herrn geträulich vorbringen / deß solte mir zu zeiten etwas bessere Speise als den andern gegeben werden. Woraus ich wol verstund / daß ich umb meine Freiheit nimmermehr würde anhalten dürfen /hatte auch diesen Schaden vor meine Tråue / daß die anderen Knechte ingesamt einen ganz grimmigen Neid auff mich worffen / mir kein gut Wort gaben /sondern als einen Verrähter und Augendiener mich verflucheten / und zu unterschiedlichenmahlen mir nach dem Leben stunden / daß mich selbst hoch wunder nimt / wie ich ihren nachstellungen habe entgehen können. Man hat mich ins Wasser gestossen; man hat mich ins Feur gejaget / man hat von oben herunter grosse Steine und schwere Bäume auff mich geworffen / aber nie bin ich beschädiget worden. In diesem Stande lebete ich / biß man Böhmen einzunehmen das erste Heer samlete / da mein Oberster mit fort muste / welcher auch im lezten Treffen sol geblieben seyn. O wie gerne währe ich mit gelauffen; hielt auch einsmahls darumb an; aber es ward mir mit einem Gelächter abgeschlagen; ob ich lust hätte die Verwüstung meines Vaterlandes anzusehen? oder ob ich gedächte davon zu lauffen / und dem Bömischen Könige vor einen Feld Herrn zu dienen. Worauf ich antwortete; ich währe eigentlich kein Böhme / sondern ein Wende / wie meines Herrn Bruder würde bezeugen können; doch baht ich umb verzeihung meines unvorsichtigen begehrens / welches nicht / als aus begierde / meinem lieben Herrn auffzuwarten / geschehen währe / welche schmeicheley mir doch die Freyheit mitzuzihen / nicht erhalten wolte; doch weil vor weniger Zeit ich meinem Herrn klagete / wie heftig alles Gesinde wegen meiner träuen Dienste mir nach dem Leben stünden / ward ihnen allen und jeden bey straffe des abscheuhlichsten Todes gebohten / sich an mir nicht zuvergreiffen. Dieses / bekenẽ ich / gab mir etwas Luft / daß sie nicht durften / was sie wol schon mochten beschlossen haben. Die Frau währe insonderheit meiner gerne abe gewesen / wann sie vor ihren Herrn sich nicht gescheuhet hätte / dann sie trieb den unzüchtigen Handel ja so stark als ihre ehemahlige Schwägerin / nur dz sie den Schalk besser verbergen /und im Winkel spielen kunte; hatte in erfahrung bracht / daß ich von jener alles nachgeschwatzet / und fürchtete sehr / ich würde es nicht besser machẽ /daher ich selten in das Wohnhauß gelassen ward / ohn wann sie allein wahr / und ich ihr auf der Flöte oder Schalmeie eins auffmachen muste / wodurch ich noch etwas Gnade erwarb / und sie selbst mir Schuz hielt wieder meine gehässigen / nach dem ich mich erboht /ihr in alben dingen geträu zu seyn / und mein Leben viel lieber als ihre Gnade zuverlieren. Als nun endlich die liebe Sonne mein Elend lange gnug angeschautt hatte / und der allerhöchste mir unbekante Gott sich über mich erbarmen wolte / ward durch das Königreich aus gebreitet / was gestalt die Schlacht verlohren / der König mit allen vornehmsten Obersten gefangen / das Kriegsheer mehrenteils erleget / und die übrigen zu Leibeigenen gemacht währen / da stund es trauen noch am allergefährlichsten um mein und aller leibeigenen Böhmen / Teutschen und WendenLeben; man fing schon an zuruffen / es müste die Rache gesucht werden /[935] wie man best könte; man solte alle leibeigene Böhmen / Teutschen / und Wenden (dañ man meldete / daß auch die Wenden dem Feinde hülffe getahn) durch die allergrausamste Pein hinrichten / und zweifele nicht / es werden ihrer eine zimliche Anzahl in der erster Eiferhitze elendig gnug auffgerieben seyn / und begunten meine Feinde mir schon zu dräuen /daß ich nicht 24 Stunden mehr ein Verrähter / Fuchsschwånzer und Verleumder seyn solte / daher ich fast nicht zweifelte / ich würde nun an den Todes Reihen müssen / und wahr mein einiger Wunsch / daß ich nur eines gelinden Todes umbkommen möchte; aber was taht der grosse Erbarmer? es ward unversehens an allen Orten und Enden ausgeruffen / daß alle und jede Bömische / Teutsche / Wendische / Dänische / uñ andere Leibeigene mehr / auch sonst Gefangene aus solchen Landschaften / bey Leib und Lebensstraffe /auch bey verlust Ehre und Güter solten allerdinge ungescholten / unbeschimpfet und ungekränket bleiben /auch nicht allein alsbald und ohn entgelt frey und loßgelassen / sondern überdaß mit neuen Kleidern und nöhtigen Zehrungskosten biß nach Prag versehen werden. Ich hatte schon durch fleissige Nachfrage erfahren / auch aus meines Obersten Gespräch mit andern Pannoniern / verno en / daß der junge Bömische König aus weit abgelegenen Ländern wieder zu Prag angelanget währe / und man sein Reich anfallen wolte / den empfangenen Schimpff und Schaden zu rächen und einzubringen / daher ich manniche Nacht in Nachdanken verzehrete / obs dann nicht möglich währe / einen Weg der Freyheit zu finden. Ich habe vergessen anzuzeigen / daß zeitwehrendes Krieges es mannichen Böhmen und Teutschen den Hals gekostet / wann Zeitung kam / daß die Pannonier abbruch gelitten / und den kürzern gezogen hätten; wie ich dann etliche begebnissen erzählen könte / daß wann Eltern erfuhren / daß ihre Kinder; wann Weiber erfuhren /daß ihre Männer; wann andere erfuhren / daß ihre Anverwanten oder sonst andere gute Freunde drauff gangen währen / die Bömische Leibeigene / als währen sie die Todschläger gewesen / ganz grausam ermordet sind / zweifele auch nit Gott hätte mich durch ein Wunderwerk seiner Almacht erhalten müssen / dafern mein Oberster im anfange des Krieges hätte sollen sein Leben einbüssen. Als mir nun obgedachte erfreuliche Zeitung zu Ohrẽ kam / wuste ich nicht / ob ich mehr über meine Freiheit / oder des Vaterlandes uñ meines H. Sohns glükseligkeit mich erfreuen solte; machete mich hin zu meiner Frauẽ / eriñerte sie des Königlichen uñ ganzen Landes ernstlichen befehls /nicht mit knechtischer furchtsamer Rede / sondern mit unerschrockenem Herzen / begehrete auch / daß sie mir Zehrungskosten zustellen uñ die Ketten der Dienstbarkeit abnehmẽ solte / damit ich mein liebes Vaterland erreichẽ möchte / uñ müste sie nunmehr wissen / dz ich des allervortreflichstẽ Bömischẽ Adels meinem herko en nach währe / sie aber uñ ihr Mañ eines solchẽ Dieners uñ Leibeigenẽ allerdinge unwirdig; über welche Worte sie sich heftig erzürnete / so dz sie den Eifer nit allerdinge bergen kunte / uñ mit den Gedanken umging / mich die folgende Nacht durch ihre Knechte im Schlaffe erwürgen zulassen; dessen sie sich doch wegẽ des algemeinẽ ernstlichen Befehls nicht durffte merken lassen / sondern mit zimlicher Freundligkeit zu mir sagete: Mein guter Bolesla (also nante ich mich die ganze Zeit meiner Leibeigenschafft) warumb habt ihr doch meinem Obersten euren Stand nicht zeitig entdecket / daß er euch nach Wirdigkeit hätte halten mögen? ihr wisset / daß ich euch kein Leid zugefüget / sondern allemahl gewogen gewesen bin / welches ich auch anjezt wil sehen lassen; gab mir darauff[936] ein ledernes Ritterkleid / ein Pferd mit allem zubehör / und 90 Kronen Zehrgeld /mit angehengeter Bitte / da etwa ihr Oberster annoch im Leben seyn würde / nach meinem Vermögẽ ihm zur Freyheit zuverhelffen / welches er mit gnugsamẽ Dank ersetzen solte. Wer hätte unter diesem Schaffspelze des Wolffes sich vermuhten können? mir gefiel ihr Vornehmen sehr wol / bedankete mich der Hülffe /und verhieß ihr / ihren Obersten unfehlbar auff freyen Fuß zustellen / wo er sonst noch lebete / auch das geschenkte Pferd dergestalt einzubringen / daß sie meine Dankbarkeit in der Taht empfinden solte. Dem Haußverwalter dankete ich vor zimliche Gewogenheit / die er mir zu Zeiten hätte sehen lassen / und wann sie bestendig gewesen und von Herzen gangen währe /wolte ich ihm dieselbe höher vergelten / als er sichs einbilden möchte; die anwesende Knechte aber redete ich in ihrer Frauen Gegenwart also an: Ihr Leibeigenen / die ihr mir unschuldigen alten Manne / ohn einige Ursach dergestalt nach Leib und Leben gestanden /daß mich nichts als der gütigen Götter Vorsorge vor eure teuflische Boßheit geschützet hat; ich wolte gar leicht es bey meinem Könige dahin bringen / daß ihr alle mit einander durch grausame Pein soltet gestraffet werden / aber weil ich viel zu ädel und hoch bin / daß ich an leibeigenen Knechten solte Rache suchen / wil ich alles der Vergessenheit befehlen / und euch dem Himmel zur Straffe überlassen. Es sahe mich der Schelmen keiner an / sondern gingen davon / als hätten sie meine Worte nit verstanden. Es hatte aber die Frau einen Säuhirten / einen grundfrommen Mann /welcher mir oft ein Stük Brod mitgeteilet / auch mit alten Schuhen mich zu Zeiten versehen hatte / demselben gedachte ich seine Guttaht zuvergelten / ging zu ihm in seinen Stal / verehrete ihm 10 Kronen / und gab ihm den Anschlag / er solte mit seinem Sohn des Nachtes heimlich davon lauffen / daß er die Böhmischen Grenzen erreichete / und meiner an einem gewissen Orte wahr nehmen / dann wolte ich ihm sein Freundes Herz und die mir erzeigete Guttaht dergestalt belohnen / daß er Zeit seines Lebens alles vol auff / als ein grosser Herr / haben solte. Dieser ließ einen schweren Seuffzen auß / sahe mich mit betrübeten Augen an / und schauete umher / ob auch jemand unser Gespräch anmerkete / hieß mich hinterst in den Stal folgen / und nach wiederhohletem Seuffzen sagete er: Mein lieber Bolesla (anders weiß ich euch noch nicht zu ehren) ich erfreue mich eurer Freyheit von Herzen; aber wollet ihr derselben geniessen / so bleibet ja keine Nacht bey uns / oder ihr werdet Böhmen nimmermehr betreten / dann der Tod gehet euch auff den Versen nach; alle unsere Knechte haben von unser Frauen Befehl euch zuerwürgen / und wisset ihr ohn das / wie hässig euch alles Gesinde ist / darumb nehmet euer selbst wahr; es ist eine algemeine Verschwörung geschehen / vor Mitternacht euch zuerwürgen. In der gemeinen Schenke nahe beim Tohr halten sich über 300 freygelassene Böhmen auff / verfüget euch dahin / so seyd ihr sicher / und hohlet das Pferd in gnug starker Begleitung nach; ich wil eurem Begehren gehorchen / und mit meinem Sohn (der ein Knabe von 19 Jahren wahr) in diesen verwirreten Zeiten wol davon kommen / wie ich dann weiß / daß viel tausend Leibeigene davon zulauffen sich nicht sparen werden; eure Woltaht / die ich nicht verdienet / wil ich nit außschlagen / und begehre nichts weiters / als nöhtigen Unterhalt nebẽ der Freyheit. Er trat hierauff etliche Schritte von mir / hohlete mir aus einem Winkel ein Beutelchen mit 40 Kronen / taht die ihm von mir geschenketen darzu / und sagete; da mein Herr /nehmet dieses / alle meine Baarschafft /[937] die ich in 20 Jahren sehr kärglich ersparet habe / unb tuht euch damit auff der Reise gütlich / an der Vergeltung zweifele ich / eurer Auffrichtigkeit nach / nicht im geringsten. Ich dankete ihm herzlich mit einem umfahen /wegen der geschehenen Warnung und mitgeteileten heilsamen Rahts / wolte auch das Geld nicht außschlagen / sondern als ein Erinnerungs Zeichen / was ich ihm schuldig währe / sagte ich / nahm ichs zu mir; schliech aufs heimlichste hinweg / daß kein Mensch unsers Gesprächs inne ward / und machete mich hin nach den versamleten Böhmen / denen nach getahner Begrüssung ich anzeigete / ich währe ein vornehmer ädler Böhmischer Landsasse / hätte mannichen sauren Apfelbiß in meiner Gefängniß und Leibeigenschafft verdäuet / und wolte in ihrer Geselschafft mit fort zihen / hoffete / sie würden mich als einen Landsmañ annehmen / der sich auffrichtig erhöhte / ihnen allen und jeden bey dem Böhmischen Könige eine sonderliche Gnade zuerhalten. Sie bedanketen sich dessen dienstlich / bahten mich / die ungemåssene Hauptmanschafft über sie anzunehmen / und mich von ihnen bedienen zulassen; da hingegen ich mich erboht / mit ihnen als ein Spießgesell zuleben. Nun wahr ich nicht Willens / das geschenkete Pferd abzulangen /noch meine ehemahlige Frau wiederzusprechen; aber das verschlagene Weib / so bald sie meines hingehens berichtet worden / sendete ihre Leibmagd zu mir / andeutend; sie hätte ihre besten Freunde zu gaste geladen / um daß sie mit mir lustig sein solten / bähte demnach / ich möchte mich alsbald einstellen / und mit ihrem guten willen zum Abscheide vorlieb nehmen. Ich ließ ihr wegen geschehener Einladung dank sagen / und mich entschuldigen / daß zwar nach ihrem Begehren ich diesen Abend ihr nicht könte Geselschaft leisten / jedoch wolte ich sie vor meiner Abreise sprechen. Sie dieses vernehmend / hatte alsbald gefürchtet / ich müste von irgend einem ihres Volks gewarnet seyn / welche sie alle vor sich kommen lassen / und ihre Unträue ihnen vorgehalten / dessen sich aber niemand schuldig geben wollen / biß einer angezeiget / der Säuhirte und sein Sohn liessen sich ja nirgend finden / hätten vor drey Stunden vorgegeben / es währe ihnen gestriges Tages ein Schwein ausse blieben / welches sie suchen müsten / fürchteten sehr / er würde den Anschlag verrahten / und wol gar in seine Geselschafft sich begeben haben. Worauff sie dann alsbald ihren Haußverwalter an mich schickete / der in ihrem Nahmen mir vortrug: Sie hätte nicht vermeynet / daß ich in meinem angemasseten Adelstande ihr eine solche Undankbarkeit erzeigen / und ihre Knechte abspenstigen wollen / solte alsbald ihren Säuhirten und dessen Sohn ihr wieder zustellen / als welche weder Böhmen noch andere freygemachte währen; wo nicht / wolte sie mich bey der Obrigkeit anklagen /daß ich als ein Verführer ihres Volks am Leben solte gestraffet werden. Ich hingegen hielt vor gewiß / des Säuhirten Warnung währe verrahten / uñ hätte sie denselben durch peinliche Frage zur Bekäntniß gebracht / oder wol gar schon erwürgen lassen / suchete auch durch diese Werbung mich in Lebensgefahr zubringen / deßwegen dann guter Raht bey mir sehr teur wahr / und hielt ich den Abgeschikten mit guten Worten hin; ich wüste von ihrem Säuhirten nichts zusagen / möchte etwa seiner Handtierung nach ausgangen seyn / daher sie mich des Verdachts erlassen / und in erzeigerer gewogenheit verbleiben würde. Klagete hernach meinen Landsleuten / wie man mir nachstellete / und begehrete / daß sie ingesamt mit mir nach dem Amtman des Orts gehen möchten; wozu sie alle geneigt und willig wahren. Demselben nun taht ich zu wissen / daß ich ein[938] Wolgebohrner von freyem Adel /und ehemahls Königl. Böhmischer geheimter Raht und Drost gewesen währe / hoffete / man würde an mir Königl. Pannonischen Befehl nit brechen / sondern wider Gewalt mich schützen / insonderheit / weil ich schon einen geträuen Menschen (dieses tichtete ich zu meiner Versicherung) nach Böhmen ablauffen lassen / welcher meinem Könige / daß ich annoch im Leben währe / anmelden solte; begehrete endlich die Oberstin in gebührliche Straffe zunehmen / und sie andern zum Beyspiel ernstlich anzusehen / als welche mich zuerwürgen / alle Macht anwendete; erboht mich dagegen / dafern der Amtman einen nahen Verwanten oder sonst guten Freund unter den gefangenẽ Pannoniern hätte / ich ihm denselben ohn Entgelt auff freyen Fuß stellen wolte. Dieser entsetzete sich des Vorbringens / hatte ohn mein bewust eine geraume Zeit mit meinem Obersten in Uneinigkeit gelebet / baht / ich möchte meiner Anklage einigen Beweißtuhm führen /alsdann solte das Weib mit allen ihren Helffers-Helffern am Leben gestraffet werden; gab mir auch auff mein begehren 15 bewehrter Knechte zu / mit denen meine ganze Geselschafft und ich / nach der Obristin gingen / und bedräulich begehreten / man solte alsbald den Säuhirten nebest seinen Sohn loßgeben /oder der gewaltsamen Errettung gewärtig seyn. Aber er wahr schon über mein vermuhten davon gangen /welches ich mir nicht wol einbilden kunte / wahr sonst verwirret gnug / was gestalt ich das Weib des mördlichen Anschlages überzeugen könte; endlich ließ ich einen mir sehr ungewogenen Knecht gefangen nehmen / die Obristin aber mit ihrem ganzen Gesinde verwahrlich halten / und den Gefangenen nach dem Amtman führen / der ihn auff meine Verantwortung peinlich befragen ließ / und den Anschlag alsbald erfuhr / daß ihr ganzes Hauß / niemand ausgenommen /dessen gute Wissenschafft hätte. Also wurden noch andere fünff ihrer Knechte samt der Leibmagd hergehohlet / die ohn angelegte Pein / bloß durch Bedräuung geschrecket / eine gleichmässige Bekäntniß tahten; Worauff der Amtman mit mir nach der Frauen ging / ihr solche Boßheit vorhielt / und daß sie hiedurch nicht allein ihren König / sondern das ganze Vaterland in unwiederbringliches Verderben würde gesetzet haben / daher sie ihr Leben verwirket hätte /und mit ihrem ganzen Hause sich zum Tode solte gefasset halten. Diese Urtel ging ihr hart ein / aber da halff keine Ausflucht; Sie ward öffentlich angeklaget /mit ihren Leuten ganz grimmig erwürget / ihre Güter eingezogen / und von ihrer Baarschafft / die sehr groß wahr / meinen Gefärten 4000 Kronen / mir aber absonderlich gleich so viel zugestellet / mit angehengter Bitte / bey meinem Könige des Landes Gutwilligkeit zurühmen / ihres gefangenen frommen Königes Wolfahrt zubefodern / und seinen Bruder / da er noch im Leben seyn würde / meinem erbieten nach / loßzumachen; welches ich / wie ihr wisset / geleistet habe. Ich wahr gleichwol bemühet / dem Haußverwalter das Leben zuerretten / aber ich kunte es nicht erhalten /daher ich mir diesen Richter durch gar zu stränges an suchen nicht zuwider machen wolte. Meine empfangene Gelder aber teilete ich unter meine Leute aus /und brach des folgenden Morgens auff / da ich vor meinem Häuflein / welche alle neu gekleidet wahren /her ritte / in so unaussprechlicher Vergnügung / als ich nie Zeit meiner ganzen Beherschung mich befunden habe. Auff der Reise muste ich durch meines ersten Herrn Dorff zihen / welchen ich ansprach / ihm seiner Schwägerin Untergang (die ihn gar nicht leiden kunte) anmeldete / und mich alles gutes gegen ihn erboht / insonderheit /[939] daß er seines Bruders statliches LandGut erblich haben solte / welches ihm auch worden ist. Auff der Grenze traff ich meinen geträuen Säuhirten an mit seinem Sohn / erzählete ihm allen Verlauff / und nam ihn mit mir / habe ihm auch / wie bekam ist / seinen Unterhalt vermachet / daß ihm nach seiner vorigen Bedienung nicht verlangen wird /wie dann meine damahlige ganze Geselschafft von mir ihrem Hauptman also begnadet sind / dz ihnen genügen kan. Sehet / meine Allerliebsten / also hat mich mein Gott durch viel und manniche Lebensgefahr / doch endlich noch wiederumb gerettet / und die Schande von mir gnädig abgekehret / wovor die ganze übrige Zeit meines Lebens / die ich mir kurz wünsche (sie wehrete auch nur noch drey Jahr) ich mit danken /loben und preisen / ihm zuehren / zuzubringen gedenke. Nachdem ich nun aber ein herzliches Verlangen trage / meiner geliebeten Kinder Lebenslauff anzuhören / wird meine Fr. Tochter unbeschweret seyn / mir solches ausführlich zuerzåhlen. Valiska gab ihm zur Antwort: Herzallerliebster Herr Vater; ob ich mir gleich seine ausgestandene Leibeigenschafft schlim und beschwerlich gnug eingebildet / so hätte ich doch nimmermehr gedenken können / daß sein Jammer dergestalt überhäuftet gewesen / und er also auß einer Lebensgefahr in die andere gefallen währe. Aber Gott sey ewig Lob / die Ruhte ist dannoch väterlich / und also nüzlich und heilsam gewesen; ja sie ist / wie wir hoffen und trauen / zubrochen und ins Feur geworffen; und wann wir werden im Glauben und in der Gotseligkeit verbleiben / alsdann wird uns Gott nach diesem sauren Essige und bittern Wermut / den allersüssesten und erquiklichsten Wein seiner Woltaht uñ inniglichen SeelenWollust reichlich einschenken / daß es uns nicht wird mangeln müssen an irgend einem Gute. Die Erzählung aber / von ihren mañicherley Begebnissen / versparete sie / weil es schon zimlich spähte wahr / auff den folgenden Tag / über welche ihr Herr Vater und die andern Könige sich nicht wenig verwunderten. Wenig Tage hernach stellete sie ein Freyschiessen an / bey welchem auch Batis (der mit Fürst Mazeus kommen wahr) sich mit übete. Es wahren 100 Ziele gesetzet / und solche in vier gleiche Ordnungen geteilet; Nach den ersten fünff und zwanzigen solten die Bauren; nach den andern die Bürger; nach den dritten die ädlen schiessen; bey der vierden und lezten Ordnung ward niemand / als Fürsten / Grafen und Herren zugelassen. Der schlechteste Gewin in der nidrigsten Ordnung / wahren 4 Kronen / der höchste aber 100 Kronen / so daß immer der folgende Gewin vier Kronen höher als der vorhergehende war /und alle Gewiñ dieser ganzen Ordnung 1300 Kronen macheten. In der andern Ordnung wahr der unterste Gewin 8 Kronen / der höchste oder fünff und zwanzigste 200 Kronen / und wahr stets der eine acht Kronen höher als der andere / daß alle Gewiñ dieser Ordnung 2600 Kronen außtrugen. In der dritten Ordnung wahr der schlechteste Gewin 12 Kronen / der beste 252 / und wahr jeder Gewin seinem vorigen mit 10 Kronen überlegen; macheten alle Gewiñ dieser Ordnung 3300 Kronen. Die vierde und höchste Ordnung hatte zum kleinesten Gewin 150 Kronen / und wahr jeder Gewin nach der Reihe mit 30 Kronen vermehret / biß an die ersten zwanzig. Die fünff lezten dieser Ordnung wahren höher auffgesteigert / massen der geringste auff 800 Kronen / der ander auff 1200; der dritte auff 2000 / der vierde auff 3300; der fünffte und lezte auff 20000 Kronen gesetzet wurden / dz diese vierde Ordnung 36000 Kronen austrug / und alle hundert Gewinne dieses Freyschiessens sich auff 43200 Kronen[940] belieffen. Es funden sich 750 Bauren bey dem Schieffen; Ihre Ziele wahren grosse schwarze Scheiben / in deren Mitte ein weisser Flecken wahr / und steckete ein Ziel immer weiter als das ander. Die Bürger hatten hölzerne Vögel auff Stangen in die Höhe gerichtet / von ungleicher Grösse und Höhe / und funden sich dabey in die 1000 bürgerliche Schützen. Der ädlen Ziele wahren hölzerne Reuter / die auff kleinen Rädern stets hin und her gezogen wurden; auff der Brust wahr ihnen ein güldenes Herz gemahlet / nach welchem sie zielen musten; dabey funden sich 550 ädle mit ihrem Schießzeuge. Der Fürsten und Herren Ziele wahren 25 Vögel mit ausgespanneten Flügeln /die hoch an quehrstangen hingen / und an Rollen fortgezogen wurden / als ob sie in stetem Fluge blieben. Der erste Tag wahr den Bauren gegeben / die in gnug wüster Ordnung und unbendigem Geschrey ihrer übung nachsetzeten / und fand sich unter ihnen ein junger frischer Baurknecht / bräunlich von Angesicht und Haaren / der in fünff Schüssen / den 5 / 10 / 15 /20 / und 25sten Gewin davon trug. Jederman wolte wissen / wer dieser gute Schütze währe / und fand sich doch niemand / der ihn kennete / weil er vorgab /er währe von neun Jahren seines Alters her in Pannonien leibeigen gewesen / und hätte bey einem WildSchützen gedienet / auch würde sein Meister sich ohn zweifel bey dem Bürgerschiessen finden lassen / dann er hätte ihn gestriges Tages ohn gefehr in der Stad gesehen. Es verzog sich dieses BaurenSchiessen biß an den Abend / und funden sich nur zwölffe / die den Gewin erhielten. Zeit solches schiessens / und folgends die ganze Nacht durchhin biß an den hellen Morgen / ging das Gesöffe unter diesen Bauren fort /denen zur linken Seiten sich eine andere Bauren Geselschafft in die 4000 stark gesamlet hatte / welche bey der jungen Böhmischen und Teutschen Königin demühtig anhalten liessen / ob ihnen erlaubet seyn könte / ein Wette-lauffen uñ Wette-werffen unter sich anzustellen / wolten sie ihrer Obrigkeit und andern hohen Häuptern dadurch Kurzweil machẽ / welches ihnen nit allein gegöñet ward / sondern es wurdẽ an die 300 Lauf-Ziele / und 60 Werfziele gestecket / und bey jedem ein Gewin auffgesetzet / da allemahl ihrer sieben nach einem Ziel zugleich lauffen musten / und der so am ersten dasselbe erreichete / den Auffsaz erhielt. Da hätte man nun sollen eine Kurzweil sehen /massen / wo einer vor dem andern so nahe lieff / daß er ihn mit den Händen abreichen kunte / sties er ihn /daß er sich überwarff / und oftmahls mit blutigem Maule umbkehrete; insonderheit fand sich ein Kröppel / auff zween Krücken hinkend / welcher dieselben dergestalt in wunderlicher Hüpfart zugebrauchen wuste / daß er den einen Zweg vor seinen anderen Mitläuffern erreichete / worüber bey allen Zusehern ein grosses Gelächter entstund. Bey dem WerffSpiel gab es auch manniche Kurzweil ab / biß alle Gewiñ erhalten wahren / und sie sich je dreissig und dreissig umb ein Faß Bier legeten / biß sie es auff den lezten Tropfen abgestochen hatten; dann König Ladisla ließ ihnen solches volauff zuführen. Des andern Tages ging dz BürgerSchiessen fort / und ward mannicher Pfeil vergebens in die Luft nach den hölzern Gänsen geschikt / daß wol erschien / ihrer viel hätten des schiessens geringe erfahrung / doch wurden sie auch mannichmahl rechtschaffen getroffen / insonderheit von einem dikgeschwollenen Manne / der ein greises Haar und Bart / breite Schultern und kleines Angesicht hatte / mit Haar schier gar bewachsen; die Hände wahren ihm mit alten Lumpen bewunden / weil seinem vorgeben nach / sie räudig währen; sein Gang wahr so gebrechlich und unvermögen / daß[941] jederman gedachte / er würde wegen zittern seiner Beine niderfallen; und wann er den Bogen ergrieff / zitterten ihm die Hände als das Laub an den Bäumen / daß alle Zuseher sein spotteten / und Herkules zu Pharnabazus sagete; Wañ dieser etwas redliches treffen wird / mus mans bloß vor ungefehr rechnen. Dieser Alte sahe und hörete den durchgehenden Spot mit stilschweigen an /blieb in seinem angeno enen Ernste / und schoß nur nach dem allerweitesten Ziele / welches er allemahl traff / biß ers gar herunter warff / und der Zuseher Spot sich in eine Verwunderung verkehrete. Batis wahr mit in dieser Ubung / neben anderen Meden und Parthern / welche auch die meisten / und zwar alle vornehmsten Gewin davon brachten / nur daß ein Teutscher den vierzehnden / ein Pannonier den zwölften / und ein Franke den zehnden erhielt. Das Gesöffe / welches die Böhmen und Teutschen dabey trieben /wahr auch wüste gnug / wobey ihrer etliche blaue Augen davon trugen. Darauf folgeten des dritten Tages die ädlen / welche nicht geringen fleiß anlegeten / ihre Wissenschaft in dieser übung sehen zulassen / insonderheit die Meden und Parther. Batis war auch hieselbst zugelassen / und hielt sich wol / wie auch Neklam und Reichard; dann jener schoß den achzehnden und neunzehnden; der andere den achten und zwölften; der dritte den zehnden und vierzehnden hölzern Reuter mitten durchs Herz. Nach vierstündigem Schiessen kam ein Alter auff einer Sänfte herzu /ließ sich von zween Dienern herab heben / und in ein Zelt tragen; von Leibe wahr er dürre und hager / hatte einen langen schneweissen Bart / uñ im Gesichte /auch an Händen / wahr er voller Sonnenstecken; sein Diener gab ihn vor einen 84 järigen an / der noch von guten Leibeskräften währe / ohn daß er neulich am Zipperlein hart danider gelegen. Er ließ sich nach dem Schießstande leiten / zielete nach dem 21sten Reuter /und traff gewünschet; und weil die Freyheit in diesem Schiessen gegeben wahr / daß wer eines Ziels mittel getroffen / noch einen Schuß darauff hatte / biß er fehl schoß / machte er sich an die vier lezten auch / und erhielt sie alle in vier Schüssen / daß Herkules zu zweifeln begunte / wie es umb diesen Schützen eine beschaffenheit haben möchte. Die Teutschen und Pannonier wendeten allen fleiß an / einen Nahmen zuerlangen / aber es glückete wenigen / doch bekam Ekhard den 20sten. Es ward dieses Schiessen bey früher Tageszeit geendet / und gute zubereitung auff daß Fürstliche gemacht / welches des andern Morgens anging. Alle Anwesende junge Könige / Fürsten und Herren /an der Zahl 42 liessen sich hiebey finden / auch Valiska selbst / und ward Könige Mnata die Ehre gegeben / dem Schiessen den Anfang zu machen; der vor dißmahl vom niedrigsten anhueb / und es glüklich gewan / nehmlich eine Taube / die ein güldenes Ketchen umb den Hals trug. Diesem folgeten drey Teutsche Herren / deren zween nach dem andern Ziel vergebens schossen / und der dritte es herunter warff. Bubazes erhielt das dritte; Tyriotes das vierde. Nachdem fünften schossen drey Bömische Herren vergebens / biß es Prinsla erwarb. Neda rührete den sechsten Vogel /aber Leches bekam ihn. Ein Friese / zween Pannonier und ein Römer zieleten auff den siebenden / aber ohn wirkung / ein Franke traf ihn / aber er fiel nicht / Markus erlangete ihn endlich. Den achten Vogel bekam Fürst Mazeus / als ein Teutscher Herr / nahmens Wengist / auch Klodius / Bertram und Wedekind vergeblich geschossen hatten. Olaf erfreuete sich des neunden. Gallus und zween Friesen hoffeten den zehnden zuerlangen / aber ein Schwede / nahmens Biorn hatte dieses Glük. Hierauff trachteten zween Dähnen / ein[942] Wende / ein Gohte und ein Böhme nach eilften / aber er wahr Markomir bescheret. Fabius erlangete den zwölften; Arbianes den dreyzehnden; Pharnabazus den vierzehnden; Siegward den funffzehnden; Valiska den achzehnden / und Herkules den neunzehnden; damit wahr das erste umbschiessen geendiget / uñ noch sechs Vogel übrig. Nach dem 20stẽ schossen die erstgenanten fünff uñ dreissig umbsonst / wiewol er von Mnata / Tyriotes / Mazeus / Fabius und Olaf getroffen ward / und endlich Arbianes ihn davon brachte. Den 21stẽ bekam Ladisla; den 22 Valiska; den 23 Herkules. Nachdem 24sten (welcher eine Taube wahr / die in ihrem Schnabel einen Zaunkönig hielt / und nicht die Taube / sondern dieser muste getroffen werden) wolten Herkules und Valiska nicht mit schiessen / sondern den übrigen allen wurden jedem drey Schüsse auffeinander darnach gegönnet / aber keiner traff ihn / ohn von Arbianes und Baldrich ward er gerühret / aber von Siegward zimlich loß gemacht / endlich von Valisken herunter geworffen. Der Tag hatte hiemit seine endschaft / dz man umb den höchsten Gewin nicht schiessen kunte /daher auch die austeilung der erworbenen Danke auffgeschoben ward / und redete Ladisla über der Mahlzeit von den beyden alten Schützen / und dem jungen Bauren / welche in den vorigen Tagen den höchsten Preiß davon getragen hatten / denen er nachzufragen /und bessere Kundschaft von ihnen einzuzihen befahl; worüber Valiska sich des Lachens nicht enthalten kunte / und ihrer Libussen einen Wink gab; welche ihm antwortete: Gnädigster König / diese drey Schützen sitzen mit an diesem Tische / mit einem einzigen Rocke bekleidet. Herkules sagte darauff: So hat mein Schaz uns wieder geblendet / und unsere Verstellung bey dem Stechen vergolten? wie sie dann solches ungefraget bekennte; und dabey anzeigete / sie hätte nachgehends sich ein Gewissen gemacht / wegen der angenommenẽ Leibesschwacheit / und Gott im Herzen gebehten / ihr solche Leichtfertigkeit gnädig zuverzeihen. Alle Anwesende verwunderten sich der schlauhen verstellung / und sagte ihr Herr Vater zu ihr: Geliebtes Kind / wann du dich in dieser bürgerlichen Kleidung vor dem Wüterich Artabanus hättest finden lassen / würdestu vor seinen Liebes-ansprengungen wol gesichert blieben seyn. Ja / Gn. Herr Vater / antwortete sie; hätte in der Fremde es mir nicht an Mitteln gefehlet / wolte ich in gnug verächtlicher Gestalt mich / nicht nach Ekbatana oder Charas / sondern nach Padua oder Prag hingewendet haben; aber diß sind menschliche Gedanken / deren viel in der Lust verstieben; dann Gottes versehungen müssen doch vor sich gehen / welche keines Menschen Wiz hintertreiben / aber gleichwol durch ein fleissiges Gebeht und bußfertiges Leben sich der Staffen entzihen kan. Des nähstfolgenden Tages ging das Schiessen wieder an / wiewol wenige darzu Lust trugen / weil sie keine Hofnung zum Siege hatten. Das Ziel wahr ein kleines Vögelein aus festem Eisen gemacht / auff einer Stange unbewäglich / auf dessen Schwanze an der rechten Ecke ein rohtgefärbeter höltzener Meikefer saß / welcher ohn des Vögeleins beruhrung solte herunter geschossen werden / mit der Bedingung / wer das Vögelein oder die Stange treffen würde / solte 30 Kronen zur straffe erlegen / behueff der Armen die unter den Zusehern wahren. Nun wolte dannoch ein jeder lieber solche straffe erlegen / als gar nebenhin schiessen / daher etliche hundert Kronen auffkahmen /und ward sechsmahl herumb geschossen / ehe Herkules uñ Valiska sich mit gebrauchen liessen. Arbianes /Baldrich Siegward und Ladisla versucheten zwar ihr äussertes / aber der Kefer blieb unberühret / so daß[943] ihrer viel sich zur Wette erbohten / es würde diesen Tag nicht vollendet werden; endlich traten Herkules und Valiska mit herzu / und muste er wieder seinen willen den Vorschuß vor ihr nehmen / welcher ihm auch geriet / daß der Meikefer herunter flatterte / worüber sich niemand so hoch / als eben sein Gemahl erfreuete / daß sie zu ihm sagete: Mein schönstes Seelichen / jezt gehet mirs recht nach meinem Wunsche /daß diese Ehr euch zuteile wird / wie schlecht auch der Gewin mag gerechnet werden. Es entstund bey allem Volk ein so grosses Freudengeschrey / daß die Lust erschallete / in dem überal von jungen und alten geruffen ward: Glük zu dem siegreichen Könige Herkules / der zum höchsten Preise gebohren ist. Die Trömeter und Heerpauker liessen sich unangefodert mithören /und wolte ein jeder sehen lassen / daß er diesem Helden gewogen währe; nur er selbst ward darüber unwillig / verlachete nicht allein solche Eitelkeit in seinem Herzen / sondern straffete auch seine Valisken /daß durch ihre erzeigete Freude / wegen eines so liederlichen dinges sie dieses Frolocken verursachet hätte / und wunderte sich nicht wenig / wie sie doch über diese kindische Tohrheit so grosse Herzens vergnügung fassen könte. Welches sie beantwortete; Sie erkennete ihre schwacheit gerne / wüste auch / daß dieses alles nur eitel und nichtig währe / und daher bloß allein die Betrachtung des ewigen Gutes / dessen höchstes ZielGottes Gnade und Erbarmung ist / in unserm Herzen die wahre Freude erwecken solte; jedoch gestünde sie / daß sie in diesem Leben die Volkommenheit noch nicht ergriffen hätte / und / als der menschlichen Schwacheit unterworffen / auch zu zeiten von dem Irdischen sich reizen liesse; weil aber dergleichen Ubungen noch wol zugelassen währen /hoffete sie bey ihrem Gott des unzeitigẽ frolockens gnädige Vergebung. Nach vollendetem Freuden-geschrey traten Königin Sophia / Lukrezie / und Vanda /auch Fürstin Sibylla / Klara und Schulda herzu / liessen die Gewinne nachtragen / und überlieferten sie an behörige Orte mit sonderlicher Freundligkeit / da Herkules von Königin Sophien einen köstlichen grünen Kranz vor andern empfing / welcher seinen Gewin dem Stathalter Herrn Fabius zustellete / mit bitte / ihn unter die armen Christen zu Padua auszuteilen.

Des folgenden Tages zwo Stunden vor der Mahlzeit trat Ekhard zu den Königen in den Saal / und meldete an / es währe ein elender Mensch in schlechten knechtischen Kleidern haussen vor dem Schlosse /welcher sehr inständig anhielte / eingelassen zuwerden / gäbe vor / er kähme aus Pannonien / und hätte bey König Herkules und Ladisla etwas zuwerben; das Angesicht währe an ihm sehr verfallen / sonsten sähe er dem ehemahligen Römischen Lehrmeister Tibullus nicht so gar unähnlich. Herkules sagete; der dürffte es wol seyn / da er noch am Leben ist / weil wir von der Zeit seines hinwegreisens nach Rom ganz keine Zeitung von ihm gehabt haben / uñ würde er sich in Italien sonst bey uns haben gemeldet. Weil ihm dann Herkules sehr gewogen wahr / wolte er die Warheit selbst erfahren / und als ginge er ohn das zur Lust umher /nahete er sich dem SchloßTohr / vor welchem dieser auf Antwort wartete. So bald er ihn sahe / kennete er ihn gleich / ließ sichs doch nicht merken / sondern ging vor ihm vor über; jener folgete ihm von seine /und weil er seines ehwahligen Schülers Angesicht sahe / wahr ihm solches annoch sehr wol bekam / eilete demnach / daß er ihm vorbeugete / und redete ihn also an: Großmächtigster König / gnädigster Herr: Eure Königl. Hocheit bittet ein ehmaliger geträuer Diener untertähnigst / sie wolle denselben[944] mit gnädigen Augen ansehen / ob etwa das außgestandene langwierige Elend denselben nicht aller Dinge unkäntlich /und sein Unglük ihn nicht gar unangenehm gemacht haben möchte. Herkules antwortete ihm freundlich; es kan seyn / mein Freund / daß denselben ich ehmals gekennet habe / weil ich mich aber in der Eile nicht zubesinnen weiß / wird er mir seinen Nahmen zunennen unbeschweret seyn. Eure Hocheit / sagte dieser /sihet ihren alten Diener Tibullus vor sich / welcher hoffet dero Gnaden zu seiner Sicherheit zugeniessen. O mein wahrer Freund / antwortete er / wie sehe ich ihn in so elender Gestalt? wolte ihn damit umfangen; er aber legete sich vor ihm nider seine Knie zu ümarmen; welches er doch nicht geschehen ließ / sondern huhb ihn freundlich auf und versprach ihm / alles sein Begehren nach Mägligkeit zuleisten. Und weil Gallus hinter ihm hertrat / befahl er demselben / ein gutes seidenes Kleid herzuhohlen; Klodius aber muste ihn mit sich in eine Herberge führen / woselbst Tibullus sich eilig putzen ließ / das Kleid anlegete / und mit beiden jeztgedachten nach dem Schlosse ging / woselbst Herkules im Vorhofe noch auff ihn wartete /hieß ihn daselbst auffs freundlichste von neuen wilko en / und muste er zu seiner Seite mit ihm nach dem Saal gehen / da Herkules zu Ladisla sagete: schaue lieber Bruder / unsern alten getrauen frommen Lehrmeister Tibullus / welchen ich in elender Gestalt ohngefehr angetroffen habe / und verhoffentlich des Vermögens seyn werde / ihm seinen angewanten Fleiß zuvergelten. Mein lieber Freund / sagete Ladisla / da er ihn freundlich empfing / er sey uns allen wilkommen / und versichere sich / daß ich seiner guten Unterweisung / als lange ich leben werde / unvergessen seyn wil. Tibullus demühtigte sich sehr / bedankete sich der hohen Neigung untertåhnigst / und wahr sein Herz mit der inniglichsten Vergnügung erfüllet / weil er sahe / daß sein Unglük nunmehr die Endschafft erreichet hatte / aber er ward wunderlich erfreuet / als er Herrn Fabius / Stathalter von Padua sahe / dessen Angesicht ihm noch bekant wahr / ging zu ihm hin / setzete sich vor ihm nieder auff die Knie / uñ fing also an: Durchleuchtiger Herr / ich bin den Römischen SchuzGöttern alles mein Vermögen / wie schlecht es auch ist / ganz schuldig / nachdem dieselben euer Gn. Angesicht mir noch vor meinem Ende haben wollen sehen lassen; bitte untertähnig / dieselbe wolle ihr geneigtes Herz mir unwirdigen wieder zuwenden / und mich ihren Knecht und Bastart Sohn Tibullus in Dienste nehmen. Was mein Sohn? sagte Fabius /bistu annoch im Leben? ja / bistu meines Herrn Schwieger Sohns Lehrmeister vor diesem gewesen? ja Gn. Herr / antwortete er / die Götter haben mich vor 16 Jahren auff einem Streift wieder die Teutschen / in Feindes Hände gegeben / welche mich zum Leibeigenen gemacht / da ich nachgehends das hohe Glük gehabt / den beiden Großmächtigsten Königen / Herrn Ladisla und Herrn Herkules auffzuwarten / deren Herr Vater und Vetter / der auch Großmächtigste König der Teutschen / Herr Henrich / mir vor ohngefehr 8 Jahren die ädle Freyheit zugestellet / und mich wol begabet nach Hause zihen lassen / bin aber auff den Römischen Grenzen von etlichen Pannonischen Räubern gefangen / vor leibeigen verkauft / und biß daher in überaus grossem Elende hart gestrafet worden /welches alles ich doch gerne vergessen wil / nachdem ich dieselben meine Gnädigste Herrn alhie beyeinander antreffe und sehe / denen ich mich selbstschuldig bin. Stehe auff mein Sohn / sagte sein Vater zu ihm /boht ihm auch die Hand / und taht ihm die gnädige Verheissung / er wolte ihn also halten / wie sein Herr Schwieger Sohn / König Ladisla[945] es ordnen und schaffen würde. Königin Sophia hörete dieses alles mit Verwunderung an / wuste sich zuerinnern / daß ihre Eltern Zeit ihrer Kindheit von ihrem Bastart Bruder Tibullus geredet hatten / und weil sie sahe / daß ihr Gemahl und Herkules demselben so gewogen wahren / ging sie zu ihrem Vater / und baht denselben demühtig / er möchte diesen seinen Bastart / der ja sein Fleisch und Blut währe / gnädig vor einen ehelichen Sohn ernennen / und ihm den Nahmen Fabius mitteilen / alsdann wolte sie ihm schon so viel Güter zuwenden / daß er seinen Stand wol führen solte / und währe bey Römischer Käyserl. Hochheit leicht zuerhalten / daß ihm der Bastart-Flecken durch deren Machtspruch abgewischet würde. Ladisla und der junge Fabius selbst hielten zugleich hierum an / und weil König Henrich und Herkules ihre Vorbitte hinzutahten / wahr der Stathalter willig / umfing ihn / uñ erklärete ihn biß auff Römische Käyserl. Einwilligung vor ehelich; welches unvermuhtliche hohe Glük ihn so verwirret machete / daß er so bald sich nit begreiffen /noch einige Antwort geben kunte; endlich fing er also an: Durchleuchtiger Herr Stathalter / Gnädiger Herr; ich erkenne mich aller Dinge unwirdig dieser hohen Ehr und Gnade / zu welcher die Großmächtigste Königin und Frau / Fr. Sophia / nebest ihren Herr Bruder / meinen Gn. Herrn mich befodert / und die Großmächtigsten drey Könige eingebehten haben / wünsche nicht mehr / als daß zur Behäuptung meines Gehorsams und hoher Vergnügung ich der eins Gelegenheit haben möge / vor ihre Durchl. welche meinen Gn. Herr Vater zu nennen ich mich untertähnig erkühne /mein Blut und Leben aufzuopffern. Ladisla wünschete ihm zu diesen Ehrenstande Glük / mit dem Erbieten /ihn vor seinen Schwager und lieben Freund zuerkennen; der junge Fabius trug ihm Brüderliche Liebe und Träue an / welches Königin Sophia ingleichen taht /und verehrete ihm Herkules zur Glükwünschung zwo Tonnen Goldes / 20 Reit- und 30 WagenPferde / samt 24 Pannonischen Leibeigenen / nebest dem Erbieten /daß er ihm entweder im Paduanischen Gebiet ein adeliches Gut käuffen / oder in Teutschland eine Herligkeit eingeben wolte. Also muste dieser fromme Mensch nach ausgestandenem herben Unglük noch zu ehren gelangen / da er dann in wenig Tagen den Christlichen Glauben annam / und von Ladisla vor seinen geheimen Raht und Stathalter über einen grossen Teil seines Königreichs eingesetzet / auch mit Ninislaen Gütern erblich versehen ward / weil er wählete / bey seiner allergnädigsten Fr. Königin / Fr. Sophien / zeit seines Lebens zubleiben / nachdem dieselbe nicht allein eine Ursach dieser seiner übermässigen Glükseligkeit währe / sondern ihm / wiewol allerdinge unwirdigen / über das noch den allersüssesten Bruder-Nahmen zulegete. Als die geschenkete Leibeigene ihm zugestellet wurden / ersahe er einen unter denselbẽ / worüber er sich gar entfärbete / kehrete sich umb nach dem jungen Fabius / welcher nicht weit von ihm stund / und sagete: Ich sehe nunmehr / daß der Himmel mich an meinem und aller Römer unmenschlichen Feinde noch rächen wil; trat hin zu demselben / und redete ihn also an: Sihestu nun / du verteufelter Unmensch / wie die Göttliche Rache hinter dir her ist /dich wegen deiner Unbarmherzigkeit abzustraffen /welche du mir und viel andern unschuldigen Römern in unser grössesten Unschuld hast angelegt? Dieser erblassete / und gab zur Antwort: O hätte ich dich abgeschlachtet / wie andere deines gleichen / dürffte ich anjezt dein dräuen nicht anhören. Der junge Fabius begehrete zuwissen / was er ihm hätte zu leide getahn. Worauff er ihm weitläufftig[946] erzählete: wie er 26 Wochen sein Leibeigener gewesen / unter welcher kurzen Zeit er über 40 gefangene Römer an sich gekaufft /bloß nur zu dem Ende / daß an ihrer unsäglichen peinlichen Hinrichtung er seine Augen weiden möchte / dabey er offt diesen Wunsch getahn / daß er mit dem Römischen Käyser und allen seinen hohen Bedieneten auch also verfahren möchte. Ihn selbst hätte er bloß darumb beym Leben gelassen / weil er gesehen / daß er den Tod / als seines Jammers Ende stets gewünschet. Fabius taht solches Ladisla zu wissen / welcher den Buben gefangen legete / und weil drey Tage her nach sein gewesener Herr / ein Böhmischer von Adel / ihn anklagete / daß er ihm seine drey Mägde / und seines Jägers eheliches Weib genohtzüchtiget hätte /ward er durch allerhand Peinigung hingerichtet. Tibullus ward sonst von Herkules befraget / warumb er sich nicht bemühet hätte / unter den 10000 loßgelassenen Römern mit zuseyn; worauff er antwortete; daß er solches zwar gesuchet / aber durchaus nicht erhalten können; auch hätte man die geringesten frey gegeben / und die vornehmsten behalten; baht darauff sehr inständig / bey König Mnata es zutreiben / daß den vornehmsten Römischen möchte gegönnet seyn / sich mit einem ansehnlichen Lösegelde frey zukäuffen; welches Mnata nicht allein gerne einwilligte / sondern sich erboht / er wolte alle leibeigene Römer durch die Bank hin / gegen so viel gemeine ädle Pannonische Leibeigene / frey geben; welches auch stündlich an Stathalter Mastyes geschrieben ward / der alle Römische Leibeigene unter der Versprechung eines zimlichen Lösegeldes / bey Leib und Lebensstraffe an allen / so es verhindern würden / in einer Pannonischẽ GrenzeStad versamlen ließ / deren Anzahl sich auff 9000 erstreckete.

Nach Endigung des obgedachten Freyschlessens /hielt Arbianes auff Pharnabazus Erinnerung bey Königin Valisken an / daß die versprochenen Völker mit der Zeit möchten verschrieben und zusammen geführet werden; welches inwendig fünff Wochen geschahe / und liessen sich 24000 Teutschen / 4000 Böhmen /2000 Pañonier / 1000 Schweden und Gothen / 1000 Franken und Sikambrer / 1000 Dänen / 1500 Wenden / und 1500 Friesen / ingesamt 36000 wolgeübete wehrhaffte Reuter freywillig bestellen / mit der Bedingung / daß nach Verlauff dreyer Jahren / ihnen / so viel ihrer im Leben bleiben würden / freyer Abzug nach ihrem Vaterlande solte gegönnet / und aller Gold richtig ausgezahlet werden. Fürst Olaff (weil er sich erboht / mit in Asien zuzihen) ward über das Heer Feldmarschalk / die Dänen und Wenden aber zu seinem LeibSchuz gesetzet; Herr Wedekind / nebest Graf Prinsla / Herr Bertram und Wilhelm setzete Arbianes zu GroßOberWachtmeistere ein. Vierzehn Tage nach dem Freyschiessen machete König Mnata sich fertig zum Auffbruche / und ließ durch seinen Schwager den Dänischen König bey Ladisla ansuchen / nachdem eine so grosse Menge seiner geübten Manschafft in dem verfluchten Kriege drauff gangen währe / und sein Land von Einwohnern zimlich entblösset / ob den gefangenen Pannoniern nicht könte vergünstiget werden / sich bey ihren Herren von der Leibeigenschafft loßzukäuffen / alsdann solte ein jeder gemeiner Reuter und Landsknecht vor seine Freyheit 250 Kronen / ein jeder UnterBefehlichshaber 350 Kronen; jeder Unterhäuptman und Fähndrich 450 Kronen; jeder Häuptman und ädles Standes 600 Kronen; jeder ädler und Ritter 4000 Kronen / und jeder Oberster 12000 Kronen erlegẽ; da er dann nicht zweifeln wolte / der Römische Käyser würde auff freundliches ansinnen[947] gegen die 9000 neulich erledigte Römer / nicht allein die 2000 ihm zur Verehrung zugeschickete Pannonier / sondern auch noch 7000 Pannonische Leibeigene hinwiederumb sich lassen frey käuffen / daß also eine gleiche Anzahl umb gleiches Geld ausgewechselt würde. Herkules riet gewaltig zu / man solte so grosses Erbieten nicht ausschlagen; dem Lande und Inwohnern währe ungleich mehr mit dem Gelde als Leibeigenen gedienet / welche ohndas sehr frech währen / sich wo möglich / zusammen rotten / und ungeachtet aller Lebensgefahr ihre Freiheit durch eine verzweifelte Auffruhr suchen dürfften / wie man dañ in erfahrung bracht / dz ihrer viel sich schon unterstanden hättẽ / die flucht zuergreiffen. Sein Raht ward angeno en / uñ schrieb man alsbald auß / dz die gefangenen so hoch solten gelöset werden. Auch muste Tibullus (seine Ehelich-sprechung zuholen) mit Klodius uñ Gallus nach Rom reiten / Fr. Ma een von Königin Valisken / Sophien / uñ König Mnata / auff 10 Tonnen gemünztes Goldes zum Geschenke mitnehmen / und des Pannoniers Ansuchen vortragen /welches nach gehaltener Berahtschlagung von dem Käyser eingewilliget ward; so schenkete er auch Valisken nit allein den außgerissenen Pines / sondern alle seine Gesellen frey / mit ihnen nach Willen zuschalten / welche durch diese Freylassung hoch erfreuet / mit Tibullus (der vom Käyser nit allein alles nach Willen erhielt / sondern Fr. Mammea ihm überdas ein vornehmes Römisches Fräulein auß ihrem Zimmer freyete / nahmens Aurelia) fortritten / deren zween sich zu Pines schlugen mit ihm in Asien zuzihen (woselbst sie auch ihr Leben ritterlich einbüsseten) / die übrigen aber bey ihrem Könige blieben /und von demselben groß gemacht wurden. Die Leibeigene Pannonier kahmen in sechs Wochen eine Meile von Prag beyeinander / und wurden auff die nähesten Dörffer verlegt / an der Zahl 66000 / unter denen 150 Obersten; 1300 Häuptleute (deren 900 ädle 400 Unädle); 2400 Unter-Häuptleute und Fähndriche /(1800 ädle 600 unädle); 3150 Unterbefehlichshaber (unter denen 1600 ädle) / und 59000 gemeine Reuter und Knechte wahren / unter welchen sich zwar noch in die 5000 ädle funden / aber man ließ sie im Anschlage der Unädlen durchlauffen. Die Obersten erlegeten 18 Tonnen Goldes; die ädle Befehlichshaber 172 Toñen Goldes. Die Unädlen Häuptleute 240000 Kronen; die Unädle Unter Håuptleute und Fähndriche 270000 Kronen; die Unädle Unterbefehlichshaber 542500 Kronen / und die gemeinen Knechte 147 Tonnen Goldes 50000 Kronen; wahr das ganze 331 Tonnen Goldes und 82500 Kronen / welches alles nach geleisteter Verschreibung / in wendig drey Jahrfrist an Baarschaft / Korn / Wein / und Vieh geliefert / durch Böhmen und Teutschland unter die Einwohner auß geteilet ward. Nach des Pannoniers Abzuge schieden die fremden Könige auch davon / nachdem sie mit König Henrich / Notesterich und Baldrich eine feste Bündniß geschlossen hatten / da König Hilderich einwilligte / daß sein Sohn Markomir sich eine Zeitlang bey Herkules auffhalten möchte. Sechzehn Tage vor Arabianes Aufbruche nach Persepolis / genasen Königin Lukrezie und Fürstin Sibylla in einer Stunde jede eines jungen Herleins / und ward Baldrichs Sohn in der Tauffe Christian; Siegwards Sohn Karl genennet. Dreizehn Tage nach solcher Geburt erhielten Herkules und Ladisla bey ihren Eltern / daß sie die heilige Tauffe zu Prag empfingen: da Graff Pribisla / Bretisla / Krokus Wratisla / Herr Wenzesla / und Tibullus (welcher in den Graffen Stand auffgenommen wahr) sich zugleich mit tauffen liessen. Zween Tage brachten sie hernach[948] mit der Heers Beschauung zu / und wahr Großfürstin Klaren sehr lieb / daß nicht allein Fürstin Schulda und Gräfin Therba gar in ihrer Geselschafft blieben / und zween Jahr bey ihr sich auffzuhalten versprachen / sondern auch ihr Bruder König Baldrich / Fürst Siegward und Fürst Markomir mit biß nach Jerusalem reiseten / daß sie sich zu Bethabara täuffen liessen. Valiska unterrichtete Klaren fleissig / wie sie sich gegen ihren Schwäher Phraortes und die Morgenändischen Fürsten verhalten / und da sie in frühzeitigen Witwen Stand gerahten würde / nicht in Meden bleiben / sondern bey ihren Anverwanten Trost suchen solte. Das gesegnen bey dem Abscheiden wahr mit unzähligen Trähnen vermischet; Fr. Sabina Pompeja weinete wegen Hinterlassung; Königin Gerdrut wegen Abzuges ihrer Tochter; doch weil es anders nicht seyn wolte / trosteten sie sich mit dem /daß sie einander zum wenigsten alle zwey oder drey Jahr besuchen könten. Auch schmerzete es den jungen Fabius sehr / daß er sich von seinen liebesten Freunden Herkules und Ladisla scheiden muste / die ihm alle ihre Güter in Italien eingaben / und er sie nachgehends fast alle Jahr zwey oder dreymahl besuchete. Alle König- und Fürstliche Häupter gaben den Abzihenden das Geleite biß an die Böhmischen Grenzen /befahlen sich ingesamt Götlicher Beschirmung / und kehreten diese wieder üm / jene aber nahmen den nähesten Weg auff Padua vor sich / woselbst die Schiffe (wie vorher bestellet wahr) / bereit stunden / auff welchen das gesamte Heer nach Tyrus mit sehr gutem Winde überfuhren; von dannen Arbianes / Baldrich /Siegward / Olaff und Markomir mit schnellen Pferden nach Jerusalem ritten und zu Bethabara im Jordan sich täuffen liessen; hielten sich daselbst nicht lange auff / sondern Baldrich und Siegward mit ihren Leuten 300 stark schiffeten wieder zurük nach Padua /von dannen Herr Pompejus und sein Gemahl mit ihnen fort gingen / das Stathalter Amt zu Kölln anzutreten. Arbianes und Olaff folgeten ihrem Heer / welches ungehindert ihres abwesens nach Damaskus zugehen muste / daselbst sie es auch antraffen / und blieb Markomir bey ihnen / als welcher Willens wahr / die Asiatischen Länder zubesehen / und wo möglich / Königin Valisken Schloß zu Charas; welches er auch leistete / und nach Verlauf fünf viertel Jahrs gesund wieder zu Prag anlangete / nachdem er auch Rom besehẽ hatte. Sonsten ging Arbianes mit seinem Heer von Damaskus ungehindert fort des geradesten Weges über den Eufrat und Tiger Fluß nach Persepoliß / da er die Hochfürstiche Verbündniß beysammen fand / und von ihnen wol empfangen ward; erfreueten sich auch seiner treflichen Völker nicht wenig / weil Artabanus sich aus Skythen und Indien auffs neue gerüstet / und eine grosse MengeReuter und FußKnechte zusammen geführet hatte. Fürstin Klara ward nicht weniger von den Fürsten wol gewilkommet / die sich bey ihr unsers Herkules und Valisken zum offtern erinnerten / und wegen dieser glüklichen Heyraht Arbianes selig preiseten. Sie hingegen stellete sich gegen ihre SchwiegerEltern mit kindlichem Gehorsam ein / und nach Verlauff zehn Monat von ihrem Beylager an zurechnen / gebahr sie einen wolgestalten Sohn / welchen sie nach seinem GroßVater Henrich nenneten / der aber gar auß der Art schlug / nicht allein den Christlichen Glauben nach seines Vaters Absterben (welchen er im 14 Jahre seines Alters verlohr) verleugnete / sondern auch seinẽ Oheimben / Herkuliskus / Herkuladisla und anderen Christlichen Rittern grosse Ungelegenheit und äusserste Lebensgefahr erweckete / ja nach heydnischer Persischer Gewohnheit[949] seine leibliche Schwester das fromme Gottfürchtige sehr schöne Fräulein Damaspia wider ihren Willen heyrahtẽ wolte / dessen sie noch mit der Flucht nach Pahna sich entbrach / und von Valisken an den jungen Fürsten aus Schwedẽ / Fürsten Karl verheyrahtet ward / wovon in Herkuliskus WunderGeschichten ausführlicher Bericht dürffte gemelden werden. Kurz nach Baldrichs Wiederkunfft von Padua und Köln nach Prag / kam daselbst von dem Römischen Käyser Alexander Severus eine statliche Botschafft an / ihn wolangefangene Freundschafft zubestätigen / welche unsere Helden ihm zwar versprachen / aber wegen der unruhigen Teutschen nicht leisten kunten / als die wenig Jahr hernach ohn ihrer Könige Dank / die sich ihnen nicht widersetzen durfften / über den Rein gingen / und dem Käyser in seinem Gebiet grosse Unruhe macheten / so daß er gezwungen ward / mit starker Kriegsmacht gegen sie auszuzihen / da er von seinem äidvergessenen Obristen Maximinus des Lebens und Käysertuhms zugleich verrähterlich beraubet ward / wovon in andern Geschichtbüchern zulesen ist.

Sonsten führeten Herkules und Ladisla mit ihren Gemahlen ein ruhiges und Gottfürchtiges Leben / weil ihre Eltern noch gute Zeit der Herschaft vorstunden /insonderheit König Henrich / daß Herkules der Herschungs-Last sich so bald nicht untergeben durfte; und weil sie nicht lange kunten von einander seyn /baueten sie beyderseits in ihren Grenzen Königliche Schlösser / auff welchen sie ihr Wesen führeten; Herkules hatte seinen Siz da jezt Dreßden liegt / Ladisla eine kleine Meile davon / wo seine Grenzen auffhöreten / und ging kein Monat hin / daß sie nicht zusammen kommen währen. Valiska gebahr am Ende des Wintermonats / vier Jahr nach ihres ersten Sohns geburt eine wunder-schöne Tochter auff dem Prager Schlosse / welche die alte Teutsche Königin aus der Tauffe huhb / und sie Elisabeth nennete; im folgenden Merz genaß Königin Sophia auch einer jungen Fräulein sehr schöner gestalt / deren Gefatterin Königin Hedewieg wahr / und aus sonderlicher Andacht ihr die beyden Nahmen Eva Maria gab. Was vor Angst nun der trefliche Held Fürst Herkuliskus / Zeit seiner blühendẽ Jugend wegen dieser Fräulein erlitten / und wie sie hingegen sich gegen ihn so herbe erzeiget / nicht aus Ungewogenheit und Feindschaft / sondern daß sie ihr steiff vorgenommen hatte / ihre Jungfrauschaft biß an ihr Ende zubewahren / aber noch endlich in seine Ehe einwilligte; auch / welcher gestalt Frl. Elisabeht von ihrem Oheim Herkuladisla heimlich geliebet /und als sie von einem jungen Fränkischen Fürsten /Markomirs Vaters Bruder Sohn / nahmens Rahter entführet / von diesem ihren Oheim kühnlich errettet /und er doch darüber biß auff den Tod verwundet /endlich wieder geheilet / und nach dreyjähriger ausgestandener Unruhe in Meden / Arabien und Egypten (woselbst er mit seinem Vetter Herkuliskus Ritterschaft übete) sie endlich noch ehelichte / solches alles wird in ihrer obgedachtẽ Lebens-beschreibung mit lust zu lesen seyn. Fürst Siegward betreffend / ward derselbe / da er seine Schwieger Eltern zu Rom besuchete / von Käyser Alexander und seinem Schwäher Herr M. Fabius dahin vermocht / daß er sich ein Jahr daselbst bey ihnen aufhielt / biß er wegen Schwacheit seines H. Vaters nach Schweden gefodert ward / die Herschaft zuverwalten helffen / nach dessen Tode er gewaltiger König ward. Er zeugete mit seiner herzgeliebeten Sibyllen noch einen Sohn / genant Gustaff /wie auch ein sehr liebes Fräulein / nahmens Christina / deren Liebe Fürst Christian / König[950] Baldrichs ältester Sohn mit dem Schwert erstritte. Baldrich lebete gleicher weise mit seiner Lukrezien in herzlicher einigkeit / und ward von seinen Untertahnen den Friesen / mehr als kein König vor ihm / geliebet. Ein Jahr nach seines ersten Herlein geburt / schenkete ihm Gott den andern Sohn / Dieterich genand / und wurden beyde zu ihrer Zeit in Ritterschaft sehr berühmt /stunden auch grosse Mühe und Gefahr aus in nachsuchung ihrer Oheimben Herkuliskus und Herkuladisla (von denen ihnen ein falsches Geschrey ihrer Gefängnis vor kam) biß sie beyde heirahteten / und der jüngere Herrn K. Fabius / dazumahl an seines Seel. Vaters stelle zu Padua Stathalters Fräulein Tochter / Frl. Margreten Fabiin zum Gemahl bekam. Sie verharreten alle in eiferiger Gottesfurcht / aber niemand unter ihnen trieb sein Christentuhm eiferiger als Herkules und Valiska; dann sie wahren sehr gefliessen in lesung der heiligen Schrift und der Kirchenlehrer Büchern / welche sie mit schweren Kosten an sich brachten; und hat man nachricht / daß Valiska unterschiedliche Bücher des Worts Gottes / als das erste Buch Mose / den Psalter Davids / das Hohelied Salomons /die vier Evangelisten / und Paulus SendeBrieff an die Römer (doch alle nur aus dem Griechischen) sehr artig sol verteuschet auch ein Gebeht- und Gesangbuch voller Christlicher Andachten verfertiget haben /welches aber untergangen und verlohren ist. Herkules verfassete eine Glaubens-bekäntnis / die wol wert ist /daß sie nicht allein alhie aufgesetzet / sondern von dem Leser dieses Buchs mit güldenen Buchstaben ins Herz hinein geschrieben werde / und lautet wie folget.

I. Wir / die wir nach unserm Heylande Christus dem Sohn Gottes / Christen genennet werden / gläuben und bekennen einen einigen wahren Gott / welcher ein geistliches Wesen von ewigkeit her ist / ohn Anfang und ohn Ende; Heilig / Gerecht / Gnädig und Woltähtig; Almächtig / Alwissend / Unendlich / Unbegreiflich und allenthalben gegenwärtig; der nicht allein unser und eines jeden Werke sondern auch die verborgensten Gedanken unsers Herzen sihet / sie seyn gut oder böse. Vor ihm ist durchaus nichts verborgen / obs gleich in Winkeln geschihet / sondern noch ehe wirs vornehmen / ja ehe wir erschaffen sind /weis er schon / und weis es von ewigkeit her / was wir machen / und machen werden.

II. Wir gläuben und bekennen weiter / daß dieser unser Gott / der einig ist in seinem Wesen / dannoch Dreyfaltig nach den Personen sey / wie er sich dañ also in seinem heiligen Worte geoffenbahret hat.

III. Die erste Person dieses einigen göttlichen Wesens / ist und heisset der Vater; die andere / der Sohn (darumb daß er aus dem Wesen des Vaters ganz unbegreiflicher weise von ewigkeit her gezeuget ist) wird auch wol genennet das Wort (weil Gott durch denselben zu uns Menschen geredet hat); die dritte /der Heilige Geist; vom Vater und Sohn von ewigkeit her ausgehend.

IV. Dieser wahre / nach dem Wesen einige / nach den Personen dreyfaltige Gott (welcher daher die heilige Dreyfaltigkeit genennet wird) / hat nicht allein am anfange der Zeit / nach seinem freien Willen / zu gewisser Zeit / nehmlich / wie mans rechnet / vor 4174 Jahren (ist von dem Jahr nach der Geburt unsers Heylandes 227 / heutiger Rechnung nach zu verstehen) dieses ganze und grosse Rund / Himmel / Luft / Erde / Meer / und alles was driñen ist / Sternen / Gewächse / Tihre / und zu lezt die ersten beyden Menschen Adam und Even /[951] sondern auch (nicht eigentlich stehets / zu welcher Zeit) alle Engel erschaffen; und erhält sein Geschöpff / so lange es ihm gefällig ist.

V. Die Engel sind unsterbliche Leiblose Geister /alle miteinander / in unzählicher Menge von Gott /gerecht / heilig und volkommen erschaffen: derẽ auch eine sehr grosse Anzahl / unsäglich vieler tausenden /in ihrer anerschaffenen Heiligkeit / unverrükt blieben sind / welche wir Heilige Engel neñen; andere aber /und deren auch sehr viel tausend / von Gott ihrem Schöpffer abgefallen / sich demselben mutwillig entgegen gesetzet / und darumb von ihm in die hellische Verdamnis gestürzet sind / welche wir böse Geister oder Teuffel nennen.

VI. Die heiligen Engel loben Gott und verrichten seinen Befehl oben im Himmel uñ hie nieden auff Erden / in dem sie alle gläubige und fromme Men schen schützen / uñ den Kindern Gottes zum besten /wieder die Teufel zu Felde liegen.

VII. Die bösen Engel aber verführen die Menschen / stellen den gläubigen und frommen Kindern Gottes nach / und beschädigen sie / so viel ihnen Gott verhänget oder zulässet; und zwar sind sie mächtig in ihren Werkzeugen den gottlosen Menschen und Zäuberern.

IIX. Und haben die bösen Engel ihre Feindschaft gegen das menschliche Geschlecht / bald im anfange der Schöpfung blicken lassen / in dem ihr Oberster unsere erste Mutter die Even zur Sünde verleitet /welche hernach ihren Mañ den Adam auch darzu verführet hat.

IX. Hiemit ging es also zu: Es hatte Gott diese erste Menschen nach seinem Ebenbilde / in volkommener Weißheit / Erkäntnis / Heiligkeit und Gerechtigkeit erschaffen (den Mann aus einem Erdenkloß /das Weib aus einer Riebe des Mañes / und solchen erschaffenen Leibern eine erschaffene vernünftige Seele eingegossen) ihnen die Unsterbligkeit mit geteilet / sie in den Lustgarten des Paradeises gesetzet / und ihnen allerley Früchte des Garten zugeniessen erläubet / nur daß sie von dem Baum des Erkäntnis gutes und böses (wie er nach dem Sündenfal geneñet ist) sich bey Straffe des zeitlichen Todes und der hellischẽ Verdamnis enthalten solten; da ihnen Gott auch den Baum des Lebens gegeben hatte / durch dessen Früchte sie bey steter Jugend und Kraft solten erhalten werden.

X. Da nam nun der Teuffel von dem verbohtenen Baum Anlaß und Gelegenheit / die ersten beyden Menschen / uñ alle ihre Nachko en ins Verderben zu stürzen / auff daß er in der hellischen Verdamnis Geselschaft hätte / weil er ihnen nach seiner angenommenen Bosheit / die Seligkeit mißgönnete; er versteckte sich in die Schlange / redete aus derselben mit Even / und durch seine Lügen (als wann die Menschen durch niessung der Frucht dieses verbohtenen Baums Gotte selbst gleich werden könten) erweckete er ihr die Begierde / solche Frucht zugeniessen / daher sie endlich von solcher Frucht aß / und ihrem Manne auch davon zu essen gab.

XI. Da ward nun Gott durch solche Ubertretung seines ernstlichen Gebohtes zu Zorn gereizet / daß er die Menschen der eingegossenen Gnade (die in ihnen alle Volkommenheit der Seelen und des Leibes wirkete) wieder beraubete / und die sündlichen Begierde in ihnen wuchsen und zunahmen / auch alsbald ihre unzimliche Bewägungen empfunden / und nach Kleidung sich umsahen / da sie vorhin ohn alle scham und ärgernis nacket gingen / uñ ihnen weder Frost noch Hitze / noch Ungewitter / noch Schläge / noch Feur /noch Gift / noch wilde Tihre håtten Schaden oder Schmerzen bringen können.[952]

XII. Sie flohen auch wegen begangener Sünde vor dem Angesicht Gottes / als die sich ihrer übertretung wol bewust wahren / und meineten (so unwissend wahren sie schon worden) sich vor dem alwissenden und algegenwärtigen Gotte zuverbergen.

XIII. Noch dannoch erzeigete ihnen Gott gnade /indem er sie wieder aus Erbarmung vor Kinder annam / da er zwar den zeitlichen Tod ihnen und allen ihren Nachkommen zum Sündenlohn aufflegete / aber doch ihnen wieder ein Mittel zur Wiederbringung der Seligkeit ordente und mitteilete.

XIV. Dieses Mittel wahr in der ersten Gnaden-Verheissung begriffen / da GOtt sagete: Des Weibes Samen sol der Schlangen den Kopff zutreten. Das ist / die andere Person der Heiligen Dreyfaltigkeit / der ewige Sohn Gottes / oder das wesentliche Wort Gottes /solte in der Völle der Zeit aus dem Leibe ber Jungfrauen Marien / unsere Menscheit (einen wahren Menschlichen Leib / und eine wahre menschliche Seele in seine persönliche Vereinigung) annehmen /und in solcher angenommenen Menscheit / nicht allein an unser stat das Gesez Gottes ohn Tadel erfüllen / sondern auch vor unsere Sünde büssen / und dadurch die Macht und Gewalt der hellischen Schlangen oder des leidigen Teufels von uns abwenden.

XV. Diese gnädige Verheissung Gottes richtete unsere ersten Eltern und ihre Nachkommen (welche alle miteinander die Sünde von ihren Eltern durch die fleischliche Geburt erben / und krafft solcher Erbsünde / den wirklichẽ Sünden nachhängen) wieder auff /daß sie durch den Glauben auff diesen versprochenen zukünfftigen Erlöser gestärket / sich der Gnade Gottes trösteten / und in Hoffnung / die Seligkeit nach dem Tode zuerlangen / ihr Gewissen beruhigten; jedoch musten sie in rechtschaffener Gottesfurcht und Heiligen Werken sich üben / zu welchem Ende ihnen Gott sein Heiliges Gesetze gab. Dann den Gottlosen Unbußfertigen tuht diese Verheissung Gottes keine Hülffe.

XVI. Zwar der Sohn Gottes setzete die Erfüllung seines Versprechens (daß er die Menscheit an sich nehmen / und vor uns sterben wolte) eine geraume Zeit zurücke / nehmlich / wie mans rechnet / 3947 Jahr; jedoch hat er solches alles reichlich schon erfüllet / da er vor 227 Jahren sich als ein wahrer Mensch an diese Welt gebehren ließ.

XVII. Dann da muste anfangs unsers Heylandes Wegbereiter und Vorläuffer / der Täuffer Johannes von einer sonst unfruchtbaren altbetagten Frauen / der Elisabeth gebohren werden / nach dessen Empfängniß ein halb Jahr / sendete Gott seinen Engel Gabriel an eine keusche unberührte / jedoch einem alten Manne /dem frommen Joseph / verlobete Jungfer von Königlichem Jüdischen Geschlecht / welche in Armuht gerahten wahr / Nahmens Maria; welcher Engel ihr die Empfängniß des Sohns GOttes ankündigen muste / daß nehmlich die andere Person des einigen Göttlichen Wesens in ihrem Leibe / ohn Zutuhn eines Mannes /bloß durch Wirkung und überschattung des Heiligen Geistes menschlichen Leib und Seele an sich nehmen / und damit sich persönlich vereinigen wolte.

XIIX. Worauff auch solche Empfängniß alsbald geschahe / und gebahr diese von Gott geheiligte keusche und unbeflekte Jungfer den Sohn Gottes in angenommener Menschheit zu Bethlehem im Viehstalle an diese Welt / welche Geburt ein Engel Gottes etlichen Hirten auff dem Felde in derselben Nacht anmeldete /die auch hingingen / uñ es also fundẽ.[953]

XIX. Und daß auff solche weise unser Heyland der Sohn GOttes an diese Welt gebohren sey / dessen haben wir so unfehlbare Gewißheit / daß kein Christ und von GOtt erleuchteter daran zweifeln kan / sondern lieber alle Pein angehen / als diesen Glauben ihm nehmen lassen würde.

XX. Als dieser Sohn Gottes solcher gestalt war Mensch worden / hat er allen menschlichen Gebrechligkeiten (ohn allein der Sünde nicht) sich unterworffen / da er als ein ander Mensch gesäuget / ernehret / aufferzogen / und nach Judischem Gebrauch beschnitten ward; aber nachdem er das dreissigste Jahr erreichet / und von Johannes dem Täuffer sich hatte täuffen lassen / wodurch er zu seinem bevorstehenden Erlösungs-Amte sich einweihen ließ; ward er alsbald darauff von dem Heiligen Geiste in die Wüsten geführet / und daselbst 40 Tage und so viel Nachte aneinander von den bösen Geistern hart versuchet / welches er kräfftig überwand / trat darauff sein Heylandes-Amt an / wählete seine 12 sonderbahre Jünger / als künfftige Bohten und Prediger der Christlichen Lehre / predigte selbst hin und wieder im Jüdischen Lande /und bestätigte sein Amt durch unzählich viel Wunder und Zeichen / da er Blinde sehend / Taube hörend /Stumme redend / Lahme gehend / Außsätzige rein / ja auch etliche Todten lebendig machete. Endlich da er der Gerechtigkeit Gottes vor der Menschen Sünde gnug tuhn wolte / ließ er sich von den Gottlosen boßhafften Hohenpriestern und Schrifftgelehrten des Jüdischen Volks (die er wegen ihrer Sünde straffete) gefangen nehmen / schlagen / verspotten / verspeien /verurteilen / geisseln / mit Dornen krönen / und am Kreuz sich tödten; worauff etliche seiner geträuen Freunde ihn in ein Grab legten / und über seinen Todesfal (dessen Wichtigkeit und heilbringende Krafft sie nicht verstunden) herzlich betrübt wahren.

XXI. Nachdem aber unmöglich wahr / daß Gottes Sohn im Tode bliebe / ist er am Sontage sehr früh da er des Freytags Abends zuvor gestorben wahr / als ein sieghaffter Held vom Tode wieder aufferstanden / hat des Teuffels Macht und Gewalt zubrochen / uñ sich 40 Tage lang bey seinen Jüngern und Gläubigen nach seiner Aufferstehung gezeiget / biß er mit ihnen auff den Oelberg vor Jerusalem gangen / und daselbst sichtbarlich gen Himmel gefahren ist; woselbst er in seiner Menscheit zur Rechten der Krafft Gottes sitzet / über alle seine Feinde herschet / seine Christenheit beschützet / und alle gläubige fromẽ Menschen bey seinem Himlischen Vater vertrit.

XXII. Er hat aber zehn Tage nach seiner Himmelfahrt seine Jünger mit der Gabe des Heiligen Geistes ausgerüstet / welchen er in Gestalt feuriger Zungen über sie ausgoß; worauff sie sich durch die Welt verleiteten / den Menschen die Christliche Lehre vortrugen / und alle / so gläubig wurden / täuffen musten.

XXIII. Diesen Jüngern des HErrn folgen in solchem Lehr Ampte biß an das Ende der Welt / alle rechtmässiger weise beruffene Diener des Göttlichen Worts / welche von Gott darzu gesezt werden / daß sie sein Heiliges Wort den Menschen vortragen / und die Heiligen Sacramenta ihnen ausspenden sollen.

XXIV. Das Wort Gottes / welches von ihnen muß gelehret und geprediget werden / bestehet in diesen Stücken: Daß die Menschen müssen angeführet werden / zur Erkäntniß Gottes und ihres Heylandes / zur Busse ihrer begangenen Sünde / zum Glauben und[954] Vertrauen auff Gottes Barmherzigkeit und auff Christus Verdienst; und endlich zu einem Christlichen gottseligen Leben und Wandel.

XXV. Das erste Sacrament / durch welches wir in die Gemeinschafft der Heilligen Kirchen versetzet werden / ist die Tauffe / ein rechtes Wunder-Bad der Wiedergeburt eines sundlichen Menschen / in welcher Tauffe unser Gott mit uns den GnadenBund auffrichtet / daß wir / krafft des Verdienstes unsers Heylandes sollen Gottes Kinder seyn; daher wir in der Tauffe und durch die Tauffe von unsern Sünden abgewaschen und gereiniget werden. Dieses GnadenBad bekräfftigte der Sohn Gottes / da er seinen Jüngern den Befehl erteilete: Gehet hin in alle Welt / lehret alle Völker / und täuffet sie im Namen des Vaters / und des Sohns / und des Heiligen Geistes.

XXVI. Das Abendmahl des HErrn / welches er des Abends vor seinem Leiden einsetzete / und seinen Jungem austeilete / ist das Sacrament der Bekräfftigung im Christentuhm / und bestehet hierinnen / daß den gläubigen Christen hieselbst Brod und Wein /sichtbahrer empfindlicher weise; und zugleich der Leib und das Blut des HErrn / Sacramentlicher / das ist / unsichtbahrer unempfindlicher weise / wiewol warhafftig / zuessen und zutrinken gegeben wird / und solches zur Stärkung ihres Glaubens / und zur Versicherung ihrer Seligkeit; welches andächtig zugebrauchen er seiner Kirchen anbefihlet / da er spricht: Solches tuht zu meinem Gedächtniß.

XXVII. Wann nun ein Mensch / Gott und seinen Heyland erkeñet / an denselben gläubet / die Sünde meidet / und in der Furcht Gottes from und heilig lebet: auch da er gesündiget hat / sich davon bekehret / und sich wieder zur Gottseligkeit wendet / in festem Vertrauẽ auff Gottes Barmherzigkeit und auff Christus Verdienst sich verlassend / und unter dem zeitlichen Kreuz oder Zuchtruhte Gottes geduldig außhålt; alsdann ist er ein Kind Gottes / und wird nach diesem Leben die ewige Seligkeit erlangen.

XXIIX. Hingen ist es unmöglich / daß ein erwachsener Mensch / der seiner Vernunft zu gebrauchen weiß / solte können selig werden / der seinen Gott und Heyland nicht erkennet; welches der Sohn Gottes uns mit diesen Worten anzeiget: Das ist das ewige Leben / daß sie dich einigen wahren Gott / und den du gesand hast / JEsus CHrist / erkennen. Unmöglich ist es / daß ein erwachsener Mensch solte können selig werden / der an den Sohn Gottes nicht gläubet / weil ja der Glaube das Mittel ist / durch welches wir vor Gott gerecht werden; dann also lehret uns der heilige Bohte des HErrn / da er in seinem SendeBrieffe an die Gläubigen zu Rom schreibet: Die Gerechtigkeit die vor Gott gilt / komt durch den Glauben an JEsus CHrist / zu allen und auff alle die da gläuben. Dañ wir werden ohn Verdienst gerecht aus Gottes Gnade /durch die Erlösung / so durch JEsus CHrist geschehen ist. Darumb so halten wir es gänzlich davor / daß der Mensch durch den Glauben gerecht werde / ohn des Gesetzes Werke. Dann der nicht mit Werken umgehet (der bißher nicht in heiligen Werken / sondern in sündlichen Betreibungen sein Leben geführet hat /nunmehr aber davon ablässet) uñ gläubet an den der die Gotlosen (so bißher gotloß gewesen sind / uñ nunmehr in wahrer Busse auffhören gottloß zuseyn) gerecht machet / dem wird sein Glaube gerechnet zur Gerechtigkeit. Und eben solches wiederhohlet er in seinem Brieffe an die Galater mit diesen Worten: Wir wissen / daß der Mensch durch des Gesetzes Werke nicht gerecht[955] wird / sondern durch den Glauben an JEsus Christ / so gläuben wir auch an JEsus Christ /auffdaß wir gerecht werden durch den Glauben an Christ / und nicht durch des Gesetzes Werke / dann durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch gerecht. Welches alles eine Erklärung ist des herlichen Kernspruchs / welchen unser Heyland selbst anführet / da er zu Nicodemus saget: Also hat Gott die Welt geliebet / daß er seinen eingebornen Sohn gab / auffdz alle die an ihn gläuben / nit verlohren werden / sondern das ewige Leben haben. Wer an ihn gläubet / der wird nicht gerichtet / wer aber nicht gläubet / der ist schon gerichtet.

XXIX. Welcher Mensch nun die Hoffnung haben wil zur Seligkeit / derselbe muß mit festem Glauben sich auff das teure Verdienst seines Heylandes verlassen / auffdaß ihm Gott das Verdienst und die Gerechtigkeit seines JEsus durch den Glauben zurechnen oder mitteilen möge. Und wann ein Mensch durch den Glauben ist gerecht worden / so muß er ja bey Leib und Leben nicht gedenken / daß es nun mit seiner Seligkeit alles gute Richtigkeit habe / und Gott der Herr nichts mehr von ihm erfodere / als nur solchen vertraulichen Glauben an seinen Sohn. Nein O nein! sondern da muß ein Mensch der von Gott ist gerecht gemacht / derselbe sol und muß nohtwendig sich aller Christlichen geistlichen guten Werke nach äusserstem Vermögen befleissigen / so daß er nach Erfoderung der heiligen zehn Gebohte Gottes / alle Boßheit und Ubeltaht meide / und dagegen in allen Christlichen Tugenden sich übe. Dann wer in Sünden verharret /der verdirbet dadurch seinen Glauben / und fället auß der Gnade Gottes / ja er verleuret die durch den Glauben empfangene Gerechtigkeit. Daher spricht abermahl Paulus: So ihr nach dem Fleische werdet leben /so werdet ihr müssen sterben; so ihr aber des Fleisches Werke durch den Geist tödtet / so werdet ihr leben. Dann wo eure Gerechtigkeit (welche ihr nach der durch den Glauben empfangenen Gerechtigkeit /in Ubung der Gottseligkeit leistet) nicht besser ist /als der Schrifftgelehrten und Phariseer (welche nur in Heucheley / nicht in wahrer Ubung der Gotseligkeit bestund) so werdet ihr nicht in das Hi elreich ko en; spricht unser Heyland selber. Dann nur allein derselbe Glaube gilt vor Gott / welcher durch die Liebe wirket / oder sich kräfftig darstellet. Der Glaube aber / welcher ohn die Werke der Gottseligkeit ist / derselbe ist ein todter Glaube. Dann ob wir gleich auß Gnaden selig worden sind durch den Glauben / und nicht aus den Werken / wie Paulus abermahl lehret in seinem SendeSchreiben an die Epheser; so setzet er doch alsbald hinzu / daß wir Gottes Werk sind / geschaffen /in JEsus Christ / zu guten Werken / zu welchen Gott uns zuvor bereitet hat / daß wir drinnen wandeln sollen. Und allein diese erwachsene Christen / welche solcher Gestalt alles ungötliche Wesen / und die weltlichen Lüste meiden / und hingegen züchtig / gerecht und gottselig in dieser Welt leben / dieselben haben sich der künfftigen Seligkeit des ewigen Lebens zugetrösten / wie auch dieselben / welche nach begangenen Sünden noch in der Gnadenzeit rechtschaffene Busse tuhn / von Sünden ablassen / uñ da ihre Lebenszeit es zulässet / die Ubung der wahren Gotseligkeit eiferig fortsetzen; Da sie aber nach geschehener Busse bald durch den Tod auß dieser Welt Abscheid nehmen / sie dannoch den steiffen Vorsaz der Lebens-Besserung biß an ihr Ende im Herzen behalten. Diese alle können mit Paulus / wann sie durch den zeitlichen Tod abgefodert werden / freudig sprechen: Ich habe einen guten Kampff gekämpffet / ich habe den Lauff vollendet / ich habe Glauben gehalten / hinfort ist mir bey gelegt die Kron der Gerechtigkeit[956] welche mir der HErr an jenem Tage der gerechte Richter geben wird / nicht mir aber allein / sondern auch allen / die seine Erscheinung lieb haben.

XXX. Diese Kron der Gerechtigkeit werden die frommen und Gläubigen von ihrem Heylande empfangen / nicht nur der Seele nach / sondern auch dem Leibe nach. Dann unsere Leiber sollen nicht ewig im Tode bleiben / sondern zu gewisser Zeit (welche allein Gott bekant ist) / aus dem Staube der Erden zum Leben aufferwecket / und mit ihrer ehmaligen Seele wieder vereiniget werden; worauff Gott durch seinen Sohn in angeno ener Menschheit das algemeine Gerichte über alle Menschen halten / die Ungläubigen und Gottlosen den bösen Teuffeln zur ewigen Hellen Pein übergeben / die Gläubigen und Frommen aber in die ewige himlische Seeligkeit auffnehmen wird.

XXXI. Dieses ist der kurze Begriff der Christlichen Lehre / welche ein Mensch behueff seiner ewigen Seligkeit wissen / gläuben und leisten mus; bey welcher Einfalt die Ungelehrten verbleiben / und nicht durch ketzerische Irgeister und Schwärmer sich verleiten lassen sollen / als dañ werden sie ausser zweifel des ewigen Lebens versichert seyn.

O ihr Könige und Fürsten / die ihr von Gott auff die höchsten Zinnen gesetzet seid / nach deren Verhalten sich die Untertahnen gemeinlich zu richten pflegen / nehmet von dem Christlichen Teutschen Herkules ein Beyspiel / und erkeñet doch / daß euch ja so wol obliege / euer Seligkeit / als anderen / wahrzunehmen / und in dem Worte Gottes euch fleissig zu üben. Wolte euch aber Herkules nicht darzu bewägen / so höret doch nur eures Gottes Befehl / welches der grosse Fürst und Kriegsheld Josua empfing / er solte das Buch des Gesetzes Tag und Nacht betrachten /und von seinem Munde nicht kommen lassen. König David wahr auch ein König ein Held und tapferer Kriegsman / und dannoch legte er oft den Reichsstab und Kron zu seines Gottes Füssen / nam die Harffe zur Hand / und tichtete die herlichsten geistreichesten Lieder / an denen alle betrübte und elende ihrẽ erquiklichsten Trost haben. Unser Herkules wahr Davids Nachfolger; wann er in Noht geriet / rieff er zu seinem Gott; wañ er Rettung empfing / opferte er ihm ob /Preiß uñ Dank / daher ihm nicht anders / als gelingen kunte. Und weil wir in dem Werke etliche Gebehter lücht hinzu gesezt haben / da sie eigentlich vom ihm sind gehalten worden / wollen wir dieselben alhie anführen.


Herkules Gebeht / welches er wegen seiner Bekehrung in damahliger Einfalt zu Gott getahn.

O Du ewiges Licht / welches der Sonnen und allem Gestirn ihren Schein giebet; mit was inbrünstiger Dankbarkeit sol ich deine unaussprechliche Gnade rühmen und preisen / daß du mich blinden elenden Sünder mit den Strahlen deines himlischen Glanzes erleuchtet / und mich zu deiner heilsamen Erkäntniß gleichsam bey den Haaren herzugezogen hast / in dem du mich durch Räubers Hand aus meinem vergötzeten abergläubigen Vaterlande hinweg gerissen / und an diesen Ort mich geführet hast / da ich deinen heiligen Nahmen / und deinen lieben Sohn JEsus Christ / meinen Heiland und Seligmacher erkennet habe. O du himlische Klarheit / dir sey davor ewig Lob und Preiß gesaget; mein Gott! mein Schöpffer! mein Heiland! erhalte und bekräfftige mich in diesem angefangenen Christentuhm / daß mich weder Noht noch Tod /weder Schande noch Ehre / weder Armuht noch Reichtuhm weder Freunde noch Feinde / weder Leibeigenschafft noch Freyheit davon abschrecken mögen / damit ich nach dieser mühseligen Vergängligkeit / unter den außerwähleten Kindern deines grossen ewigen Reichs möge erfunden werden. Behüte mich auch vor groben Sünden /daß ich deine Güte nicht verscherze / noch deiner Gnade mich verlustig mache; und dafern es dein gnädiger Wille ist / so gib mir[957] oder einem andern die Gnade / daß meine liebe Eltern / Bruder / Schwester und Anverwanten / und unter diesen insonderheit mein Ladisla und dessen Frl. Schwester auch zu dir mögen bekehret werden. Und wann ich dereins nach deinem Wolgefallen diese meine Knechtschafft ablegen / und nach Erheischung meines Standes / Ritterschafft üben und treiben sol / so behüte mich vor unnöhtigem Kampff und Blutvergiessen; laß mich auch / mein Heiland / den Ort besuchen / woselbst du vor meine Sünde gelitten / und mich am Stamme des heiligen Kreuzes erlöset hast / und leite mich in meinem ganzen Leben / mit deinem Heiligen Geiste / daß ich ein lebendiges Glied an deinem Liebe seyn und allezeit bleiben möge / Amen Amen.


Herkules Gebeht / als ihn Gott aus seiner Knechtschafft durch Ladisla erlösete.

Mein Heyland JEsus! wie süsse ist dein Nahme; wie groß deine Güte; wie unbegreiflich deine wunberbahre Almacht; wie unermäßlich der Abgrund deiner Barmherzigkeit! Herr mein Gott! gestern wahr ich ein Sklave und Leibeigener / jezt bin ich wieder eines GroßFürsten Sohn / und Königlicher Hocheit nahe. O du Brunquel aller erbarmung / wer ist dir gleich? O du Wundertähter / wer verstehet die Heimligkeit deiner Wege? Herr ich bin nicht wert / ich bin nicht wert aller barmherzigkeit und Güte /die du mir deinem schlimmen Knecht erzeigest. Du hast mich / Zeit der Leiblichen Dienstbarkeit / von den Ketten und Banden der geistlichen Knechtschaft / damit ich zur verdamnis gefesselt wahr / loßgemacht / welche Güte ich weder begreiffen noch erkennen kan; und nun mus auch mein Leib und Leben von dem Joche der zeitlichen Leibeigenschaft befreiet werden. Mein Erretter! groß sind deine Wunder / die du an mir beweisest; unermäßlich ist deine Barmherzigkeit / die mit leiblicher uñ geistlicher Glükseligkeit mich überschüttet. HErr mein Gott! sihe an meines Geistes Inbrunst / welcher dein Lob gerne erzählen wolte / und vor übermachter Freude nicht eins den Anfang darzu machen kan. Ey loß dir wolgefollen / daß der Wille da ist / den du mir gegeben hast / ob gleich das Vermögen wegen fleisches schwacheit nicht kan folge leisten. Du weist es / mein Hort / mein höchstes Gut du weist es / daß ich dich liebe / daß ich an dir meine Vergnügung habe / und mit dir wol zufrieden seyn wollen /ob ich gleich in meinem elenden Stande biß an mein greises Alter hätte sollen verbleiben / welches du aber nicht hast wollen zugeben. O du Erbarmer / wie sol ich dir davor gebührlich danken? Nun dann mein Heyland /fahre fort deinen Knecht gnädig heimzusuchen; fahre fort ihn zu trösten und zu laben / auffdaß er fort mehr deine Barmherzigkeit rühmen / und das Opfer seiner Lippen dir vorlegen könne. Aber O mein Gott! zubrich auch die Bande des leidigen Satans / mit welchen mein Ladisla /meine Eltern und Anverwanten / als deine abgesageten Feinde (Ach Gott erbarme dich ihrer) im Unglauben und verachtung deines Sohns gebunden sind. Du mein Helffer / zubrich sie / wie du die meine zubrochen hast / und erweiche ihre Steinerne Herzen / daß sie dereins erkennen mögen / was sie verachten / wann sie deinen Sohn verachten. Sihe an mein Gott / daß sie mehr aus Unwissenheit als Bosheit sündigen / und laß sie / wie den verstokten Saul / nach deiner Gnade zu Paulussen gedeien /umb deines lieben Sohns JEsus Christus meines Heylandes Willen / Amen Amen.


Herkules Gebeht / da er aus Henkers Händen entran /als Charidemus ihn wolte abschlachten lassen.

Süsser Heyland aller die auff dich trauen! dich wil ich loben allezeit / dein Lob sol immerdar in meinem Munde seyn; meine Seele sol sich freuen über deiner Hülffe; mein Geist sol nicht müde werden zu deinem Preise. O du Vater der Barmherzigkeit! du hast mich HErr aus des Löuen Rachẽ gerissen / und aus dem augenscheinlichen Verderben hastu mich erlöset / mein Heyland! O ihr gläubigen / preiset mit mir den HErrn / uñ last uns miteinander seinen Nahmen erhöhen; da ich den HErrn suchte antwortete er mir / und rettete mich aus den Händen der grimmigen Henker. Davor rühme ich HErr deine Güte; davor erhebe ich deine grundlose Barmherzigkeit. Dann sihe / das Schwert wahr schon über mich gezücket; der grimmige Blut Hund wolte mich gestücken lassen; aber du hast jhm[958] gewehret / und mein Leben errettet / durch eine wunderbahre Errettung. Lob sey dir du mein Heyland Preiß sey dir / du mein Helffer in aller Noht! So hilff nun ferner mein Gott / üm deines Namens Ehre willen /und gönne mir auffs minste nur so lange dieses zeitliche Leben / daß ich mein vertrautes Fräulein dir zuführen /und sie im Christentuhm unterweisen möge; hernach fodere mich wann dirs gefält. Doch ist es dein Göttlicher Wille / so laß mich nicht durch Henkers Schwert / als ein Ubeltähter / gefället werden / es währe dann / daß es üm deines Namens Bekäntnis geschehen solte / dessen ich mich nicht wegern / sondern dir zu Ehren alle Schande und Schmach gerne über mich nehmen wil. Bewahre auch meinen Ladisla / und übersihe gnädig seinen Un glauben; bekehre sein Herz / und laß jhn dereins den Nahmen eiferig bekennen / welchen er anietzt verächtlich hält / wiewol er / meines wissens / denselben zu lästern auffgehöret hat. Meine liebe Eltern und andere Anverwanten befehle ich gleicher weise deiner Gnade zur Erkäntnis der seligmachenden Warheit / und führe mich den Weg den ich wandeln sol / mein Fräulein zu erlösen /Amen / Amen.


Herkules Gebeht / da er erstmahls von Charas anlagete.

Bißher hastu mich geführet / O du GOtt meines Heilß! bißher habe ich deines kräfftigen Schutzes genossen / O du GOtt aller die auff dich trauen! wie mannicher Gefahr bin ich auff dieser Reise entgangen / aber HErr durch deine Hülffe; wie manniches Unglük hat mich müssen vorbey gehen / weil deine almächtige Gnaden Hand es abgewendet hat. Ich bin aber noch nicht vorüber / mein Helffer / sondern das wichtigste stehet mir noch bevor. Bißher habe ichs mit Räubern und einzelnen frevelhafften Buben zutuhn gehabt / aber nun werde ichs wider den mächtigsten Wüterich wagen müssen / an dem Orte /da seine grösseste Macht herschet / und mein Unvermögen durchaus nichts schaffen kan. Aber dieses tröstet mich / mein Gott; dieses stärket und kräftiget mich / mein Heiland / daß ich dich an meiner Seiten habe und spüre /dich / der du aller Könige Herzen in deiner Hand hast /und leitest sie / wie die Wasserbäche. Weil nun her HErr mein Licht und mein Heil ist / ey vor wem solt ich mich dann wol fürchten? weil der HERR meines Lebens Kraft ist / ey vor wem solte mir dann wol grauen? O HErr / es ist gut / sich auff dich verlassen / und nicht auff Menschen; deßwegen / weil ich dich habe / so frage ich nichts nach Himmel und Erden; was solte mich dann der Partische Wüterich schrecken? ich habe seinen frevelmuhtigen Sohn erschlagen / ehe ichs gedenken mögen; wie leicht ist dirs / daß du des gottlosen Vaters Macht auch danieder legest. Nun HErr ich trau auff dich in dieser Sache / die meines Nehesten Ehr / Leben und Seligkeit betrift / welche demnach dir nicht kan zuwider seyn; daher wirst du mir zur Rechten stehen / und mir heilsame Rahtschläge ins Herz geben / daß ich mein Vornehmen durch dich vorsichtig anfahen / geherzt fortsetzen und glücklich außführen möge Amen. Deine Güte HErr sey über uns / wie wir auff dich hoffen / Amen.


Herkules Gebeht / da er sein Gemahl Valisken aus Charas hinweg führete.

Jezt iezt mein Helffer! iezt habe ich deines Schutzes von nöhten / mehr als vor nie; darüm hilf O du mein Heiland und Erretter / dann ich verlasse mich auff deinen Beistand: sonst müste ich unter den grimmigen Löwen vergehen / die ohn zweifel mir bald folgen werden. HErr du weist es / daß auff deine Hülffe ichs gewaget / und auf Menschen Arm mich nicht verlassen habe; ja mein Gott /du weist es. O so geleite du mich des Weges / den ich wandeln sol; verblende meine Feinde / daß sie mich nicht sehen; verbirge ihnen meine Flucht / daß sie sein späte gnug inne werden; verhindere ihre Einfältigkeit / und lähme ihre Rosse; laß sie in ihren Rahtschlägen sich verwickeln / und drinnen zu schanden werden / welche sie zu meinem Verderben halten / und führe mich HErr in den Hafen der Sicherheit / daß ich nebest meinem Gemahl unser Vaterland wieder sehen möge; alsdann wil ich dir diesen Tag feiren mein lebenlang / und dir zu Ehren ein Dakfest anstellen / so lange ich den Odem ziehe / Amen / Amen.
[959]

Wir sehen aus diesen und anderen dergleichen Gebehten / welche an unterschiedlichen Orten dieses Werks gelesen werden / was vor inbrünstige Gottesfurcht unser Herkules in seinem Herzen geführet / und dadurch allen Rittersleuten sich als ein Beispiel und Vorbilde zur Christlichen Nachfolge vorgestellet hat /welches sie wol beherzigen möchten / damit sie nicht nach Art der Boshaftigen / an stat des Heiligen Gebehts nur ein stätes erschrekliches Fluchen / Låstern und Schwören von sich hören lassen / die gottlosen Marterhansen / welche ihnen dadurch Gottes Ungnade und die hellische Verdamnis über den Hals zihen /auch aller redlichen Menschen Feindschafft damit verdienen.

Unser Schiff aber hat vor dißmahl / ungeachtet der unaussprechlichen heftig-stürmenden Wellen / dannoch den gewünschten Hafen erreichet / insonderheit /wann der Uhrschreiber dieses Werks erfahren solte /daß der Ehr- und Tugendliebende Leser durch diese Geschichte Leib- und Geistlich erquicket währe / als zu welchem Ende er die Mühe bey seinen vielfältigen Geschäften auff sich nehmen / und täglich etliche Schlafstunden seiner nächtlichen Leibesruhe entzihen wollen / damit er diese Geschichte der Welt bekant machte / welche über 1400 Jahr vergrabẽ gelegen / uñ durch den Krieg / welcher des ganzen Teutschlandes unterstes zu oberst gekehret / ohngefehr bey dem Weserstrohme unter einem hohlen Steine hervor gezogen ist; wodurch die Versetzung ausser allem zweifel hat wollen zuerkennen geben / daß nicht allein tapffere Helden aus Frankreich / Italien / Spanien und Griechenland / sondern auch deren viel aus Teutschland /uñ anderen Nordischẽ Ländern; entsprossen sind / die über andere ihres gleichẽ sich der wahren Tugend und ungefärbeten Gottesfurcht gewidmet haben.


Ende des Christlichen Teutschen Herkules.[960]

Anmerkung der Redaktion

A1 / A2 In der Originalvorlage fehlt die äußere Ecke der Buchseiten 285/286 des zweiten Teils. Die fehlenden Stellen sind durch eckige Klammern gekennzeichnet.


Quelle:
Andreas Heinrich Buchholtz: Des Christlichen Teutschen Großfürsten Herkules Und Der Böhmischen Königlichen Fräulein Valiska Wunder-Geschichte. 6 Bücher in 2 Teilen, Teil 2, Braunschweig 1659/60.
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