1038. An Grete Meyer

[60] 1038. An Grete Meyer


Wiedensahl 1. Oct. 95.


Liebe Grete!

Tante ist Sonnabend glücklich in Leer angekommen, und nächstens wird sie ja bei euch sein, und dann könnt ihr ja gemüthlich verhandeln über deine Fahrt hierher zur Winterszeit, wenn wir bis an die Kravatte im Schnee sitzen. – Wind und Wetter vorbehalten! –

Vorläufig ist's noch so gut wie Sommer. Lustig blühen die Rosen weiter, und selbst die Veilchen, die neulich gepflanzt wurden, sind vereinzelt mit duftigen Blümchen geschmückt.

Gestern Abend bei Lampenlicht hab ich höchstselbst das Kartoffellager zurechtgehämmert, da der Nachbar Tischler wegen seiner Knollenerndte partu keine Zeit hatte. Morgen, hör ich, soll die Geschichte bei uns los gehn.

Seit Gestern ist Nickels Ferdinand dabei die Fenster zu streichen, doch nur von außen, so daß innen alles in Ordnung bleibt[.]

Nächstertags werden denn auch in der Eßecke auf der Hausflur so ein stücker 30-40 alte Backsteine durch neue ersetzt, durch Meister Schär, den Liebling unserer Damen, weil er Taback "prämket" und infolgedeßen gar ergiebig und meisterhaft spucken kann.

Darnach dürfte die Laube ein neues Geländer kriegen; niedriger als bisher; alles bescheiden und im Sinne des Urbeginns der Baukunst, damit es zu unserer alten Hütte hübsch paßen thut.

So! das wäre so ziemlich das Register unserer Betriebsamkeiten. –

Daß es gut geht bei euch, sagt mir dein anmuthiger Brief. Die erwähnten 108 1038. An Grete Meyersind recht beredsam. Hoffentlich geht es so weiter.

Habt ihr denn die Äpfel erstanden, gepflückt und eingeheimst? Haben sich die Tomaten geröthet? Und paß auch ja ja recht auf die Hühner!

Leb wohl, liebs Gredel! Seid Alle herzlich gegrüßt vom

Onkel Wilhelm.


Frl. K. läßt gleichfalls grüßen.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 60.
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