1122. An Adolf Nöldeke

[93] 1122. An Adolf Nöldeke


Wiedensahl 4. April 97.


Lieber Adolf!

Ich danke Dir für deinen Brief. Wie ich draus sehe, seid ihr wohlauf und munter, und was das lange Vierteljahr betrifft, so ist's ja demnächst vorüber.

Mutter schrieb, sie hätten alle, außer Hermann, an Influenza gelitten. Die Reise zur Hochzeit scheint ungewiß. – Tante in Celle fährt mit den Kindern auf Palmsonntag zur Confirmation ihres Neffen nach Güstrow. Onkel H. erwart ich in den Ferien hier.

Unser Wetter ist neckisch: Pustewind, Blitz, Donner, Regen, Graupeln, Schnee und freundlichster Sonnenschein haben mit einander gewechselt. Die letzten Nächte hat's gefroren. Jetzt kommt gar der Wind von Osten, was bedenklich ist für die Rosen, die längst aufgerichtet sind. – Früherbsen spitzen hervor; Spinat steht grün in Reihen.

Neulich hatten wir das Vergnügen, Meister Schär bei uns zu sehn. Er legte quer vor Küchenthür und Schrank einen Backsteinteppich, machte den Goßenstein dicht und flickte draußen die Wände. Jetzt sind Nickels dabei, alle Thüren in Mutters Zimmern, in der Stube unten und auf der Diele mit Holzfarbe zu streichen. So in acht Tagen, denk ich, ist der Geruch wohl verdunstet.

Diesen Sommer wird nun auch rechts von uns die Bauwirthschaft losgehn. Barkoop, der die Nichte und Erbin von der verstorbenen Frau Reumke heirathet, hat bereits Steine anfahren laßen. Die Kule kommt dadurch weg zum Glück. Ob aber das Neue nicht anderes bringt, was auch nicht erfreulich ist?

Hinter dem Saale Ronnenbergs Sohn ist vor acht Tagen an der Schwindsucht gestorben.

Aber Schwiers in der Hespe haben gestern ein kleines Mädchen gekriegt zur Freude von Großmutter Dortchen. Hat lange gedauert! –

Leb wohl, lieber Adolf! Die herzlichsten Grüße an dich und Liesbeth von deinem getreuen

Onkel Wilhelm.


Auch Frl. K. und Nickels laßen grüßen.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 93.
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