1135. An Grete Meyer

[100] 1135. An Grete Meyer


Wiedensahl Montag 21. Juni 97.


Liebe Grete!

Ich danke dir für deinen angenehmen Brief und möchte dir geschwind, eh du wieder weg nach Münster bist, ein paar Zeilen der Erwiderung widmen mit dem Wunsch, daß Trocken- und Plättefeste ohne Unfall überstanden sind.

Freitag nachmittag kam Hermann von Hattorf. Er fuhr gestern morgen nach Bückeburg, um Frau Mühlmeister zu besuchen, die sich demnächst unterhalb des Auges operiren laßen muß. Von dort wollt er zur heutigen Versammlung des Gustavadolfvereins in Hildesheim. Beim Vetter Arnold wird er wohnen daselbst.

Aber was ich eigentlich sagen wollte: Tante ist nach vielem Überreden mit Hermann abgereist. Gestern abend um sieben etwa, wenn sie keinen Zug verpaßt hat, wird sie über Rheine – Emden in Norden angelangt sein. Von dort will sie nach Hunteburg kommen. Hoffentlich findet sie, daß Ruth in Wirklichkeit doch beßer aussieht, als wie auf dieser verzwickten Photographie. Von den drei Bildern kam mir das, worauf das Elternpaar mit Martin steht, sehr nett und erfreulich vor. Da haben wir's! Keine Rose ohne Laus; kein Künstler ohne Kritikus!

Gestern in aller früh, zugleich mit Tante und Hermann, bei Kühle und Kladder, sind auch unsere jungen Schwarzdroßeln ausgeflogen. Doch bereits gegen mittag wurd es warmes und heiteres Reisewetter, und so ist es auch heute noch.[100]

Daß ich selber nun etwas später, als ich gedacht, zu euch nach Westfalen hinausfliegen werde, kannst du dir gewiß genügend erklären, ohne daß ich weiter was sage. Na! dann wird's jedenfalls ebenso hübsch warm dort sein, wie das letzte mal d.h. in der Stadt, aber angenehm frisch vor der Gartenthür.

Sei herzlich gegrüßt, liebe Grete, und grüß auch Else, Otto, Martin Ruth und Engel von deinem

getreuen Onkel Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 100-101.
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