1140. An Otto Nöldeke

[102] 1140. An Otto Nöldeke


Wiedensahl 2. Juli 97.


Lieber Otto!

Grete schrieb mir gestern ausführlich über die Ankunft eurer Sahnerziege und die Art ihres Benehmens. Ich schicke 50 Mk für eine zweite, oder willst du's vorläufig bei einer laßen, so verwende das Geld sonst wie es Dir paßt.

Mutter hat es ja gut getroffen mit ihrer Reise, hat sich sogar das Meer besehn in Norderney. Hoffentlich trifft sie ebenso schönes Wetter, wenn sie zu euch kommt. Sie kann dann auch dies und das erzählen über unsere Tante Simplicißima. Schon allein die Zahl der Ausflüchte und dummpfiffigen Vorwände ist zu groß, als daß ich kurz schriftlich darüber berichten könnte.

Im Garten steht alles erwünscht bis auf die Steckzwiebeln, wovon die meisten verwelken. Es sitzen drin die Larven von Blumenfliegen (Gattung Anthomyia nach Brehm) die Zwiebeln, Kohl, Salat, Radieschen "durchreiten", wie Lang es nennt.[102]

Mit dem Gesang der Vögel ist es so ziemlich vorbei. Unser lustiger Gartensänger, unsere Staare und Schwarzdroßeln haben ihre Familienangelegenheiten für dies Jahr in's reine gebracht.

Viele herzliche Grüße an euch alle!

Dein getreuer Onkel

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 102-103.
Lizenz: