1305. An Christoph Fr. H. Walther

[176] 1305. An Christoph Fr. H. Walther


Mechtshausen 1. Aug. 1901.


Sehr geehrter Herr Doctor!

Meinen Dank für Ihren freundlichen Brief.

Däi oosten, die Ooste, ist ein hölzernes, horizontal von der Brandmauer vortretendes Schutzdach gegen die aufsteigenden Funken. Würste, Schinken, Speckseiten schwebten frei im Dampf an einem Querbalken des Hauses. Nur einmal sah ich über der Ooste einen Gitterverschlag, hab aber nicht gefragt, wie das Ding hieß. – Das Wort wieben (Sie sagen wiemen) kenn ich nur in zwei Verbindungen: heunerwieben = Hochsitz der Hühner – bummelwieben = Wurstkrone. Hängt auf der Rauchkammer, die selbstverständlich in den alten westfälischen Bauerhäusern ohne Schornstein nicht vorkommt. – Allewo ist ungewöhnliches Wort. – Unverwiäten = unbewußt. Ebenfalls ungewöhnlich. – Rune = Wallach. Vielleicht der "Geritzte" bedeutend nach der Art der Entmannung. – Usel = Asche. Usel nannte man besonders die verkohlte Leinwand in den Zunderbüchsen und den alten[176] Küchenfeuerzeugen für Stahl und Stein. – Ans = als, sowie – Stumpsteert = Stumpfschwanz. – Mollenschaart. Sonst fand ich das Wort schaart nur noch in wiäserschaart, Weserscharte = Porta Westphalica.

Daß man übrigens den Unholdinnen nur neckische Transportmittel gelaßen hat, scheint mir natürlich zu sein. Die Holden von ehedem, mit allem, was drum und dran war, sind eben unter dem Drucke des neuen Glaubens verkümmert und schäbig geworden. Einst hatten sie stolze Roße oder Adler- und Schwanenhemden zu ihrer Verfügung, jetzt müßen sie sich begnügen mit Schweinen, Kälbern, Besen, Ofengabeln, zerbrochenen Sieben und Mulden.

Es grüßt Sie ergebenst

Ihr Wilh. Busch.


1305. An Christoph Fr. H. Walther: Faksimile Seite 1
1305. An Christoph Fr. H. Walther: Faksimile Seite 1
1305. An Christoph Fr. H. Walther: Faksimile Seite 2
1305. An Christoph Fr. H. Walther: Faksimile Seite 2
Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band II: Briefe 1893 bis 1908, Hannover 1969, S. 176-177.
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